Mann steht auf Penrose-Dreieck vor grauem Hintergrund
Nicht nur Sätze, auch geometrische Formen können uns leicht auf den Holzweg führen.

Rätsel verblüffen Menschen schon seit Jahrhunderten. Sie zwingen uns, einige subtile Unschärfen des Denkens und der Sprache in den Blick zu nehmen – etwa wenn wir uns fragen, was genau es heißt, jemand sei dieselbe Person wie früher. Das nämlich hängt stark davon ab, woran wir so etwas wie Identität festmachen.

 

 

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Sep. 2022 | In Arbeit | Kommentieren
Viele Lichter bilden ein großes helles Licht im Dunkel: Galaxienhaufen.

Macht Dunkle Materie den Großteil der Materie in dem hier dargestellten Galaxienhaufen aus? Das ist bisher zumindest noch die gängige Theorie. Doch es regen sich Zweifel. / NASA

Seit etwa 40 Jahren glauben die meisten Astronomen, dass der Kosmos zum Großteil aus Dunkler Materie besteht. Doch trotz aufwendiger Suche mit Teilchenbeschleunigern ließ sich die nicht finden. Vielleicht jagt die Forschung einem Phantom nach.

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Sep. 2022 | In Arbeit | Kommentieren

 

 

 

 

 

 

 

Charles III ist kein Nachfahr von Charles I. und Charles II.. Sie waren Stuarts. Charles III. ist ein Windsor, also ein Mitglied des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha. Als im Ersten Weltkrieg England nicht nur mit Deutschland im Krieg lag, sondern zudem noch Flugzeuge des Typs Gotha G.IV England bombardierten, änderte König Georg V. am 17. Juli 1917 den anglisierten Namen Saxe-Coburg and Gotha, den das Haus in Großbritannien seit 1840 trug, in den jetzigen Hausnamen Windsor. Dieser steht für die Stadt Windsor in der Grafschaft Berkshire, in der sich Windsor Castle befindet, seit der Zeit Wilhelms des Eroberers eine der Residenzen der königlichen Familie. Der deutsche Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha war dem englischen König vorausgegangen und hatte schon im März des Jahres die Verbindungen zu den englischen Verwandten abgebrochen und klargestellt, dass niemand seinen Thron besteigen könne, dessen Staat Krieg gegen das deutsche Reich führe.

Diese Vorgänge sind nicht nur Charles III., sondern auch großen Teilen der britischen Öffentlichkeit geläufig. Das Königshaus ist älter als die Nation, und es gehörte einmal anderen Nationen an. Das spielt auch heute eine wichtige Rolle. Zum Beispiel für die schottischen Nationalisten. Manche von ihnen vertreten die Ansicht, Schottland könne eine eigene Nation bilden, der englische König aber das Staatsoberhaupt des unabhängigen Schottlands bleiben.

Für Charles I. war das eine der Grundlagen seines Selbstverständnisses: Er war König von England, Schottland und Irland. Nicht weil die drei Nationen in einem Staat zusammengefasst waren, sondern weil er König dieser drei Staaten war. Verbunden waren sie durch ihn. Durch eine Personalunion.

Charles I. vermehrte seine Feinde wesentlich auch durch seine Praxis, von seinen reichen Untertanen Geld dafür zu verlangen, sie nicht zu verhaften. Königliche Schutzgelderpressung könnte man sagen. England war keine Großmacht. Der Staat war permanent pleite, unfähig sich zu schützen, geschweige denn in der Lage, protestantischen Brüdern und Schwestern zu Hilfe zu kommen. Schon als Thronfolger hatte Charles I. sich dafür eingesetzt, seiner mit dem Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz verheirateten Schwester zur Hilfe zu kommen. Im November 1619 hatten die protestantisch böhmischen Stände Friedrich die Krone Böhmens angeboten. Er nahm an. Die Truppen der Katholischen Liga vertrieben ihn ins Exil. Das war einer der Auslöser für den Dreißigjährigen Krieg.

Charles I. versuchte immer wieder, im großen europäischen Kriegsspiel mitzumachen. Er scheiterte jedes Mal. Auch seine protestantischen Untertanen unterstützten dieses Engagement. Zugleich aber warfen sie ihm seine Großmachtträume vor. Denn England war nicht einmal in der Lage, den Ärmelkanal vor türkischen Piraten zu schützen. Die fielen in der Gegend um Plymouth sogar Orte auf der Insel an.

Die ständige Geldnot des Hofes stärkte das Parlament. Das stellte immer radikalere Forderungen. Der Krieg gegen das aufmüpfige Irland stärkte die Armee, die sich zu einem eigenständigen Faktor der Politik entwickelte. Dazu die Konflikte zwischen Katholiken, anglikanischer Kirche, deren Oberhaupt der König war und verschiedenen protestantischen Gruppierungen, die alle ganz unterschiedliche Vorstellungen davon hatten, wie Kirche, Staat und Welt auszusehen hatten.

Vielleicht aber hatte Thomas Hobbes (1588–1679) recht, der die religiösen Beweggründe dafür, die eine oder die andere Partei zu ergreifen, so ernst nicht nahm: „Ich denke wirklich, hätte der König Geld gehabt, hätte es für ihn genügend Soldaten in England gegeben. (…) Aber die Schatzkammern des Königs waren nur wenig gefüllt. Seine Feinde aber verfügten über die dicken Brieftaschen der City of London.“

Zwischen allen, nein über allen Stühlen sah sich der König. Er war der von Gott eingesetzte Herrscher, dem niemand Vorschriften zu machen hatte. Es war kränkend genug, dass er mal mit Franzosen, mal mit Schotten, mal mit dem Parlament, ständig mit den Militärs zu verhandeln hatte. Als er versuchte, mit den Schotten gegen die aufmüpfigen Engländer zu koalieren, verkauften die ihn für 400 000 Pfund an die Parlamentstruppen. Charles I. verhandelte weiter. Auch als es längst nichts mehr zu verhandeln gab.

Es wurden dicke Bücher über das Hin und Her, über die wechselnden Koalitionen bei Hof und im Parlament geschrieben. Sie sind auch deshalb so schön zu lesen, weil sie die Fantasie in Bewegung setzen. Man kommt auf die Idee, womöglich sei die Politik auch heute so bewegt, bunt und undurchsichtig. Überall Verschwörungen, hinter jedem Vorhang eine Leiche.

Vor einem Vierteljahrhundert rieben sich deutsche Politiker verblüfft die Augen und konstatierten: Wir sind nur noch von Freunden umgeben. Das hat sich geändert. Francis Fukuyama sprach damals vom „Ende der Geschichte“. Ein Irrtum. Die Geschichte ist wieder da. Mit Drohungen, Erpressungen, Kanonenpolitik und Massenmord. Politik besteht wieder in der Kunst, zwischen Freund und Feind zu unterscheiden. Das war nie wirklich vorbei. Aber jetzt fällt die Welt zurück in alte Muster. Ganz offen wollen alle wieder größer werden. Dazu keine Monarchen mehr, aber Autokraten, die davon ausgehen, niemandem Rechenschaft schuldig zu sein.

Als Charles I. sein Ende kommen sah, nahm er es gelassen. Auch die letzten Stunden Wartezeit, die entstanden waren, weil seine Henker noch ein Gesetz ändern mussten, das besagte, dass unmittelbar nach dem Tod des Königs der Prince of Wales automatisch sein Nachfolger würde. Das Gesetz war schnell formuliert. Aber es musste drei Lesungen passieren. Das dauerte.

Wir erinnern uns daran, wie viel Wert nach dem Tod Elizabeth II. darauf gelegt wurde, dass von nun an – also nicht erst nach der Krönung – Charles King Charles sei. Und begreifen, warum das so wichtig war.

Am 30. Januar 1649 um 14 Uhr wurde Charles I. enthauptet. Mit einem einzigen Beilhieb. Sofort kamen Zuschauer, bestachen die Soldaten und tauchten ihre Taschentücher in das königliche Blut. Charles war am Ende sich sicher gewesen, dass er als Märtyrer direkt vom Schafott zum Thron Gottes aufsteigen werde. England war jetzt eine Republik. Ihr Lordprotector wurde Oliver Cromwell. Am 3. September 1658 starb er. Am 29. Mai 1660 wird mit dem Einzug von König Charles II. in London die Monarchie wieder eingeführt.

Heute wird bei der Beerdigung von Elizabeth II. mit mehr als einer Million Menschen gerechnet. Geschichte wiederholt sich nicht. Manchmal aber tauchen die Gespenster der Vergangenheit erschreckend deutlich wieder auf. Es fehlt heute nicht an Regierungschefs, die sich für gottgesandt halten. Von den Monarchen gehört diesmal wohl keiner dazu. aw

Sep. 2022 | In Arbeit | Kommentieren

King Charles I

Der 73-jährige Sohn der verstorbenen Königin ist der dritte dieses Namens. Eine Gelegenheit, um ein paar Minuten lang auf Charles I. (1600–1649) zurückzublicken.

Jedes englische Schulkind weiß es und King Charles III. natürlich auch: Charles I. (Bild) wurde enthauptet, und mit der Monarchie war erst einmal Schluss. Sein Sohn bestieg als Charles II. erst 1660 den Thron.

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Sep. 2022 | In Arbeit | Kommentieren
Charles I. als Familienvater mit seiner Frau Henriette Marie. Eine schwierige Ehe, was die Menschen schon damals interessierte.

 

Charles I.

Bis vor elf Tagen war der einzige lebende King Charles der englische Sänger und Songwriter Charles Costa, der „King Charles“ zu seinem Künstlernamen gemacht hatte. Offenbar hatte das britische Königshaus keine Einwände. Ging man davon aus, dass Königin Elizabeth ihren Sohn oder sogar diesen Usurpator überleben würde?

Seit dem 8. September gibt es einen echten King Charles. Der 73-jährige Sohn der verstorbenen Königin ist der dritte dieses Namens. Eine Gelegenheit, um ein paar Minuten lang auf Charles I. (1600–1649) zurückzublicken. Jedes englische Schulkind weiß es und King Charles III. natürlich auch: Charles I. wurde enthauptet, und mit der Monarchie war erst einmal Schluss. Sein Sohn bestieg als Charles II. erst 1660 den Thron.

Was sagt uns das? Erst einmal nichts. Die Welt der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts hat wenig mit der des 21. zu tun. Je genauer man hinblickt, desto weiter scheint sie von uns abzurücken.

Charles III ist kein Nachfahr von Charles I. und Charles II.. Sie waren Stuarts. Charles III. ist ein Windsor, also ein Mitglied des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha. Als im Ersten Weltkrieg England nicht nur mit Deutschland im Krieg lag, sondern zudem noch Flugzeuge des Typs Gotha G.IV England bombardierten, änderte König Georg V. am 17. Juli 1917 den anglisierten Namen Saxe-Coburg and Gotha, den das Haus in Großbritannien seit 1840 trug, in den jetzigen Hausnamen Windsor. Dieser steht für die Stadt Windsor in der Grafschaft Berkshire, in der sich Windsor Castle befindet, seit der Zeit Wilhelms des Eroberers eine der Residenzen der königlichen Familie. Der deutsche Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha war dem englischen König vorausgegangen und hatte schon im März des Jahres die Verbindungen zu den englischen Verwandten abgebrochen und klargestellt, dass niemand seinen Thron besteigen könne, dessen Staat Krieg gegen das deutsche Reich führe.

Diese Vorgänge sind nicht nur Charles III., sondern auch großen Teilen der britischen Öffentlichkeit geläufig. Das Königshaus ist älter als die Nation, und es gehörte einmal anderen Nationen an. Das spielt auch heute eine wichtige Rolle. Zum Beispiel für die schottischen Nationalisten. Manche von ihnen vertreten die Ansicht, Schottland könne eine eigene Nation bilden, der englische König aber das Staatsoberhaupt des unabhängigen Schottlands bleiben.

Für Charles I. war das eine der Grundlagen seines Selbstverständnisses: Er war König von England, Schottland und Irland. Nicht weil die drei Nationen in einem Staat zusammengefasst waren, sondern weil er König dieser drei Staaten war. Verbunden waren sie durch ihn. Durch eine Personalunion.

Charles I. vermehrte seine Feinde wesentlich auch durch seine Praxis, von seinen reichen Untertanen Geld dafür zu verlangen, sie nicht zu verhaften. Königliche Schutzgelderpressung könnte man sagen. England war keine Großmacht. Der Staat war permanent pleite, unfähig sich zu schützen, geschweige denn in der Lage, protestantischen Brüdern und Schwestern zu Hilfe zu kommen. Schon als Thronfolger hatte Charles I. sich dafür eingesetzt, seiner mit dem Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz verheirateten Schwester zur Hilfe zu kommen. Im November 1619 hatten die protestantisch böhmischen Stände Friedrich die Krone Böhmens angeboten. Er nahm an. Die Truppen der Katholischen Liga vertrieben ihn ins Exil. Das war einer der Auslöser für den Dreißigjährigen Krieg.

Charles I. versuchte immer wieder, im großen europäischen Kriegsspiel mitzumachen. Er scheiterte jedes Mal. Auch seine protestantischen Untertanen unterstützten dieses Engagement. Zugleich aber warfen sie ihm seine Großmachtträume vor. Denn England war nicht einmal in der Lage, den Ärmelkanal vor türkischen Piraten zu schützen. Die fielen in der Gegend um Plymouth sogar Orte auf der Insel an.

Die ständige Geldnot des Hofes stärkte das Parlament. Das stellte immer radikalere Forderungen. Der Krieg gegen das aufmüpfige Irland stärkte die Armee, die sich zu einem eigenständigen Faktor der Politik entwickelte. Dazu die Konflikte zwischen Katholiken, anglikanischer Kirche, deren Oberhaupt der König war und verschiedenen protestantischen Gruppierungen, die alle ganz unterschiedliche Vorstellungen davon hatten, wie Kirche, Staat und Welt auszusehen hatten.

Vielleicht aber hatte Thomas Hobbes (1588–1679) recht, der die religiösen Beweggründe dafür, die eine oder die andere Partei zu ergreifen, so ernst nicht nahm: „Ich denke wirklich, hätte der König Geld gehabt, hätte es für ihn genügend Soldaten in England gegeben. (…) Aber die Schatzkammern des Königs waren nur wenig gefüllt. Seine Feinde aber verfügten über die dicken Brieftaschen der City of London.“

Zwischen allen, nein über allen Stühlen sah sich der König. Er war der von Gott eingesetzte Herrscher, dem niemand Vorschriften zu machen hatte. Es war kränkend genug, dass er mal mit Franzosen, mal mit Schotten, mal mit dem Parlament, ständig mit den Militärs zu verhandeln hatte. Als er versuchte, mit den Schotten gegen die aufmüpfigen Engländer zu koalieren, verkauften die ihn für 400 000 Pfund an die Parlamentstruppen. Charles I. verhandelte weiter. Auch als es längst nichts mehr zu verhandeln gab.

Es wurden dicke Bücher über das Hin und Her, über die wechselnden Koalitionen bei Hof und im Parlament geschrieben. Sie sind auch deshalb so schön zu lesen, weil sie die Fantasie in Bewegung setzen. Man kommt auf die Idee, womöglich sei die Politik auch heute so bewegt, bunt und undurchsichtig. Überall Verschwörungen, hinter jedem Vorhang eine Leiche.

Vor einem Vierteljahrhundert rieben sich deutsche Politiker verblüfft die Augen und konstatierten: Wir sind nur noch von Freunden umgeben. Das hat sich geändert. Francis Fukuyama sprach damals vom „Ende der Geschichte“. Ein Irrtum. Die Geschichte ist wieder da. Mit Drohungen, Erpressungen, Kanonenpolitik und Massenmord. Politik besteht wieder in der Kunst, zwischen Freund und Feind zu unterscheiden. Das war nie wirklich vorbei. Aber jetzt fällt die Welt zurück in alte Muster. Ganz offen wollen alle wieder größer werden. Dazu keine Monarchen mehr, aber Autokraten, die davon ausgehen, niemandem Rechenschaft schuldig zu sein.

Als Charles I. sein Ende kommen sah, nahm er es gelassen. Auch die letzten Stunden Wartezeit, die entstanden waren, weil seine Henker noch ein Gesetz ändern mussten, das besagte, dass unmittelbar nach dem Tod des Königs der Prince of Wales automatisch sein Nachfolger würde. Das Gesetz war schnell formuliert. Aber es musste drei Lesungen passieren. Das dauerte.

Wir erinnern uns daran, wie viel Wert nach dem Tod Elizabeth II. darauf gelegt wurde, dass von nun an – also nicht erst nach der Krönung – Charles King Charles sei. Und begreifen, warum das so wichtig war.

Am 30. Januar 1649 um 14 Uhr wurde Charles I. enthauptet. Mit einem einzigen Beilhieb. Sofort kamen Zuschauer, bestachen die Soldaten und tauchten ihre Taschentücher in das königliche Blut. Charles war am Ende sich sicher gewesen, dass er als Märtyrer direkt vom Schafott zum Thron Gottes aufsteigen werde. England war jetzt eine Republik. Ihr Lordprotector wurde Oliver Cromwell. Am 3. September 1658 starb er. Am 29. Mai 1660 wird mit dem Einzug von König Charles II. in London die Monarchie wieder eingeführt.

Heute wird bei der Beerdigung von Elizabeth II. mit mehr als einer Million Menschen gerechnet. Geschichte wiederholt sich nicht. Manchmal aber tauchen die Gespenster der Vergangenheit erschreckend deutlich wieder auf. Es fehlt heute nicht an Regierungschefs, die sich für gottgesandt halten. Von den Monarchen gehört diesmal wohl keiner dazu. aw

Sep. 2022 | In Arbeit | Kommentieren

„Für uns ist der Staat um des Menschen willen da, nicht der Mensch um des Staates willen“. Der neue Vorsitzende wollte seiner Partei Ecken und Kanten verleihen. Doch daraus jrdenfalls wird insofern nichts, als die Christlichdemokraten sich ständig selbst widersprechen und solcherweise gefangen sind zwischen Zeitgeist und Zeitgeistkritik.

Die CDU weiss, was sie will: Sie will möglichst hohe Ergebnisse bei Wahlen erzielen, will an möglichst vielen Regierungen beteiligt sein, will immer mehr Mitglieder haben. Daran ist nichts Ehrenrühriges. Die Christlichdemokraten verstehen Politik als Wettbewerb, bei dem sich der Beste durchsetzt. Im Zweifel ordnen sie dem Erfolg die Programmatik unter. Andererseits weiss die CDU nicht, was sie zusammenhält. Sie kann ablehnen, was sie selbst praktiziert, kritisieren, wozu sie selbst aufruft, und ist darum in der Tat auf dem besten Weg, eine schizophrene Partei zu werden.

Medizinische Vergleiche sind heikel, therapeutische Ferndiagnosen führen selten ans Ziel. Dennoch lassen sich Symptome eines „gespaltenen Gemüts“ – so lautet die wörtliche Übersetzung von Schizophrenie – auf den Patienten CDU übertragen. Die Partei zeigt unter ihrem Vorsitzenden Friedrich Merz ein in hohem Masse widersprüchliches Verhalten. Sie neigt zu einem, wie es im Lexikon der Psychologie heisst, „formal vagen und inhaltlich flachen Denken“, von keiner stabilen Persönlichkeit getragen. Sie ist nicht frei von innerer „Desorganisation“.

Der Bundesparteitag führte es vor Augen:

Die CDU hat ein ungeklärtes Verhältnis zu den zentralen Fragen der Freiheit, der Gerechtigkeit, der Identitätspolitik. Sie baut darauf, dass der Wähler den programmatischen Kuddelmuddel akzeptiert, weil sein Verdruss über die regierenden Ampelparteien grösser sei als das Verlangen nach einer in sich schlüssigen Opposition.

Ein Pflichtjahr für die Jugend

Zu ihrem Markenkern rechnet die CDU das Plädoyer für Freiheit und Selbstbestimmung des Einzelnen. In der Charta des in Hannover verabschiedeten neuen Grundsatzprogramms steht der Satz: „Für uns ist der Staat um des Menschen willen da, nicht der Mensch um des Staates willen.“ Dennoch hat der Parteitag beschlossen, sich für eine einjährige Dienstpflicht einzusetzen. Nach dem Willen der CDU soll die „verbindliche Rechtspflicht mit Vollendung des achtzehnten Lebensjahres eintreten. So jedenfalls hofft man in der Partei, die „Persönlichkeitsentwicklung des einzelnen Menschen“ zu fördern, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken und die «Widerstandsfähigkeit unseres Staates» zu erhöhen – die Hoffnung stirbt zueltzt …

Verantwortung und Freiheit werden oft als Begriffspaar verwendet, auch und oft von der CDU. Dennoch bleibt es ein massiver Eingriff in die Freiheit des Einzelnen, würde die CDU nach der Aussetzung der Wehrpflicht unter der CDU-Kanzlerin Angela Merkel eine neue Dienstpflicht einführen.

Zudem ist die „Widerstandsfähigkeit unseres Staates“ eine merkwürdige Begründung für eine Partei, die sonst gegen den Etatismus der anderen Parteien zu Felde zieht. Verfassungsrechtlich stünde das Pflichtjahr auf tönernen Füssen. Jedoch ist nicht zu erwarten, dass es je eingeführt würde. Gleichwohl aber zeigt so die CDU mit dieser Forderung, dass auch sie in der Praxis eben doch eher vom Staat her denkt und nicht, wie sie es in zahlreichen Anträgen und Reden, auch des Vorsitzenden Merz, behauptet, vom Einzelnen her.

Gleichheit statt Gerechtigkeit

Dasselbe schizophrene Missverhältnis drückt sich im Nebeneinander von Gleichstellungskritik und Gleichstellungspolitik aus. Hier war der Parteitag bereit, die Gerechtigkeit über Bord zu werfen zugunsten eines enormen Eingriffs in die innerparteiliche Demokratie – und Friedrich Merz war an entscheidender Stelle nicht nur beteiligt, er warf sich persönlich für eine sukzessive bis auf 50 Prozent ansteigende innerparteiliche Frauenquote in die Bresche.

Was sagt es über den Seelenhaushalt einer Partei aus, wenn sie am Nachmittag die Witze des Vorsitzenden über den Wust an Gleichstellungsbeauftragten beklatscht und am Abend dann für eine Frauenquote votiert? Die Quote ist das schärfste Instrument der Gleichstellungspolitik. Die CDU will zugleich als staatskritisch gelten und als staatsfreundlich, als modern und modernitätsskeptisch, als irgendwie konservativ und ganz gewiss fortschrittlich. Man will über die Verrücktheiten der anderen lachen, indem man sich diese selbst herausnimmt. Das kommt politischer Schizophrenie sehr nahe.

Die Diagnose gewinnt an Plausibilität beim Blick auf die Entschlossenheit, mit der die CDU ihre geschlechterpolitischen Zielvorgaben kippt. Gleichberechtigung ist laut der neuen Charta nicht mehr genug, es muss die „tatsächliche Gleichstellung von Mann und Frau“ sein. Damit wird der Staat in die Pflicht genommen, von der Chancengerechtigkeit abzusehen und der formalen Gleichstellung den Vorrang einzuräumen. Niemand sonst nämlich als der Staat hat die Macht, den Wettbewerb der Talente derart stark zu beschneiden, dass das Geschlechtsmerkmal zum entscheidenden Kriterium wird.

Die CDU wettert in ihrer Charta gegen «die identitätspolitische Betrachtungsweise, die ein Gemeinwesen in einander gegenüberstehende Gruppen aufspaltet». Gleichzeitig vollzieht die CDU eine identitätspolitische Wende, spaltet selbst die Gesellschaft auf, indem sie vom Staat mehr Gleichstellung und von sich eine Frauenquote fordert. Die Doppelmoral wird zur Geschäftsgrundlage.

Vom Konservativen zum Bilderstürmer

Auch die Fülle der Entlastungspakete, die die Ampelregierung mit dem Geld der Steuerzahler für diese schnürt, ist der CDU nicht genug. Ginge es allein nach ihr, gäbe es zusätzlich eine erhöhte Pendlerpauschale, einen «100-Euro-Handwerker-Gutschein» zur Überprüfung eigener Heizungsanlagen auf ihre Effizienz, eine «1000-Euro-Energiepauschale» für das untere Einkommensdrittel und ein «Kündigungsmoratorium für alle privaten Strom- und Gaslieferverträge».

Solche Forderungen sind legitim, aber sie passen besser zur politischen Konkurrenz links der Mitte als zu einer Partei, die habituell vor der Allzuständigkeit des Staates warnt und die das Leistungsprinzip und die Eigenverantwortung rhetorisch gegen deren Verächter verteidigt. Ist die CDU nach Hannover die CDU vor ihrer programmatischen Selbstaufgabe?

Nimmt man Friedrich Merz, den gewendeten Konservativen, beim Wort, soll mit Quote, Gleichstellung und Etatismus erst der Anfang gemacht sein. Merz hat für sich eine neue Rolle entdeckt. Der einstige Hoffnungsträger von Junger Union, Werteunion und Mittelstands- und Wirtschaftsunion gibt jetzt den Parteirevolutionär. Er will als Bilderstürmer und Barrikadenkämpfer erscheinen.

Im ZDF sagte Merz, ganz am Ende einer Ausgabe von «Markus Lanz», man könne den «grossen Tanker CDU nicht mal eben schnell um 180 Grad wenden». Das dauere länger, «und wir sind dabei, den Kurs festzulegen».

Eine Kehrtwende soll es mit Merz geben

Merz mag als Freizeitpilot über keine nautischen Kenntnisse verfügen. Doch in der Luft wie auf dem Wasser und erst recht auf der Erde ist eine 180-Grad-Wende ein kompletter Richtungswechsel. Wer seinen Kurs um 180 Grad ändert, lässt nichts zurück vom alten Ziel, der will nach Norden statt Süden, nach Westen statt Osten, nach links statt rechts. Unverändert bleiben in diesem Sprachbild einzig das Schiff, seine Besatzung und der Kapitän. Der alte Tanker darf seinen Namen behalten, kein Offizier wird abgesetzt. Darin erschöpfen sich die Kontinuitäten.

Drei heikle Fragen stellen sich nun. Sie berühren das Selbstverständnis der CDU als Volkspartei: Ist es dem Kapitän ernst? Folgt ihm die Mannschaft? Wird der eigentliche Hafen, die Macht, erreicht?

Die Union im Abwind

Zweitstimmenergebnis von CDU und CSU bei den Bundestagwahlen seit dem Jahr 1983 in Prozent

Friedrich Merz redet die Neuerfindung seiner selbst klein. Das seien allesamt kleine Schritte, und diese oder jene Umfrage bestätige, dass die CDU das Richtige tue. Dennoch ist nicht einzuschätzen, ob es dem alerten Sauerländer wirklich ernst ist mit der Quoten-, Gleichstellungs- und Staatsseligkeit. In drei Wochen wird in Niedersachsen gewählt. Der neue Kurs räumt wesentliche Stolpersteine auf dem Weg zu einer Koalition mit den Grünen beiseite. Oft ist, was wie Strategie ausschaut, blosse Taktik.

Wird die Mannschaft ihrem Kapitän folgen? Gegen die Frauenquote stimmten rund 42, gegen die Zielvorgabe «Gleichstellung» sogar 44 Prozent der Delegierten. Dass diese nun aber allesamt die Mehrheitsbeschlüsse leidenschaftlich verteidigen werden, ist nicht (nicht wirklich) zu erwarten. Die Junge Union berichtet von Austritten, die Mittelstandsunion leckt ihre Wunden. Merz riskiert eine nachhaltige Entfremdung, vielleicht eine Spaltung, sollte er auf seine ehemaligen Unterstützer weiterhin keinen Pfifferling geben und das 180-Grad-Manöver ohne Rücksicht auf Verluste vorantreiben.

Tappt die neue CDU in die alte Merkel-Falle?

Dann geriete auch das Machtziel in Gefahr: Derzeit bedeuteten die demoskopisch ermittelten Werte von rund 28 Prozent für CDU/CSU den ersten Platz bei den nächsten Bundestagswahlen. Damit wäre, sollten die Grünen mitspielen und nicht ihrerseits implodieren, der Weg frei für eine schwarz-grüne Kanzlerschaft. Mit den Hannoveraner Beschlüssen wurde kein Grünen-Wähler verschreckt, wohl aber wenden sich einige Merz-Unterstützer ab. Das Rennen ist offen.

Die Merz-CDU könnte am Ende in die Merkel-Falle laufen. Die langjährige Kanzlerin hielt sich trotz sinkenden Wahlergebnissen im Kanzleramt, weil sie programmatisch flexibel genug war, sowohl mit der SPD als auch mit der FDP regieren zu können und – auch mit den Grünen verstand sie sich gut.

Auch unter Merz gibt es keine Schärfung des Profils

Die CDU nämlich will die Partei bleiben, die mit allen kann. In einer Parteienlandschaft des Umbruchs ist das aber zu wenig.

Wer linke Positionen übernimmt, adelt diese vom Sonder- zum Allgemeingut und riskiert, was die CDU fürchtet wie der Teufel das Weihwasser: den endgültigen Machtverlust.
Aus Mangel an Unterscheidung.

Sep. 2022 | In Arbeit | Kommentieren

„Shrinkflation“ ist, wenn die von uns im Supermarkt gekauften Produkte bei gleichem Preis teurer werden, weil der Verpackungsinhalt schrumpft. Kann man so machen. Doch es sollte nicht so einfach sein. In Zeiten teurer Rohstoffe ist klar, dass nicht nur die Heizungsrechnung höher ausfallen wird, sondern dass auch Lebensmittel im Preis anziehen. Doch anders als die Energiekonzerne, die den Kunden die Preisveränderungen klar anzeigen müssen, können die Lebensmittelkonzerne nach Herzenslust tricksen. Rot wird dabei niemand. Die Lebensmittelhersteller nicht vor Scham und die Kunden nicht vor Wut, denn wir merken die miese Tour eben häufig nicht.

 

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Sep. 2022 | In Arbeit | Kommentieren

Nahezu die komplette deutsche Wirtschaft ist laut einer Studie des Digitalverbands Bitkom von den Attacken betroffen. Die Angriffe kommen immer häufiger aus Russland und China.

Vor einem erhöhten Risiko russischer Wirtschaftsspionage warnt auch der Bundesverfassungsschutz. Quelle: dpa
Cybersicherheit: Vor einem erhöhten Risiko russischer Wirtschaftsspionage warnt auch der Bundesverfassungsschutz.

Die Angriffe aus Russland und China sind zuletzt sprunghaft angestiegen. 43 Prozent der betroffenen Unternehmen haben demnach mindestens eine Attacke aus China identifiziert (2021: 30 Prozent). 36 Prozent haben Urheber in Russland ausgemacht (2021: 23 Prozent).

Bitkom-Präsident Achim Berg sagte: „Spätestens mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und einer hybriden Kriegsführung auch im digitalen Raum ist die Bedrohung durch Cyberattacken für die Wirtschaft in den Fokus von Unternehmen und Politik gerückt.“ Die Bedrohungslage sei aber auch unabhängig davon hoch, genauso das Schadenpotenzial.

Insgesamt lag die Schadensumme bei rund 203 Milliarden Euro pro Jahr – und damit etwas niedriger als im Rekordjahr 2021 mit 223 Milliarden Euro. In den Jahren 2018/2019 waren es erst 103 Milliarden Euro.

Themen des Artikels


Cyberkriminalität

Schon kurz nach Beginn des Ukrainekriegs hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz seine Warnung vor Cyberangriffen von mutmaßlich im Auftrag des russischen Militärgeheimdienstes handelnden Hackern deutlich verschärft. Die Kölner Behörde forderte deutsche Unternehmen seinerzeit auf: „Reduzieren Sie Ihre Kommunikation mit Niederlassungen oder Geschäftskontakten in Russland auf ein Minimum. Halten Sie Ihre Kommunikation sachlich.“

Bitkom-Präsident: „Auf keinen Fall sollte ein Lösegeld gezahlt werden“

Der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Sinan Selen, sagte bei der Vorstellung der Studie, Cyberkriminelle und staatliche Akteure kooperierten sehr eng, gerade in China und Russland. Dem Verfassungsschutz bereite Sorgen, dass hier quasi ein Outsourcing von Fähigkeiten und Operationen stattfinde. „Wenn es eine Cybercrime-Gruppe gibt, die bisher geduldet wurde, da kann man sie auch staatlich einsetzen. Das ist auch ein Faktor, der die Gefährlichkeit unterstreicht.“

Insbesondere digitale Angriffe beunruhigen die Wirtschaft. 39 Prozent der Unternehmen haben demnach in den vergangenen zwölf Monaten erlebt, dass Cyberattacken auf sie stark zugenommen haben, 45 Prozent meinen, sie haben eher zugenommen.

Vor allem Betreiber kritischer Infrastrukturen erleben immer mehr Angriffe: Hier sagen 49 Prozent, die Attacken haben stark zugenommen, und 38 Prozent, sie haben eher zugenommen. Die Sorgen vor den Folgen einer Cyberattacke wachsen laut der Bitkom-Studie: 45 Prozent der Unternehmen meinen demnach, dass Cyberattacken ihre geschäftliche Existenz bedrohen können – vor einem Jahr lag der Anteil bei gerade einmal neun Prozent.

Bei den Cyberangriffen wurden vor allem Attacken auf Passwörter, Phishing und die Infizierung mit Schadsoftware oder Malware für die Unternehmen teuer – in jeweils jedem vierten Unternehmen (25 Prozent) ist ein entsprechender Schaden entstanden.

Dahinter folgen sogenannte DDoS-Attacken („Distributed Denial of Service“), bei denen die Angreifer versuchen, Server mit einer Flut von Anfragen lahmzulegen (21 Prozent). Ransomware-Attacken haben in zwölf Prozent der Unternehmen Schäden verursacht, das ist nach dem Rekordjahr 2021 mit 18 Prozent ein deutlicher Rückgang. Bei Ransomware-Angriffen verschlüsseln Hacker Daten oder sperren Betriebssysteme, um im Anschluss für die Entschlüsselung Lösegeld zu verlangen.

In diesem Jahr war etwa der Allgäuer Landmaschinen-Hersteller AGCO/Fendt mit Sitz in Marktoberdorf einer massiven Ransomware-Attacke ausgesetzt. Der gesamte US-amerikanische AGCO-Konzern war betroffen. Der Angriff beeinträchtigte laut dem Unternehmen weltweit einige Produktionsanlagen – auch in Marktoberdorf.

Berg sagte mit Blick auf Ransomware: „Durch technische Vorkehrungen und Schulung der Beschäftigten lassen sich Angriffe abwehren.“ Und wer aktuelle Back-ups zur Verfügung habe und einen Notfallplan aufstelle, der könne den Schaden einer erfolgreichen Attacke zumindest deutlich reduzieren.

„Auf keinen Fall sollte ein Lösegeld gezahlt werden“, mahnte der Bitkom-Präsident. „Häufig erhalten die Opfer ihre Daten selbst dann nicht in einem brauchbaren Zustand zurück – und zugleich werden die Täter zu weiteren Angriffen motiviert, und die können auch dasselbe Unternehmen erneut treffen.“

Cyberangriffe: Unternehmen erwarten weitere Zunahme

Ebenfalls ins Visier von Hackern gerieten vor wenigen Wochen die IT-Systeme der Industrie- und Handelskammern in Deutschland. Die dadurch verursachten Probleme sind immer noch nicht gelöst. Aus Sicherheitsgründen wurden die Systeme vorsorglich heruntergefahren. Nach Prüfung werden sie sukzessive wieder in Betrieb genommen.

Selbst wenn Deutschland nicht direkt von Cyberattacken betroffen ist, können die Auswirkungen auch hier spürbar sein. So wurden bei einer Cyberattacke gegen den vom ukrainischen Militär genutzten Satellitendienst KA-SAT von Viasat auch die Betreiber von Windkrafträdern in Deutschland in Mitleidenschaft gezogen, weil die Fernwartung der Windanlagen über diese Satelliten lief.

5800 Enercon-Windturbinen in Deutschland konnten nicht mehr ferngesteuert werden. Die Gefahr von derartigen Nebeneffekten eines Angriffs schätzen viele Experten höher ein als eine direkte Attacke auf deutsche Infrastruktur.

Laut der Studie haben sich die Angriffe auf die Wirtschaft weiter in den digitalen Raum verlagert. So geben zwei Drittel der Unternehmen (69 Prozent) an, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten von Diebstählen von IT- und Telekommunikationsgeräten betroffen oder vermutlich betroffen waren, ein Anstieg um sieben Prozentpunkte zum Vorjahr.

63 Prozent berichten vom Diebstahl sensibler Daten (plus drei Prozentpunkte), bei 57 Prozent wurde digitale Kommunikation ausgespäht (plus fünf Prozentpunkte) und 55 Prozent sind von der digitalen Sabotage von Systemen oder Betriebsabläufen betroffen oder vermuten dies (plus drei Prozentpunkte).

Leicht rückläufig sind dagegen der analoge Diebstahl von physischen Dokumenten, Unterlagen oder Mustern (42 Prozent, minus acht Prozentpunkte), das Abhören von Besprechungen oder Telefonaten (28 Prozent, minus neun Prozentpunkte) sowie die analoge Sabotage (22 Prozent, minus drei Prozentpunkte).

Nancy Faeser will Deutschland gegen Cyberangriffe aufrüsten Quelle: dpa
Kampf gegen Cyberkriminalität

 

Mit dem Ukrainekrieg hat die Cybergefahr noch einmal zugenommen.

 

Beim Diebstahl digitaler Daten haben es die Angreifer laut der Studie verstärkt auf Daten Dritter abgesehen. So geben 68 Prozent der von diesem Delikt betroffenen Unternehmen an, dass Kommunikationsdaten wie E-Mails entwendet wurden (2021: 63 Prozent). Bei fast jedem Zweiten (45 Prozent) waren Kundendaten im Visier – nach nur 31 Prozent vor einem Jahr.

Berg zieht aus dem Befund den Schluss, dass die Täter genau zu wissen scheinen, an welcher Stelle sie „am härtesten zuschlagen“ können. „Wenn Daten Dritter entwendet werden, droht den Unternehmen zusätzlicher Schaden“, sagte er. „Der reicht von Reputationsverlust bis hin zu möglichen Bußgeldern der Aufsichtsbehörden.“

Die Unternehmen erwarten in den kommenden zwölf Monaten eine weitere Zunahme von Cyberangriffen. 42 Prozent der Unternehmen rechnen laut der Studie mit einem starken Anstieg, 36 Prozent mit einem eher starken.
Die Betreiber kritischer Infrastruktur stellen sich sogar auf noch heftigere Attacken ein: Hier rechnen 51 Prozent mit einem starken, 33 Prozent mit einem eher starken Anstieg.

 

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Sep. 2022 | In Arbeit | Kommentieren

 

 

Die Erde gesehen vom Mond, fotografiert von den Apollo-8 Astronauten.
Die Erde gesehen vom Mond. Die Apollo-8 Astronauten haben dieses Bild gemacht, ein Blick auf die Erde, wie ihn auch Außerirdische auf unseren Planeten haben könnten.

 

 

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Sep. 2022 | In Arbeit | Kommentieren

Zunächst einmal und vorneweg: Im Grunde fragen Sie den Falschen. Denn nach Statistik habe ich als praktischer Arzt eine Lebenserwartung von 67 Jahren und liege damit um 10 Jahre unter dem bundesrepublikanischen Durchschnitt. Die Ärzte haben eine höhere Rate an Herzinfarkten, eine dreifach so hohe Wahrscheinlichkeit einer Suchtkrankheit zu erliegen und ein zehnfaches Suicidrisiko gegenüber anderen Berufsgruppen. Am besten liegt in der Statistik der verheiratete evangelische Theologe. Am beeindruckensten von den lebenden Alten ist für mich der Geiger und Dirigent Yehudi Menuhin, ich habe ihn am 6.Februar 1998 in einem dreistündigen Konzert in Mannheim gesehen, sowas von gerader Haltung, Spannkraft und Dynamik der Bewegung, Eleganz im Auftreten und Klarheit des Auges, dem sollte man die Fragen nach Gesundheit und Alter stellen.

Und es gibt ein gesundes Alter. Und auch das hat seine Zeichen, denken wir an eine alte Hose: die ist abgenutzt, hat ausgebeulte Knie und einen ausgedünnten Stoff. So auch manche  Krankheiten die typisch sind für das Alter: Sie zeigen Abnutzung wie Arthrose, Sklerose (Gelenke, Gefäße und Gehirn verhärten und zerbröckeln) oder Abschlaffungen (Tränensäcke, Inkontinenz) oder Ausdünnungen (Osteoporose) andere kommen nur häufiger vor wie Krebs weil der Reparaturmechanismus langsamer  wird.

Die Veränderungen sind  kein Muß: Tizian malte im 90 Lebensjahr, Luis Trenker stieg uralt auf höchste Berggipfel., Goethe verliebte sich 80 jährig in immer jüngere Frauen.

Oder sind die Altersveränderungen doch ein Muß?: Jedes Alter ist an der Hauterschlaffung auf plus-minus fünf Jahre gut einschätzbar. Wer krank wird, ist immer schlecht dran. Wer aber gesund bleibt, erlebt auch Veränderungen. Deswegen einige Gedanken zum gesunden Altern.  Und auch am Schluß Tips zur Makrobiotik, zur Kunst, das Leben zu verlängern.

Komisch, dass wir – zwar – alle alt werden wollen, – aber – alt sein will Keiner. Bei reich werden und reich sein ist das etwas anders. In Heidelberg gibt es eine wunderbare vielbesuchte Einrichtung, eine Universität für Menschen in der dritten Lebensphase, die heißt Akademie für Ältere. Hieße sie Akademie für Alte würde wohl keiner kommen.

Die problematische Frage, wann das Alter denn nun anfängt, hat ein unbekannter Dichter mal so beschrieben:

Das Alter

Es ist schon seltsam mit dem Alter
Wenn man 13 und noch Kind
Weiß man glasklar dass das Alter
So um die 20 rum beginnt.

Ist man selber aber zwanzig
Denkt man nicht mehr ganz so steif
Denkt jedoch so um die Dreißig
Sei man für den Sperrmüll reif.

Dreißiger schon etwas weiser
Und vom Lebenskampf geprägt
Haben den Beginn des Alters
Dann auf 40 festgelegt.

Vierziger mit Hang zum Grübeln
Sagen dumpf wie ein Fagott
Mit 50 sei die Altersgrenze
Und von da ab sei man Schrott.

Doch nach den Fünfzig peu a peu
Schraubt man das Alter in die Höh‘
Die 60 scheint noch ganz passabel
Und erst die 70 miserabel.

Mit 70 hofft man still
Ich werde 80 so Gott will.
Und wer die 80 überlebt,
zielsicher nach der 90 strebt.

Dort angelangt zählt er geschwind
Die Leute die noch älter sind.
Die 90er die denken dann:
Das Alter fängt mit 100 an!

unbekannter Dichter

Thema des Tages sind Gesundheitstips im Alter: Ja, was wollt ihr mehr vom Arzt?

Definieren wir zunächst das Alter

Als Material bringe ich mit: Ein Diana-Bild, einen Spiegel (in dem Sie sich sehen), und das „Rauchhaupt-Protrait“ unseres ältesten Patienten, des 1990 verstorbenen Herrn von Rauchhaupt.
Haben diese Dinge ein Gemeinsames? Alle zeigen eine oder einen Sterblichen.

 

Beachte dennoch den Unterschied:

„Like a candle in the wind“: sang Elton John über Prinzessin Dianas früh ausgeblasenens Lebenslicht. Die Zufälligkeit der individuellen Lebensdauer zeigt das erste Bild.

Das zweite, Ihr Spiegelbild, zeigt uns die durchschnittliche Dauer des Lebens unter idealen Bedingungen, vor 2500 Jahren (Psalmen Davids) wie heute bei der Altersstatistik der Allianzversicherung.

„Unser Leben währet 70 Jahre, und wenn’s hoch kommt sind’s 80 Jahre, und wenn’s köstlich gewesen ist, so ist’s Mühe und Arbeit gewesen.“

Und mit dem Spiegel halte ich Ihnen wie es der berühmte Brückenaffe an der Heidelberger alten Brücke tut, Ihr eigenes individuelles Konterfei als Spiegel der Selbsterkenntnis vor:

„Was thustu mich hie angaffen?
Hastu nicht gesehen den alten Affen
Zu Heidelberg / sich dich hin und her:
Da findestu wol meines gleichen mehr!“

So schreibt Martin Zeller (1632) – so habe der Spruch unter dem Brückenaffen geheißen.

„Und Mose war 120 Jahre alt, als er starb. Seine Augen waren nicht schwach geworden und seine Kraft war nicht verfallen.“ 5. Mose 34, Vers 7. Hier kommt die maximal mögliche Dauer des Lebens als ein Vorgang, der sich definitiv beendet.

„Der Tod ist der Kunstgriff der Natur zur ewigen Jugend“ sagte Goethe,
und dass das maximal mögliche Alter auch unter besten Bedingungen nicht über 120 Jahre geht, haben die alten Bücher der Bibel schon vor Jahrtausenden erkannt. Wenn auch in sagenumwogener Zeit Lebensräume von Jahrtausenden durchlebt worden sein sollen:
„Noah war noch 950 Jahre alt, und starb 350 Jahre nach der Sintflut.“  So steht es bei 1.Mose 9, Vers 28 u 29. Es waren im Schnitt alle Mitmenschen von Noah so alt, aber Gott sucht offensichtlich eine bessere Lösung zur Regelung der Überbevölkerung als das kollektive Ertrinken:

„Aber als sich die Menschen zu mehren begannen … sprach Gott: Mein Geist soll nicht immerdar im Menschen walten, denn auch der Mensch ist Fleisch. Ich will ihm als Lebenszeit geben 120 Jahre.!“ 1. Mose 6, Vers 1-3

Und das ist bis heute so geblieben. Ein genetisch verankertes Program des Todes, das wir entsprechend auch in jedem Tier finden. Es sind hier klare Korrelationen umgekehrt zur Herzfrequenz: je schneller das Herz schlägt, desto kurzlebiger ist das Tier, Schildkröten und Papageien mit einer Lebenserwartung von 300 Jahren haben eine sehr langsame Frequenz. Und Eintagsfliegen sollen einen rasend schnellen Puls haben. Auch ist eine klare Korrelatin zur Geschlechtsreife einprogrammiert. Im allgemeinen werden Menschen wie Tiere 5 x so alt wie der Zeitraum zur Geschlechtsreife, also 5 x 15 = 75. Ein Elefant wird erst mit 20 geschlechtsreif, lebt dafür aber im Schnitt 100 Jahre…

Hier haben wir eine genaue genetische Definition der maximal möglichen Lebensspanne und das ist ja das Interessante, dass in uns ein Tod programmiert ist, dessen Entprogrammisierung noch tödlicher wäre: Die Krebszelle hat ja den Zelltod –  die Apoptose – aufgehoben.  <Siehe unseren Wartezimmer-Ordner „Tod“>


Definieren wir dann Gesundheit

Gesundheit ist das Schweigen der Organe. (franz. Chirurg X)
Gesundheit ist die völlige Abwesenheit von körperlichen, geistigen und sozialen Störungen. (World Health Organisation)
Gesundheit ist die Fähigkeit, Arbeiten und Lieben zu können. (Freud?)

Gesundheit … ich suche weitere Definitionen, wer hilft mir?


Pobleme der Ratschläge für Gesundheitstips im Alter

Wir kommen im Alter auf ein Feld, wo wir mit immer weniger Lösungsmöglichkeiten, immer mehr endgültigen Verlusten leben müssen. Wachstum (als Lebensprinzip immer noch die Nummer eins) ist vorbei, Bewahren (das konservative Muster als zweites Prinzip) ist oft nicht mehr möglich, dennoch ist hier die hohe Schule: Nicht verzweifeln, sondern die neue Lage mit der Summe der Lebenserfahrung meistern.

Gibt es so etwas wie eine Altersweisheit, oder ist es nur eine zunehmende Vorsichtigkeit, Ängstlichkeit und einfach die Umbenennung der zu hoch hängenden Trauben in saure Früchte? Sicher gibt es eine Altersphilosophie, die auf der besonderen Möglichkeit der zusammenfassenden Überschau fußt und die große Summen der Erfahrungen nutzt, aber nicht nach einer Kosten-Nutzen-Effizienzausrichtung sondern in großer Gelassenheit, wissend um alle Unabwägbarkeiten und dennoch nicht resignieren.

„Das Alter ist eine wunderbare Sache, wenn man nicht verlernt hat was Anfangen heißt.“ (Martin Buber)

Hören wir die Alten an, wir haben dazu unseren  ältesten Patient im 108 Lebensjahr befragt, einem rüstigen Mann, der sich noch gut erinnerte, wie auf seinem väterlichen Gut in Ostpreußen Kaiser Wilhelm zu Gast war. Dieser Mann, Patient kann ich ihn nicht nennen, denn er war bis ins hohe Alter frei von allen Krankheiten, war Professor von Rauchhaupt. Er sagte:

Drei Lebensprinzipien möchte ich mein hohes Alter zuschreiben:
Nicht jede Buddel ganz austrinken.
Täglich lange Spaziergänge.
Jederzeit bereit sein, was neues Anzufangen.“
(von Rauchhaupt)

Medizinisch zusammengefaßt: Mäßigung, aber sich täglich körperlichen und geistigen Anforderungen stellen. Oder wie Hesse (1877 – 1962)  es im hohen Alter –  er wurde 85, sagte, besonders im Hinblick auf die von Martin Buber geforderte Bereitschaft des permanenten Neubeginns:

Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
an keinem wie an einer Heimat hängen,
der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten.

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreis
und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen;
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise
mag lähmender Gewöhung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
uns neuen Räumen jung entgegensenden,
des Lebens  Ruf an uns wird niemals enden…
wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde.

Hermann Hesse

 

Anders sieht das Christian Friedrich Daniel Schubart (1739-91), gestorben mit 52 Jahren:

Der Greis

Die bösen Tage sind kommen;
Da sind sie nun, die Jahre
Von denen ich sagen muß:
Leer sind sie mir von Freuden!
Sonne, Licht, Mond und Sterne
Dunkeln um mich. Ich sehe nur Wolken
Und höre nur rasselnden Regen.
Die Hüter meiner Leibeshütte, die Hände, zittern.
Es krümmen sich die Starken, meine Füße.
Meine Zähne, die Mühlenmägde,
haben Feierabend gemacht.
Aus den Fenstern der Augen blicken nicht mehr
freundlich lächelnde Geister.
Verschlossen sind die Türen nach der Straße,
denn vergebens horcht das Ohr nach Vogellaut;
verstummt sind ihm die Töchter des Gesangs.
Schwindeld fürcht‘ ich mich auf dem Hügel
Und schrecke bei Tritte auf ebenem Wege.
An meinem Stabe zusammengekrümt
Bin ich der Heuschrecke gleich.
Vertrocknet ist mir die Lust
Bald wird ich beziehen mein ewiges Haus –
Und die Kläger werden beflort gehen auf den Gassen.

Christian Friedrich Daniel Schubart

 

Letzteres darf bezweifelt werden, die werden mit Freude den Abschied dieses Exemplares begrüßen.

Wir wollen jetzt lernen, welche ärztlichen Tips es geben kann, um von dem im letzten Gedicht geschilderten Greisenpessimismus zur Hesse’schen optimistischen Sicht – auch über die unvermeidliche Grenze (mors ultima linea rerum est) hinaus – zu gelangen.

Ich gebe hier drei Dinge:

Erstens:

Nutzen Sie die Kenntnisse der Medizinmänner und Frauen. Nur die individuelle aktive Sucharbeit des Artzes und des wachen Patienten nach pathologischen Veränderungen ist in der Lage den vorzeitigen Killern auf die Spur zu kommen. Es gibt viele Krankheiten, deren rechtzeitige Diagnose Heilung verspricht. Lassen Sie Ihren Stuhl halbjährlich auf Blut untersuchen: eine kleine Operation mit Herausnahme eines fünf cm langen Darmstückes hat den ganzen Dickdarmkrebs von Präsident Reagan besiegt. Ihn aber nicht vor Alzheimer bewahrt. Hier sehen wir, dass der ärztliche Rat allerhöchstens ein Drittel der Krankheiten erfaßt, zweidrittel sind unweigerlich schicksalshaft unumgänglich.

Zweitens:

Leben ist Bewegung. Fordern Sie diese aktiv von Ihrem Geist und von Ihrem Körper. Geistig und körperlich drohen Sie bei Bewegungslosikeit einzusteifen. Wer aber nach dem mittleren Satz von Rauchhaupt lebt, „täglich lange Spaziergänge“ zu durchlaufen, der merkt auf einmal das Wort spatium, der Raum, engl. space, ist immer auch ein großer Gedankenraum, den man mit durchläuft. Und das befreit aus körperlicher und geistiger Enge zugleich.

Hier wo ich wohne am Schloßberg sind etliche Frauen weit über 80 Jahre alte und ohne Auto, die täglich mehrmals von Markplatzhöhe 126 m üNN auf Schloßhöhe und mehr steigen, 260 m üNN, das sind Leistungen, bei denen Flachlandbewohner klopfenden Herzens kapitulieren. Das ist aber ein Sauerstoffkick an alle Zellen, daraus entstehen nicht nur Muskelpakete, sondern auch biologisch frischere Zellen, die sich eher und leichter gegen Krebs wehren können und vergessen Sie nie, das Gehirn macht nur 2 % des Körpergewichtes aus, aber es verbraucht 20 % des Sauerstoffes.

Gehen Sie also bergauf, und es wird Ihnen  mit geistigen Höhenflügen gedankt.  Das gilt auch für tägliche kleine Schritte, ein medizinischer Zahlenfreak hat mal errechnet, dass jede Treppenstufe, die wir aufwärts schreiten, unser Leben um 4 sec über unser durchschnittlich zu erwartendes Alter hinaus verlängert.

Drittens:

Nutzen Sie die Technik. Wir haben lange Auszüge aus dem französichen Adelsregister studiert, wo Generationen auf Generationen weit über 80 geworden sind. Die biologische Notwendigkeit Ihres Altwerdens hört aber bei dreißig auf. In Zeiten härtesten Überlebenskampf, Neandertaler-Niveau, dreißigjähriger Krieg etc sind die Menschen gerade so alt geworden, dass die Geschlechtsreife (15 J.) plus die Zeit der Hilflosigkeit der Brut, (15 Jahre)  durchlebt  werden mußte, danach war die Lebenskraft verbraucht, aber das Überleben der Art gesichert.

Wie Wilhelm Busch sagt: „Es läuft die Zeit im Sauseschritt, und eins, zwei drei, wir laufen mit“. Und wir sehen über diesem Text die Füße des Sensenmannes. Und als Knopp endlich sein Julchen verheiratet hat, kommt „die schwarze Parze mit der Nasenwarze und schneidet schnapp! Knoop sein Lebensfaden ab.“ 

Damit das aber nicht zu früh erfolgt, gilt es mutwilligen vorzeitigen Verbrauch der Lebenskerze vorzubeugen, als da sind excesse in vino et veneras. Es gilt aber vor allem,  die äußere Armut fernzuhalten und keine innere Langeweile aufkommen zu lassen, die dann Exzesse als Füllsel anzieht.

Deshalb das französiche Adelsregister als Beispiel: Hier ist die Widrigkeit äußerer Einflüsse gering gehalten. Schützende  Schlossmauern, trockene Räume, warme Betten, ausreichend Personal und nicht zu letzt: „Rotwein ist für alte Knaben, eine der ganz besonderen Gaben.“ Wir können aber hier im Westen zur Zeit behaupten, dass die äußere Lebensqualität fast so ist wie „Gott in Frankreich“. Nutzen Sie aber bitte die Technik nicht nur in Form der Glotze, die in der Diskrepanz von geistige Überreizung und körperliche passiver Erstarrung dazuführt, wie Reich-Ranitzki sagt: „Fernsehn macht die Klugen klüger und die Dummen dümmer.“

Drei Beispiele für gute Hilfen der Technik:

1. Technik fürs körperliche Wohlbefinden: Nehmen Sie so oft es geht ein heißes Bad und wenn Sie Sorgen mit der Einstiegshürde haben, nutzen Sie die Angebote unserer Krankenkassen, daß Badewannenlifter verschrieben werden können.  Kennen Sie die Warmbadetage in den Hallenbädern und besonders im Sommer, gehen Sie ins Thermalbad. Dort kombiniert sich ideal die Lust-Luft-Licht Therapie. Sie brauchen Sonne umVitamin D aufzubauen. Im Winter ist die Nutzung eines Solariums erlaubt. Nicht um als Elektroneger herumzulaufen, sondern nur  für die einmal wöchentliche Anregung der Vitaminbildung. Genauso nutzen Sie die Calciumzufuhr im Verbund mit Licht und Bewegung zur Osteoporoseprophylaxe.

2. Technik fürs geistige Wohlbefinden: Kaufen Sie sich ein Fax-Gerät und kommunizieren Sie so mit Zeitungen durch häufige Leserbriefe, kommunizieren Sie so mit Ihren Kindern, die Sie damit nicht stören, sondern nur bereichern, malen Sie Bilder, schneiden Sie, die Sie Zeit haben zum ausführlichen Lesen, Artikel aus, die Ihre Kinder interessieren könnten und faxen  Sie denen Aktuelles zu: so ergänzen sich beide.

Für technisch mutige, die gut eine Tastatur bedienen können, würde ich sofort zum Internet Einstieg raten, dann können Sie mit allen Gleichaltrigen sich zusammenschalten, aber auch mit ganz Jungen ohne Ihre Identität zu offenbaren. Nutzen Sie das globale Dorf, nutzen Sie so den Bildschirm aktiv. So könnten Sie sich diesenVortrag sofort ausgedruckt anschauen, zu Hause, und weiterfaxen, versehen mit Ihren eigenen bissigen Kommentaren. Investieren Sie ins Internet, indem sie einmal ca. 2000 DM ausgeben und dann vielleicht nocheinmal 200 DM an einen Studenten zahlen, damit er Ihnen die ersten zehn Stunden Unterricht gibt, bis Sie so fit sind, alleine weiterzulernen.

3. Technik für Luxustaten. Nutzen Sie den Freiraum der völligen Zeitungebundenheit. Suchen Sienach Billigflugreisen zu Zeiten wo arbeitende Menschen  im allgemeinen Urlaub machen, ist alles voll und teuer. Aber dazwischen gibt es oft Angebote, die sich in den Lebenshaltungskosten kaum von den Kosten hier unterscheiden. Wagen Sie das Risiko! Fliegen ist für alte Menschen kein Risiko, bei einem Absturz haben Sie sogar viel weniger potentielle Lebensjahre zu verlieren als ihre jungen Mitflieger.

Die Sonne des Südens ist für alte Menschen so gut als Vitamin-D Lieferant gegen Osteoporose, dass ich sogar zur mäßigen Solarienbesuchen rate. Wobei eine Tiefbräunung allerdings die Haut schädigt und vorzeitig altern läßt. Die mediterrane Ernährung (kaltgeschlagene Olivenöle, viel Fisch, Rotwein, immer frisches Gemüse, frisches Brot) im Zusammenhang mit der jodhaltigen Salzluft des Meeres und der durch die sonnige Wärme geförderten besseren Durchblutung und Bewegungsbereitschaft der Muskeln sind ein wahrer Jugendbronn.


Nach diesen drei Tips aus der heutigen Zeit zum Schluß ein Blick auf die Makrobiotik. Die Kunst, das Leben zu verlängern. So nannte Christoph Wilhem Hufeland, der Leibarzt Goethes, sein Lebenswerk, das er auf seinem Sterbelager in Gedichtform faßte, und das in seiner Einfalt uns heute vielleicht „primitiv“ erscheint, aber in seiner Ausführung uns sehr hilft, und wenn wir uns nicht an so primitive Regeln halten, verkürzen wir eben die Lebensdauer:

Willst leben froh und in die Läng
Leb in der Jugend hart und streng.                  
Unsere arme Jugend…
Genieße alles, doch mit Maß
Und was dir schlecht bekommt, das laß. 
          Das Fleisch ist willig…

Das Heute ist ein eigen Ding,
das ganze Leben in einem Ring.                      
Omnis dies vitam …
die Gegenwart – Vergangenheit,
und selbst der Keim der künft’gen Zeit.

Drum lebe lmmer nur für heut,
Arbeit, genieße, was es beut.
Und sorge für den Morgen nicht,
du hast ihn heut schon zugericht.                     
„Schauet die Vöglein unterm Himmel an…

Was du genießt, genieß mit Dank
So sei dein Leben ein Lobgesang.

Mit Milch fängst du dein Leben an
Mit Wein kannst du es wohl beschließen          
Koronarer Schutzfaktor des Alkohols
Doch fängst du mit dem Ende an
So wird das Ende dich verdrießen.

Die Luft, Mensch, ist dein Element
Du lebst nicht von ihr getrennt,
drum täglich in das Freie geh‘
und besser noch auf Berges Höh‘.

Das Zweite ist das Wasserreich
Es reinigt dich, und stärkt zugleich,
drum wasche tälich deinen Leib
und bade oft zum Zeitvertreib.

Dein Tisch sei stets einfacher Art,
sei Kraft, mit Wohlgeschmack gepaart
Mischst du zusammen vielerlei,
so wirdÆs für dich ein Hexenbrei.

Iß mäßig stets und ohne Hast
Daß du nie fühlst des Magens Last,
genieß es auch mit frohem Mut
so gibt’s dir ein gesundes Blut.              
          Eat seasonal, regional, social

Fleisch nährt, stärket und macht warm
Die Pflanzenkost erschlafft den Darm,
sie kühlet und eröffnet gut,
iund macht dabei ein leichtes Blut.

Das Obst ist wahre Gottesgab,
es labt, erfrischt und kühlet ab,
doch über allem steht das Brot,
ja jede Speise kann allein
mit Brot nur gesegnet sein.

Das Fett verschleimt, verdaut sich schwer,
Salz macht scharf‘ Blut und reizet sehr;
Gewürze, ganz dem Feuer gleich
Es wärmet, aber zündet leicht.

Willst du gedeihlich Fisch genießen,
mußt du ihn stets mit Wein begießen.

Den Käse iß nie in Übermaß
Mit Brot, zum Nachtisch, taugt er was.

Der Wein erfreut des Menschen Herz,
Zuviel getrunken macht er Schmerz,
er öffnet sträflich deine Mund
und tut selbst dein Geheimnis kund.

Das Wasser ist der beste Trank
Es macht fürwahr dein Leben lang,
Es kühlet und reiniget dein Blut
Und gibt dir frishcen Lebensmut.

Der Branntwein nur für Krnake ist,
dem Gesundern er das Herz abfrißt,
an seinen Trunk gewöhn dich nie,
er macht dech endlich gar zum Vieh.

Befleiß’ge dich der Reinlichkeit,
Luft, Wäsche, Bett sei oft erneut,
denn Schmutz verdirbt nicht bloß das Blut
auch deiner Seel‘ er Schaden tut.

Willst schlafen ruhgi und komplett
Nimm keine Sorgen mit ins Bet,
auch nicht des vollen Magens Tracht,
und geh‘ zur Ruh‘ vor Mitternacht.

Schlaf ist des Menschen Pflanzenzeit,
wo Nahrung, Wachstum baß gedeiht,
Und selbst die Seel‘ vom Tag verwirrt,
Hier gleichsam neu geboren wird.

Schläfst du zu wenig, wird du matt,
wirst mager und des Lebens satt,
schläfst du zu lang und kehrest es um
so wirst du fett, jawohl auch dumm.

Willst immer froh und heiter sein,
denk nicht: „Es könnte besser sein.“
Arbeite, bet‘, vertraue Gott
Und hilf dem Nächsten aus der Not.

Vermeide allen Müßiggang                              Müßiggang ist aller Liebe Anfang
Er macht dir Zeit und Weile lang,
gibt deiner Seele schlechten Klang
und ist des Teufels Ruhebank.

Halt deine Seele frei von Hass                          die biblischen Risikofaktoren: s.u.
Neid, Zorn und Streites Übermaß,
Und richte immer deinen Sinn
Auf Seelenruh und Frieden hin.

Denn Leib und Seele sind genau
In dir vereint, wie Mann und Frau
Und müssen stets, sollst du gedeihn
In guter Eh‘ zusammen sein.

Liebe reine Herzensliebe
Führe dich der Ehe zu;
Denn sie heiligt deine Triebe
Gibt dem Leben Dauer und Ruh.

Bewege täglich deinen Leib,
sei’s Arbeit oder Zeitvertreib;
Zu viele Ruh macht dich zum Sumpf
Sowohl an Leib als Seele stumpf.

Willst sterben ruhig und ohne Scheu
So lebe deiner Pflicht getreu,
betracht den Tod als deinen Feund,
der dich erlöst und Gott vereint.

Christoph Wilhem Hufeland, gedichtet auf seinem Sterbelager im August 1836

 

Und jetzt unsere Tips:

Unser „Jung“-Brunnen zur Langlebigkeit:
Hier werden wir in lockerer Folge zu einzelnen Krankheitsbildern des vorzeitigen Alterns Abhilfetips geben.

Heute unser Tip zur Osteoporose:

Was macht die Hexe aus:
Sie ist eine alte Frau. (Männer sterben früher, deshalb nennen wir die Rückenveränderung auch Witwenbuckel)  Sie hat eine Warze auf der Nase, einen Stock (die alten Hexen sind hier gemeint, die jungen reiten auf einer am Ende behaarten Stange, dem Besen!) und einen Rundrücken. (d.h. die äußeren und inneren Organe verändern sich!) Dem Formverlust des Rückens Können wir entgegenwirken. Hier ist die Rückenschule gleich die wichtigste Anti-Osteoporose-Schule. Die Osteoporose ist eine Alterserkrankung, deren Ursache aber in der Lebensführung liegt.

Wer sitzt macht automatisch schon einen Rundrücken.
Und schädigt sich dreifach doppelt:

1. Duo-Negativ-Wirkung:  Es verkürzen sich in der Sitzhaltung die vorderen Muskeln, und duo: es erschlaffen die Rückenmuskeln, Aufrechtgehen wird schwer.

2. Duo-Negativ-Wirkung: ein Stuhl hat eine Lehne, man lehnt sich an, es erlahmt der Gleichgewichtssinn (ganz wichtig als Sturzprophylaxe, denn Fallgruben finden wir überall auf unserem Lebensweg)  und duo: es fehlt das bewegungsbedingte Muskel- und Knochenaufbautraining. Wer rastet, rostet und rostiges Eisen zerbricht. Der Muskel setzt immer am Knochen an. Die Knochenstärke ist ein Produkt aus Sehnenzugkraft des Muskels und Sehenzughäufigkeit! Die aufrechte Haltung antrainiert als Seelen- und Körperhaltung macht uns fit für ein hohes Alter. Ich habe am 6. Februar 1998 Jehudi Menhuin gesehen, als Dirigent, schwungvoll, energisch und ganz gerade, mit 84 Jahren!

3. Duo-Negativ-Wirkung: Wer sitzt wird nicht so hungrig und so müde. Der Hunger ist notwendig, damit wir genügend Lust auf Calciumhaltige Nahrungsmittel, Milch, Gemüse bekommen und Lust auf Sprudelwasser. Falsch ist es viel Fleisch zu essen oder konservierte Getränke zu trinken, denn Cola oder Limo und Fleisch enthalten Phosphate und die verdrängen bei der Nahrungsaufnahme das Calcium. Duo: Wer nicht müde wird, kommt nicht in den Tiefschlaf, und nur dann werden Regenerationshormone ausgeschüttet, die den Knochen aufbauen.

Und ganz zum Schluß noch die wichtigen alttestamentarischen Tips zur Vermeidung von Risikofaktoren, die unser Leben vorzeitig beenden können:

Die Risikofaktoren, die auch die moderne Medizin kennt,  sind genau in der Bibel festgehalten, und zwar auch in der wichtigen Reihenfolge der Wertigkeiten. Nicht nur der Cholesterinspiegel sondern auch alle anderen bedeutenden  Risikofaktoren werden hier aufgezählt. Vor allem die seelischen Bahnungen machen das koronare Risiko aus.

Paulus erzählt uns von denen, „die das Reich Gottes nicht erben werden“, also die, die nicht die gottgewollte Lebensspanne erreichen, die festgelegt ist mit „unser Leben währet 70 Jahre, und wenns hochkommt, so sind es 80 Jahre“, und das sind die Menschen, welche die folgenden  Laster pflegen:

„Feindschaft, Hader, Eifersucht, Zorn, Zank, Zwietracht, Spaltungen, Neid, Saufen und dergleichen mehr, davon habe ich euch vorausgesagt und sage noch einmal voraus:  Die solches tun, werden das Reich Gottes nicht erben.“
Galather 5, 20 und 21


 

Fliegerlied 

Vom Nordpol zum Südpol
ist nur ein Katzensprung,
wir fliegen die Strecke
bei jeder Witterung.

Wir warten nicht, wir starten
was immer auch geschieht,
durch Wind und Wetter
klingt das Fliegerlied:

Flieger, gruess mir die Sonne
Grüß mir die Sterne und grüß mir den Mond
Dein Leben, das ist ein Schweben
durch die Ferne, die keiner bewohnt. 

Schneller und immer schneller
rast der Propeller
wie Dir’s grad gefällt!
Piloten ist nichts verboten
drum gib Vollgas und flieg um die Welt! 

Such Dir die schönste Sternenschnuppe aus
und bring sie Deinem Mädel mit nach Haus
Udo, grüß mir die Sonne,
grüß mir die Sterne und grüß mir den Mond.

Sep. 2022 | In Arbeit | Kommentieren

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