„Trotz der Bedenken meines Anwalts und meiner Frau“, so Broder, habe er die Einladung für Ende Januar angenommen. Lesen Sie hier seine Rede im Wortlaut.
Vorbemerkung:
Vor meiner Rede ist ein Foto entstanden, auf dem zu sehen ist, wie Alice Weidel, Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, mich umarmt. Dieses Bild ist von der AfD in den sozialen Medien verbreitet worden. Es wäre richtig gewesen, sich der Umarmung zu entziehen. Als Journalist sollte man auf Distanz zu Politikern und Politikerinnen achten. Es gibt freilich keinen Grund, aus dieser Umarmung weiter gehende Schlüsse zu ziehen. Bitte um Entschuldigung und gelobe: bei nächste Gelegenheit bin ich vorsichtiger …
Für den Erfolg der NPD in Sachsen machte schon der damalige Innenminister Otto Schily barsch und öffentlich das Bundesverfassungsgericht mit einer „sehr problematischen Entscheidung“ verantwortlich. Das war ein mehr als dreister verbaler Übergriff, das war unverfroren, dumm und nachvollziehbar falsch. Das von ihm vorzeiten gegen die NPD betriebene Verbotsverfahren nämlich ist nicht etwa daran gescheitert, dass das Gericht den neonazistischen, antisemitischen und ausländerfeindlichen Charakter der NPD verneint hätte. Gescheitert ist der Antrag daran, dass der Bundesinnenminister und seine Mitstreiter nicht – woran sich nichts geändert hat – in der Lage waren, die für die Vorbereitung und Durchführung des Verbotsverfahrens zu fordernden Standards sicherzustellen. Dieser Versäumnisse wegen sah das Gericht keinen Raum für eine Entscheidung in der Sache. Der Versuch, dem Bundesverfassungsgericht zur eigenen Entlastung die Haftung für das Übel NPD zuzuschieben, zeugt jedenfalls von einem mehr als dürftigen Rechtsstaatsverständnis des damaligen Ministers.
Ein paar Zahlen austauschen, um ein bisschen weniger Steuern zahlen zu müssen: Wer soll das schon merken? Das Finanzamt vermutlich – dank Mathematik.
Mathematik nämlich verwendet nicht nur Zahlen, sondern beschreibt und analysiert sie auch. Dabei ist unter anderem der Unterschied zwischen Ziffer und Zahl von Bedeutung. Im gebräuchlichen Dezimalsystem verwenden wir die zehn Ziffern 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 und 9, um daraus unendlich viele Zahlen aufzubauen. (mehr …)
Die Bundesregierung gibt sich bei der Überwachung durch ihre Behörden immer zugeknöpfter. Selbst der Bundestag darf bestimmte Details nicht mehr erfahren. Außerdem stört sie sich an Begriffen wie Trojaner und Spionagesoftware. Die Bundes – regierung hat ihre Auskünfte zur Nutzung von Überwachungstechnik durch Sicherheitsbehörden eingeschränkt. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage durch die Linksfraktion im Bundestag will das Innenministerium beispielsweise keine Angaben mehr darüber machen, wie oft das Bundesamt für Verfassungsschutz eine sogenannte stille SMS bei Verdächtigen einsetzt.
Aktuell macht ein „Framing Manual“ die Runde durch Redaktionen. Das 89-seitige Dokument stammt vom Berkeley International Framing Institut und wurde im Auftrag der ARD erstellt. In dem an ARD-Mitarbeiter gerichteten Papier wird umfangreich beschrieben, wie mit Hilfe des so genannten Framings Sichtweisen in die öffentliche Debatte eingebracht werden können. ARD-Generalsekretärin Susanne Pfab über Manual und die Kritik daran:

Das Recht auf Wasser ist ein Menschenrecht! Doch Nestlé-Verwaltungsratschef Peter Brabeck macht kein Geheimnis daraus, dass Wasser in seinen Augen kein öffentliches Gut sein sollte, sondern auch einen Marktwert wie jedes andere Lebensmittel benötige. In Algerien hat Nestlé die Wassernutzungsrechte erworben und lässt die Fabriken bewachen und einzäunen. In Pakistan das Gleiche. In diesen Ländern wird das Wasser angezapft und für viel Geld in Plastikflaschen verkauft, während die Bevölkerung keinen Zugang mehr zu diesem Wasser hat.
Der Bundesgerichtshof hat im Fall Reiss-Engelhorn-Museum versus Wikimedia-Stiftung eine katastrophale urheberrechtliche Entscheidung getroffen, über die in Netzpolitik Leonhard Dobusch berichtet: „Einfaches Abfotografieren gemeinfreier Werke erzeugt Bilder, die 50 Jahre urheberrechtlich geschützt sind.“ Das Museum hatte gegen die Stiftung, die die Wikipedia betreibt, prozessiert, weil sie ein an sich rechtefreies Richard-Wagner-Porträt aus dem Museum abgebildet hatte (mehr hier im Blog des Marta-Museums, das eine völlig andere Position hat als das Mannheimer Museum). Bilder von Urhebern, die mehr als siebzig Jahre tot sind und an sich frei zirkulieren können müssten, werden nun nicht mehr zugänglich sein: „Und zwar geht das so: unter Verweis auf das Hausrecht wird Museumsbesuchern verboten, selbst ein Foto eines gemeinfreien Werkes anzufertigen. Gleichzeitig sind die vom Museum selbst, zum Beispiel für einen Ausstellungskatalog, in Auftrag gegebenen Scans oder Fotos des Werkes als ‚Lichtbild‘ gemäß § 72 Abs. 1 UrhG für weitere fünfzig (!) Jahre geschützt.“ Damit hat der BGH die Gemeinfreiheit praktisch abgeschafft.
Manfred Weber führt die Union in den Europawahlkampf. Zuvor verhindert seine Fraktion noch rasch ein verpflichtendes Lobbyistenregister für das EU-Parlament. Europas Konservative zeigen sich als verlässliche Freunde der Konzerne. Brüssel ist eine Lobby-Hochburg. Zehntausende Vertreter von Firmen und Verbänden schwirren zwischen Rat, Parlament und Kommission herum. Ob es um Pestizide geht, um die Autoindustrie oder um Datenschutz – überall lobbyieren Konzerne für ihre Interessen. Oft sind Gesetzesvorschläge regelrechte Wunschzettel der Industrie, besonders bei digitalen Themen, wo starke Stimmen von Konsumentenverbänden und Gewerkschaften in der Regel fehlen.

Religion beginnt, wo der Nutzen endet. – Wozu ist dies oder jenes gut? Die Frage nach dem Nützlichen und Zweckdienlichen ist, obgleich sie in unzähligen Varianten den Alltag regiert, keine «letzte» Frage, keine jedenfalls, die nicht überfragt werden könnte. Mitunter verliert sie denn auch ihre Selbstverständlichkeit. Geschieht dies, versteht der, der sie unentwegt gestellt hat, vielleicht sich selbst nicht mehr. Zumindest versteht er sich nicht mehr wie von selbst als denjenigen, auf dessen Willen, auf dessen Wünsche und Bedürfnisse die Welt zugeschnitten sein soll. Es meldet sich dann eine Gegenfrage, eine, die das Nützlichkeitsdenken durchkreuzt und die Perspektive umkehrt: Wozu bin ich gut? Wozu existieren wir?


