In diesem Mai feiert das Berliner Theatertreffen seinen 60. Geburtstag, und dafür macht es ganz schön auf jung. Nicht nur, dass die Berliner Festspiele mit Matthias Pees einen neuen Intendanten haben. Sondern das Theatertreffen wird nun von drei Leiterinnen organisiert, Olena Apchel, Carolin Hochleitner und Joanna Nuckowska. Dazu kommen umfängliche neue Zusatzprogramme.

Im Kern aber bleibt es bei den zehn bemerkenswerten Inszenierungen, auf die man sich doch Jahr für Jahr wieder freut. Die Festspiele wollen nach eigenem Bekunden am Auswahlgremium der Kritikerinnen und Kritiker festhalten, die entscheiden, wer eigeladen wird zur Leistungsschau der deutschsprachigen Bühnen. Doch vieles deutet auf Veränderung hin.
Das Treffen in Berlin
Das Theatertreffen findet in diesem Jahr vom 12. bis 29. Mai statt. Hauptspielort ist das Haus der Berliner Festspiele. Zehn Inszenierungen aus dem deutschsprachigen Raum, darunter zwei aus Berlin, bilden das Hauptprogramm. Info: www.berlinerfestspiele.de
Allgemein ist das Verhältnis von Theaterkünstlern und Kritik schwieriger geworden. Die Attacke eines durchgeknallten Choreographen auf eine oft überhart einsteigende Kritikerin stieß international auf große Resonanz. Viele waren entsetzt, andere im Stillen amüsiert, aber im Grunde lenkte die Dackelkacke nur ab von nivellierenden Tendenzen hier wie dort und den tieferen Verwerfungen.
Nur keine Ironie!
Claus Peymann hat auch immer schon behauptet, Kritik sei unwichtig und würde von Theaterleuten nicht gelesen. Er wusste es besser. Einst haben Kritiker seine Karriere und die so vieler anderer damals sehr befördert, man schätzte und brauchte einander im alten Machtsystem. Der Umgang hatte etwas Sportlich-Ironisches. Aber Ironie scheint verschwunden, verlangt wird eindeutige Positionierung.

Kritik an der Kritik hört man jetzt häufiger. Vor einem Jahr haben Amelie Deuflhard, Chefin von Kampnagel in Hamburg, und der Berliner Kurator Matthias Lilienthal in einem Beitrag für die Berliner Festspiele Theaterkritik grundsätzlich relativiert. Lilienthal nimmt Kritik wahr „als ein Anschreiben gegen den Verfall und die Gewissheit, dass es so etwas wie Printmedien in fünf bis zehn Jahren praktisch nicht mehr geben wird.“ Gleichzeitig werde dem Kulturjournalismus noch der Wert zugeschrieben, den er vor einem Jahrhundert hatte. Deuflhard verweist auf die Sozialen Medien, mit denen die klassische Kritik zwar nicht hinfällig, aber längst nicht mehr so wichtig sei.
Nur nicht altmodisch wirken
Man könnte hinzufügen, dass die Theater- und Kulturberichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Medien stark zurückgegangen ist und es Nachwuchsprobleme gibt. Viele Medien wollen Service bieten und lieber keine Verrisse.

Deuflhard und Lilienthal haben recht – wenn man in ihrem Text „Kritik“ einmal durch „Theater“ ersetzt. Keine Frage, Printmedien verändern sich und nehmen ab zugunsten digitaler Formen; aber dort gibt es auch seriöse und professionelle Kritik. Theater war einmal die Königsdisziplin des Feuilletons. Lange her: Aber das liegt auch am Theater selbst. Es hat schreckliche Angst, altmodisch zu wirken. Es nimmt nicht mehr die selbstverständliche gesellschaftliche Stellung ein wie zu der Zeit, als das Theatertreffen blühte, in den siebziger, achtziger Jahren. Seine neuen Texte besitzen kaum mehr Sprengkraft oder wenigstens, wie Stuckrad-Barres Medienroman, das Potenzial für ein ordentliches Strohfeuer.

Theater ist die moralische Anstalt des 21. Jahrhunderts. Über ästhetische Fragen wird nicht gern debattiert, obwohl in Gesprächen mit Zuschauern und auch Theaterleuten ein tiefes Bedürfnis nach künstlerischen Fragen zu spüren ist. Im Theater arbeiten vielerorts die Guten mit der richtigen Botschaft, und Kritik steckt häufig in dem Dilemma, Gesinnung beurteilen zu sollen, und da gerät man schnell auf die falschen Seite, wenn man den missionarischen Eifer nicht teilt: Was die jüngere Kritikergeneration auch schon meist mit Überzeugung tut.

Und womöglich steht der Mediendarwinismus erst am Anfang. das Theater kümmert sich um alle möglichen gesellschaftlichen Themen, aber der eigene Spielplatz ist kleiner geworden. Theater und Kritik, ein altes Paar, misstrauen einander, weil sie den Mangel und den Verlust spüren. Kritik kann à la longue doch auch nur so gut sein wie ihr Gegenüber.

 

Mai 2023 | Heidelberg, Allgemein, Feuilleton | Kommentieren

Pasta kochen ist keine Wissenschaft, aber es gibt einige Dinge zu beachten.

So wie fast alle Menschen auf dieser Welt koche ich Pasta, seit ich allein einen Topf Wasser zum Kochen bringen kann. Der Prozess ist jedem vertraut, jeder hat seine Methode, und wie bei allem, was jeden angeht, wird die Diskussion darüber schnell emotional. Für viele Menschen ist Pastakochen ein fast intimer Vorgang. Ich möchte die folgenden Punkte daher keinesfalls als der Weisheit letzter Schluss verstanden wissen – bei so etwas Komplexem wie der Zubereitung von Pasta kann es das auch nie geben.
Wenn Sie gerne Öl in Ihr Pasta-Kochwasser kippen, die Nudeln erst am Teller mit der Sauce mischen oder auf anderen Ungeheuerlichkeiten bestehen, dann werfe ich bestimmt nicht den ersten Stein. Es folgen einige Tipps, die für mich sehr gut funktionieren und die ich sehr gern schon bei meinem ersten Topf Pasta gewusst hätte.

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Mai 2023 | Allgemein, Gesundheit, Junge Rundschau, Senioren, Wissenschaft | Kommentieren
Nebel im Felsenmeer in Odenwald im Bundesland Hessen.

Im Süden Deutschlands verbergen sich zwischen Wäldern, Seen, Schlössern, Burgen und Lost Places jede Menge mysteriöse Sagen und Legenden.

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Mai 2023 | Heidelberg, Allgemein, Feuilleton, Senioren, Zeitgeschehen | Kommentieren

Essen wir mehr Import-Erdbeeren, als die Umwelt verträgt?
Juan Romero: Ganz sicher. Rund 80 Prozent der Erdbeeren, die in der Provinz Huelva rund um den Nationalpark von Doñana angebaut werden, gehen in den Export. Fast alle Erdbeeren, die von Februar bis April in Europa verkauft werden, kommen von hier. Das sind mehr als eine Million Tonnen Erdbeeren. Der Umsatz beläuft sich auf 1,35 Milliarden Euro.
Rund um den Nationalpark werden auf 10.000 Hektar Erdbeeren angebaut. Etwas weiter weg sind es weitere 1.000 Hektar. Hinzu kommen um 1.640 Hektar illegaler Anbauflächen, die jetzt legalisiert werden sollen.

 

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Mai 2023 | Allgemein, Essay, Politik, Sapere aude, Zeitgeschehen | Kommentieren

coverDie Lage ist paradox: In einer Phase ökonomischer Schwäche, in einem Moment sinkender Anzeigenerlöse und erodierender Geschäftsmodelle sind Medien so mächtig wie noch nie. Aber diese Macht hat ihr institutionelles Zentrum verloren. Sie besitzt keinen festen Ort, denn Medien sind längst überall, sie durchdringen den Alltag, haben sich zeitlich und räumlich ent- grenzt und befinden sich in den Händen aller. Heute entsteht die neue Macht der Medien in einem plötzlichen aufschäumenden Wirkungsnetz aus Schlag- zeilen, Blogeinträgen, frei flottierenden Dokumenten und Daten und der gerade aktuellen Wutwelle, die durch die sozialen Netzwerke rauscht. Der schrille Ton, die hastig auf den Effekt getrimmte Attacke, der atemlose Wett- lauf um Quoten und Auflagen verändert das Debattenklima der Republik, trivialisiert die Politik und verwandelt alle Beteiligten in Getriebene, die kol- lektiv unter dem Nachrichten-Stakkato und den Temposchäden des digitalen Zeitalters leiden. Wie lässt sich, so lautet die Kernfrage, in dieser Situation die Idee des Mediums neu bestimmen? Welche Form medialer Vermittlung begünstigt Qualität?

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Mai 2023 | Allgemein, Buchempfehlungen, Essay, Feuilleton, In vino veritas, Junge Rundschau | Kommentieren

Ein US-Richter hat eine umstrittene Abschieberegelung für Migranten aus Mexiko aufgehoben. Der Bundesrichter Emmet Sullivan beurteilte die Regelung, die sich auf das Eindämmen des Coronavirus stützt, als „willkürlich“ bewertet und blockiert. Sie verstoße gegen Regierungsprozeduren.
Der frühere Präsident Donald Trump hatte die Regelung im März 2020 eingeführt. Durch den sogenannten Titel 42 war es der Regierung möglich, Hunderttausende Menschen, die an der US-Grenze zu Mexiko aufgegriffen wurden, umgehend abzuschieben. Begründet wurde dieses Vorgehen damit, die Verbreitung des Coronavirus verhindern zu wollen.

 

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Mai 2023 | Allgemein, In vino veritas, Kirche & Bodenpersonal, Sapere aude | Kommentieren

Kraken sind zu erstaunlichen Intelligenz – leistungen fähig. Sie haben kein Nervensystem mit einem Gehirn

Lange Zeit trauten wir anderen Spezies nur wenig zu. Neue Studien enthüllen erstaunliche Fähigkeiten – mit Folgen für uns Menschen – Heidi wurde im Schlaf weltberühmt. Ein Dokumentarfilm zeigte den weiblichen Oktopus vor einigen Jahren in einem Aquarium beim entspannten Schlummern. Plötzlich wechselte das Tier die Farbe, immer wieder, in kurzen Abständen. Binnen einer Minute wurde Heidis Haut erst strahlend weiß, dann gelb-orange, dann violett und schließlich tatsächlichbbeinahe  unsichtbar im dunklen Wasser. Schließlich huschten grünlich-braune Flecken über Heidis Körper, so, als wollte sie sich als Unterwasserpflanze tarnen.

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Mai 2023 | Allgemein, Essay, Kirche & Bodenpersonal, Sapere aude, Wissenschaft | Kommentieren

Am Bosporus zeigt sich, wie ein Abgleiten in den Autoritarismus ein Land mit großen Möglichkeiten nachhaltig schädigen kann

Die Türkei erlebt derzeit ihr Bevölkerungsoptimum:

Sie erlebt eine Zeit, in der Gesellschaften zu großer Produktivität auflaufen und ihre Geschicke nachhaltig zum Besseren wenden können. – Könnten. Großartige Möglichkeiten zwar. Damit sie aber Realität werden, braucht es eine gute Politik.
Man kann diese historisch einmalige Chance auch vergeben.
In der Türkei öffnete sich das demographische Fenster in den 2000er Jahren. Der Anteil der Bürger im arbeitsfähigen Alter stieg rapide. In den vergangenen Jahren erreichte dieser Wert sein Maximum:

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Apr. 2023 | Allgemein, In vino veritas, Politik, Sapere aude | Kommentieren

Gerade startet im ORF die mehrteilige TV-Serie „Der Schwarm“. Die Natur schlägt darin in einer Art akkordierter Aktion zurück. Dabei handelt es sich um Fiktion – aber zugrunde liegt der Geschichte die Idee der Schwarmintelligenz. Warum bestimmte Lebewesen im Schwarm besser überleben können: Im Schwarm geht es weniger darum, dass man gemeinsam stärker ist – sondern dass man schlauer ist – man kann tatsächlich beobachten, dass Schwärme ihre Mitglieder in die Lage versetzen, kognitive Probleme zu lösen, die ein einzelnes Tier alleine nicht so gut oder garnicht bewältigen kann: einen Räuber zu entdecken oder Futter zu finden.

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Apr. 2023 | Allgemein, Essay, Sapere aude | Kommentieren

Auf Bambusstelzen: das Green Women’s Centre in Darya Khan Sheikh von Yasmeen Lari (Bild)
Mal dauert ein Video 8 Minuten und 22 Sekunden, mal 5 Minuten und 55 Sekunden. Auftakt macht stets ein simples Grafikdesign. „Earth Lime Brick Making“ steht dort dann etwa in blockförmigen Lettern. Daneben ist eine Frau im bunten Sari vor den grünen Hintergrund collagiert.

 

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Apr. 2023 | Allgemein, Essay, In vino veritas | Kommentieren

Ein Mann wurde in Texas schuldig gesprochen, weil er einen Anti-Rassismus-Demonstranten erschossen hatte. Keine 24 Stunden später springt der republikanische Gouverneur dem Verurteilten bei – und schrieb gegen den »progressiven Staatsanwalt«. Derzeit diskutieren im US-Bundesstaat Texas Politiker und die Bevölkerung über die mögliche Begnadigung eines gerade verurteilten Mörders. Der Mann war gerade des Mordes an einem Demonstranten bei einem Black-Lives-Matter-Protest für schuldig befunden worden – keine 24 Stunden später setzte sich der republikanische Gouverneur Greg Abbott für seine Begnadigung ein.

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Apr. 2023 | Allgemein, In vino veritas | Kommentieren

Eigentlich hat die Cannabis-Industrie in Deutschland mit Rekord-Umsätzen gerechnet. Aber das überarbeitete Eckpunktepapier zur Legalisierung begräbt diese Hoffnung. Im Interview erzählt swe Unternehmer Finn Hänsel, ob sein Geschäftsmodell darunter leidet, und wie es jetzt weiter geht.

Der ursprünglich geplante freie Verkauf von Cannabis für Erwachsene in Fachgeschäften ist derzeit im aktuellen Eckpunktepapier gerade gestrichen.  Wie finden Sie das?

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Apr. 2023 | Allgemein, Essay, Gesundheit, In vino veritas | Kommentieren

Im ZDF iskutierten bei „Markus Lanz“ der „Versandhaus-König“ Michael Otto, der gerade seinen 80. Geburtstag feiert und noch immer einer internationalen Konzerngruppe mit rund 16 Milliarden Euro Umsatz vorsteht, unter anderem mit Klimaaktivistin Carla Reemtsma über die Nachhaltigkeits-Bemühungen seiner Firma sowie den Gedanken des Verzichts.
Zunächst lenkte Markus Lanz das Gespräch jedoch auf den deutschen Atomausstieg. Am 15. April sollen die drei letzten Kernkraftwerke abgeschaltet werden.
Ein Fakt, der auch bei Unternehmer Michael Otto durchaus „eine gewisse Zufriedenheit“ auslöste:

 

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Apr. 2023 | Allgemein, Essay, In vino veritas, Senioren | Kommentieren

Zentrale Anliegen der Aufstandsbewegungen waren die Schaffung von Nationalstaaten sowie die Veränderung der dynastischen Herrschaftssysteme und der sozialen Ordnung.

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Apr. 2023 | Allgemein, Essay, Junge Rundschau, Zeitgeschehen | Kommentieren

Polemiker, Unruhestifter und die Unruhe überhaupt haben hierzulande einen denkbar schlechten Ruf. Zu Unrecht meinen wir, denn Unruhestifter – womit wir nicht Neinsager auf  Teufel komm raus meinen – haben dafür gesorgt, dass demokratische Strukturen eingeführt oder verbessert wurden, ihr Unruhegeist gelte uns als demokratisches Elixier! (mehr …)

Apr. 2023 | Allgemein, Essay, Feuilleton, Junge Rundschau, Kirche & Bodenpersonal, Zeitgeschehen | Kommentieren

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