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„Niemand versteht die Zerstörende Kraft der Entscheidungen Facebooks“, sagt Ex-Mitarbeiterin Haugen. Der Konzern stelle Profit über Sicherheit. (mehr …)

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Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping will das Land wieder sozialistischer machen. Sein neuer Slogan ist der „gemeinsame Wohlstand“. Er will das Geld gerechter umverteilen. Konzerne spenden plötzlich Milliarden für wohltätige Zwecke, die Mieten werden gedeckelt und Steuerhinterziehung stärker bekämpft. Diese Maßnahmen sind aber nur Show, meint Fabian Peltsch. „Das alles hängt natürlich damit zusammen, dass Xi Jinping sich im nächsten Jahr für eine dritte Amtszeit bestätigen lassen will. Und das bricht mit der Tradition, die der wichtige Reformer Deng Xiaoping Ende der 1970er Jahre eingeführt hatte, nämlich, dass Staatschefs nur noch zwei Amtszeiten haben dürfen, damit eben so etwas wie mit Mao Zedong nicht mehr passiert. Dass man eine einzelne Führerperson hat, die das Schicksal des Landes bestimmt.“

Dass der Präsident länger im Amt bleiben will, mache viele Chinesen nervös. „Xi Jinping will jetzt zeigen, dass er ein zuverlässiger Führer und immer noch ein echter Kommunist ist. Er lässt das Kapital und die Privatfirmen nicht alles machen, was sie wollen. Eine seiner wichtigsten Kampagnen, die er immer wieder betont hat und die vor allem in den letzten zwei Jahren immer wichtiger wurde, ist die Losung vom gemeinsamen Wohlstand für alle“, weiß Fabian Peltsch.

Und dieser Plan scheint zu funktionieren. Die chinesische Mittelschicht wachse, die Menschen könnten sich mehr leisten, sagt der Sinologe. Die Bevölkerung jedenfalls freut sich über die Umverteilung und Xi Jinpings Kampf gegen Kapital, Korruption und Armut, schreibt das Wall Street Journal. Punkten kann er damit vor allem bei seiner Parteibasis, der Arbeiterklasse und der armen Landbevölkerung. Noch ein Jahr hat der Präsident Zeit, seine Machtbasis zu zementieren und das Volk noch mehr hinter sich zu bringen. Im Herbst 2022 steht der Parteitag an. Dass er dort als Präsident wiedergewählt wird, ist wahrscheinlich.

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Lassen Sie sich zu Beginn in das Jahr 2017 entführen. Sie erinnern sich: Das war das Jahr, in dem Donald Trump als neuer US-Präsident vereidigt wurde, sich mit #Metoo eine weltweite Bewegung gegen Sexismus formierte und in Hamburg die G20-Proteste eskalierten.
Auch damals hatte Deutschland gerade eine Bundestagswahl hinter sich. Die SPD setzte ihren Absturz fort, die Union kam zwar auf ein aus heutiger Sicht nahezu traumhaftes Ergebnis von 32,9 Prozent, war aber dennoch kein strahlender Sieger. Auch sie hatte massiv Stimmen verloren, Beobachter bescheinigten ihr schon damals Profillosigkeit und blasses Führungspersonal. Dazu kam der Ärger der Konservativen in der Union über Merkels Flüchtlingspolitik.
Ziemlich genau zur gleichen Zeit erhob sich in unserem Nachbarland ein neuer Stern am Himmel der Konservativen: Der 31-jährige Sebastian Kurz hatte in einem atemberaubenden Tempo erst den Vorsitz der österreichischen Partnerpartei übernommen und sie dann noch am 15. Oktober mit knapp 31,5 Prozent (ein Plus von 7,5 Prozentpunkten) zum Wahlsieg geführt. Bei den Neuwahlen 2019 kletterte die Partei um weitere sechs Punkte nach oben.
Kurz, zuvor Außenminister, hatte die ÖVP von ihrem staubigen Image befreit und radikal auf sich zugeschnitten: Aus schwarz wurde türkis, aus der Österreichischen Volkspartei die „Liste Sebastian Kurz“ mit einem rechteren Profil. Und Kurz schaffte das, was den Konservativen hierzulande kaum mehr gelang: junge Wähler zu mobilisieren.
Kurz am Wahlabend am 15. Oktober 2017: Sein rasanter Aufstieg bescherte ihm in Österreich den Spitznamen
Kurz am Wahlabend am 15. Oktober 2017: Sein rasanter Aufstieg bescherte ihm in Österreich den Spitznamen „Wunderwuzzi“.
Sebastian Kurz, das politische „Wunderkind“ – oder wie man ihn in Österreich nennt: „Wunderwuzzi“ (Tausendsassa): Dieser glänzende Schein fand auch in Deutschland seine Bewunderer. Vor allem junge Christdemokraten und die CSU zeigten sich begeistert: So lassen sich Wahlen also auch Mitte rechts gewinnen! „Das ist ein Auftrag, auch gerade für die beiden Unionsparteien in Deutschland, das politische Spektrum von der Mitte bis zur demokratischen Rechten abzubilden“, sagte etwa der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Deutschlands größte Boulevardzeitung lobte ihn als „Klartext-Kanzler“ und forderte immer wieder: „So einen brauchen wir auch“.
Zurück in die Gegenwart: Ziemlich genau vier Jahre nach dem schwindelerregenden Aufstieg des „Wunderkindes“ erinnert die Situation in Österreich weniger an eine Erfolgsgeschichte als an die berühmte Netflix-Serie „House of Cards“, in der sich ein machthungriger Politiker immer weiter in dunkle Machenschaften verstrickt.
Zwar werfen schon die Ibiza- und die Casino-Affäre Schatten auf Kurz‘ Amtszeit, am Mittwoch aber platzte die bisher wohl größte Bombe. Ermittler durchsuchten nicht nur die ÖVP-Parteizentrale, sondern auch das Kanzleramt – ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Zweiten Republik.
Kurz zusammengefasst: Der heutige Kanzler und seine Vertrauten sollen 2016 und 2017 für mehr als eine Million Euro aus Steuermitteln geschönte Umfragen und wohlwollende Berichte in einer österreichischen Tageszeitung gekauft haben – also genau in der Zeit des rasanten Aufstiegs. Das Geld soll über den Kauf von Werbeinseraten zu der Zeitung geflossen sein. So liest es sich in den Ermittlungsakten der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die das österreichische Magazin Falter bis ins Detail ausgewertet hat. Sie sieht hinter diesem Konstrukt Kurz als Strippenzieher. Als Belege gelten zahlreiche Chats aus dem Umfeld des Kanzlers. Sowohl Kurz, sein Umfeld und auch das Medienhaus streiten die Vorwürfe ab.
Das ganz große Erdbeben ist bisher aber ausgeblieben. Die Opposition fordert zwar seinen Rücktritt, der grüne Koalitionspartner denkt aber noch auf der Situation rum. Das Angebot, die Regierung weiterzuführen, wenn Kurz zurücktritt, lehnte die ÖVP bereits ab. Die Parteispitzen in Bund und Ländern versammeln sich bisher geschlossen hinter ihrem Vorsitzenden.
Vielleicht hat sich Österreich einfach auch schon zu sehr an solche Geschichten gewöhnt. Denn wie tief mittlerweile der Sumpf im politischen Wien ist, zeigt ein Blick auf die vergangenen Monate und Jahre. Sowohl die Ibiza-Affäre (dazu lesen Sie mehr hier) als auch die Casino-Affäre (dazu mehr hier) begannen zwar bei dem früheren Koalitionspartner von Kurz, der rechtspopulistischen FPÖ, zogen dann aber weitere Kreise in die ÖVP. Auch gegen Kurz wird wegen Falschaussage vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss ermittelt.
Auch die jetzigen Durchsuchungen haben einen absurden Anstrich:Schon Mitte September berichteten Zeitungen, dass die Parteizentrale durchsucht werden soll – offenbar hatte sich das in Wien bereits rumgesprochen. Die Anfragen dazu häuften sich bei der ÖVP so sehr, dass die Partei entschied, eine, gelinde gesagt, irritierende Pressekonferenz dazu abzuhalten. „Bei uns ist nichts mehr zu finden. Es gibt nichts mehr“, sagte die stellvertretende Generalsekretärin Gaby Schwarz dort laut der Zeitung „Kurier“ und führte aus: Die ÖVP habe gelernt, nichts Privates auf ihren Handys zu speichern, es werde nur noch das gesichert, was gesetzlich gesichert werden muss. Ein anderer ÖVP-Politiker läutete nur Stunden vor der Durchsuchung einen Angriff auf die ermittelnde Staatsanwaltschaft ein: Dort gebe es „linke Zellen“, verkündete er. Die Durchsuchungen nannte die Partei dann „inszeniert“ und „politisch motiviert“.
Natürlich müssen weitere Ermittlungen klären, inwieweit sich die Vorwürfe erhärten. Dennoch zeichnet die ÖVP ein fatales Bild: das einer Regierungspartei, die sich nicht einmal die Zeit nimmt, sich mit Ermittlungen zu befassen und stattdessen gegen die Justiz hetzt. Und die sich scheinbar bedingungslos hinter einem Vorsitzenden versammelt. Einer demokratischen Partei ist das nicht würdig.
Wenn auch noch nicht sein Amt, so hat Kurz zumindest seinen Glanz verloren. In Österreich spaltet er die Bevölkerung und auch hierzulande gibt es nur noch wenige, die in den vergangenen Wochen noch das Bild vom „Wunderwuzzi“ hochhielten. Gut so, denn als Vorbild taugt diese ÖVP wahrlich nicht. 
Okt. 2021 | In Arbeit | Kommentieren
wussten Sie, dass ein Maulwurf mit einer Geschwindigkeit von sieben Metern pro Stunde gräbt? Dass er sogar klettern kann? Oder vielleicht, dass sein Fell keinen Strich hat, weshalb er unglaublich wendig ist?
Dieses „unter der Erde lebende, Insekten und Regenwürmer fressende Tier mit kurzhaarigem, dichtem Fell, kleinen Augen und kurzen Beinen, von denen die vorderen zwei zum Graben ausgebildet sind“, wie es im Duden beschrieben wird, ist schon faszinierend. Und auch irgendwie putzig. Zumindest wenn man keinen Garten hat, der von einem dieser Exemplare unterwandert und mit diversen Erdhügeln versehen wird.
Oder wenn man nicht Bundeskanzler werden will.
Nun wird eben dieses Vorhaben von CDU-Noch-Chef Armin Laschetnicht wirklich von einem tierischen „Erdwerfer“ torpediert, wie es der Bedeutung von „Maulwurf“ entspricht. Der Noch-Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen (Lesen Sie hier ein Portrait seines Nachfolgers) hat es eher mit einem groß gewachsenen Exemplar mit vergleichsweise langen Beinen, großen Augen und wenig Fell zu tun: mit einem Menschen, den man auch Verräter oder Informant nennen kann.
Warum so jemand als Maulwurf bezeichnet wird? Mit einer vergleichbaren Lebenserwartung von vielleicht ein bis zwei Jahren hat das wohl nichts zu tun. Mit der körperlichen Verfassung wie schon beschrieben ebenfalls nicht. Stattdessen geht es um die Fähigkeit des Untergrabens, die diese Spezies gemein haben. In der Natur erklärt die sich von selbst. In der Politik zeichnet sie jemanden aus, der zum Beispiel vertrauliche Informationen aus den Sondierungsgesprächen nach draußen gibt, die eigentlich zu einer vertrauensvollen Regierungsbildung in Deutschland führen sollen.
So wie das gerade jemand getan hat.
Wer das ist, weiß der ehemalige CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Der verrät den Verräter aber nicht. Darüber hinaus gibt es Gerüchte um zwei wichtige Persönlichkeiten der Union, wie meine Kollegen Tim Kummert und Johannes Bebermeier schreiben.
Aber fangen wir von vorn an.
Der erste Fall: Nach den Sondierungen von FDP und Union gab der Maulwurf gegenüber „Bild“ unter anderem zu Protokoll, dass die FDP-Spitze hinter verschlossenen Türen eine deutliche Ansage an die Union gemacht habe, dass diese jetzt die Grünen „rüberziehen“ müsse in Verhandlungen über ein Jamaika-Bündnis und damit weg von der Ampel. Die will die SPD unbedingt, die Grünen präferieren sie ebenfalls und die FDP möchte sie eigentlich nicht.
Die inhaltliche Brisanz der Aussage hält sich in Grenzen. Denn eigentlich ist jedem Beobachter des Treibens in der Hauptstadt klar: Entweder SPD und Grüne ziehen die FDP zur Ampel rüber, oder die Union und FDP die Grünen zu Jamaika. Oder es gibt einen großen Scherbenhaufen namens große Koalition, weil die ersten beiden Szenarien nicht klappen.
Bei Twitter, also dem sozialen Netzwerk, das im Vergleich zu Facebook und Instagram vorgestern keinen Zusammenbruch erlitten hat, echauffierte sich FDP-Vize Johannes Vogel dennoch. Er habe an drei Sondierungsgesprächen teilgenommen. Aus zweien höre man nichts, aus einem würden dagegen Informationen durchgestochen. „Das fällt auf, liebe Union – und es nervt!“
Selbst in der Union hielt sich die Freude in Grenzen. CDU-Bildungsministerin von Schleswig-Holstein Karin Prien: „Was für eine charakterlose, miese Nummer.“
Zu dem Zeitpunkt waren drei Sondierungsgespräche absolviert.
Der zweite Fall: Gestern Vormittag sondierten dann Grüne und die Union. Auf die Indiskretion nach dem oben beschriebenen Gespräch angesprochen, versuchte Laschet, das Thema Maulwurf unter den Teppich, oder besser, unter die Erde zu kehren. So sagte er gestern: „Ich habe auch etwas gelesen über das Gespräch zwischen der SPD und den Grünen. Das ist nicht gut, wenn es geschieht. Aber wir haben uns mehr mit der Frage beschäftigt: Wie kann man eigentlich diese riesigen Aufgaben, die vor uns liegen, lösen?“
Ein paar Stunden später titelte „Bild“: „DAS besprachen Union und Grüne heute wirklich.“ Der Inhalt: Die Grünen-Spitze habe zum Ausdruck gebracht, dass die Erwartungshaltung in der Partei eine Ampel-Koalition sei. Zudem hätten sich beide Parteien nicht wirklich angenähert bei entscheidenden Themen. Eine brisante Erkenntnis? Nicht wirklich. Eine Indiskretion? Offenbar ja.
Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner twitterte gestern Abend entsprechend: „Es gab in den letzten Tagen vier Sondierungsgespräche. Aus zweien liest und hört man nix. Aus zweien werden angebliche Gesprächsinhalte an die Medien durchgestochen. Das fällt auf, liebe Union – und es nervt!“
Dass der Wortlaut ungefähr dem von Vogel entspricht, mag in Anbetracht der plötzlichen Einigkeit der einst verhassten FDP und Grünen witzig anmuten, auch wenn das vermutlich nicht so gemeint ist. Was die Vorgänge in jedem Fall sind: absurd.
Es ist nicht übertrieben zu sagen: In Berlin hält ein Maulwurf die Spitzenpolitik in Atem. Im übertragenen Sinne hinterlässt er mal hier ein Erdhäufchen und mal dort. Sodass sich viele der Sondierer mindestens so aufregen wie über die Erdhügel in ihren Gärten.
Sie mögen sich nun fragen: Was soll das Brimborium? Nach den vergangenen Bundestagswahlen landeten auch stets Informationen aus Koalitionsgesprächen in der Zeitung oder bei einem Nachrichtenportal. Seit jeher werden Informationen „durchgestochen“. Und früher hielt sich die Aufregung doch auch in Grenzen.
Doch diesmal ist einfach vieles anders. Es wird zum ersten Mal ein Dreierbündnis geben (wenn es keinen Scherbenhaufen namens große Koalition geben soll). Und die Teilnehmer der bisherigen Runden haben sich nun mal darauf geeinigt, dass Vertraulichkeit und Verlässlichkeit, wie es Grünen-Chefin Annalena Baerbock immer wieder betont, die künftige Regierung auszeichnen sollen.
Schlechtes Wetter, gute Laune: Armin Laschet (vorne links) und Annalena Baerbock (rechts). (Quelle: Kay Nietfeld/dpa)
Schlechtes Wetter, gute Laune: Armin Laschet (vorne links) und Annalena Baerbock (rechts). (Quelle: Kay Nietfeld/dpa)
Natürlich gibt es darauf verschiedene Sichtweisen. Aus journalistischer Sicht ist es eine erstrebenswerte und bemerkenswerte Leistung, an vertrauliche Informationen zu kommen, gerade aus den Sondierungsgesprächen. Je tiefer die liegen, desto höher ist die Leistung zu bewerten, sie ausgebuddelt zu haben. Dies überhaupt zu tun ist nicht nur legitim, sondern sogar wichtig. In der Bevölkerung gibt es ein großes Informationsbedürfnis. Es möchte beispielsweise niemand, dass im Hinterzimmer Versprechen der Parteien über Bord geworfen werden, die Sie als Bürgerin oder Bürger womöglich erst dazu gebracht haben, diese zu wählen.
Aus Sicht des Maulwurfs geht es darum, seine wahrscheinlich vorwiegend persönlichen Interessen durchzusetzen. Im Fall der Union ist das womöglich ein Scheitern der Gespräche über Jamaika. Um anschließend Laschet in Rente schicken zu können? Um selbst wie Phönix aus der Asche emporsteigen zu können und der neue starke Mann zu werden? Dem Maulwurf muss klar sein, dass er einen Vertrauensbruch begeht, der Folgen haben wird.
Aus Sicht der oder des Verratenen ist es mindestens ärgerlich. Im Fall Laschet könnte die Indiskretion den Parteichef endgültig das Kanzleramt und die politische Karriere kosten. Zugegeben: Ein Jamaika-Bündnis ist auch gestern nicht wahrscheinlicher geworden. Erst recht nicht mit Laschet an der Spitze. Aber: Es ist gut möglich, dass die ohnehin genervten Sondierer von Grünen, SPD und FDP nach dieser erneuten Indiskretion vom Verhandlungstisch aufstehen und die Union in die Opposition schicken. Deshalb war die Stimmung bei Laschet gestern Abend auch nicht mehr so gelassen wie zuvor. In Düsseldorf kommentierte auch er: „Es nervt.“
„Wie die Beatles“, scherzte Grünen-Chef Robert Habeck (v. l.) beim Presse-Statement zu viert nach den Sondierungsgesprächen, also mit CDU-Chef Armin Laschet, Grünen-Chefin Annalena Baerbock und CSU-Chef Markus Söder. (Quelle: Michele Tantussi/Reuters)
Eine Sicht fehlt hier noch – und das ist vielleicht die Wichtigste. Die von Ihnen und uns als Bürgerinnen und Bürger. Wenn Sie mit Ihrer Chefin oder Ihrem Chef über Ihr Gehalt sprechen, mit einem Psychologen über Probleme, mit Ihrer Bank über Finanzen oder mit Geschäftspartnern über Projekte, anschließend Stillschweigen vereinbaren und dann ein paar Tage später von Nachbarn auf Ihren Kredit, Ihre Sorgen, Ihren Gehaltswunsch oder das Projekt angesprochen werden, fühlt sich das nicht gut an.
Und bei der neuen Regierung geht es nicht nur um Ihre Gehaltsvorstellungen und Sorgen, sondern mindestens um die Zukunft von 80 Millionen Bundesbürgern. Und einigen Maulwürfen. Im Erdreich, aber auch in der Politik.
So geht es weiter mit der Regierungsbildung
Die erste Sondierungsrunde ist abgeschlossen. Am heutigen Mittwoch wollen Grüne und FDP über den weiteren Kurs entscheiden. Zunächst separat, das kündigte Grünen-Chefin Annalena Baerbock an. Bundesvorstand, Parteirat und das 24-köpfige erweiterte Sondierungsteam beginnen entsprechend um 9 Uhr. Der FDP-Bundesvorstand will ebenfalls am Vormittag in einer außerplanmäßigen Schalte beraten. Laut Baerbock wollen die beiden Parteien danach eventuell gemeinsam entscheiden, welche weiterführenden Sondierungen es geben soll.
Drei Szenarien sind denkbar. Szenario eins: FDP und Grüne intensivieren ihre Gespräche mit der SPD über eine Ampel-Koalition und beenden die mit der Union. Szenario zwei: FDP und Grüne intensivieren die Gespräche mit der Union über eine Jamaika-Koalition und beenden die mit der SPD. Szenario drei: FDP und Grüne führen ihre Gespräche sowohl mit der Union als auch mit der SPD fort und loten aus, wie sich die Verhandlungen entwickeln. Am wenigsten wahrscheinlich ist Szenario vier: FDP und Grüne beenden die Gespräche und überlassen Union und SPD das Feld für eine Neuauflage der großen Koalition.
Okt. 2021 | In Arbeit | Kommentieren

Der Mensch und der 10-Meter-Turm

Sind Sie schon mal vom Zehner gesprungen? Und wissen Sie noch, warum? Oder warum nicht? Ein Fall für die Wissenschaft

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Sep. 2021 | In Arbeit | Kommentieren

Gerade schließt sich eine Tür für Deutschland. Konkreter müsste man sagen: Olaf Scholz schließt eine Tür. Nicht ganz, aber doch so weit, dass eigentlich niemand mehr durchkommt.

Denn die Chance auf ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linken nach der Wahl ist so gut wie dahin. Gestorben schon vor dem 26. September. Das ist eine schlechte Nachricht – selbst für all jene Wähler, die bei keinem von den potentiellen Partnern ihr Kreuzchen setzen werden.

 

Gerade schließt sich eine Tür für Deutschland. Konkreter müsste man sagen: Olaf Scholz schließt eine Tür. Nicht ganz, aber doch so weit, dass eigentlich niemand mehr durchkommt.
Denn die Chance auf ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linken nach der Wahl ist so gut wie dahin. Gestorben schon vor dem 26. September. Das ist eine schlechte Nachricht – selbst für all jene Wähler, die bei keinem von den potenziellen Partnern ihr Kreuzchen setzen werden.
Warum?
16 Jahre lang hat die Union mit Angela Merkel an der Spitze regiert, zwölf davon mit der SPD an ihrer Seite. Die Arbeitsteilung lautete: Die Sozialdemokraten liefern die Inhalte, CDU und CSU gewinnen die Wahlen.
Was CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet gerade immer wieder vorgeworfen wird, gilt dabei eigentlich für das ganze Land: Die Bundesrepublik ist in dieser Zeit fast durchgehend im Schlafwagen gefahren. Bitte keine Experimente, nur keine allzu großen Veränderungen – diesen Auftrag konnte Angela Merkel aus den Wahlergebnissen ziehen. Und diesem Auftrag folgte sie.
Wenn man so will, hat Merkel die Deutschen die ganze Zeit dösen lassen. Natürlich gab es Krisen, und das nicht zu knapp. Aber Merkel hat dann immer vermittelt: Kein Grund zur Sorge, ich kümmere mich.
Wie viel dann doch liegen geblieben ist, hat nicht nur, aber eben auch die Corona-Krise offengelegt. Um nur einige von vielen Missständen zu nennen: Viele systemrelevante Berufe werden schlecht bezahlt – von der Kassiererin über den Lkw-Fahrer bis zu den Pflegekräften. Zu viele Stellen in den Gesundheitsämtern sind nicht besetzt, Schulen schlecht ausgestattet, Behörden nicht ansatzweise digital für die Zukunft gerüstet. Es mangelt an transparenten Vergabeverfahren ebenso wie an bezahlbarem Wohnraum für Familien und schlecht Verdienende. Die Liste ließe sich beliebig erweitern.
Kassiererin in einem Supermarkt: hohe Infektionsgefahr und Belastung, niedriges Gehalt und kaum Sicherheit.  (Quelle: Action Pictures/imago images)
Kassiererin in einem Supermarkt: hohe Infektionsgefahr und Belastung, niedriges Gehalt und kaum Sicherheit.
Ein rot-rot-grünes Bündnis würde viele dieser Punkte adressieren. Schon allein deshalb, weil es sich um Themen handelt, die diese Parteien wirklich umtreiben.
Einen höheren Mindestlohn etwa fordert die Linke genauso wie Grüne und SPD. Auch wenn es um Stopper für Mietpreise geht, sind die Vorschläge ähnlich. Alle drei nehmen auch den Bildungssektor, die Absicherung von Kindern und den Klimaschutz in den Fokus. Und sie wollen vor allem Entlastungen für die Bezieher geringer und mittlerer Einkommen.
Wie „unter einem Brennglas“ zeige Corona die Missstände in der Gesellschaft – das war eine der beliebtesten Floskeln in der Jahrhundertkrise. Man müsse radikal neu denken nach der Pandemie, das war die Ansage aus allen Ecken des politischen Spektrums.
Doch nun, wo das Schlimmste der Krise vorerst vorbei zu sein scheint, steht fest: Das radikale Neudenken ist krachend gescheitert. Was die Sache für die linken Parteien besonders bitter macht: Es liegt vor allem an ihnen selbst.
Die Spitzenkandidaten der Linkspartei, Janine Wissler und Dietmar Barsch: Acht Seiten
Die Spitzenkandidaten der Linkspartei, Janine Wissler und Dietmar Barsch: Acht Seiten „Sofortprogramm“ für eine Regierungsbeteiligung stellten sie am Montag vor. (Quelle: Wolfgang Kumm/dpa)
Da ist etwa die Linke, der Ideologie doch wichtiger ist. Sie schwadroniert unter anderem über die Abschaffung der Nato, aber wehrt sich gegen einen Realitätscheck. Mit so wenig Pragmatismus kann man die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt nicht regieren. Da hilft es auch wenig, wenn sich die Partei wie am Montag mit einem „Sofortprogramm“ für eine Regierung mit SPD und Grünen bewirbt. Denn klar wurde bei aller Symbolik in den letzten Tagen auch: Von manchen unrealistischen Vorstellungen wie der Forderung nach einem Aus für Auslandseinsätze der Bundeswehr wird sie sich am Ende mit großer Sicherheit nicht trennen.
So macht die Linke es Olaf Scholz leicht, das rot-rot-grüne Projekt zu begraben, bevor es überhaupt Koalitionsverhandlungen geben kann. Dass der Mann, der in der SPD als Konservativer gilt, keine Koalition mit der Linkspartei will, ist in Berlin längst kein offenes Geheimnis mehr. Zuerst verlangte Scholz ein Nato-Bekenntnis von der Linken – und schob dann noch weitere Forderungen und einige Kritik hinterher.
In einem Instagram-Video signalisierte der Kanzlerkandidat nun sogar: Eher als mit den Linken in eine Regierung würde er wieder in eine große Koalition gehen. Ganz so, als würde das Motto für die Zeit nach der Wahl schon jetzt lauten: alter Stillstand mit neuen Köpfen.
Sep. 2021 | In Arbeit | Kommentieren

Die worliegende Arbeit möchte einen Einblick in die Persönlichkeit des griechischen Komponisten und Politikers Mikis Theodorakis geben. Stets nach Harmonie strebend, provoziert Theodorakis sein Leben lang mit Gegensätzen, um zu einen. Und, er erzählt davon mit Worten, Musik und Taten. Als Jugendlicher hatte ich das Glück, ihn hautnah zu erleben. Hier trug der Exilant Anfang der Siebzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts im griechischen Restaurant Dinosaurus zum ersten Mal öffentlich seine „Lianotragouda tis Pikris Patridas“ (Die kleinen Lieder der bitteren Heimat) vor.

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Sep. 2021 | In Arbeit | Kommentieren

Vor 60 Jahren begann der Regisseur Winfried Junge in der ostdeutschen Kleinstadt Golzow mit den Dreharbeiten für ein Projekt, das als „Die Kinder von Golzow“ weltberühmt werden würde. Nach 44 Jahren Drehzeit schloss er die längste dokumentarische Beobachtung der Filmgeschichte ab.

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Sep. 2021 | In Arbeit | Kommentieren
 Erstens war sie das, weil die meisten Experten in ausländischen Regierungen und Think-Tanks keine Ahnung von der afghanischen Gesellschaft und der Taliban-Bewegung hatten, die sie lange Zeit als losen Zusammenschluss von Gruppen ohne zentrales Kommando beschrieben haben, was offensichtlich falsch war. Zweitens, weil die westliche Strategie der Aufstandsbekämpfung schlecht konzipiert war. So sind die Generäle das Problem der Rückzugsgebiete der Taliban in Pakistan nie angegangen. Drittens, weil in Afghanistan ein neoliberales Regierungsmodell angewandt worden ist, das den Staat zugunsten von Unternehmen und NGO geschwächt hat.

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Sep. 2021 | In Arbeit | Kommentieren

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