Das Wort von der „Streitkultur“ hat sich in den Medien als positiver Begriff etabliert. Doch zuviel Streit in der Politik schreckt die Bürger:innen ab, wie Umfragen zeigen. Es gilt deshalb Maß zu halten und Streit nicht zum Selbstzweck werden zu lassen. Sonst droht ein Vertrauensverlust, der unsere Demokratie beschädigt.

Streit gibt es überall. Schadet aber in der Politik zuviel Streit der Demokratie? 

Im Januar 2023 wurden die Bundesbürger gefragt, wie sehr sie der deutschen Regierung vertrauen. Das erschreckende Ergebnis: 54 Prozent vertrauen ihr „eher nicht“. Dabei ist Vertrauen eigentlich die zentrale Voraussetzung für das Funktionieren einer Demokratie. Was läuft da schief? In der Politik wird offensichtlich zu viel gestritten. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann sieht im „pausenlosen Streit der Ampel-Koalition“ die Ursache für das Erstarken der AfD. Eine Koalition, die sich dauernd nur streite, das habe fatale Folgen. Die Leute würden gar nicht mehr wahrnehmen, was die Regierung leiste.

Jahrzehntelang galt das Wort von der „Streitkultur“ als positiver Ausdruck des gesellschaftlichen Miteinanders und als Kennzeichen einer modernen Gesellschaft. In Wikipedia lese ich: „Streitkultur schließt ferner die Überzeugung ein, dass der Streit grundsätzlich Positives bzw. Bedeutendes hervorbringen kann.“

Streit gibt es überall. Schadet aber in der Politik zuviel Streit der Demokratie? 

Wenn sich die Menschen von der Politik abwenden, weil ihnen zu viel gestritten wird, wie die Umfragen zeigen, ist das eine ungute Entwicklung. Politik ohne Beteiligung der Menschen können sich nur Diktaturen erlauben. Demokratien brauchen den Diskurs, aber auch die Teilhabe, nicht die Abwendung der Bürger:innen. Die Medien spielen dabei eine zentrale Rolle. Journalist:innen lieben den Streit, provozieren ihn oft genug. Da wird dann ein einzelner Satz über die Nachrichtenagenturen weiter verbreitet, der dadurch viel mehr Gewicht bekommt, als er gemeint war. Tatsächlich werden Streitgeschichten auch gern gelesen. Harmonie liest man eher in der Herzblatt-Presse.

Wer als Journalist etwas auf sich hält, ist stolz darauf, öffentlichen Streit auszulösen. Der Einzelne wird sich da keine Grenzen setzen, aber in der Summe vergrößern zu viele Streitgeschichten den Abstand zur Politik. Doch kann man das überhaupt steuern, ohne die Pressefreiheit anzutasten? Letztlich kann nur der mediale Wettbewerb die Antwort geben. Die Leser:innen entscheiden immer noch über Erfolg oder Misserfolg medialer Plattformen. Deren Erfolg hängt davon ab, wie streitige Themen „verkauft“ werden: Die Zuspitzung in der Headline erleben wir oft genug. In der Online-Welt zählt jeder Klick, auch wenn der Inhalt das Versprechen der zugespitzten Überschrift nicht einhält. Es liegt in der Verantwortung der Redaktion, hier Maß zu halten. Wer zu viel zuspitzt, verliert an Glaubwürdigkeit.

Das zentrale Wort heißt ehrliche Kommunikation. So wie einzelne Menschen Kommunikation brauchen, um sich auszutauschen und weiterzuentwickeln, brauchen auch Organisationen ehrliche Kommunikation, um ihre Ziele zu vermitteln und dadurch Akzeptanz ihrer Umgebung oder der ganzen Gesellschaft zu erreichen.

Das Wort von der „Streitkultur“ galt jahrzehntelang als Ausdruck einer modernen Gesellschaft. Immer mehr Politiker versuchen, sich durch Streit zu profilieren. Doch wenn in den Augen der Menschen nur noch gestritten wird, auch wenn Politiker das selbst gar nicht so wahrnehmen, verliert die Demokratie ihre Autorität. Es gewinnen dann jene Kräfte, die neue Autorität zu verkörpern scheinen. Das erleben wir derzeit mit dem Erstarken der AfD. Weniger streiten heißt dabei keineswegs, Streit dauernd zu vermeiden. Doch sollten sich Politiker überlegen, ob sie ihre Autorität durch Streit stärken wollen oder durch Konsens. Unterschiedliche Ansichten zusammenzubringen ist meist schwieriger, als sie zu verstärken.

Juli 2023 | In Arbeit | Kommentieren

Sie versicherten einander ihre Liebe in Briefen noch, als sie sich scheinbar schon entzweit hatten und der eine den anderen hatte festnehmen lassen: Friedrich der Große und Voltaire. Bis ins hohe Alter pflegten die die beiden bedeutendsten Männer ihrer Zeit eine sehr komplizierte Männer-Beziehung.

Gesellschaftlichen Frieden und religiöse Freiheit sind im gesamten Werk Voltaires präsent, doch in den Philosophischen Briefen (1734) hat er die Bedingungen und zugleich die Auswirkungen der Toleranz wohl am besten erklärt. Als Beispiel dient ihm die Gegenüberstellung der von England errungenen Fortschritte und der Rückständigkeit des katholischen und monarchischen Frankreich. Die religiöse Vielfalt Englands erscheint hier als das gelungene Produkt einer oft gewaltsamen Geschichte, die sich aber zur Freiheit gewandt hat. Möglich wurde sie durch den Bruch Englands mit Rom, der letzten Endes zu einer Blüte von „Sekten“ führte, von der zwar keine die andere ausschalten konnte, die aber gerade deshalb die Macht der offiziellen (anglikanischen) Kirche einschränkten.

Eine berühmte Passage aus dem sechsten Philosophischen Brief liefert ein erstaunliches Bild der englischen Freiheit, deren Symbol ausgerechnet die Londoner Börse ist: „Man gehe auf die Börse in London, einen Platz, welcher ansehnlicher ist als manch ein Hofstaat, wo sich die Abgeordneten von allen Völkerschaften einfinden, um die Wohlfahrt der Menschen zu befördern. Hier treten der Jude, der Türke und der Christ miteinander in Unterhaltung, als wären sie Glaubensgenossen, und nennen nur denjenigen einen Ungläubigen, welcher bankrott ist. Hier vertraut der Presbyterianer dem Wiedertäufer, und der Anglikaner nimmt von dem Quäker Versprechungen entgegen. (…) Wenn in England nur eine Religion herrschte, so würde die unumschränkte Gewalt zu fürchten sein; wären es ihrer zwei, so würden sie sich einander die Kehle abschneiden; sie sind aber wohl an die dreißig und leben alle friedlich und glücklich.“

Plädoyer für den Pluralismus

Dieser brillante Text schließt mit einem politischen Argument, dem eine große Zukunft verheißen ist: Es wird sich bei einem der Gründerväter der Vereinigten Staaten wiederfinden, nämlich bei James Madison, der sich auf die glückliche Erfahrung der Pluralität der Sekten in Amerika stützt, um den politischen Pluralismus zu verteidigen. Voltaires Gedanke besitzt aber auch eine allgemeinere politische Tragweite. Er besagt, dass die Voraussetzung für religiöse (und politische) Freiheit darin besteht, dass das Handeln der Menschen trotz einer möglichen Gottesverehrung im Wesentlichen auf die diesseitige Welt ausgerichtet sein muss. Handeln darf Gott nur insofern glorifizieren, als es die Bedingungen des Menschseins verbessert. Seit seiner Abhandlung von 1763 stellt Voltaire seinen Kampf unter das Zeichen der Toleranz, was ihm erlaubt, klare Ansprüche zu formulieren, die selbst die eifrigsten Gläubigen verstehen und gutheißen sollten: Glaube hat nur Sinn, wenn er frei ist, und die Verfolgung Andersgläubiger ist somit zugleich nutzlos und unrecht.

Für die Mehrheit unserer Zeitgenossen ist Toleranz ein kostbares Gut, doch zu Voltaires Zeiten war dem nicht so: Die herrschende Ansicht in den christlichen Kirchen lautete, dass man „Irrtum“ und „Wahrheit“ nicht auf dieselbe Ebene stellen könne. Historisch betrachtet taucht der moderne Toleranzbegriff in einem sehr speziellen Kontext auf: dem der Religionskriege, die durch die Reformation ausgelöst wurden. Die Idee der Toleranz geht nicht aus dem Christentum selbst hervor, sondern vielmehr aus politischen Konflikten aufgrund verschiedener Auslegungen des christlichen Dogmas, denen man kein Ende setzen kann, ohne eine gewisse religiöse Vielfalt zuzulassen. Heil erlangt man aus christlicher Sicht durch die Zugehörigkeit zur Kirche. Der Zwang hat dabei nicht nur zum Ziel, Gehorsam zu erzeugen oder Tugend zu fördern, sondern soll die Menschen in die (wahre) Kirche hineinbringen. Selbst bei den Reformatoren Luther oder Calvin bleibt dieser Punkt unstrittig und unangetastet. Auch ihnen geht es nicht um die Anerkennung eines allgemeinen Prinzips der Gewissensfreiheit, sondern darum, für ihre Kirche die bestmöglichen Bedingungen zur Autoritätsausübung zu gewährleisten. Bei den Protestanten ebenso wie bei den Katholiken werden „falsche“ Religionen und heterodoxe „Kirchen“ also nur dann „toleriert“, wenn es in bestimmten Fällen und politischen Konstellationen unvermeidlich ist.

Damit Toleranz erstrebenswert wird, müssen mehrere Dinge zusammenkommen: Man muss der Ansicht sein, dass der Wert des Glaubens von der Freiheit des Gläubigen abhängig ist, dass die Legitimität der politischen Macht nicht von der Unterstützung der religiösen Autoritäten abhängt, und dass die Machthaber in der religiösen Vielfalt keine Quelle der Schwäche für den politischen Körper sehen. Die Entwicklung hin zur Toleranz hat sich nicht linear vollzogen, und die ersten Erfahrungen in England und Frankreich zeigen eindrücklich die Grenzen dieser Entwicklung auf: Gewiss hat England nach und nach die Pluralität protestantischer Strömungen zugelassen, aber das hat weder die Hegemonie der anglikanischen Kirche zulasten der „Abweichler“ noch den Ausschluss und selbst die Verfolgung der Katholiken verhindert. Auch das Edikt von Nantes (1598), das den Reformierten in Frankreich bedeutende Rechte zuerkannte, wurde 1685 von Ludwig XIV. widerrufen.

Kampf gegen die Justiz

Voltaire ist nicht der erste Philosoph, der aus der religiösen Toleranz ein Prinzip der Gerechtigkeit macht, dessen Respektierung die politischen Machthaber durchsetzen können und müssen. Unter seinen Vorläufern sind zwei große Denker zu nennen, John Locke und Pierre Bayle, beide Protestanten, die die wesentlichen Argumente lieferten, auf die sich dann der Kampf der Aufklärer stützen wird. Locke, ein liberaler Protestant, fügt sich in die große Bewegung ein, die England mit der Glorreichen Revolution von 1688 zur Förderung eines neuen politischen Regimes führen wird. Dieses beruht auf der Repräsentation der Bürger, der Beschränkung der monarchischen Macht und sieht in der (protestantischen) Freiheit eine Garantie gegen die „papistische“ Unterdrückung und die absolutistische Monarchie. Lockes Brief über die Toleranz (1689) nimmt eine strenge Analyse der Zwecke der politischen Autorität vor: Sie sei von den Menschen geschaffen worden, damit sie ihre Rechte schütze und nicht, damit sie sich um ihr Seelenheil kümmere. Gleichwohl bleibt die Reichweite dieser „Toleranz“ beschränkt: Sie gilt im Wesentlichen für die verschiedenen protestantischen Konfessionen, aber weder für die Atheisten, die keinen Eid ablegen können, noch für die Römisch-Katholischen, die einem ausländischen Souverän unterworfen sind. Bayle ist näher am traditionellen Glauben und zugleich radikaler: Er macht es sich zur Aufgabe, den theologischen Wert der Gewissensfreiheit zu zeigen, die er auf alle Religionen und selbst auf Atheisten ausweitet. Doch Bayle ist auch der Ansicht, dass die absolute Monarchie die religiöse Freiheit ebenso gut schützen kann wie die konstitutionelle Monarchie in England. Voltaires Verdienst ist es, eine brillante Synthese aller Argumente zugunsten der Toleranz zu liefern und sie als zentrale politische Tugend zu etablieren.

Die Abhandlung Über die Toleranz ist zunächst ein durch die Umstände bedingtes Werk, dessen erstes Ziel die Rehabilitierung von Johann Calas ist, einem reichen protestantischen Kaufmann, der 1762 in Toulouse hingerichtet wurde, weil er angeblich seinen Sohn, der zum Katholizismus konvertieren wollte, ermordet hatte. Voltaire griff in dieser Affäre die antiprotestantischen Büßerorden von Toulouse scharf an, und indirekt über sie auch die katholischen Autoritäten. Doch ging es ihm ebenso um eine grundlegende Reform des Justizsystems. Sein Kampf endete mit einem Erfolg auf ganzer Linie: Calas und seine Familie wurden 1765 rehabilitiert.

Doch interessiert uns Voltaires Werk heute vor allem wegen seiner allgemeinen These zugunsten der Toleranz, die politische und philosophische Argumente geschickt mit einer Kritik religiöser Rechtfertigungen der Intoleranz kombiniert. Intoleranz sei gefährlich, weil sie, weit davon entfernt, den gesellschaftlichen Frieden oder den Gehorsam zu begünstigen, am Ursprung gewaltsamer Unruhen und scheußlicher politischer Verbrechen stehe. Im Gegensatz dazu seien die Völker, die Toleranz übten, friedfertiger, gedeihlicher und glücklicher. Intoleranz entspräche weder dem „Naturrecht“ noch dem „Menschenrecht“, denn diese Rechte seien auf die Maxime gegründet: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.“

Freiheit als Bedingung

Schließlich liefere auch die Geschichte kein Argument zugunsten der Intoleranz: Die Griechen und Römer hätten sich nicht der Intoleranz bedient; die Geschichte der alten Hebräer zeige, dass ihre Anbetung des einen Gottes sie nicht daran gehindert habe, tolerant zu sein; nichts erlaube den Gedanken, dass Jesus Christus Intoleranz gelehrt habe; und die Geschichte der christlichen Nationen sei gesäumt von Zeugnissen wider die Intoleranz. Nichts in ihrer Religion autorisiere also die christlichen Kirchen dazu, intolerant zu sein, während Vernunft und Natur sie zu Toleranz verpflichten würden. Dieses Argument suggeriert auch, dass der Anspruch der Kirchen, den einzigen Zugang zum Heil gewähren zu können, illusorisch sei. Voltaire zielt darauf, die Überlegenheit der Philosophie und der „Natürlichen Religion“ hervorzukehren – einer Religion, die ohne den Beistand der Offenbarung allein auf der Vernunft beruht. Damit ordnet sich Voltaires Toleranzbegriff in einen bestimmten Horizont ein: den Niedergang des traditionellen Glaubens zugunsten einfacherer und weniger ausschließlicher Glaubensformen, deren Voranschreiten mit der Neuorientierung des menschlichen Handelns auf das irdische Diesseits einhergeht.

Unsere Zeitgenossen haben also gute Gründe dafür, wieder Voltaire zu lesen, um den Wert der Toleranz zu verteidigen. Dank Voltaire können wir auch verstehen, wie sich dieser Wert in der modernen Welt hat behaupten können. Dafür musste der Staat seine Vorherrschaft über die Religion festigen, und mehrere Religionen mussten lernen, in ein und demselben politischen Körper zu koexistieren – und dieser Umsturz konnte sich nur vollziehen, weil die Menschen es de facto akzeptiert haben, die Suche nach dem Glück auf Erden über die Suche nach dem Seelenheil zu stellen. Das Akzeptieren der Toleranz ist an das Auf kommen einer säkularisierten und individualisierten Welt geknüpft, deren Bedingung und auch Folge die moderne Freiheit ist. Bekanntlich kann sie allein aber weder die Frage nach dem Sinn noch das Bedürfnis nach Zugehörigkeit zu inklusiven Gemeinschaften stillen. Wir brauchen Voltaires Denken, um diese Welt zu verteidigen; weniger klar ist, ob dies auch ausreicht, um die Herausforderungen zu verstehen, vor die sich unsere Welt gestellt sieht.

 

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Juli 2023 | In Arbeit | Kommentieren

An Ermunterung und anteilnehmendem Interesse durch den damaligen Vorzeige-Herrscher der Aufklärung Friedrich den Großen an Voltaires Stück, das von einem Kameltreiber handelt, der vorgeblich Kontakt zu einem Erzengel hatte und sich fortan Prophet nannte, fehlte es wahrlich nicht:
Für den Westen geht es seit geraumer Zeit ans Eingemachte. Dass der Chefredakteur von „France Soir“ entlassen wurde, weil er Kritik am muslimischen Religionsstifter zu üben wagte, genauer: weil er Dokumente dieser Kritik zur Veröffentlichung freigab -, das wird von westlichen Journalisten mit Sorge gesehen und von dessen Kollegen zu Recht als ein Schlag ins Gesicht der französischen Identität betrachtet.

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Juli 2023 | In Arbeit | Kommentieren

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Juli 2023 | In Arbeit | Kommentieren

Das neue Flagschiff der Reederei MSC

MSC Meraviglia – das größte Kreuzfahrtschiff Europas

MSC Meraviglia
Der Kreuzfahrtriese „MSC Meraviglia“ ist seit Kurzem im Mittelmeer unterwegsFoto: dpa picture alliance

Vier Jahre ist es her, dass MSC zuletzt ein neues Schiff in Dienst stellte. Jetzt präsentiert die Reederei eine komplett neue Generation. Ihr erster Vertreter: die „MSC Meraviglia“, die in diese Sommer im westlichen Mittelmeer unterwegs sein wird. Was das Flagschiff von MSC zu bieten hat.

Passagiere sind über das Angebot „MSC for Me“ per Smartphone mit dem Schiff vernetzt. Dazu gibt es ein Armband mit Chip, das die Kabinentür öffnet und Getränke an der Bar abrechnen lässt. 16.000 Kontaktpunkte und 700 Hot-Spots registrieren jede Bewegung. Mittels Gesichtserkennung durch 1200 Kameras können Gäste auch Besuche in Restaurants oder Bars als Vorlieben speichern lassen.

MSC Meraviglia, Theater
Wartet auf die Gäste: Das Theater auf hoher See bietet jeden Abend mehrere ShowsFoto: Ivan Sarfatti/MSC/dpa-tmn

19 Decks – das gab es in Europas Gewässern noch nie

73 Prozent der Passagiere hätten sich bei Umfragen eine bessere Vernetzung mit moderner IT während der Seereise gewünscht, erklärt MSC. Wer sich im Kreuzfahrturlaub lieber abschalten möchte, kann Smartphone und Armband allerdings auch im Kabinentresor ablegen und sich völlig ohne Datenstrom bewegen – die klassische Bordkarte reicht auch.

19 Decks und 65 Meter Höhe gab es bislang in Europas Gewässern noch nicht – selbst der weltgrößte Kreuzfahrtkoloss „Oasis of the Seas“ endet bei Deck 18. Insgesamt bietet MSC Meraviglia elf Restaurants: Die Liste reicht vom „Marketplace Buffet“-Restaurant mit 1338 Plätzen bis zur japanischen „Kaito Sushi Bar“. Die Spezialitäten-Restaurants sind im Reisepreis allerdings nicht inbegriffen.

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Neues Flaggschiff von MSC: Die MSC Meraviglia ist fast 30 Prozent größer als die Schiffe der MSC-Fantasia-Klasse
Neues Flaggschiff von MSC: Die MSC Meraviglia ist fast 30 Prozent größer als die Schiffe der MSC-Fantasia-Klasse Foto: Bernard Biger/MSC/dpa-tmn

Spezielles Theater für exklusive Shows

Auch nicht im Reisepreis enthalten ist der Besuch der „Carousel Lounge“, in der Essen und Unterhaltung kombiniert werden. „Wir sind die erste Reederei, die hier exklusive Shows von Cirque du Soleil aufs Meer bringt“, sagt Michael Zengerle, der Deutschland-Chef der Reederei. Dafür wurde ein spezielles Theater mit 413 Restaurant- und Lounge-Plätzen kreiert. Artistik am Hochseil zusammen mit hochwertiger Küche gibt es auf jeder Reise an sechs Abenden. Dinner und Show sind für 35 Euro buchbar. Im Reisepreis inbegriffen ist die Hauptshow im „Broadway Theater“ im Vorschiff.

Mit 315 Metern ist die MSC Meraviglia zwar kürzer als die Schiffe der MSC-Fantasia-Klasse, jedoch um fast 30 Prozent größer: Die Zahl der Kabinen stieg um fast 550 auf 2244, die Breite um sechs Meter. Die 2244 Kabinen sind in zehn Kategorien eingeteilt. Das Gros bilden 1274 Balkonkabinen mit 12 bis 22 Quadratmeter.

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100 Meter lange Promenade mit Shops

Der vor neun Jahren mit der MSC Fantasia eingeführte MSC Yacht Club ist auf der MSC Meraviglia gewachsen: Die Zahl der Suiten stieg von 71 auf 94. Ein Novum bei MSC ist die 100 Meter lange „Galeria Meraviglia“ auf Deck 6. Dort ist eine Promenade im Schiff entstanden: Restaurants und Eisbar sind zusammen mit Shops und Mode-Boutiquen, dem „Ristorante Italiano“ oder dem „Brass Anchor Pub“ mit typisch südenglischem Kneipen-Ambiente zu finden.

Galeria Meraviglia auf der MSC Meraviglia
Eine Promenade im Schiff: Die „Galeria Meraviglia“ ist 90 Meter langFoto: Frank Behling/dpa-tmn

Überspannt wird die Promenade von einem 80 Meter langen LED-Himmel, der unterschiedliche Stimmungen und Farben erzeugen kann. Vom glitzernden Sternenhimmel bei Nacht bis zur wabenähnlichen Steinstruktur eines Tunnelgewölbes reichen die Bilder.

Auch weil für immer mehr Urlauber Faktoren wie Nachhaltigkeit eine Rolle spielen, versuchen die Reedereien ihre Schiffe diesbezüglich zu optimieren. Auch bei der MSC Meraviglia soll der Einsatz moderner Technologie die Schäden an der Umwelt minimieren. Dennoch sollten sich Passagiere bewusst darüber sein, dass große Kreuzfahrtschiffe „wie schwimmende Kleinstädte“ sind und „entsprechend viel Energie“ verbrauchen, wie auch der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) auf seiner Website schreibt. „Ihre schmutzigen Abgase – Feinstaub, Ruß, Stickoxide und Schwefeloxide- gefährden Gesundheit, Klima und Biodiversität.“

Juli 2023 | In Arbeit | Kommentieren

 

 

Nach der Zusage der USA, die Ukraine mit Streumunition zu versorgen, ist vom Bruch des Völkerrechts die Rede. Doch wie sieht die Rechtslage aus und inwieweit ist diese Munition geächtet?

 

Die Ankündigung der US-Regierung, der Ukraine für ihren Abwehrkampf gegen die russischen Invasoren Artillerie-Streumunition zu liefern, ist in der Öffentlichkeit auf erhebliche Kritik gestoßen. Während sich die Bundesregierung bedeckt hält, erklärte SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner, der Einsatz von Streumunition sei zurecht international geächtet: „Wer im Namen der internationalen Ordnung und Werte handelt, liefert solche Waffen nicht.“

Auch die Links-Partei verurteilte den Schritt: „Streubomben sind perfide Mordwerkzeuge des 21. Jahrhunderts, die den Geist des finstersten Mittelalters atmen“, erklärte Fraktionsvorsitzender Dietmar Bartsch auf Twitter. Seine Fraktionskollegin und Außenpolitikerin Sevim Dağdelen legte sich fest: Für sie ist der Einsatz von Streumunition durch die Ukraine „völkerrechtswidrig, verbrecherisch & Terror gegenüber Bevölkerung“. Erwartungsgemäß kritisierte auch das russische Regime die angekündigte Lieferung als „eklatante Offenbarung des aggressiven antirussischen Kurses der USA“, wie Außenministeriumssprecherin Maria Sacharowa in einem Kommentar erklärte.

Warum überhaupt Streumunition statt gewöhnlicher Artilleriegranaten?

Doch warum verlegen sich die USA bei ihren Lieferungen jetzt überhaupt auf Streumunition, anstatt wie bisher gewöhnliche Artilleriemunition in die Ukraine zu schicken? LTO fragte dazu den Militärfachmann Dr. Gustav Gressel, Senior Policy Fellow des European Council on Foreign Relations (Berlin). Das Thema Streumunition habe aktuell zwei Dimensionen, eine militärische und eine politische:

„Militärisch stehen die Ukrainer vor dem Problem, dass die Produktion gewöhnlicher Artilleriemunition bei uns nur schleppend angelaufen ist“, so Gressel. Ein konventioneller Krieg führe zu einem immensen Verbrauch insbesondere von Artilleriegranaten: „Davon gibt es einfach zu wenig im Westen. Das gilt natürlich besonders für das sowjetische 152-mm-Kaliber, das die ukrainischen Streitkräfte weiterhin in großen Anteilen verschießen.“ Insoweit geht es also auch darum, Lücken in der bisherigen Munitionsversorgung zu schließen und die Ukraine überhaupt angriffs- und verteidigungsfähig zu erhalten.

Gressel erkennt in der Lieferung der Streumunition aber auch eine politische Dimension im Kontext des NATO-Gipfels in Vilnius: „Die Biden-Administration scheint eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine skeptisch zu sehen. Auch bei den dringend benötigten F-16-Kampfjets verhalten sich die USA sehr zögerlich, ja sogar bremsend. Um der beginnenden Frustration der Ukrainer etwas entgegenzusetzen, wollen die Amerikaner mit der Lieferung von Streumunition jetzt ein Signal der Stärke senden.“

Völkerrechtliches Übereinkommen über das Verbot von Streumunition

Die kritischen Stimmen erwecken teils den Eindruck, mit der Lieferung der Streumunition durch die USA und ihrem voraussichtlichen Einsatz durch die ukrainischen Streitkräfte sei völkerrechtlich etwas nicht in Ordnung. Bei dieser Munitionsart, die sich in viele kleinere sogenannte Bomblets zerlegt und damit auf größere Flächen wirkt, besteht in der Tat die Gefahr von Blindgängern, die später die Zivilbevölkerung gefährden können. Andererseits bietet sie mit diesen Eigenschaften eine gegenüber gewöhnlichen Artilleriegranaten deutlich erhöhte Wirksamkeit. Doch wie ist hier überhaupt die Rechtslage?

Richtig ist, dass das im Jahr 2008 ausgehandelte Übereinkommen über Streumunition ihren Einsatz, ihre Herstellung sowie ihre Weitergabe verbietet. Allerdings ist dieser völkerrechtliche Vertrag von lediglich 111 Staaten ratifiziert worden – darunter insbesondere nicht von den USA, der Ukraine sowie Russland. Auch im Völkerrecht gilt nach Art. 34 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge (WVK) der Grundsatz, dass Verträge nur die jeweiligen Parteien und nicht unbeteiligte Drittstaaten binden. So haben etwa auch China, Israel und Brasilien die Konvention nicht unterzeichnet.

Kein Streumunitionsverbot kraft Völkergewohnheitsrechts

Kann sich das Verbot von Streumunition dennoch bei der nicht unerheblichen Anzahl von 111 Signatarstaaten als Völkergewohnheitsgerecht durchsetzen? Im Gespräch mit LTO erklärte Dr. Ralph Janik, der an der Sigmund Freud Privatuniversität zu Völkerrecht und Krieg (Wien) forscht: „Mit dem Völkergewohnheitsrecht wird viel Schindluder betrieben. Oft genug steckt dahinter mehr Wunschdenken als Realität.“
Ob und wie ein Vertrag zur Entstehung einer völkergewohnheitsrechtlichen Regel führen kann, sei zwar eine spannende akademische Frage. Aber hier spreche klar dagegen, dass das Abkommen über Streumunition nur 111 Vertragsparteien hat. „Das ist zwar durchaus viel, aber eben keine überwiegende Mehrheit der Staaten. Außerdem müsste man Länder wie die USA und die Ukraine oder auch Russland und China wohl als ‚persistent objector‘ einstufen, die selbst bei einer bestehenden Regel nicht gebunden sind“, so Völkerrechtler Janik.

Unterscheidungsgebot beim Einsatz von Streumunition maßgeblich

Könnte ein ukrainischer Einsatz von Streumunition unabhängig davon auch gegen allgemeine Regeln des Kriegsvölkerrechts verstoßen? Ralph Janik weist gegenüber LTO auf das völkerrechtlich zwingende Unterscheidungsgebot hin, das die unterschiedslose Bekämpfung von Zivilisten und Kombattanten verbietet:

„Das ist eines der zwei Kardinalprinzipien des humanitären Völkerrechts. Zivilisten dürfen niemals gezielt angegriffen werden. Wenn sie indirekt von Angriffen betroffen sind, ist immer noch die Verhältnismäßigkeit zum militärischen Vorteil zu wahren. Übrigens sind nicht nur die Zivilisten des Gegners, sondern auch die ‚eigenen‘ geschützt. Die Ukraine hat aber bereits angekündigt, Streumunition nur dort einzusetzen, wo sich ausschließlich russische Soldaten befinden. Nach Ende der Kampfhandlungen sind die Gebiete zu räumen, um sie wieder bewohnbar zu machen. Das wird enorme Anstrengungen brauchen, weil sie bereits jetzt vom Krieg vollkommen verseucht sind.“ Der voraussichtliche Einsatz von Streumunition ist also nicht nur völkerrechtmäßig. Vielmehr wird man vor diesem Hintergrund auch davon ausgehen müssen, dass die ukrainische Führung sich hierfür nicht leichtfertig entscheidet.

Unterschiede des Einsatzes zwischen Russland und der Ukraine

Sowohl Russland als auch die Ukraine haben im gegenwärtigen Krieg schon Streumunition eingesetzt. Doch gibt es hier in der Tat beachtliche Unterschiede, wie Gustav Gressel gegenüber LTO erklärt: „Die ukrainischen Streumunitionsbestände waren und sind deutlich geringer als die russischen. Vor allem aber setzen die Ukrainer Streumunition nur gegen militärische Ziele ein, während die Russen damit auf Wohngebiete schießen und gezielt Zivilisten ins Visier nehmen. Das haben wir vor allem in Charkiw und Cherson gesehen, wo die Anzahl der zivilen Opfer hoch war.“

Gustav Gressel kommt auch auf das Problem der Blindgänger zu sprechen, die noch Jahre nach Ende der Kampfhandlungen zu zivilen Opfern führen können. So gebe es je nach Generation und Typ der Streumunition erhebliche Unterschiede bei der Blindgängerrate: „Bei der alten sowjetischen Munition reden wir von etwa 5 bis 40 % Blindgängern, wobei die Höhe im konkreten Fall wiederum sehr abhängig ist von der Härte des Untergrunds, auf den die einzelnen Bomblets aufschlagen. Bei den jetzt gelieferten Artilleriegeschossen westlicher Bauart ist dagegen von einer Blindgängerrate von etwa 2 bis 4 % auszugehen, auch hier abhängig vom Untergrund.“ Hinzu komme, dass die Zünder des gelieferten Typs DPICM M864 witterungsbeständiger seien als die sowjet-russischen Pendants. Das mache die spätere Räumung deutlich weniger gefährlich, die nicht explodierten Bomblets verhielten sich dann später nicht wie eine Mine.

Ethisch verwerflich?

Eine völlige andere Frage ist natürlich, wie man die US-Lieferung von Streumunition in Anbetracht der verbleibenden Risiken ethisch beurteilt. So appellieren nicht wenige Kritiker, ihr Einsatz sei wegen der Gefahren für die Zivilbevölkerung unabhängig von der völkerrechtlichen Zulässigkeit verwerflich. In vielen ukrainischen Ohren klingt derlei Kritik von der Seitenlinie allerdings wohlfeil:

„Der Aufschrei der Schein-Moralisten gegen Streumunition kommt ja nur, wenn die Ukraine sich verteidigt und nicht, wenn ukrainische Zivilistinnen und Zivilisten mit russischer Streumunition ermordet werden“, so Krista-Marija Läbe. Sie ist Sprecherin von Vitsche, einem Verein junger Ukrainerinnen und Ukrainer, der ukrainischen Perspektiven in Deutschland Gehör verschafft. Läbe weist darauf hin, dass sämtliche Munition, eigene wie feindliche, fast ausschließlich auf ukrainisches Gebiet niederregnet. Sie fordert deshalb: „Überlasst die Risiko-Nutzen-Abwägung doch den betroffenen Ukrainerinnen und Ukrainern, die in der konkreten Situation Entscheidungen treffen und um ihr Überleben kämpfen müssen.“

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Juli 2023 | In Arbeit | Kommentieren

Der 2005 in São Paulo, Brasilien, geborene Guido Sant’Anna erlangte internationale Anerkennung als er als erster südamerikanischer Geiger den renommierten Internationalen Fritz-Kreisler-Wettbewerb im Jahr 2022 gewann. Diesem Triumph in Wien ging bereits 2018 ein historischer Erfolg voraus, als er als erster brasilianischer Geiger zum Internationalen Yehudi-Menuhin-Wettbewerb in Genf eingeladen wurde und sowohl den Publikumspreis als auch den Kammermusikpreis gewann. Seine zahlreichen Erfolge haben ihm einen begehrten Platz in der brasilianischen Forbes-Liste „30 Under 30“ 2022 eingebracht.

Sant’Anna ist als Solist sowohl in Brasilien als auch im Ausland mit bedeutenden Orchestern aufgetreten; in seinem Heimatland hat er eine enge Verbindung zum Staatlichen Symphonieorchester von São Paulo und zum Philharmonischen Orchester von Minas Gerais aufgebaut und sich beim brasilianischen Publikum einen Namen gemacht. Im Oktober 2022 sprang er für Christian Tetzlaff für ein play-and-conduct von Brahms´ Violinkonzert mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen in São Paulo ein, wofür er begeisterte Kritiken erhielt. Als Preisträger beim Internationalen Fritz-Kreisler-Wettbewerb spielte er mit dem ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter Alexander Joel im Musikverein. Zuvor arbeitete er mit dem Emirates Youth Symphony Orchestra, dem Municipal Symphony Orchestra of São Paulo und dem Symphony Orchestra of the Municipal Theater of Rio de Janeiro zusammen, wobei sein Repertoire Werke von Tschaikowsky, Beethoven und Ravel umfasste. Zu seinen Konzerten gehören Auftritte im Vereinigten Königreich, in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Zypern und Brasilien.

Im Juni 2023 gibt Sant’Anna sein mit Spannung erwartetes Debüt beim Rheingau Musik Festival mit dem hr-Sinfonieorchester Frankfurt unter der Leitung von Musikdirektor Alain Altinoglu und der Symphonie espagnole von Édouard Lalo. Darauf folgen Konzerte in seiner Heimatstadt mit Mendelssohns Violinkonzert unter der Leitung von Thierry Fischer mit dem Staatlichen Symphonieorchester São Paulo. Diese Aufführungen werden sein erstes Aufnahmeprojekt für das Label Naxos Records darstellen. Im Herbst 2023 gibt Sant’Anna sein Asien-Debüt auf einer Konzerttournee durch Südkorea. Im Frühjahr 2025 wird er mit dem Jugendorchester Neojibá aus Bahia auf Europatournee gehen, zusammen mit den Solisten Lucas und Arthur Jussen unter der Leitung von Ricardo Castro.

Guido Sant’Anna erhielt seinen ersten Geigenunterricht im Alter von fünf Jahren und gab sein Orchesterdebüt mit sieben Jahren unter der Leitung des Dirigenten Júlio Medaglia. Im Alter von acht Jahren war er Finalist beim Prelúdio-Wettbewerb, der von TV Cultura in São Paulo veranstaltet wird. Seit 2012 ist er Stipendiat von Cultura Artística und wird von seiner Tutorin Elisa Fukuda betreut. Weitere Auszeichnungen sind das Graded Outreach Program, ein renommiertes Stipendium für besonders begabte brasilianische Studenten an der American School of São Paulo, und seine Teilnahme am Perlman Music Program in den Jahren 2018-19. Im Jahr 2021 ging er als Gewinner des Wettbewerbs für junge Solisten des Staatlichen Symphonieorchesters von São Paulo hervor und erhielt 2022 den Grand Prix 2022 des CONCERTO Magazins.

Er spielt eine Geige von Jean-Baptiste Vuillaume aus dem Jahr 1874, welche eine großzügige Leihgabe des Geigenbauers Marcel Richters ist.

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Ohne Geldwäsche ließe sich aus Straftaten nur schwer Profit ziehen. Steuerhinterziehung, Betrug, Menschenhandel, Drogen-geschäfte oder das Schmuggeln geschützter Tierarten sind für Straftäter vor allem dann lukrativ, wenn sie schmutziges Geld unbehelligt „waschen“ können. Vor diesem Hintergrund hat die
Europäische Union im Jahr 2021 einen Reformprozess zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung eingeleitet.
Was dies für Deutschland bedeutet und weshalb es sich lohnt, den Weg zu neuen EU-Gesetzen wissenschaftlich zu begleiten, erklärt der Spezialist für Strafrecht, Strafprozessrecht und Wirtschaftsrecht Kilian Wegner von der Europa-Universität Viadrina im Gespräch.

 

 

 

 

 

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Juli 2023 | In Arbeit | Kommentieren

Überblick über Dies und Das

Über Bücher, Bilder und Ausstellungen

Daido Mariyama im c/o Berlin, Trevor Paglen im Neuen Berliner Kunstverein, Ralph Gibson in den Deichtorhallen, Lee Miller im Bucerius Kunstforum Hamburg, Inge Morath im Salzburger Fotohof: Der Sommer bietet eine Fülle sehenswerter Ausstellungen – ein kleiner Überblick. Außerdem: Der Deutsche Fotobuchpreis hat sich neu aufgestellt.

Spätestens nach der Eröffnung des Fotofestivals in Arles Anfang Juli, das sowohl einen Abschluss der Frühjahrssaison des Fotobetriebs als auch ein Vorspiel auf den Urlaub darstellt, ist –  von Veranstaltungen für kulturbewegte Touristen und Daheimgebliebene abgesehen – erst mal Sommerpause angesagt.

Ein untrügliches Zeichen dafür ist, dass immer weniger Einladungen und Veranstaltungshinweise  eintrudeln. Das ist auch gut so, weil ich selbst auch nicht mehr so richtig bei der Sache bin.

Nach einer intensiven Arbeitsphase in April und Mai war ich zuerst auf einem niederösterreichischen Alpenausläufer wandern, danach in der Uckermärkischen Pampa an einem der vielen Seen. Beides hat  – beflankt von kulinarischen Genüssen wie französischem Gris und gegrilltem Fisch – eine absolute Arbeitsunwilligkeit bei mir bewirkt, der ich nur deshalb nicht nachgebe, weil ich sie mir nicht leisten kann.

Stattdessen gibt es nun wie immer um diese Zeit einen kleinen Überblick über Dies und Das, das anzuschauen sich noch vorm Urlaub oder auch im Zuge dessen lohnt.

Da wäre die Darido Moriyama Retrospektive bei C/O Berlin.

Drei Jahre soll die Vorbereitung dafür gedauert haben, was vielleicht daran lag, dass Moriyama nicht nur ein bedeutender Fotograf, sondern auch ein exzessiver Knipser war, der alles mehrfach abgeschossen hat, gleichgültig, ob es bei drei auf den Bäumen war oder nicht.

Ein Freund, der ihn in den siebziger Jahren in New York bei seinen Streifzügen begleitet hat, meinte später, Moriyama sei ihm vorgekommen „wie ein Hund, der überall seine Duftmarke setzen muss“.

Diese Knipserei erfolgt bei Moriyama jedoch nicht aus Leichtfertigkeit oder Gewohnheit, sondern aus Rigorosität.
Abgesehen von einer Serie Anfang der neunziger Jahre, in der er sich (leidlich) an der Ästhetik der Frühzeit der Fotografie von Niepce bis Atget versucht hat, spielt das Einzelbild keine entscheidende Rolle, sondern nur der Strom der Bilder, dem er mit der Kamera Augenblicke entreißt – Emanationen der Vergänglichkeit, die zugleich Emanationen der Wiederkehr des Immergleichen sind.

Moriyama hat viel experimentiert, mit unterschiedlichen Kameras, Linsen, unterschiedlichem Papier, unterschiedlichen Publikationsformaten, mit Unschärfe, grober Körnigkeit, großem Kontrast und auch Farbe. Aber anders als Masahisa Fukase, der darin soweit ging, dass einzelne Serien auf den ersten Blick wie von verschiedenen Künstlern wirken, hat sich Moriyamas grundlegende Ästhetik kaum verändert.

Wie bei Barockmusik, deren Fundament ein Generalbass ist, folgt seine Fotografie seiner aktiven, physischen Bewegung auf das Motiv zu, das er deshalb nicht wirklich suchen muss und auf das er stößt, indem er die moderne Figur des urbanen Flaneurs, wie sie Benjamin für Kunst und Philosophie fruchtbar gemacht hat, in eine Nachkriegswelt übersetzt, die vom Verlust des ländlichen Lebens und damit verbundener Traditionen ebenso geprägt ist wie von US-amerikanischen Kulturimperialismus, Konsum und einer intensiven Beschäftigung mit marxistisch-kommunistischen Gesellschaftsentwürfen unter linken Intellektuellen.

Es ist kein Zufall, dass Moriyamas Serie „Hunter“, für die er in den siebziger Jahren durch Japan reiste, von Jack Kerouacs On the Road“ inspiriert ist. Kerouac hat den klassischen Stream of Consciousness von James Joyce vom Kopf auf die Füße gestellt und so gut wie alles, was mit klassischer Bildung und stupendem (Vor-)Wissen zu tun hat, aus seinem Stil entfernt, der eine unprätenziöse Anschauung all dessen bietet, was Kerouac gerade vor die Augen und in den Sinn kommt – nicht anders als bei Moriyamas rastloser Fotobewegung, die keinen Unterschied zwischen high oder low, bedeutend oder unbedeutend kennt.

Es ist C/O Berlin (Kuratorin: Sophia Greiff) in der Gestaltung der Ausstellungsräume eindrücklich gelungen, diese Bewegung nachzuzeichnen und – von einem eher belanglosen, farbigen Ausflug ins Jahr 2017 abgesehen – auf das Wesentliche zwischen 1960 und 1990 zu beschränken. Uneingeschränkt sehenswert.

Der Neue Berliner Kunstverein n. b. k. hat einen kleinen Coup gelandet und präsentiert aktuelle Arbeiten von Trevor Paglen, der sich in seiner Arbeit interdisziplinär mit staatlicher Überwachung, militärischen Operationen, geheimdienstlichen Praktiken und der gezielten Produktion von Fake News beschäftigt, und dem es dabei immer wieder gelingt, diesem komplexen und  schwer darzustellenden Themenkreis äußerst interessante Bilder abzugewinnen.
Wer in Berlin abseits von Ostalgie und Ostkreuz mal ein international bedeutendes, zwischen Fotografie, Video und Internet oszillierendes Werk  besichtigen möchte – nichts wie hin.

Und natürlich gibt’s immer noch den American Roadtrip.

Nachdem die Reinbeckhallen in Berlin 2022 Alec Soth gezeigt haben, der diesem Genre nach der Jahrtausendwende mit „Sleeping by the Mississippi“ und „Niagara“ weitere Klassiker hinzugefügt hat, gibt es ebendort nun Paul Grahams „Shimmer of Possibility“ zu sehen – ein Werk, das eine Generation junger FotografInnen ebenso beeinflusst hat wie das von Soth.

Zwischen 2004 und 2006 reiste der britische Fotograf durch die USA. Das Ergebnis war eine größenwahnsinnige Edition von zwölf gebundenen Fotobücher, die von Steidl publiziert und später von Mack übernommen wurde. Wenn junge Fotografinnen wissen wollen, was Leute im selben Alter vor fünfzehn, zwanzig Jahren inspiriert hat – hingehen.

Interessante Ausstellungen gibt es selbstverständlich auch abseits von Berlin.

In den Deichtorhallen Hamburg etwa gibt es eine Retrospektive des Werks von Ralph Gibson, der vor der Jahrhundertwende eine ungemein einflussreiche Figur der sich gerade erst gründenden, internationalen Fotoszene war, und dessen Fotos unter anderem die Qualität haben, dass sie beschwören, was auf dem Foto nicht zu sehen ist, ihm zugrunde liegt oder liegen könnte.

Im Bucerius Kunstforum in Hamburg darf man sich vom seichten Titel der Retrospektive von Lee Miller nichtabschrecken lassen: „Fotografin zwischen Krieg und Glamour“. Das ist zwar nicht unwahr – hört sich aber eher nach Brigitte an. (Obwohl: Was im deutschen Kulturbetrieb hört sich 2023 tendenziell nicht nach Brigitte an?)

Ein Wahnsinnsleben, privat wie künstlerisch, in fotografischer Hinsicht changierend zwischen Surrealismus, Mode-, Porträt- und Reisefotografie sowie Kriegsberichterstattung. Das legendäre Foto, das sie in Hitlers Badewanne zeigt, davor die Stiefel, die sie beim Besuch des Konzentrationslagers Dachau getragen hat, sind da nur das bekannteste Detail unter vielen. Eine ungemein vielseitige Fotografin und echte Ikone eines selbstbestimmten Lebens als Frau.

Der Salzburger Fotohof zeigt anlässlich ihres hundertsten Geburtstags die auf Dia-Film aufgenommenen Farbfotografien von Inge Morath. Sie hat von sich gesagt, Farbe schlicht da zu fotografieren, wo sie sie vorfindet, experimentiert also nicht mit ihr wie Ernst Haas, Saul Leiter oder René Groebli. Dennoch als Ergänzung zu ihren ungleich bekannteren Schwarzweiß-Fotos sehenswert, vor allem (wie in meinem Fall) im Rahmen eines Besuchs der Salzburger Festspiele.

Über die wohl bedeutendste Ausstellung des ersten Halbjahrs – die Präsentation der Walther-Collection im Münchner Haus der Kunst – schreibe ich noch mal gesondert Anfang Juli.

Zum Abschluss noch ein Hinweis auf etwas, an dem ich selbst beteiligt bin.

2020 habe ich im „Fotolot“ die Vergabe des Deutschen Fotobuchpreises (teils heftig) kritisiert – einer jener Beiträge, die mit am meisten Resonanz hervorgerufen haben. Während der Corona-Zeit ist nun die veranstaltende Stuttgarter Hochschule für Medien abgesprungen, die Preisverleihung einmal ausgefallen.

Nun ist der Fotobuchpreis Teil des „Festivals fotografischer Bilder“ in Regensburg, das von Martin Rosner und Andy Scholz veranstaltet wird. Scholz zeichnet auch verantwortlich für den Podcast „Fotografie Neu Denken“, bei dem VertreterInnen der deutschsprachigen Fotoszene zu Wort kommen (inwieweit Scholz‘ Gesprächspartner dem Motto des Podcasts gerecht werden, überlasse ich dem Urteil der geneigten HörerInnen).

Man würde meinen, der Deutsche Fotobuchpreis ist ein Selbstläufer – dabei war er zuletzt ein beinah tot gerittenes Pferd, auf das der eine oder andere Verlag gar nicht mehr aufsitzen wollte.  Den Karren aus dem Dreck zu ziehen ist mit viel Arbeit verbunden, in deren Folge sowohl der Umfang an preiswürdigen Kategorien erweitert als auch die Jury neu besetzt und vergrößert wurde. Unter den Namen der elf (!) JurorInnen befindet sich auch der meine.

Einerseits wollte ich mal einen Überblick haben über die Jahresproduktion an Fotobüchern (bis Mitte Juni gab es über dreihundert Einreichungen, die Einreichfrist endet am 15. Juli), andererseits sehe ich mich auch als Fürsprecher explizit künstlerischer, formal und inhaltlich herausfordernder Ansätze, die bei der Vergabe bisher nicht wirklich im Vordergrund standen.

Juni 2023 | In Arbeit | Kommentieren

In diesem Jahr eröffnetei an beiden Abenden das hr-Sinfonieorchester nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause wieder traditionell das Rheingau Musik Festival im Kloster Eberbach. Das Erpffnungskonzertt am Samstag, 25. (wie auch am Sonntag mit gleichem Programm  für all jene Konzertliebhaber, die keine Karten mehr für den Eroffnungsabend“ zu ergattern“ in der Lage waren) leitete erstmals Chefdirigent Alain Altinoglu.

 

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Juni 2023 | In Arbeit | Kommentieren

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