Christian Lindner, Bundeswirtschaftsminister, während einer Kabinettssitzung.

Spricht sich gegen die Wiedererhebung der Vermögenssteuer aus: Christian Lindner (FDP)

 

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Juli 2024 | In Arbeit | Kommentieren

Politik

Wichtige Hilfskonferenz

Isjum kämpft ums Überleben: Bürgermeister redet Klartext

Lesezeit: 8 Minuten
Im September 2022 wurde nach der Befreiung der Stadt in Isjum ein Massengrab gefunden. Hunderte Menschen waren in der lehmigen Erde verscharrt worden.
Im September 2022 wurde nach der Befreiung der Stadt in Isjum ein Massengrab gefunden. Hunderte Menschen waren in der lehmigen Erde verscharrt worden.© Reto Klar/ Funke Foto Services | Reto Klar

Essen. Die Ukraine muss wieder aufgebaut werden, irgendwann. Wie schlimm die Zerstörung ist, zeigt das Beispiel einer Kleinstadt nahe Charkiw.

Am Stadtrand von Isjum steht in der Nähe der „Brücke der Liebenden“ die Ruine eines Wohnblocks. Es sieht aus, als sei eine gewaltige Axt in das Haus gefahren und habe es in zwei Hälften gespalten. Am 9. März 2022 starben im Keller des Gebäudes 54 Menschen, als eine russische Rakete einschlug.

80 Prozent der mehrgeschossigen Wohnhäuser in Isjum hat der Krieg zerstört, sagt Volodmyr Matsokin, der stellvertretende Bürgermeister der Kleinstadt, die 125 Kilometer südöstlich von Charkiw liegt. Isjum zeigt exemplarisch, vor welchen gewaltigen Herausforderungen das Land nach dem Ende des Krieges stehen wird. Der Wiederaufbau des Landes wird eine Mammutaufgabe sein. „Ich sage nicht, dass wir sie nicht lösen werden. Das werden wir, aber ohne die Hilfe unserer internationalen Geber und Partner wird es viel länger dauern“, betont Matsokin unserer Redaktion.

Mehr zum Thema: Gräberfeld von Isjum – Wie Familie Stolpakov starb

Er hofft wie viele andere Ukrainer auf einen Ausbau der internationalen Unterstützung und auf eine Konferenz, zu der Deutschland ab Dienstag einlädt. Auf der „Ukraine Recovery Conference“ beraten Regierungsvertreter, Hilfsorganisationen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft über den Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes, über Nothilfen, Projekte und die Frage, wie Unternehmen dazu bewegt werden können, in das Land zu investieren. Neben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird zur Eröffnung auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erwartet.

Isjum: Die Front ist nah, und es gibt keine Jobs mehr

Isjum im Nordosten der Ukraine wird Ende März 2022 von den russischen Streitkräften besetzt. Nur etwa ein Drittel der ursprünglich 44.000 Einwohner bleibt in der Stadt. Die Besatzer nutzen die Stadt als einen wichtigen Militärstützpunkt. Als die ukrainischen Streitkräfte Isjum im September 2022 befreien, finden sie in einem Wald am Stadteingang ein Gräberfeld. Hunderte Menschen sind in der lehmigen Erde verscharrt worden. Manche der Toten haben gefesselte Hände. Die Kleinstadt gleicht einer Ruinenlandschaft. Häuser, Straßen, Verwaltungsgebäude sind beschädigt oder zerstört. Die Toten werden würdevoll bestattet. Das Aufräumen beginnt.

Mehr Reportagen von Kriegsreporter Jan Jessen

Eineinhalb Jahre später leben wieder rund 27.000 Menschen in Isjum. Noch immer, sagt der stellvertretende Bürgermeister, sind nicht ansatzweise alle Schäden beseitigt. Nur zwei der neun Schulen können genutzt werden. Viele Straßen sind noch immer zerstört, die Wärmeversorgung ist mangelhaft. Immerhin seien die Wasserversorgung und die Abwassersysteme mit internationaler Hilfe wiederhergestellt worden, so Volodymyr Matsokin. Der Strom fließt wieder, viele private Häuser sind notdürftig geflickt worden. Aber die Front ist nah, und weil praktisch alle Unternehmen in der Stadt nicht mehr existieren, gibt es keine Jobs. Ein Grund, weshalb viele der Rückkehrer auf humanitäre Hilfe angewiesen sind.

Isjum nach der Befreiung von den russischen Besatzern.
Isjum nach der Befreiung von den russischen Besatzern.© Reto Klar/ Funke Foto Services | Reto Klar

Von der Konferenz in Berlin erhofft sich Matsokin Hilfe beim Wiederaufbau des Wohnraums, insbesondere der großen, mehrstöckigen Gebäude. Damit deren frühere Bewohner Finanzhilfen für die Reparaturen ihrer Wohnungen bekommen könnten, müssten die Wohnblocks selbst erst wieder restauriert werden. „Das ist sehr aufwendig und teuer.“ Auch bei der Wiederherrichtung der kommunalen Infrastruktur sei Isjum auf Hilfe angewiesen: „Dazu gehören unsere Schulen, Kindergärten, Kultur- und Sporteinrichtungen, denn alles, was ich hier aufzähle, ist zerstört.“

„Sie greifen mit allem an. Mit Panzern, Artillerie, Flugzeugen, Mörsern und Drohnen“

Im Süden der Ukraine kämpft Oleksandr Prokudin mit noch heftigeren Problemen. Er ist der Leiter der Militärverwaltung der Region Cherson, quasi eine Art Kriegsgouverneur. Einen großen Teil der Region haben Putins Streitkräften besetzt. Im November 2022 ziehen sich die Russen aus Cherson zurück, der Stadt, die der Region ihren Namen gegeben hat und die ihr Hauptverwaltungssitz ist. Seitdem beschießen die russischen Streitkräfte die Stadt täglich von der anderen Seite des Flusses Dnepr und nehmen auch die umliegenden Siedlungen unter Feuer. „Die Besatzer machen die Siedlungen in der Region vorsätzlich dem Erdboden gleich“, klagt Prokudin gegenüber unserer Redaktion.

FUNKE-Reporter Jan Jessen und Fotograf Reto Klar sind in Isjum in der Ost-Ukraine und berichten vom Fund eines großen Gräberfeldes, das nach dem Abzug der russischen Armee untersucht wird.

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    Allein im Mai hätten die Russen mehr als 26.000 Granaten auf die Region abgefeuert. „Sie greifen mit allem an. Mit Panzern, Artillerie, Flugzeugen, Mörsern und Drohnen.“ Fast 29.000 zivile Objekte seien in der Region Cherson beschädigt oder zerstört worden, darunter 26.000 Privathäuser und 1150 Wohnblöcke. „Was die Menschen über viele Jahre hinweg aufgebaut und genutzt hatten, wurde im Handumdrehen zu Ruinen“, so Prokudin. Zudem greife das russische Militär weiter rücksichtslos Bildungs-, Sport- und Krankenhauseinrichtungen an. „Russische Granaten haben 144 Schulen, 110 Kindergärten, 166 Krankenhäuser, 114 Verwaltungsgebäude und andere nichtmilitärische Einrichtungen getroffen.“

    Allerdings gingen trotz des schweren Beschusses die Wiederaufbauarbeiten weiter, betont Prokudin. Mehr als 3600 beschädigte Gebäude seien bereits repariert worden, etwa ein Drittel davon im Rahmen des Präsidentenprogramms „Seite an Seite“, ein weiteres Drittel durch die Arbeit von Hilfsorganisationen, die anderen in Eigenregie oder auf Kosten der staatlichen oder lokalen Haushalte. Über 3000 Familien, deren Häuser beschädigt worden seien, hätten von der Regierung bereits eine Entschädigung von insgesamt 515 Millionen Hrywna erhalten, umgerechnet sind das pro Familie etwa 400 Euro. Hunderte andere Familien hätten Gutscheine erhalten, mit denen sie neue Wohnungen erwerben könnten.

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    Kampf um Tschassiw Jar: „Es ist traumatisierend“

    So fühlt sich Krieg an

    Wiederaufbau: Die Weltbank schätzt die Kosten auf 452 Milliarden Euro

    Wie hoch die Schäden in der Region Cherson insgesamt sind, ist unklar. „Zunächst müssen wir eine detaillierte Analyse und Erhebung durchführen, was erst nach dem Ende der Feindseligkeiten möglich ist“, sagt Prokudin. Der Gouverneur hat ähnliche Erwartungen an die Berliner Konferenz wie der Vizebürgermeister von Isjum. Er hoffe auf Lösungen, die „der Region Cherson helfen werden, sich zu erholen“. In erster Linie gehe es um die Unterstützung bei der Instandsetzung von sozialen Einrichtungen, kritischer Infrastruktur und Wohnhäusern.

    Im März 2024 hat Russland Isjum mit Drohnen angegriffen und diese Schule zerstört.
    Im März 2024 hat Russland Isjum mit Drohnen angegriffen und diese Schule zerstört.© Anadolu/Getty Images | Getty Images

    Prokudin hat auch eine ganz konkrete Forderung: „Wir erwarten auch Unterstützung für unser Projekt zum Bau einer Bauschutt-Recyclinganlage in Cherson. Dies ist äußerst wichtig und notwendig für die Stadt.“ Mit einer solchen Anlage könnte der nach den russischen Angriffen angefallene Schutt zu neuen Baumaterialien recycelt werden. „Die können wir dann später für den Wiederaufbau beschädigter Gebäude verwenden.“

    Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion

    Hinter den Kulissen der Politik – meinungsstark, exklusiv, relevant.

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    Landesweit sind in der Ukraine bislang rund eine Viertelmillion Wohngebäude zerstört oder beschädigt worden, schätzt die Kiewer Hochschule für Wirtschaft (KES). Dazu rund 3800 Bildungseinrichtungen, etwa 580 Verwaltungsgebäude und fast 430 Krankenhäuser. Die zahllosen russischen Angriffe auf die kritische Infrastruktur des Landes, die in den vergangenen Wochen wieder deutlich zugenommen haben, haben Kraftwerke, Umspannwerke, Hochspannungsleitungen, Dämme getroffen.

    Die Weltbank beziffert die Gesamtkosten für den Wiederaufbau des Landes bereits jetzt auf eine Summe von rund 452 Milliarden Euro. Und es ist noch kein Ende des Krieges in Sicht.

    Juli 2024 | In Arbeit | Kommentieren

    Tod von Nawalny: Was wir wissen und was nicht | tagesschau.de


20. Feb. 2024 · Vier Tage ist der Tod des prominenten russischen Oppositionellen Alexej Nawalny her. Noch immer hat seine Familie keinen Zugang zum Leichnam. Auch über die Todesursache herrscht Unklarheit.

    www.tagesschau.de › ausland › europaRussische Justiz Oppositioneller Nawalny in Haft gestorben worden


16. Feb. 2024 · Der russische Kremlgegner Alexej Nawalny ist tot. Das teilte die Gefängnisverwaltung mit. Nawalnys Frau hat nach eigenen Angaben noch keine Bestätigung erhalten. Dessen Mitarbeiter stufen die…
    Autor: Tagesschau.De

    www.zdf.de › nachrichten › politikMithäftling packt aus: Was geschah kurz vor Nawalnys Tod?



19. Feb. 2024 · Ein Mithäftling berichtet, was im Straflager kurz vor Nawalnys Tod geschah. Was ist zum Tod des Putin-Kritikers bekannt und warum ist die Darstellung des Kreml zweifelhaft? Nawalny während…
    www.zdf.de › nachrichten › politikNawalny-Beerdigung: Tausende nehmen Abschied von Kremlgegner



1. März 2024 · Zwei Wochen nach seinem Tod ist der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny in Moskau beerdigt worden. Tausende Menschen nahmen Abschied, sie riefen seinen Namen – und Anti-Kriegs-Parolen.
    Autor: Zdfheute

    www.tagesschau.de › ausland › europaNawalny unter großer Anteilnahme in Moskau beigesetzt


1. März 2024 · Zwei Wochen nach seinem Tod in einem russischen Straflager ist der Kremlkritiker Alexej Nawalny in Moskau beerdigt worden. Im Beisein einiger seiner Angehörigen wurde er auf dem…
    Autor: Tagesschau.De

    www.swp.de › panorama › alexej-nawalny-tot-todesursacheTodesursache – Woran starb der russische Kremlgegner?


16. Feb. 2024 · Nawalny wurde nur 47 Jahre alt. Der prominenteste Kremlkritiker Russlands starb am 16. Februar in der Strafkolonie in der russischen Polarregion, wie die Gefängnisbehörden mitteilten. Was zur…
    www.n-tv.de › politik › Kreml-Kritiker-Nawalny-ist-tot-article“Putin ist ein Mörder“: Kreml-Kritiker Nawalny ist tot – n-tv.de


16. Feb. 2024 · Der bekannteste Kritiker der russischen Führung, Alexej Nawalny, ist tot. Das teilte die Gefängnisverwaltung mit. Der 47-Jährige verbüßte eine jahrelange Haft in einer Strafkolonie …
    www.rbb24.de › politik › beitragTod von Kreml-Kritiker Nawalny von dessen Team bestätigt | rbb24


16. Feb. 2024 · Kreml-Kritiker Nawalny im Alter von 47 Jahren in russischer Strafkolonie gestorben – Tod durch sein Team bestätigt. 2020 war er mit Vergiftungserscheinungen in der Berliner Charité behandelt worden. Vor der russischen Botschaft sind für Sonntag weitere Proteste gegen Putin geplant.

    Juli 2024 | In Arbeit | Kommentieren
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    Robert Habeck, Olaf Scholz und Christian Lindner bei der Pressekonferenz zum Haushaltskompromiss im vergangenen Dezember: Machen sie es dieses Mal besser?  (Quelle: IMAGO/imago-images-bilder)
    Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,
    beim letzten Mal hielt die Einigkeit nur wenige Stunden. Es war Mitte Dezember, Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner hatten die Nacht durchverhandelt. Um 5 Uhr morgens stand der Kompromiss im Haushaltsstreit. Oder das, was man damals für den Kompromiss hielt.
    Denn als Cem Özdemir sich wehrte, war es schon vorbei mit der Einigkeit. Der grüne Landwirtschaftsminister kündigte an, nicht mittragen zu können, was der Kanzler, der Vizekanzler und der Finanzminister da ausgehandelt hatten. Die Lösung enthielt gleich zwei Härten für seine Bauern: Die Kfz-Steuerbefreiung und die Agrardieselsubvention sollten entfallen. Ein großer Haufen Mist, der die Bauern auf die Barrikaden brachte. Spätestens da wollte fast niemand mehr was mit der Einigung zu tun haben. Der Ampelstreit ums Geld ging weiter.
    Es werden also böse Erinnerungen wach, wenn in diesen Tagen wieder über den Haushalt verhandelt wird. Die Ampelregierung will es natürlich besser machen diesmal. Nur hat sie eben schon oft bewiesen, wie gut sie darin ist, sich ihre wochenlang zusammenverhandelten Kompromisse in wenigen Stunden wieder zu zerreden. Schafft sie dieses Kunststück auch jetzt wieder?
    Tagesanbruch hören bei t-online.de
    Es gibt dummerweise ein paar Dinge, die dafür sprechen. Die Haushaltslücke ist noch größer als im vergangenen Jahr, das allein macht es kompliziert. SPD und Grüne wollen deshalb eigentlich mehr Schulden aufnehmen, die FDP will das auf keinen Fall. So weit, so bekannt.
    Vergangene Woche aber verkeilten sich SPD und FDP überraschend heftig. Die SPD forderte in einer gemeinsamen Erklärung der maßgeblichen Fraktionsflügel, die Notlage auszurufen, um die Schuldenbremse noch einmal aussetzen zu können. Die FDP drohte zurück, und zwar mit Koalitionsbruch, wenn es dazu kommen sollte. Eine wenig hilfreiche Eskalation, wie genervte Grüne hinter vorgehaltener Hand bemerkten.
    Die erste Deadline wird die Ampel diese Woche reißen. Den Haushaltsentwurf kann sie am Mittwoch, dem 3. Juli, nicht wie geplant beschließen. Das ist seit einigen Tagen klar. So weit sind sie noch nicht, obwohl Scholz, Habeck und Lindner auch am Wochenende verhandelt haben. Statt eines Gesetzentwurfs könnte es eine „politische Einigung“ geben, also so etwas wie Eckpunkte, die großen Linien. Besser als nichts, könnte man sagen, besonders die SPD hatte zuletzt Druck auf ihren Kanzler gemacht, irgendwas vorzulegen.
    Doch „politische Einigungen“ bergen in der Ampel eine Gefahr.Solange es nichts Schriftliches außer ein paar Eckpunkten gibt, also keinen durchgerechneten Gesetzentwurf, könnte passieren, was in vergleichbaren Situationen schon oft passiert ist: Alle drei Ampelpartner interpretieren die „Einigung“ auf ihre ganz eigene Weise. Jeder schickt seine Spindoktoren los, um Journalisten davon zu überzeugen, dass man sich in den Verhandlungen am meisten durchgesetzt habe. Am Ende blickt kaum noch jemand durch, was genau beschlossen wurde. Und der Streit geht weiter.
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    Rolf Mützenich (von links), Christian Dürr und Britta Haßelmann: Auf die Chefs der Ampelfraktionen im Bundestag kommt es beim Haushalt an.  (Quelle: IMAGO/Bernd Elmenthaler/imago)
    So muss es aber nicht kommen. Es gibt auch ein paar Hinweise, dass es dieses Mal besser laufen könnte. Die Ausgangslage ist eine andere: Als das Bundesverfassungsgericht im November das Finanzkonstrukt der Ampel für verfassungswidrig erklärte, war der Kabinettsentwurf fertig. Die Ampelfraktionen im Bundestag waren gerade dabei, ihn zu Ende zu verhandeln. Was auch bedeutete, dass Scholz, Habeck und Lindner als Kabinettsmitglieder eigentlich gar nicht mehr zuständig waren. Sie mussten das riesige Haushaltsloch flicken, ohne die selbstbewussten Fraktionen von SPD, Grünen und FDP im Bundestag auszubooten. Und das in nur wenigen Wochen. Dieses Mal wissen alle seit Monaten Bescheid, dass es eng wird. Und sie können ihren Entwurf von Anfang an so konzipieren, wie es nötig ist.
    So schlecht scheint das nicht zu laufen. Zumindest geben sich Leute, die nah dran sind, in diesen Tagen optimistisch. Überraschend optimistisch. Das könnte natürlich Autosuggestion sein: Man redet sich so lange ein, dass es gut läuft, bis man wirklich daran glaubt.
    Doch angeblich gibt es tatsächlich bedeutende Fortschritte. Statt über 30 Milliarden Euro soll die Lücke zuletzt nur noch rund 10 Milliarden Euro groß gewesen sein. Nachdem vorher immer vorsichtig und vage auf einen Kabinettsbeschluss „im Juli“ verwiesen worden war, legte sich Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag beinahe fest und sagte, es werde wohl der 17. Juli. Da sei er bei aller gebotenen Vorsicht zuversichtlich.
    Das ist nicht das einzig Bemerkenswerte. Die Grünen geben sich gerade besonders zurückhaltend, und zwar auch der sonst konfliktfreudige linke Parteiflügel. Das liegt eher nicht an einer plötzlich entdeckten Liebe für Christian Lindner, sondern wohl an der Erkenntnis, dass es diesmal wirklich ernst ist. Die Grünen sind bereit, harte Kompromisse einzugehen, nur damit die Ampel nicht auseinanderfliegt.
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    Joe Biden und Emmanuel Macron: Der eine zu müde, der andere zu aufgedreht.  (Quelle: IMAGO/VANNICELLI/GRILLOTTI/imago)
    Die Europawahl hat gezeigt, was den Ampelparteien bei einer vorgezogenen Neuwahl drohen würde. Das allein diszipliniert. Hinzu kommen die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im Herbst. Für die Ampelparteien sieht es überall recht katastrophal aus. Für die AfD überall glänzend. Niemand in der Bundesregierung will die Lage mit einer Regierungskrise oder auch nur einem Haushaltsstreit bis Weihnachten verschärfen.
    Es ist ungemütlich genug, auch international. In den USA scheint es nur noch darum zu gehen, ob ein müder Joe Biden selbst gegen Donald Trump verlieren darf oder ob das ein jüngerer, unbekannterer Demokrat übernimmt. Und in Frankreich hat es der etwas zu aufgedrehte Emmanuel Macron fertiggebracht, dass bald der rechtsextreme Rassemblement National von Marine Le Pen die Regierung anführen könnte.
    Genug Anschauungsmaterial also, wie es nicht geht. Und genug Motivation, es anders zu machen, besser. Mit einem fairen Kompromiss, bei dem alle Partner sparen und sich möglicherweise trotzdem ein Sondervermögen genehmigen. Um die Schuldenbremse zu ehren und zugleich genügend Geld für nötige Investitionen zu haben. Es wäre im ureigenen Ampelinteresse. Und vor allem: im Interesse dieses Landes.
    Juli 2024 | In Arbeit | Kommentieren

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    Auch bei diesem Parteitag ist zu erwarten, dass der „Flügel“ von Björn Höcke seinen Einfluss ausweiten wird.
    Auch bei diesem Parteitag ist zu erwarten, dass der „Flügel“ von Björn Höcke seinen Einfluss ausweiten wird.

    Michel Friedman ruft zum Widerstand gegen die extreme Rechte auf.

    Die AfD ist demokratisch gewählt. Trotzdem ist sie keine demokratische Partei. Unzählige Bemerkungen aus der Parteispitze bis hin zum Parteivorsitzenden Alexander Gauland, bis zu Björn Höcke verletzen Artikel 2 des Grundgesetzes „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ in brutalster Weise. Für die Spitze der AfD ist die Würde von einigen Menschen antastbar. Die rassistischen, antisemitischen und xenophoben Parolen bilden den inhaltlichen Kern dieser Partei. Er besteht aus Hass, Hetze und Menschenverachtung.

    Auch sollten wir aufhören, die Wähler dieser Partei als Protest- oder Wutwähler zu bezeichnen, weil dieser Entlastungsversuch eine Verharmlosung bedeutet. Wir sollten die Wähler wie auch die Spitzenfunktionäre sehr ernst nehmen, und das bedeutet, sie politisch und rechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Mit ihrer Stimme unterstützen sie Demagogen und Demokratiefeinde. Man kann nicht mit anderthalb Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes stehen.

    Die AfD ist eine autoritäre, reaktionäre Partei

    Die AfD ist eine autoritäre, reaktionäre Partei. Die Wölfe haben schon längst ihren Schafspelz ausgezogen, sind geistige Brandstifter, die ihre Hände nicht in Unschuld waschen können, wenn daraus tatsächliche Gewalt entsteht. Auch der Versuch, das Dritte Reich als einen „Vogelschiss der Geschichte“ zu bezeichnen, verharmlost die Zeit des Nationalsozialismus. Zur Erinnerung: In dieser Zeit wurden sechs Millionen Juden in der Shoa durch Deutsche ermordet. Ein „Vogelschiss“?

    Dass diese Partei in alle Landtage gewählt und in einige mit deutlich höheren Stimmanteilen wiedergewählt wurde, dass sie die größte Oppositionspartei im Deutschen Bundestag ist, ist eine ernstzunehmende Bedrohung der Demokratie. Was nicht mehr geht: von den Anfängen zu sprechen, die man abwehren müsse. Zu viele Anfangspunkte sind eben nicht abgewehrt worden und sind zu Endpunkten der Gewalt geworden. Der letzte Endpunkt war der Terroranschlag auf die Synagoge in Halle.

    Die AfD ist immer extremer geworden

    Was nicht mehr geht, ist zu sagen: „Wir haben verstanden, jetzt werden wir handeln.“ Zu oft ist dies gesagt worden, zu selten ist gehandelt worden. Was nicht mehr geht, ist die Behauptung, dass die AfD bald wieder verschwinden wird. Sie ist mitten unter uns. Sie repräsentiert, parteipolitisch, die in Teilen unserer Bevölkerung bestehende Skepsis gegenüber der liberalen Demokratie, die Abwehr gegenüber allen, die „anders“ sind. Es handelt sich um Millionen Menschen, die nach wissenschaftlichen Untersuchungen diese negative Haltung repräsentieren, unabhängig von Alter, Bildung und Einkommen.

    (Nicht mehr ganz) neu ist die Enthemmung, die Unverschämtheit, ist die Salonfähigkeit. Neu ist – und dies ist keine quantitativ, sondern eine qualitativ erschreckende Entwicklung –, dass eine Partei wie die AfD in den Bundestag gewählt wurde. Die AfD hat sich in den letzten Jahren auch an ihrer Parteispitze mehr und mehr radikalisiert, ist offen und deutlich immer extremer geworden und verbündet sich mit identitären Gruppen, NPD-Anhängern, Pegida und gewaltbereiten Rassisten. Und trotzdem oder erst recht: Die Anhängerzahl wächst parallel zu diesem Prozess.

    Beim AfD-Parteitag ist zu erwarten, dass sich die Radikalisierung fortsetzen wird

    Michel Friedman ist Publizist, Jurist und Honorarprofessor in Frankfurt. Er engagiert sich seit Jahrzehnten gegen Antisemitismus und Rassismus.
    Michel Friedman ist Publizist, Jurist und Honorarprofessor in Frankfurt.

    Auch bei diesem Parteitag ist zu erwarten, dass der „Flügel“ von Björn Höcke seinen Einfluss ausweiten und die Radikalisierung sich weiter fortsetzen wird. Die AfD zeigt immer deutlicher, dass sie nicht nur eine reale Gefahr für Minderheiten ist, sondern auch für die Strukturen der Demokratie und damit für alle Bürger/-innen dieses Landes. Spätestens nach dem Mord an Regierungspräsident Lübcke ist eindeutig sichtbar, dass es um den Kern unseres Gemeinwesens geht.

    Wenn Repräsentanten des demokratischen Staates, wenn ehrenamtliche wie hauptamtliche Politiker/-innen bedroht, beleidigt und bepöbelt werden, wenn Einschüchterung gegenüber diesen Menschen immer aggressiver wird, wenn die pluralistische Presse als „Lügenpresse“ diffamiert wird und auch Journalist/ -innen durch verbale und tatsächliche Gewalt eingeschüchtert werden, ist die rote Linie erreicht und die wehrhafte Demokratie muss beweisen, dass sie auch wehrhaft ist.

    Der AfD geht es um eine andere Gesellschaft

    Spätestens jetzt müssen wir feststellen, dass es der AfD um einen anderen Staat, um eine andere Gesellschaft geht. Wenn selbst die Präsidenten des BKA und des Bundesverfassungsschutzes den Rechtsextremismus als eine Gefahr für die Demokratie bezeichnen, muss die Lage deutlich ernster sein, als viele sie wahrnehmen wollen.

    Wegschauen und weghören geht nicht mehr. Sage keiner, er habe es nicht gewusst. Demokrat/-innen müssen deutlich aktiver werden. Wir müssen miteinander verhandeln, wie wir die Demokratie, die Freiheitsrechte in den nächsten Jahren konkretisieren und fortschreiben wollen. Sich wieder einzumischen, Gesicht zu zeigen und mit mindestens demselben Selbstbewusstsein und Enthusiasmus wie AfD-Anhänger es für ihre Überzeugung vorleben für diese Freiheitswerte zu werben, ist unverzichtbar.

    Wie auch immer dieser Parteitag zu Ende geht, und wann auch immer die nächsten Bundestagswahlen sind, diese werden, was die Statik unserer Demokratie angeht, entscheidend sein. Und die Gefahr wächst.

    Der Politik-Newsletter
    Ihre tägliche Übersicht: Die wichtigsten Politik-Themen kompakt zusammengefasst

    Die AfD erhält vom Berliner Vermögensverwalter Christian Krawinkel eine Großspende.
    Der Wunsch des Geldgebers: Der Betrag soll nach Thüringen gehen.

    Zudem ist jetzt nach einem mutmaßlichen Brandanschlag das Auto von AfD-Chef Tino Chrupalla abgebrannt.
    Jörg Meuthen erhebt schwere Vorwürfe.

    Trendbarometer: AfD auf niedrigstem Wert seit Jahren. Seit 2017 hatte die Partei kein so schlechtes Ergebnis.

    Juli 2024 | In Arbeit | Kommentieren

    Anstand haben

    ist ne Zier

    Doch weiter kommt

    man ohne Ihr

    Juni 2024 | In Arbeit | Kommentieren
    Juni 2024 | In Arbeit | Kommentieren

    Ende Mai wurde ein Bild millionenfach in den Instagram-Storys gepostet. Vielleicht hast du es auch gesehen – oder sogar geteilt: Bei diesen Storys fordert Instagram dich auf, das Bild auch zu teilen, mit dem Slogan “Du bist dran!”, als könnte man am Ende etwas gewinnen, wenn man das Bild auch in der eigenen Story postet.Bei genauerem Hinschauen merkt man schnell: Irgendwas stimmt hier nicht. Die schneebedeckten Berge im Hintergrund passen nicht zur Landschaft vor Ort, und die Zelte in den Lagern von Rafah sind ganz sicher nicht so ordentlich aufgereiht, wie das Bild vermitteln möchte. Schnell kommt heraus: Das Bild ist von einer künstlichen Intelligenz (KI) generiert – es ist ein Fake.

     

     

     

     

     

     

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    Juni 2024 | In Arbeit | Kommentieren

    Tierrechtler werfen der Molkerei vor, Milch von angeketteten Kühen zu beziehen. Die bestätigt das, stellt das Problem aber als nicht so groß dar.

    Drei Kälber auf der Weide

    Viele Rinder dürfen nicht wie diese Kälber auf der Weide stehen

    Tierrechtler werfen der Molkerei vor, Milch von angeketteten Kühen zu beziehen. Die bestätigt das, stellt das Problem aber als nicht so groß dar.

     

     

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    Juni 2024 | In Arbeit | Kommentieren

    Ich war ein schüchternes Kind und las zu viel. Eine Weile ging das gut. Doch dann, im Alter von acht oder neun Jahren, stiess ich auf etwas Unheimliches.Ich wusste mehr als fast alle berühmten Köpfe der Vergangenheit. Etwa, dass Krankheiten durch winzige Lebewesen übertragen werden, dass man aus Atomen Bomben bauen kann oder was für Dinosaurier es gab.

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    Juni 2024 | In Arbeit | Kommentieren

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