Darstellung des Attentats auf den US-Präsidenten Abraham Lincoln während eines Besuchs des Ford’s Theater in Washington, D.C., am 14. April 1865.

Kaiser, Königinnen, Staatsoberhäupter: Sie haben das höchste Amt ihres Landes inne, bestimmen über das Schicksal ihres Volks. In solch exponierter Position lebt es sich gefährlich und an Beispielen für Mordanschläge auf Regierende mangelt es in der Geschichte nicht.
Laut Sven Felix Kellerhoff, Journalist und Autor des Buchs Attentäter: Mit einer Kugel die Welt verändern gibt es sechs verschiedene Täterkategorien: verwirrte oder idealistische Einzeltäter, religiöse Eiferer, Auftragsmörder, Vollstrecker von Verschwörungen und politische Terroristen. Mit Ausnahme des bezahlten Killers haben sie alle eines gemeinsam: Sie glauben, mit dem Mord an einem Machthaber eine in ihren Augen nötige Veränderung der politischen Verhältnisse herbeiführen zu können. Tatsächlich haben Attentate auf höchster Ebene einen weitreichenden Effekt – selten aber den gewünschten.

„Was Attentäter wol­len und was sie mit ihrer Tat bewirken, sind grundsätzlich zwei Paar Schuhe“, schreibt der Historiker Michael Sommer von der Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg in einem Essay, das in der Fachzeitschrift Aus Politik und Zeitgeschichte erschienen ist. Häufig werde durch das Attentat sogar das Gegenteil des eigentlichen Ziels erreicht.
So etwa im Fall zweier von Sozialisten ausgeführten Attentate auf Kaiser Wilhelm I. im Jahr 1878, die er beide überlebte. Reichskanzler Otto von Bismarck nahm sie zum Anlass, das sogenannte Sozialistengesetz zu erlassen, das sozialistische, sozialdemokratische und kommunistische Vereine und Politiker noch stärker unter Druck setzte, als es vor den Attentaten der Fall gewesen war. „Stets also polarisiert die Tat und wird so zum Spielball politischer In­teressenlagen“, so Sommer.
Ihm zufolge kommen politische Attentate vermehrt in Systemen vor, in denen Einzelpersonen eine herausragende Rolle spielen – etwa Diktaturen oder Monarchien –, die sich im Umbruch oder in Krisen befinden oder in denen ein hohes Maß an politischer, religiöser oder sozialer Spaltung vorliegt. „Trifft mehr als eines dieser Merkmale auf eine Gesellschaft zu, dann ist sie potenzi­ell anfällig für politisches Assassinentum“, so Sommer.

Attentäter ohne Kontrolle
So erklärt sich die auffällige Häufung von politischen Attentaten im Alten Rom, den europäischen Monarchien zwischen der Französischen Revolution und dem Ersten Weltkrieg, der Weimarer Republik oder den jungen Vereinigten Staaten. In den sozialistischen Systemen des Ostblocks waren sie hingegen selten, ebenso in den heutigen westlich geprägten Demokratien. Bisher, denn mit der Zunahme an sozialpolitischen Krisen steigt auch hier die Zahl der politisch motivierten Anschläge.
Als was die Taten in die Geschichte eingehen, so Sommer, „hängt maßgeblich davon ab, wer die Deutungshoheit über die Vergangenheit hat.“ Als Claus Schenk Graf von Stauffenberg im Jahr 1944 ein Attentat auf Adolf Hitler verübte, das fehlschlug, wurde dieses von einem Großteil der Deutschen als Verrat angesehen. In einer Allensbach-Umfrage im Jahr 1951 äußerte sich ein Drittel der Befragten kritisch zu dem Anschlag. Zum 60. Jahrestag der Tat im Jahr 2004 verurteilte nur noch ein geringer Prozentsatz den Mordversuch.
Wie ein Attentat also im Laufe der Geschichte bewertet wird, können Täter*innen ebenso wenig vorhersagen oder steuern wie seinen Effekt – wie sich an den folgenden Beispielen zeigt.
Gaius Julius Cäsar – antiker Tyrannenmord

In seinem Gemälde La morte die Cesare aus dem frühen 19. Jahrhundert bildet der italienische Maler Vincenzo Camuccini den Mord an Julius Cäsar ab.
Foto von Vincenzo Camuccini, 1771-1844 / Wikimedia Commons
Die Ermordung des römischen Feldherren Gaius Julius Cäsar ist eines der berühmtesten politischen Attentate der Menschheitsgeschichte. Im Jahr 45 v. Chr. hatte Cäsar sich in Rom zum Diktator auf Lebenszeit ausrufen lassen – und sich damit unter den Senatoren viele Feinde gemacht. Unter der Federführung von Marcus Iunius Brutus und Gaius Cassius Longinus beschloss eine Gruppe von ihnen darum, den Diktator aus dem Weg zu räumen. Zwischen 60 und 80 Personen sollen an dem Komplott beteiligt gewesen sein.
Am 15. März des Jahres 44 v. Chr. erschien Cäsar bei einer Senatssitzung im Theater des Pompeius in Rom – obwohl seine Frau Calpurnia die bevorstehende Tat in Albträumen gesehen und ihn gewarnt haben soll. Auch der antike Wahrsager Spurinna hatte Cäsar einen Monat zuvor auf eine große Gefahr hingewiesen, die spätestens an den Iden – also in der Monatsmitte – des März eintreten sollte. Doch der Diktator wollte sich nicht die Blöße des Aberglaubens geben und nahm trotz aller dunklen Vorzeichen inmitten seiner Mörder Platz.
Die Attentäter umstellten ihn und töteten ihn hinterrücks mit mehreren Dolchstichen. Der Erzählung nach soll der sterbende Cäsar Brutus, für den er eine Art väterlicher Freund gewesen war, unter den Mördern erkannt und die berühmten griechischen Worte kaì sy téknon – „Auch du, mein Sohn?“ – gesprochen haben. Ob der tödlich Verletzte aber tatsächlich noch in der Lage war, zu sprechen, wird angezweifelt.
Der sogenannte Tyrannenmord zog einen Bürgerkrieg nach sich, der im Jahr 31. V. Chr. damit endete, dass Cäsars Großneffe und Adoptivsohn Gaius Octavius als Kaiser Augustus zum römischen Alleinherrscher wurde.
Philipp von Schwaben – Blutrache für die Ehre

Diese Miniatur aus der Sächsischen Weltchronik aus dem frühen 14. Jahrhundert zeigt die Ermordung des römisch-deutschen Königs Philipp von Schwaben.

Der im Jahr 1198 gekrönte König Philipp von Schwaben war der erste von zwei römisch-deutschen Herrschern, die durch ein Attentat den Tod fanden. Am 21. Juni 1208 besuchte er die Hochzeit seiner Nichte Beatrix von Burgund mit Herzog Otto VII. von Andechs-Meranien und zog sich im Anschluss in seine Gemächer in der Bamberger Bischofspfalz zurück, um Mittagsruhe zu halten.
Diese wurde unterbrochen, als Otto VIII. von Wittelsbach, Pfalzgraf von Bayern, unangemeldet erschien und um eine Audienz bat. Philipp empfing ihn und besiegelte so sein Schicksal – mit einem Schwert durchtrennte Otto VIII. die Halsschlagader des Königs und floh.
Über das Mordmotiv wird bis heute spekuliert. Auch wenn die Möglichkeit eines Komplotts unter Beteiligung der Andechs-Meranier in Betracht gezogen wird, gilt als am wahrscheinlichsten, dass Otto Philipp aus Rache tötete: Fünf Jahre vor der Tat hatte der König seinen zukünftigen Mörder aus taktischem Kalkül mit seiner damals einjährigen Tochter Kunigunde verlobt. Als die strategische Lage sich änderte, brach Philipp im Jahr 1207 die Vereinbarung und versprach Kunigunde dem Sohn des böhmischen Königs. Der soziale Status des Wittelsbachers war stark beschädigt, seine Ehre verletzt.
Otto VIII. befand sich nach der Tat mehrere Monate als Vogelfreier auf der Flucht. Am 7. März 1209 wurde er bei Regensburg gefasst und getötet. Seinen abgetrennten Kopf warf man in die Donau, der Rest des Leichnams wurde über Jahre in einem Fass aufbewahrt.
Abraham Lincoln – Tödlicher Theaterbesuch

Abraham Lincoln auf seinem Sterbebett am Morgen nach dem tödlichen Attentat am 14. April 1865.
Foto von Foto von Alonzo Chappel, 1828-1887 / Wikimedia Commons
Im Jahr 1861 übernahm Abraham Lincoln das Amt des 16. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Die Wahl des Republikaners, der ein ausgesprochener Gegner der Sklaverei war, führte zum Austritt der meisten Südstaaten aus der Union und markierte den Beginn des Amerikanischen Bürgerkriegs. Dieser endete am 9. April 1865 mit der Kapitulation des wichtigsten Heers der Konföderierten.
Fünf Tage später, am Karfreitag, besuchte Lincoln, der im Jahr 1864 für eine zweite Amtszeit wiedergewählt worden war, mit seiner Frau Mary das Ford’s Theater in Washington D.C., um eine Vorstellung der Komödie Our American Cousin zu sehen. Zwar wurden die Lincolns von einem Leibwächter begleitet, dieser war aber nicht vor Ort, als sich John Wilkes Booth in die Präsidentenloge schlich.
Booth gehörte einer Gruppe von Verschwörern an, die mit dem Süden sympathisierte und eigentlich geplant hatte, Lincoln zu entführen. Als Schauspieler, der selbst schon vor Lincoln im Ford’s Theater aufgetreten war, hatte Booth sich leicht Zutritt verschaffen können. Mit einer Pistole schoss er Lincoln aus unmittelbarer Nähe in den Kopf und flüchtete unbehelligt aus dem Theater und – mithilfe wartender Komplizen – aus der Stadt. Er versteckte sich im südlichen Bundesstaat Virginia, wurde dort jedoch an die Polizei verraten und bei einem Schusswechsel am 26. April 1865 getötet.
Lincoln erlag trotz umgehender medizinischer Versorgung seiner Verletzung und wurde am Morgen nach der Tat für tot erklärt. Er war der erste von vier US-Präsidenten, die bei einem Attentat starben – und seine Beliebtheit ist nach wie vor ungebrochen: In einer regelmäßig stattfindenden Umfrage des US-amerikanischen Siena College Research Institute zu den populärsten Präsidenten der Geschichte ist Lincoln zuverlässig in der Top 3 zu finden.
Alexander II. – Nieder mit der herrschenden Klasse!

Darstellung des Bombenanschlags auf die Kutsche des russischen Zaren Alexander II. im Jahr 1881.
Foto von Wikimedia Commons
Das Attentat, in dessen Folge der russische Zar Alexander II. Nikolajewitsch aus dem Haus Romanow-Holstein-Gottorp im Jahr 1881 starb, war nicht der erste Anschlag auf sein Leben. Bereits dreimal zuvor – in den Jahren 1879 und 1880 – hatten Anhänger der sozialrevolutionären Untergrundorganisation Narodnaja Wolja – zu Deutsch „Volkswille“ – versucht, den Alleinherrscher umzubringen.
Am Nachmittag des 13. März 1881 befand sich der Zar auf dem Rückweg von einer Militärparade in St. Petersburg zu seinem Winterpalais, als eine Bombe explodierte: Der Student Nikolai Ryssakow hatte eine mit Dynamit gefüllte Dose auf die Zarenkutsche geworfen. Das Gefährt war zerstört und mehrere Mitglieder der Eskorte verletzt, doch Alexander hatte überlebt und der Attentäter konnte überwältigt werden.
Auf die Frage, ob er verletzt sei, antwortete der Zar: „Nein, ich bin Gott sei Dank unversehrt.“, woraufhin Ryssakow gefragt haben soll: „Ist es nicht zu früh, um Gott zu danken?“. In diesem Moment warf der bisher unbemerkte zweite Attentäter Ignati Grinewizki eine weitere Bombe direkt vor Alexanders Füße. Der Zar starb noch am selben Tag, nachdem er viel Blut verloren hatte, an seinen Verletzungen – ebenso wie Grinewizki selbst. Ryssakow wurde im April 1881 zusammen mit fünf anderen Verschwörern, deren Namen er verraten hatte, öffentlich gehängt.
Alexander III., der zweitgeborene Sohn, folgte seinem Vater auf den Thron und regierte Russland 13 Jahre lang. Auch auf ihn übte Narodnaja Wolja einen Anschlag aus, der jedoch vereitelt wurde.
Indira Ghandi – Religiöse Eskalation

Die indische Premierministerin Indira Ghandi bei einem Besuch im Weißen Haus im Juli 1982.
Foto von National Archives / Wikimedia Commons
In ihrer Rolle als Premierministerin von Indien war Indira Ghandi alles andere als unumstritten. Mit harter Hand versuchte sie, die Probleme des riesigen Lands zu lösen, doch viele überdauerten ihre – mit Unterbrechung – 16-jährige Amtszeit.
Eine große Bedrohung ging unter anderem von den Unabhängigkeitsbewegungen aus, darunter auch Separatisten der religiösen Minderheit der Sikh. Nachdem sich eine Extremistengruppe nach Ausschreitungen im Jahr 1982 im Golden Tempel, einem Sikh-Heiligtum, verschanzt hatte und alle Verhandlungen fehlgeschlagen waren, ordnete Ghandi im Januar 1984 die Operation Blue Star an, um ihn zurückzuerobern. Mehr als 2.000 Sikh, darunter auch unschuldige Pilger, starben. Dem Rat, die Sikh unter ihren Leibwächtern vorsichtshalber zu entlassen, folgte Ghandi nicht. Ihre Begründung: Indien sei ein säkularer Staat.
Am Morgen des 31. Oktober 1984 wartet der britische Schauspieler Peter Ustinov im Garten von Ghandis Bungalow in Neu-Delhi auf die Premierministerin, um mit ihr ein Live-Interview für die BBC-Dokureihe Ustinov’s People zu führen. Als plötzlich Schüsse fielen und große Aufregung ausbrach, versuchte er zunächst, die Zuschauer zu beruhigen, sprach dann aber, nachdem er die Lage erfasst hatte, in die Kamera: „Auf Indira Ghandi ist soeben geschossen worden.“
Die Attentäter waren Mitglieder von Ghandis Leibgarde: Beant Singh und Satwant Singh, zwei Sikh. Ersterer schoss der Premierministerin in den Unterleib, der zweite feuerte auf die am Boden liegende Frau, bis keine Kugel mehr übrig war. Indira Ghandi erlag noch am selben Tag im Krankenhaus ihren Verletzungen. Beant Singh wurde am Tatort von anderen Leibwächtern erschossen, Satwant Singh festgenommen und im Jahr 1989 gehängt. Auf die Ermordung von Ghandi folgten vor allem in Nordindien Anti-Sikh-Pogrome, bei denen offiziellen Schätzungen zufolge etwa 3.000 Menschen starben.

Nov. 2023 | In Arbeit | Kommentieren

Kleinere Konsumverbotszonen, größere erlaubte Menge beim Eigenanbau, dafür aber auch Strafverschärfungen, wenn es um Minderjährige geht: Die Ampel hat sich auf diverse Änderungen des Cannabisgesetzes verständigt.Nach zähem Ringen haben sich die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf Änderungen des geplanten Cannabisgesetzes (CanG) geeinigt. Wegen der aktuellen Turbulenzen rund um den Bundeshaushalt und geänderter Prioritätensetzung in der Bundespolitik war zunächst befürchtet worden, dass das Cannabis-Vorhaben in der Ampelplanung bis auf weiteres hinten runterfällt. Dem ist jedoch nicht so: Das Gesetz soll in der Sitzungswoche Mitte Dezember (Kalenderwoche 50) im federführenden Gesundheitsausschuss beraten und dann in derselben Woche noch final im Bundestag verabschiedet werden. Die Regelungen zur Entkriminalisierung sollen ab dem 1. April 2024 gelten, die Regelungen zu den neuen Anbauvereinigungen, in denen Mitglieder Cannabis erwerben können, jedoch erst ab Juli 2024. Die Vorlage für den Gesundheitsausschuss mit Erläuterungen liegt LTO vor und kann hier heruntergeladen werden.

Die Änderungen selbst wie auch der mit ihnen verbundene Zeitplan waren mit Spannung erwartet worden. Schließlich hatten sich die Fachpolitiker der Fraktionen, vor allem von FDP und Grünen, für massive Änderungen an dem aus ihrer Sicht zu rigidem Gesetz von Karl Lauterbach (SPD) ausgesprochen. Einige Korrekturen vermochten sie nunmehr in den Verhandlungen mit dem BMG durchzusetzen. Allerdings sind auch neue Strafverschärfungen vorgesehen.

Konsum außerhalb der Sichtweite von Schulen erlaubt

Entschärft wurden die Konsumverbote in der Nähe von Schulen, Kindergärten, Spielplätzen und den neuen Anbauvereinigungen („Cannabis-Clubs“). Hier galt im alten Entwurf noch ein Abstand von mindestens 200 Metern, ab dem bedenkenlos gekifft werden konnte. Nach der Änderung ist der Konsum nun nur noch „in Sichtweite“ der Einrichtungen verboten. Klargestellt wird außerdem, dass eine Sichtweite bei einem Abstand von mehr als 100 Metern von dem Eingangsbereich der jeweiligen Einrichtung nicht mehr gegeben ist. Die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen), begrüßte die Korrektur: „So verringern wir den Kontrollaufwand für die Polizei, schaffen mehr Klarheit für Konsumierende, ermöglichen Patient:innen, ihr Medikament einzunehmen, und schützen Kinder und Jugendliche.“

Eine weitere Änderung betrifft die erlaubte Menge, die aus dem Cannabis-Eigenanbau resultiert. Grundsätzlich ist Erwachsenen künftig der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis für den Eigenkonsum erlaubt. Möglich werden soll zusätzlich der private Eigenanbau von bis zu drei Cannabispflanzen zwecks Eigenkonsums. Diesbezüglich war an der erlaubten Besitzmenge von 25 Gramm Kritik geübt worden, da sich aus drei Pflanzen oft wesentlich mehr berauschendes Cannabis gewinnen lässt.

50 Gramm Eigenanbau-Cannabis zu Hause erlaubt

Auf diese Kritik hat die Ampel nun reagiert und die erlaubte Menge aus dem Eigenanbau aus bis zu drei Pflanzen auf 50 Gramm erhöht. Außerdem wird klargestellt, dass die Grenze sich auf die getrocknete Menge bezieht. „Dadurch wird ermöglicht, dass eine Cannabispflanze aus dem privaten Eigenanbau so weit geerntet werden kann, dass mit ihrer Ernte die zulässige Besitzmenge von 25 Gramm getrocknetem Cannabis im öffentlichen Raum und 50 Gramm getrocknetes Cannabis am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt ausgeschöpft werden kann“, heißt es zur Erläuterung in der Vorlage für den Ausschuss.

Im Zusammenhang mit dem Besitz von Cannabis ist eine leichte Entschärfung bei den Sanktionen vorgesehen: So droht denjenigen, die die erlaubten Mengen geringfügig überschreiten, nicht mehr (wie im Regierungsentwurf noch vorgesehen) eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Sie begehen nach den Änderungen künftig keine Straftat mehr, sondern nur noch eine Ordnungswidrigkeit. „Es wird eine geringe Menge von bis zu 30 Gramm im öffentlichen und bis zu 60 Gramm in der Wohnung definiert, sodass bei geringfügiger Überschreitung der Besitzgrenzen nicht gleich die Strafbarkeitskeule droht“, erläutert Kappert-Gonther.

Nach unten angepasst wird auch die maximale Höhe des oberen Bußgeldrahmens von 100.000 Euro auf 30.000 Euro. Die maximale Höhe des unteren Bußgeldrahmens wird von 30.000 Euro auf 10.000 Euro abgesenkt. „Die Absenkung trägt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung“, heißt es in der Vorlage.

Aufgehoben wird auch ein speziell im Konsumcannabisgesetz (KCanG) normiertes Gebot der nachbarschaftlichen Rücksichtnahme beim privaten Eigenanbau von Cannabis, etwa durch Geruchsbelästigungen. Hier wird jetzt auf die geltenden Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) verwiesen, die nach Ansicht der Ampel ausreichen: Das Ziel, Belästigungen für Nachbarn zu unterbinden, sei bereits von den §§ 906, 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sowie dem aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) folgenden Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme in Nachbarschaftsverhältnissen umfasst.

Höhere Strafen zum Schutz Minderjähriger

Über einige Änderungen freuen dürften sich auch Strafverfolger und diejenigen, die auf höhere Strafen pochten, wenn Minderjährige im Spiel sind. Mit Blick auf den Schutz dieser jungen Menschen hat man sich auf etliche Nachschärfungen verständigt. „Das Dealen mit Cannabis ist selbstverständlich weiterhin verboten, insbesondere die Abgabe von Cannabis an Kinder und Jugendliche wird künftig noch konsequenter verfolgt und bestraft werden“, so die drogenpolitische Sprecherin der FDP im Bundestag, Kristine Lütke gegenüber LTO.*

In der Begründung heißt es dazu: „Kinder und Jugendliche sind eine besonders vulnerable Gruppe der Bevölkerung. Sie sind in besonderem Maße durch Erwachsene und Trends beeinflussbar. Die vor allem neurotoxischen Effekte in sich entwickelnden Gehirnen und kardiovaskulären Schädigungen durch Betäubungsmittel können vielschichtige gesundheitsschädigende Folgen für das gesamte spätere Leben hervorrufen.“ Erwachsene über 21 Jahre trügen als voll schuldfähige und verantwortliche Mitglieder der Gesellschaft eine besondere Mitverantwortung für Kinder und Jugendliche.

Konkret heißt das: Wenn über 21-Jährige künftig Minderjährige zum Anbau oder Kauf von Cannabis anstiften oder ihnen dabei helfen, wird dies als besonders schwerer Fall eingestuft und es droht ihnen eine Freiheitsstrafe von drei Monate bis fünf Jahre. Heraufgesetzt wird auch die Mindeststrafe für eine gewerbsmäßige Abgabe von Cannabis an Minderjährige von einem Jahr auf zwei Jahre. Zudem erhöht sich die Mindeststrafe für Qualifikationstatbestände der organisierten Kriminalität von einem Jahr auf zwei Jahre Freiheitsstrafe, wenn über 21-Jährige einen oder mehrere Minderjährige zu bandenmäßigem Vorgehen oder zum Gebrauch von Schusswaffen oder gefährlichen Gegenständen animieren.

Weiter soll durch Einfügen eines neuen Tatbestandes im Betäubungsmittelgesetz (BtMG, § 30 Abs. 1 Nr. 5) der Strafrahmen für die Abgabe, das Verabreichen und das Überlassen von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch durch Erwachsene (älter als 21 Jahre) an Minderjährige von einem Jahr auf zwei Jahre Mindeststrafandrohung erhöht werden. Voraussetzung hierfür: Der Täter handelt vorsätzlich und gefährdet dadurch wenigstens leichtfertig ein Kind oder eine jugendliche Person in der körperlichen, geistigen oder sittlichen Entwicklung schwer.

Weitreichende Ermittlungsbefugnisse

Den Wünschen der Strafverfolgungsbehörden kommt die Ampel ebenfalls entgegen, etwa durch Ergänzungen in der Strafprozessordnung (§§ 100a ff. StPO). Bei schweren cannabisbezogenen Straftaten sollen verdeckte Ermittlungsmaßnahmen wie u. a. Telekommunikationsüberwachung oder Online-Durchsuchung erhalten bleiben. Erlaubt werden soll auch die Durchsuchung von Räumen zur Nachtzeit, wenn im Zusammenhang mit Cannabis typische Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität auftreten.

Bei schweren Cannabisdelikten, die der organisierten Kriminalität zuzurechnen sind oder den Jugendschutz konterkarieren, soll die Anordnung von Untersuchungshaft aufgrund von Wiederholungsgefahr ermöglicht werden. Entsprechende Begehungsformen aus dem KCanG und dem Medizinalcannabisgesetz werden in § 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO aufgenommen.

Keine Mitgliedschaft für ausländische Gaststudenten in Cannabisclubs

Im Zusammenhang mit den neu entstehenden Anbauvereinigungen gibt es eine Reihe von Korrekturen und Anpassungen. Insgesamt aber hat sich an der der kleinteiligen Regulierung nicht viel geändert. Weiter darf in den Vereinigungen selbst und um sie herum („in Sichtweite“) nicht konsumiert werden. Allerdings werden Abstände zwischen den Clubs nicht vorgeschrieben, „damit Clubs auch in Ballungsräumen die Chance haben, sich zu gründen“, wie Kappert-Gonther erläutert. „Da ein umfangreiches Werbeverbot gilt und die Clubs von außen nicht erkennbar sind, ist es so pragmatischer.“

Präzisiert wird im Gesetz auch, dass die Mitgliedschaft in einer Anbauvereinigung einen Aufenthalt von mindestens sechs Monaten in Deutschland voraussetzt. Damit trägt die Ampel u. a. einem Petitum von Frankreich Rechnung: Es soll verhindert werden, dass Studierende und andere Personen, die nur vorübergehend einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, Mitglieder einer Anbauvereinigung werden und somit Cannabis konsumieren dürfen.

Straßenverkehr: Änderung der Fahrerlaubnisverordnung geplant

Mit Blick auf den Umgang mit Cannabis im Straßenverkehr hat sich die Koalition auf eine Änderung der Fahrerlaubnisverordnung verständigt. Damit soll verhindert werden, dass schon der gelegentliche Konsum von Cannabis zur Anordnung einer Medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) führen kann. Zur Begründung heißt es: „Hierdurch wird sichergestellt, dass die begrenzte Zulassung des Besitzes und des Konsums von Cannabis nicht dazu führt, dass nun zum Beispiel jedes Mitglied einer Anbauvereinigung Gefahr läuft, einem Fahreignungsgutachten unterzogen zu werden und so jedenfalls für Führerscheininhaber und -bewerber kein Anreiz für die Mitgliedschaft in einer Anbauvereinigung besteht, sich ihre Situation also de facto im Ergebnis nicht verbessert. Eine solche strenge Regelung ist auch im Sinne der Straßenverkehrssicherheit bei Cannabis nicht erforderlich.“

Hinsichtlich des THC-Grenzwertes erwartet die Ampel bis zum 31. März 2024 – wie geplant – einen entsprechenden Vorschlag aus dem Bundesministerium für Verkehr und Digitales. Die Festschreibung des Grenzwerts erfolge anschließend durch den Gesetzgeber. „Aufgrund der begrenzten Zulassung des Besitzes und des Konsums von Cannabis mit diesem Gesetz ist es erforderlich, das bisherige absolute Verbot des Führens eines Kraftfahrzeugs unter dem Einfluss von Cannabis durch eine Regelung zu ersetzen, die – wie die 0,5-Promille-Grenze – einen Grenzwert für die durch den Cannabiskonsum hervorgerufene Substanz Tetrahydrocannabinol (THC) im Blut festlegt.“

Gestuftes Inkrafttreten, „Säule-2-Gesetz“ steht noch aus

Vereinbart haben SPD, Grüne und FDP weiter neben diversen Regelungen, die den Umgang mit medizinischem Cannabis sowie die Evaluierung und Forschung betreffen, jetzt auch ein gestuftes Inkrafttreten des Gesetzes.

Demnach tritt das Gesetz am 1. April 2024 in Kraft, soweit es die Entkriminalisierung betrifft. Vorschriften, die den gemeinschaftlichen Eigenanbau sowie die Weitergabe und Entgegennahme von Cannabis in den neuen Anbauvereinigungen betreffen, sollen erst ab dem 1. Juli 2024 gelten. Mit diesem Aufschub soll den Ländern ermöglichet werden, das Verfahren und die Behörden festzulegen, die für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und der behördlichen Überwachung von Anbauvereinigungen zuständig sein sollen, und erforderliche Schulungsmaßnahmen für diese Behörden vorzunehmen. Ein solches späteres Inkrafttreten hatte insbesondere der Bundesrat gefordert.

Mit dem CanG („Säule-1“) ist das Vorhaben Cannabis-Legalisierung unterdessen längst nicht beendet. Schließlich hatte der Bundesgesundheitsminister für „nach der Sommerpause“ das „Säule-2-Gesetz“ angekündigt. Dieses sieht regionale Modellvorhaben mit kommerziellen Lieferketten vor und wird voraussichtlich der EU-Kommission zur Prüfung vorgelegt. Noch liegt dazu allerdings noch nicht einmal ein Eckpunktepapier vor.

Grüne und FDP erinnerten Lauterbach am Montag daran: „Wichtig ist aus meiner Sicht, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach zeitnah nach der Verabschiedung des Gesetzes zu Säule-1 konkrete Eckpunkte oder einen Gesetzentwurf zu Säule-2 vorlegt“, mahnte Lütke. Und auch Grünen-Politikerin Kappert-Gonther erinnerte den Minister an die noch ausstehende Arbeit: „Weiterhin gilt, dass das BMG in der zweiten Säule der Cannabisgesetzgebung einen Entwurf für die Abgabe von Cannabis in wissenschaftlichen Modellprojekten vorlegen soll.

 

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Nov. 2023 | In Arbeit | Kommentieren

Seit es ihn gibt, hat der Monotheismus ein Medienproblem:

Wie kann ein Gott, der kein Ding in der Welt, vielmehr der Schöpfer aller Ding und der mystische Hintergrund des Seins ist, präsent gemacht werden? Die Frage nach dem Medium des Monotheismus wird durch die aktuelle Konfrontation von Christentum und Islam neu angeschärft. Die Antwort heißt Weihnachten.

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Nov. 2023 | In Arbeit | Kommentieren

Als der Delinquent eines Montags aus dunklen Träumen erwachte, klopfte es an seiner Zellentür. Der zum Tod Verurteilte berappelte sich ein bisschen. Dann erfuhr er, dass der Tag seiner Hinrichtung gekommen war. „Die Woche fängt ja gut an“, sagte er. Und rieb sich ein letztes Mal den Schlaf aus den Augen.

Können Sie über so etwas lachen? Wenn nicht, macht nix. Über schwarzen Humor nämlich verfügt in dieser Geschichte ja schon ein anderer. Für ihn ist die Gabe der Pointe eine Mitgift auf Leben und Tod. Für uns erweist sich sein Wille zur Heiterkeit als Geschenk. Wer noch lacht, wenn ihm schon der Galgenstrick vor den Augen baumelt, der beweist doch wohl, dass Humor selbst in herbsten Krisen das Dasein erleichtert – und sei es für ein paar letzte Stunden. Humor, so wispert uns der hingerichtete Held aus seinem Anekdotengrab zu, ist die Waffe des Geistes, mit der sich das letzte Gefecht zwar nicht siegreich gestalten, aber immerhin um ein Gelächter erweitern lässt. Das gilt auch für jene, die beim Fechten zuschauen. Im günstigen Fall ist der Witz, den einer dem Schicksal auf den letzten Metern abschwatzt, ein Ausschlupf, um dem Unvermeidlichen ein letztes Mal durch die Wand hinterm eigenen Rücken zu entwischen. Wenn das aber so ist, wenn sich schwarzer Humor sogar Todgeweihten als Fluchtreich der Souveränität anbietet: Um wieviel mehr hilft er dann wohl uns, die wir nur zum Leben verurteilt sind, wenn auch unter ziemlich ungewissen Vorzeichen?

Sigmund Freud: Humor gründet in Narzissmus

Wie groß die Vorzüge des Humors sind, hat in allem Ernst schon Sigmund Freud gelehrt. Im Unterschied zu Witz und Komik habe der Humor nicht nur „etwas Befreiendes“ an sich, fand Freud, sondern auch „etwas Großartiges und Erhebendes“. Freud soll selbst über die Göttergabe der Heiterkeit verfügt haben, er hat sie aber lieber so erklärt, dass wir uns nicht allzu grandios finden können. Die Größe des Humors, schrieb Freud, gründe in einem „Triumph des Narzissmus“. Mit anderen Worten: Wo der Humor um die Ecke biegt, ist das Ego immer schon da.

Es sei eingeräumt, dass Freud diesen Triumph des Ichs ziemlich überzeugend erklärt hat. „Das Ich verweigert es“, schrieb er, „sich durch die Veranlassungen aus der Realität kränken, zum Leiden nötigen zu lassen, ja es zeigt, dass sie ihm nur Anlässe zu Lustgewinn sind.“ Kränkende „Veranlassungen aus der Realität“, um die schöne Formulierung aufzugreifen, sind ja nun wirklich nicht gerade rar gesät. Und wer würde sie nicht gern in „Anlässe zu Lustgewinn“ verwandeln? Heißt das also: Immer her mit den Witzen zur Krise?

Humor ist, wenn man trotzdem lacht – oder?

Langsam. Gerade fangen wir an, den Krisenhumor sympathisch zu finden, da macht er sich schon wieder verdächtig. Das Misstrauen richtet sich ausgerechnet gegen seine Fähigkeit, selbst ein richtig übles Schicksal für die Zwerchfellmassage in Dienst zu nehmen. Spontan kommt uns da der alte Spruch in den Kopf, der in der Humorphrasenhitliste Platz eins belegt: „Humor ist, wenn man trotzdem lacht.“ In diesem Satz ist der Trotz, der den Humor doch angeblich so großartig macht, in Wahrheit nur ein Trötzchen für arme Tröpfe. Man sieht ihn ja förmlich resignierend mit den Schultern zucken, den ergeben „trotzdem“ lachenden Heimwerker, dem gerade der Hammer auf den Daumen gefahren ist. Vermutlich geht es mit seinem Humor schon zu Ende, wenn ihm mal das Gelbe vom Ei am Hemdkragen klebt. Weil das so ist, sollten wir uns seinen Kragen genauer anschauen. Und zwar samt Kragenknopf:.

Joachim Ringelnatz und der Kragenknopf

Der Kragen und der Knopf daran: Dass wir die beiden besichtigen müssen, verdanken wir Joachim Ringelnatz. Humor, verkündete der Dichter, ist „der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt“. Das klingt zauberhaft poetisch, und weil die Verse von Ringelnatz auf dem Humus einer schönen Melancholie wachsen, würde man sein Bonmot am liebsten gleich küssen.

Aber vielleicht hören wir lieber erst noch mal hin. Was, sagt Ringelnatz, ist der Humor? Ein Knopf, der uns, indem wir ihn öffnen, den eigentlich zum Platzen dicken Hals rettet, indem er den Kragen um diesen Hals herum gerade mal noch so intakt hält? Das klingt gut. Aber was bedeutet es denn? Stellen wir uns nur kurz vor, was passiert, wenn die zornrote Gurgel immer noch dicker und dicker schwillt, bis der Kragen ganz zuletzt eben doch noch vom Hals springt: Sind wir dann nicht längst soweit, zu erbrechen statt zu lachen? Mit anderen Worten: Ist ein Humor, der durch die bürgerliche Kragenweite begrenzt wird, als Krisenhelfer überhaupt nützlich? Und zeitgemäß?

Der brave Bürger lacht mit

Man könnte das Ganze auch so betrachten: Wer gern schmunzelt, gibt sich gern zufrieden. Und das muss nicht das Beste sein: Wer die Hand immer am Kragenknopf hat, lässt all die Dinge unberührt, die ihm die Zornesader schwellen lassen. Statt den Zorn produktiv zu bündeln, erlöst man sich selbst durch Gelächter vom Unwohlsein – und entlastet dadurch die, die einen erst zornig gemacht haben. Wer mal dankbar über fiese Mitmenschen gewitzelt hat, die ihm trotzdem immer weiter übel mitspielen, weiß, wie das läuft: Mit dem Gelächter entweicht die Luft. Und mit der Luft die Empörungsenergie. Und die Bürgerin bleibt brav. Und was soll daran schlecht sein, Besonnenheit hilft doch in schwierigen Zeiten? Ja, schon. Allerdings hat der polnische Aphoristiker Stanisław Jerzy Lec etwas ziemlich Gemeines über den immer braven Bürger gesagt: „Er lachte nur im Geiste – und wenn, dann in dem des Gesetzes.“ Sind die Umstände noch so hart, ein guter Spaß zur rechten Zeit schafft Ruhe und Behaglichkeit.

Aber warum eigentlich ausgerechnet ein Spaß?

Dies genau ist der richtige Moment für eine kleine Parade der beliebten Humorwörter. Der Spaß darf dabei vorangehen, weil er zuletzt so oft schon hinterdrein marschiert ist. Und zwar wegen der öden Beschaffenheit der sogenannten Spaßgesellschaft, die spätestens in diesem Frühjahr endgültig untergegangen ist. Wie geistreich, lustig, heiter kann man graue Tage gestalten, wenn einem wirklich etwas Witziges einfällt, wenn durch die Luft wirbelnder Unfug zur Inspirationsquelle wird. Wer aber fantasiefrei immer nur „Spaß“ will, hat am Ende keinen mehr. Die Selbstüberbietung des Immergleichen nämlich produziert nur gesteigerte Ödnis. Die Spaßgesellschaft des jungen Jahrtausends aber hat in irgendeiner der vielen Krisen ihre letzten müden Hopser getan – weil ihr zum Tanz auf dem Vulkan von Anfang an das Niveau gefehlt hat.

Ein Witz ist der zappelige kleine Bruder des Humors

Also: Spaß beiseite und her mit dem Witz. Er ist der nächste in der Parade, ein Typ von anderem Kaliber. Böse gesagt (und es steht dem Witz gut, die Dinge böse zu sagen), ist er der zappelige kleine Bruder des weiseren Humors. Erinnern wir uns an Freuds Deutung des Witzes: Da ist viel Aggression im Spiel, Unlust, die aus dem Unbewussten quillt. Das komprimiert sich durch Verdichtung und Verschiebung und löst sich in der Pointe. In der Triebabfuhr, die eine saftige Pointe bereithält, ist die Aggression klar zu spüren. Sie ist ja eine Abfuhr für den, auf dessen Kosten gelacht wird.

Der spitze Witz hat also lockernde Qualitäten etwas zweifelhaften Zuschnitts. Darin ist er dem milderen Humor immerhin verwandt. Das wird man von der Ironie in ihren besten Momenten nur dann gerne sagen, wenn man nicht gerade ihr Opfer wird. Vor lauter Intelligenz vibrierende Ironie ist ein ätzendes Schwert. Man könnte sagen: Wenn Humor der Knopf am Kragen ist, dann ist Ironie das Monokel unter der Augenbraue. Wer Ironie trägt, schaut mit zusammengekniffenen Augen auf die Welt. Das ist die elegante Durchblickerpose derer, die in einer Gesellschaft brillieren wollen, die sie eigentlich anekelt oder nur müde grinsen lässt. Wer klug, nicht nur eitel ist, weiß um diese Ambivalenz der Ironie und wird dann zu einer der schönsten Heiterkeitsformen fähig: Selbstironie.

Humor ist die Lust zu lachen, wenn einem zum Heulen ist

Alsdann: Wo sind sie eigentlich, die großen Selbstironiker der aktuellen Krisen? Politisch erweckte Satiremundwerker und ihre Follower nehmen sich furchtbar ernst. Es fehlt ihnen an Übung für den wahren Ernstfall, der erst noch eintreten könnte. Wenn es nämlich wirklich ernst wird, dann gilt, was Werner Finck gesagt hat: Humor ist die Lust zu lachen, wenn einem zum Heulen ist. Erst, wenn auch das nicht mehr hilft, rinnen die Tränen der Wut und der Angst. Und wenn diese Tränen getrocknet sind, ist man bereit für ein anderes, furchteinflößend gefährliches Lachen. Das sardonische Gelächter.

Man muss es sich vorstellen wie den schmerzverzerrten Hohnlaut, den Odysseus ausstieß, als er in der Verkleidung des Bettlers nach Hause zurückkam und ihm zur Begrüßung der Kuhfuß entgegenflog, den ein Freier seiner Frau nach ihm schleuderte. Auf Sardinien, das dem sardonischen Gelächter womöglich den Namen gab, soll sogar ein noch viel grausigerer Brauch existiert haben: Alte Menschen waren zu töten, dazu sollte man lachen. Von heute aus betrachtet: Bittergelächter aus den tiefsten Tiefen vernarbter Seelen. So ises worre.

Und wenn nun zuletzt auch das auf uns gewirkt hat, wenn wir selbst diese herbste Spielart erfühlt haben – dann, endlich, sind wir reif für den wahren, den lebensklugen, den weisen Humor. Dann schreiten wir heiter und ernst durch das Krisengebiet unseres Lebens, vergessen nie, wie schwer das Leben sein kann und können trotzdem lachen. Dass uns nicht morgen der Galgen droht, ist schließlich noch lange kein Grund, auf Galgenhumor zu verzichten.

Nov. 2023 | In Arbeit | Kommentieren

In der Limmatstadt geht demnächst das erste Langlebigkeits-Zentrum des Landes auf, weiss die «NZZ am Sonntag». Rund um den Globus pumpen Investoren derzeit Unsummen in den neusten Megatrend, Longevity. Die Aussicht auf ein langes, gesundes Leben basiert auf solider Wissenschaft – zumindest meistens.

Lässt sich seine Obsession, ewig jung zu bleiben, 2 Mio. $ im Jahr kosten: Bryan Johnson.

Lässt sich seine Obsession, ewig jung zu bleiben, 2 Mio. $ im Jahr kosten: Bryan Johnson.

Bryanjohnson.com

Den Wunsch nach Unvergänglichkeit hegen Menschen schon seit Jahrtausenden. Aber wie gewohnt sind es Tech-Unternehmer im Silicon Valley, die den Traum in die Realität umsetzen wollen. Das heisst dann Longevity. Bryan Johnson etwa, der eine von ihm aufgebaute Firma für 800 Mio. $ verkaufen konnte, lässt sich seine Obsession, ewig jung zu bleiben, 2 Mio. $ im Jahr kosten. Sein Lebensmotto lautet: «Don’t Die».

Er hat sich selbst auch schon als «Open-Science-Projekt» bezeichnet, da er seine Interventionen, die täglichen Mahlzeiten und Vitaldaten konsequent ins Netz stellt. Johnson unterzieht sich täglich einem strengen 2250-Kalorien-Regime, schluckt über 100 Pillen und macht eine Stunde Sport – dazu kommen jede Menge exotischer Interventionen wie Laser-Hauttherapien und konstante Tests. Der Körper von Johnson altert laut eigenen Angaben in einem Jahr nicht um 365, sondern lediglich um 252 Tage.

Ein Longevity-Zentrum in Zürich

Doch nun rückt die Aussicht auf ein langes, gesundes Leben auch ganz nahe. In die Zürcher Innenstadt, um genau zu sein: Anfang nächstes Jahr eröffnet die Firma Ayun an der Uraniastrasse ein sogenanntes Longevity-Zentrum auf 580 Quadratmetern. Das Angebot: personalisierte Gesundheitsvorsorge, basierend auf Blut- und Genanalysen sowie weiteren Tests. Dazu natürlich eine breite Auswahl an Langlebe-Behandlungen unter der Aufsicht von spezialisierten Ärzten: Sauerstoff- und Rotlicht-Therapien, Kältekammern, Infusionen usw. Allesamt Interventionen, für deren Wirksamkeit es Evidenz gibt.

Denn Wissenschaftlichkeit steht ganz im Zentrum der Langlebigkeits-Bewegung, deren eifrigste Jünger sich als «Biohacker» bezeichnen. Es handelt sich um eine junge Disziplin: «Die Longevity-Forschung im engeren Sinne, die sogenannte Geroscience, entstand erst 1993», sagt Ewald Collin, der an der ETH Zürich an Strategien zur Verbesserung der menschlichen Lebenserwartung forscht. «Damals gelang es Forschern der University of California, San Francisco, die Lebensspanne von Fadenwürmern zu verdoppeln. Danach konnten auch Mäuse und menschliche Zellen verjüngt werden.»

So spektakulär diese Durchbrüche sein mögen: Sie lassen sich womöglich nicht eins zu eins auf Menschen übertragen. Dennoch begeistert das Thema Longevity bereits viele Laien, die sich auf Social Media über neue wissenschaftliche Paper und die besten «Protokolle» austauschen. Gemeint sind damit alle konkreten Massnahmen, die sie täglich gegen das Altern ergreifen: von Intervallfasten, Sporteinheiten und Eisbaden über die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln bis zur morgendlichen Tasse Matcha-Grüntee. Longevity kann zum Lifestyle werden.

Altern als behandelbare Krankheit

Für diesen Hype sind auch Forscher wie etwa der Genetik-Professor David Sinclair von der Harvard Medical School verantwortlich. Sinclair, der ein vielbeachtetes Buch geschrieben hat («Das Ende des Alterns»), erregt regelmässig mit gewagten Prognosen Aufmerksamkeit. Sinclair behauptet etwa, dass bereits erste Menschen auf der Welt seien, die dereinst 150 Jahre alt würden. Für ihn ist Altern nicht gottgegeben, sondern eine behandelbare Krankheit.

Weil die Amerikaner Meister der Kommerzialisierung sind – auch Sinclair mischt da kräftig mit –, spriessen in den USA immer neue Longevity-Firmen aus dem Boden. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis auch in der Schweiz Unternehmer auf den Zug aufspringen würden.

Erstaunlich ist vielmehr, dass es in der Schweiz gleich zwei Risikokapitalfirmen gibt, die sich im Bereich Longevity als Seriengründer verstehen. Das Unternehmen Maximon, das hinter dem Longevity-Zentrum Ayun steht, hat auch noch vier andere Unternehmen auf die Beine gestellt: zum Beispiel Avea, eine Schweizer Firma, die Nahrungsergänzungsmittel für Langlebigkeit entwickelt. Sie hat nicht nur DNA-Tests im Angebot, sondern kann darüber hinaus auch das biologische Alter einer Person bestimmen – das nicht mit dem Alter im Pass übereinstimmen muss. Man kann schneller oder langsamer altern, so wie Millionär Bryan Johnson.

Maximon bezeichnet sich als «company builder» und will von nun an laufend neue Firmen gründen. «Longevity wird zum grössten Markt im 21. Jahrhundert. Jeder Mensch wird zum Longevity-Kunden – denn jeder Mensch will lieber jung und gesund bleiben als alt und krank werden», begründet Co-Gründer Tobias Reichmuth die ambitionierten Pläne.

Maximon organisiert in Gstaad jeweils die Longevity Investors Conference, deren hohe Eintrittspreise für einen exklusiven Teilnehmerkreis sorgen. Die Firma hat soeben einen «Longevity Valley Community Manager» engagiert, der auch einen nationalen «Swiss Longevity Campus» planen soll. Die Firma lädt am WEF zudem zu einem «Longevity Lunch».

Die andere Firma, die sich als Seriengründerin betätigt, ist Rejuveron. Wie Maximon verfügt auch sie über ein hochkarätiges Führungsteam und hat bereits fünf Pferde im Stall. Diese Jungfirmen teilen sich in Schlieren bei Zürich Büros und Forschungsinfrastruktur. Es handelt sich bei ihnen allesamt um Biotech-Firmen, die mit ihren Produkten die sogenannte Gesundheitsspanne von Menschen verlängern wollen.

Denn das primäre Ziel ist trotz der Bezeichnung Longevity nicht unbedingt, möglichst lange zu leben, sondern bis kurz vor Lebensende vital und frei von Krankheiten zu sein. So gesehen, könnte dieser Forschungszweig dereinst auch enorme Ersparnisse für unser überlastetes Gesundheitssystem bringen. Dieses wendet bekanntlich die meisten Mittel dafür auf, Krankheiten in Schach zu halten, die selbst im hohen Alter meist vermeidbar wären. Niemand muss Diabetes des Typs 2 bekommen. Es gibt auch keinen Automatismus, dass der Blutdruck mit der Anzahl Lebensjahre steigt.

«Viele Menschen gehen davon aus, dass mit dem Alter unausweichlich chronische Krankheiten und Gebrechen auftreten. Doch die Longevity-Forschung zeigt, dass dies nicht unabwendbar so sein muss», sagt Nilayini Vamatheva. Die Fachärztin für Innere Medizin führt nicht nur eine Hausarztpraxis, sondern arbeitet auch für den Zuger Risikokapitalgeber SNGLR. Dieser sammelt gerade Geld für einen spezialisierten Fonds ein. SNGLR will bis in zwei, drei Jahren ein Portfolio von rund zwölf europäischen Longevity-Jungfirmen aufbauen.

Vamatheva betont, dass der Traum von Longevity weder an unserem Erbgut noch an unserem Portemonnaie scheitern müsse. «Die Aussicht auf ein langes, gesundes Leben ist nur wenig von unseren Genen abhängig. Das meiste haben wir selbst in der Hand: Soziale Kontakte, genügend Bewegung und Schlaf, gesundes Essen oder die Reduktion von Stress tragen massgeblich zur Langlebigkeit bei.»

Pillen gegen das Altern

In den nächsten Jahren würden verschiedene medizinische Interventionen auf den Markt kommen, die den Alterungsprozess zusätzlich zu verlangsamen vermögen: etwa Stammzell- und Gentherapien oder senolytische Medikamente – also Arzneien, den dem Körper helfen, alte Zellen zu eliminieren. «Viele dieser Interventionen befinden sich aber noch in einem experimentellen Stadium», sagt die Ärztin.

«Eine unserer grössten Herausforderungen ist, dass das Altern noch nicht zur Krankheit erklärt wurde», sagt ETH-Forscher Ewald. «Das macht es schwierig, klinische Versuche aufzusetzen, weil es noch keine anerkannten biologischen Merkmale gibt, an denen Behandlungserfolge gemessen werden können.» Entsprechend schwierig sei es, klinische Studien zu finanzieren.

Auch andere Schweizer Hochschulen werden auf das Thema aufmerksam. Die Universität Zürich zum Beispiel verfügt seit zwei Jahren über ein «Healthy Longevity Center».

Die Geroscience mag noch um die Anerkennung der Gesundheitsbehörden ringen. Die Forscher sind sich ihrer Sache bereits sehr sicher: «Die Wissenschaft hat die Kennzeichen des Alterns identifiziert, und mit einer sogenannten epigenetischen Uhr können wir das biologische Alter eines Menschen recht zuverlässig bestimmen», sagt Ewald. Dieses weicht unter Umständen erheblich vom chronologischen Alter ab. Ewald zum Beispiel beziffert sein eigenes biologisches Alter auf 34 Jahre, das Alter in seinem Pass ist hingegen 42.

Unternehmen sind im Gegensatz zur Wissenschaft weniger auf langwierige Vergleichsstudien angewiesen, um ihre Produkte und Dienstleistungen einer bereitwilligen Käuferschaft anzubieten. Die Wirksamkeit ihrer Produkte ist vielleicht noch nicht restlich bewiesen oder quantifizierbar. Es reicht vorderhand, dass diese keinen Schaden anrichten.

Nov. 2023 | In Arbeit | Kommentieren
Die Brücke über den Isorno bei Intragna gehört zu den spektakulärsten Übergängen der Centovallina.

Die Brücke über den Isorno bei Intragna gehört zu den spektakulärsten Übergängen der Centovallina.

 

Die Eisenbahn ist dazu da, Passagiere schnell, reibungs- und schmerzlos von A nach B zu bringen. So die landläufige Meinung, von der Parlamentarierin auf dem Weg nach Bern bis zum Luzerner Wanderer, der seine Bergtour in Chur starten will: Man hofft, die Zeit zwischen A und B möge rasch verstreichen.

Manch Zugstrecken aber sind ein Erlebnis für sich. Ihr Weg ist das Ziel. Dafür gibt es hierzulande mehrere Beispiele, zu denen ganz sicher eine Jubilarin namens Centovalli-Bahn gehört. Auf den Tag genau hundert Jahre ist es her, seit am 25. November 1923 zwei festlich geschmückte Züge ihre Jungfernfahrt zwischen Locarno und Domodossola antraten.

Logenplatz für das Naturschauspiel

Heute ziert die Centovallina, wie die Verbindung auf Schweizer Seite liebevoll genannt wird, die Lonely-Planet-Liste der zehn landschaftlich schönsten Zugfahrten Europas. Tatsächlich wird man beim Blick aus dem Panoramafenster das Gefühl nicht los, einen Logenplatz zu haben für ein Schauspiel, entstanden in Kooperation zwischen bauwilliger Menschenhand und nimmermüder Natur. Und Schönheit gilt es zu geniessen, deshalb ist diese Reise auch eine Wiederentdeckung der Langsamkeit: Die 52 Kilometer umfassende Fahrt um 348 Kurven und über 83 Brücken dauert knapp zwei Stunden; das Durchschnittstempo von 28 km/h entspricht etwa jenem des Bernina-Expresses und ist nicht einmal doppelt so hoch wie das der Zürcher Trams.

Die Fahrt wird zur Offenbarung, beginnt und endet aber in der Unterwelt. Im Bahnhof Locarno ist 1990 eine subterrane Station eingerichtet worden. Von da aus rollt das Bähnchen die ersten drei Kilometer – auf der ganzen Strecke erreicht es einzig in diesem Teil seine Höchstgeschwindigkeit von 55 km/h – ohne Tageslicht, um dieses kurz vor seiner Fahrt entlang der Maggia wiederzuerlangen.

Nach der Station Ponte Brolla queren wir beim blassrosa gestrichenen Albergo Centovalli, wo einer der besten Risotti weit und breit gekocht wird, die tiefe Schlucht der Maggia mit ihren vom Wasser polierten Felsen und biegen in die sonnenreiche Terre Pedemonte ein. Nur der eine oder andere Zug hält in Verscio, wo sich ein Besuch der Scuola Dimitri anbietet, der vor bald fünfzig Jahren vom berühmten Clown gegründeten Ausbildungs- und Bühnenstätte. Doch das ist längst nicht die einzige der gut zwei Dutzend Haltestellen, bei denen sich ein Aussteigen lohnt, wobei meist nur auf Verlangen gehalten wird.

Vor Intragna, dem mit dem kantonsweit höchsten Campanile ausgestatteten Hauptort des Centovalli und Tor zu diesem, überquert das blau-beige Züglein sehr fotogen den Nebenfluss Isorno, nämlich in 75 Metern Höhe über eine spektakuläre Stahlbrücke. Sie ist nicht nur ein beliebtes Bildsujet, sondern inspirierte schon manche zu tollkühnen Aktionen: Vor fast hundert Jahren sprang der Tessiner Holzfäller Plinio Romaneschi mit einem Fallschirm hinunter und stellte damit einen Weltrekord auf. Und 1980 balancierte der für ausgefallene Aktionen berühmte französische Seiltänzer Philippe Petit die Schlucht auf einem Seil.

 
In Palagnedra, an der zweitletzten Station auf Schweizer Gebiet, wird wie an vielen nur auf Verlangen gehalten. Die Steinbrücke im Val d’Ingiustria gehört zu den markantesten Bauwerken der Strecke.

In Palagnedra, an der zweitletzten Station auf Schweizer Gebiet, wird wie an vielen nur auf Verlangen gehalten. Die Steinbrücke im Val d’Ingiustria gehört zu den markantesten Bauwerken der Strecke.

Die Signatur des Königs

Das Bähnchen springt nicht und tanzt nicht, doch hat es von hier an zu kämpfen und zu keuchen. Das Trassee wird steil, die Aussicht so atemraubend, dass man eines gerne vergisst: Diese Linie, die Gotthard- mit der Simplonstrecke verbindend, wurde einst nicht zum touristischen Vergnügen gebaut. Es galt, das Hinterland von Locarnos damaliger Blüte profitieren zu lassen, den damals noch 2400 Einwohnern des Centovalli-Gebiets neue Perspektiven zu erschliessen und ihren Radius zu erweitern (den Schmuggler im Zweiten Weltkrieg dann für ihre Zwecke zu nutzen wussten). Während der Bauzeit belebten Tausende aus allen Sparten beteiligte Berufsleute die Region. Gasthäuser und Geschäfte entstanden. Dem Ziel jedoch, mit dem Verkehrsweg die Talschaft an die Wirtschaft anzuschliessen, war kein durchschlagender Erfolg beschieden. Die Dörfer entwickelten sich kaum nachhaltig weiter.

Initiatoren der von Anfang an elektrifizierten Linie waren der italienische Lehrer Andrea Testore und Locarnos Stadtpräsident Francesco Balli, ein grosser Förderer des Schienenverkehrs. Er gründete auch die heute noch populäre Standseilbahn hinauf zur Madonna del Sasso und zwei Linien, die in den 1960er Jahren eingestellt werden sollten: das Tram von Locarno und die Maggiatalbahn.

Nach langem Hin und Her unterzeichnete der eidgenössische Bundesrat mit seiner Majestät, dem König von Italien, ein Übereinkommen für den gemeinsam betriebenen Verkehrsweg, das noch immer in Kraft ist. Als Projektingenieur wurde Giacomo Sutter gewonnen, dessen Biografie eine Brücke zwischen den Regionen schlug: Er hatte als in Airolo aufgewachsener Bündner an der ETH Zürich studiert. Die ursprünglich auf drei Jahre angelegte Bauzeit der Bahnlinie dehnte sich allerdings dann, vor allem wegen Unterbrüchen aufgrund des Ersten Weltkriegs, auf fast das Vierfache.

So wandern auf einer Zugfahrt durchs Centovalli und seine Siedlungen die Gedanken in die Vergangenheit, während die Gegenwart gemächlich vor den Fenstern vorüberzieht. Minutenlang fährt man direkt durch den Wald, glaubt das Moos zu riechen oder gar hier und dort einen Wichtel zu erspähen, während ein einsames Rustico ganz still und stumm steht. Und inmitten schlichter Bauten kann plötzlich ein repräsentatives Haus auftauchen. Gelegentlich zwängt sich das Gefährt durch einen von 31 Tunneln, der ihm kaum mehr Platz zu bieten scheint als ein Häuschen der Schnecke. Dann wieder öffnen sich Weiten rund um die Schmalspurbahn von nur einem Meter Breite.

So eng ist das Trassee stellenweise, dass man sich fragt, wie man jemals auf die verwegene Idee kommen konnte, hier eine Zuglinie durchzuführen. Wir blicken hinab in Kluften, mitunter scheint keine Hand dazwischen zu passen, und ertappen uns beim Gedanken: Würde sich unser braves Bähnchen jetzt einen Fehltritt erlauben, wäre es geliefert und wir mit ihm.

Es ist wie im richtigen Leben: Hier öffnen sich Abgründe, dort türmen sich Hügel und Berge auf. Und ab und zu steigt etwas Rauch in die Nase (weil draussen gerade Holzabfälle verbrannt werden). Die Jahreszeiten erhält man derweil auf dem Tablett serviert, auch dank den Kastanien- und Buchenwäldern: Im Herbstkleid wird die Strecke als «Foliage-Train» beworben, diese «Laubfahrt» führt durch ein farbenprächtiges Gemälde, wie nur die Natur es hinbekommt.

Nun gut, man geniesst nicht gerade den Komfort des Orientexpresses, aber ist ja auch nicht wochenlang unterwegs. Wer braucht da einen Speisewagen? Bei unserer Fahrt kommt eine Frau vorbei, die Kaffee à 3 Franken 50 aus einer Thermoskanne in Plastikbecher schüttet und noch ein paar verpackte Guetzli im Angebot hätte. Das eingesetzte Roll- und Gleismaterial wiederum zeugt von verschiedenen Epochen, Mentalitäten und Bautechniken, je nachdem fährt man mehr oder weniger gefedert, dringt das Rattern stärker oder weniger stark in Gelenke und Ohr. Nebst den internationalen Zügen verkehren auf Teilstrecken auch regionale.

Betrieb und Infrastruktur werden verantwortet von zwei Unternehmen aus zwei Ländern, und beide finden wohl, ihr Material biete das beste Fahrgefühl. Die Schweizer FART hält fest, ihr Centovalli-Express sei in den letzten Jahren vollständig modernisiert worden – und sie hat auch schon in die Zukunft investiert: 2025 sollen acht nigelnagelneue Kompositionen in Betrieb gehen, die bei Stadler-Rail bestellt sind.

Der in den letzten Jahren modernisierte Centovalli-Express der FART zählt zum Schweizer Rollmaterial.

Der in den letzten Jahren modernisierte Centovalli-Express der FART zählt zum Schweizer Rollmaterial.

 
Im Herbst bietet die Fahrt ein besonders farbenfrohes Naturschauspiel.

Im Herbst bietet die Fahrt ein besonders farbenfrohes Naturschauspiel.

 

Pilgerort und Fussballacker

Bis zur Grenze folgen fünf weitere Stationen, von Verdasio (mit Seilbahnen auf den Monte Cimino und zum per Auto nicht erreichbaren Dörfchen Rasa) bis zu Camedo, wo ein Boot auf einem Anhänger parkiert ist. Wo zum Teufel will das da oben wassern? Vielleicht im nahen Stausee der Maggia Kraftwerke AG – oder in der Sintflut wie die Arche Noah: Camedo ist einer der regenreichsten Orte der Schweiz, wovon drei Landesrekorde zeugen. Als solcher gelten die 318 Liter pro Quadratmeter, die am 7./8. August 1978 fielen. Das Hochwasser zerstörte die Strassen – und die rasch wiederhergestellte Bahnlinie unterstrich ihre Bedeutung für die Region.

Knapp vor Halbzeit der Fahrt erreichen wir die italienische Seite und damit das Valle Vigezzo, in dem die Centovallina im Volksmund zur Vigezzina wird. Auf diesem Teil hält die Strecke einige ihrer grössten Kulturschätze bereit. Auf der Ebene mit sattgrünen Wiesen darf unser Bähnchen etwas Gas geben, für seine Verhältnisse rast es geradezu, für andere bleibt es ein Bummelzug, der selbst auf der Geraden phasenweise schwankt wie eine Kutsche.

Wir steuern auf Re zu, und so kurz der Name, so verrückt die Geschichte dieses Pilgerorts. Die über ihm thronende Wallfahrtskirche in Form einer Basilika ist erst vor hundert Jahren errichtet worden, im Gedenken an ein vor über 500 Jahren registriertes Wunder: Ein Madonnenbild blutete. Der Namenspatronin wird zehn Fahrminuten später, im Hauptort Santa Maria Maggiore, ein grosser Bahnhof bereitet, wie es sich für die Muttergottes gehört. Die italienische Flagge hängt, Touristen tummeln sich im schmucken Städtchen, das seine Gäste mit Attraktionen wie dem Kaminfegermuseum in der Villa Antonia oder weitherum bekannten Weihnachtsmärkten anlockt. In diesem Gebiet erreicht die Reise auf 840 Metern ü. M., was etwa dem Gipfel des Zürcher Üetlibergs entspricht, ihren höchsten Punkt. Hier fanden vor hundert Jahren auch die zwei Gleisbauteams zusammen, die an den entgegengesetzten Enden der Strecke mit ihrer Arbeit begonnen hatten.

Nach unspektakulären Landschaftsszenerien fast wie im Schweizer Mittelland tauchen wir wieder in Wälder ein. Ein verwaister Bagger wartet, worauf auch immer, umringt von Bäumen. Irgendwo liegt ein nicht WM-tauglicher Fussballacker brach, im Hintergrund erheben sich gegen 2000 Meter hohe Berge.

Bald geht es abwärts mit quietschenden Bremsen, am bewaldeten Hang vis-à-vis erscheinen reizende Weiler. Es folgt eine gewaltige Kurve auf einem Viadukt, die Ouvertüre zu einem letzten Feuerwerk an Eindrücken auf dem steil und steiler werdenden Abstieg. Er führt entlang der südlichen Talflanke bis Trontano, wo ein alter Centovalli-Bahnwagen seinen Ruhestand in einem Gärtchen verbringen darf. Einige seiner Altersgenossen werden wir später verwahrlost und verrostet auf einem Nebengleis kurz vor dem Endbahnhof sichten.

Vor über hundert Jahren bauten kühne Arbeiter zwischen Vergio und Marone eine Eisenbahnbrücke über den Spoglio.

Vor über hundert Jahren bauten kühne Arbeiter zwischen Vergio und Marone eine Eisenbahnbrücke über den Spoglio.

 

Das stille Schlussfeuerwerk

Vorher aber gibt es die eigentliche Achterbahnfahrt, die sich die Centovallina alias Vigezzina mit Sinn für Symbolik für Italien aufgespart hat. Das Gefälle beträgt bis zu 60 Promille, die Haarnadelkurven haben Radien von 50 Metern, das Tempo ist zum Glück höchst moderat. Heil unten in Masera angelangt, nehmen wir erstmals wieder Autos wahr, die Tempo bolzen, Kühe grasen, und durch den Lautsprecher scheppert die Stimme: «Prossima e ultima fermata: Domodossola!» Das Züglein gibt Gas, als könne es kaum erwarten, seinen Heimathafen zu erreichen. Oder ist dieser in Locarno?

Noch wenige Minuten dauert es, bis die unterirdische Endstation das Gefährt verschluckt. Mit Blick auf die Direktverbindungen nach Brig (eine halbe Stunde), Genf (2½ Stunden) oder Bern (1½ Stunden) wird klar, welch wichtige Brücken zwischen der Süd- und der Restschweiz diese Linie schlägt. Sie ermöglicht nicht nur die reizvollste, sondern trotz gemächlichem Tempo noch immer auch die schnellste Bahnreise zwischen Lago Maggiore und Lac Léman.

Leseratten mögen finden, im Auf und Ab der Centovalli-Route würden ihnen die Buchstaben vor den Augen tanzen, und Businessleute die Internetverbindung auf der Strecke bemängeln, so wie hier überhaupt alles viel zu langsam gehe. Verwöhnte mögen ganz pauschal den Luxus vermissen. Aber auf dieser Fahrt sollte man ohnehin nicht lesen, arbeiten oder schlemmen. Man soll nur staunen.

Es hat viel für sich, beschaulich und zeitweise ohne Netz durch die Landschaft zu ruckeln, statt per Hochgeschwindigkeitszug durch topfebene Landstriche zu rasen und dabei fast so schnell im Web zu surfen. Ist nicht auch das Leben in all seinen verschlungenen Gesetzmässigkeiten viel eher kurvenreiche Reise als Autobahn? Diese Erkenntnis ist im Preis von 45 Franken pro Weg (ohne Halbtax) inbegriffen, auch wenn man gar nicht nach B will.

Die Centovallina wird ihren Geburtstag ein ganzes Jahr lang mit Aktionen feiern, und 2024 ist ihr ein Raum im Verkehrshaus Luzern gewidmet (www.fartiamo.ch/100-anni). Das Jubiläumsbuch «100 Jahre Centovallina» (Salvioni Editions) ist ab sofort im Handel.

Nov. 2023 | In Arbeit | Kommentieren

Rebellen sind gut ausgerüstet …

Die Huthi-Rebellen im Jemen haben ihre Angriffe gegen Israel ausgeweitet. Ein Sprecher der Miliz sagte, sie hätten am Sonntag das Frachtschiff „Galaxy Leader“ mit rund 25 Besatzungsmitgliedern im südlichen Roten Meer gekapert. Mittlerweile hat das Sicherheitsunternehmen Ambrey bestätigt, dass der Eigentümer des Autofrachters als Ray Car Carriers geführt wird, und dessen Muttergesellschaft gehört Abraham „Rami“ Ungar, einem israelischen Geschäftsmann. Offenbar befinden sich jedoch keine Israelis an Bord, die 25-köpfige Besatzung besteht demnach aus Ukrainern, Bulgaren, Philippinern und Mexikanern. Das Schiff fährt unter japanischer Flagge.

Internationale Verwicklungen

Japans Außenministerin Yoko Kamikawa erklärte, Tokio stehe in Kontakt mit Israel und versuche zu vermitteln. „Wir wenden uns nicht nur direkt an die Huthis, sondern drängen auch Saudi-Arabien, Oman, Iran und andere betroffene Länder, die Huthis nachdrücklich zur baldigen Freilassung des Schiffes und der Besatzungsmitglieder aufzufordern.“

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu erklärte, der Frachter sei „mit iranischer Unterstützung von der jemenitischen Huthi-Miliz gekapert worden“. Der Iran unterstützt die militante schiitische Gruppierung im Jemen.

Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanani, dementierte nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP die israelischen Anschuldigungen als „unzutreffend“. Er betonte: „Wir haben wiederholt erklärt, dass die Widerstandsgruppen in der Region ihre Länder vertreten und Entscheidungen und Handlungen auf der Grundlage der Interessen ihrer Länder treffen.“

Eskalation nicht überraschend

Fachleute hatten seit Wochen erwartet, dass die jemenitische Huthi-Miliz Schiffe angreifen werde, die mit Israel oder seinen Verbündeten assoziiert sind. Seit Beginn des jüngsten Kriegs im Gazastreifen, der durch die Anschläge der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden war, wurden mehrere Luftangriffe der Huthis auf Israel abgefangen, bevor sie Eilat erreichen konnten, die südlichste Stadt Israels.

Es habe Befürchtungen gegeben, dass die Huthis zivile Schiffe angreifen und versenken könnten, bestätigt Fabian Hinz, Spezialist für Verteidigungs- und Militäranalysen am Internationalen Institut für Strategische Studien in London. „Aber sie haben sich entschieden, auf einer niedrigeren Ebene zu eskalieren“, so der Experte gegenüber der DW. „Das ähnelt Aktionen des Iran im Persischen Golf, bei denen auch immer wieder Schiffe angegriffen wurden, die irgendwie mit Israel verbunden waren.“ Diese Schiffe und deren Besatzungen seien dann „als politisches Druckmittel in verschiedenen politischen Konflikten eingesetzt“ worden.

Iran bleibt im Hintergrund

Die Rolle des Irans bei der Entführung der „Galaxy Leader“ sei nicht sehr umfassend gewesen, vermutet Fabian. Die Iraner hätten in der Region das Frachtschiff „Behshad“, das sie als Einsatzplattform und vermutlich auch für Spionagezwecke nutzten – und es sei „durchaus möglich, dass sie ein wenig mit nachrichtendienstlichen Informationen geholfen haben“.

Machtdemonstration: Militärparade der Huthi in Jemens Hauptstadt Sanaa (September 2023)Bild: Mohammed Huwais/AFP/Getty Images

Insgesamt hält Hinz die Entführung für ein Werk der jemenitischen Rebellen. Mittlerweile gebe es Meldungen, wonach die Huthis einen ihrer wenigen Helikopter zur Erstürmung des Schiffes eingesetzt haben. Die Huthis unterhielten zudem „eine kleine Marinetruppe, die auf asymmetrische Fähigkeiten spezialisiert ist. Das bedeutet keine großen Kriegsschiffe, sondern Schnellboote oder das Platzieren von Minen auf Schiffen oder das Senden von Raketen.“

Der Jemen kann sich jedoch keine neue Front am Roten Meer leisten. Das Land befindet sich seit neun Jahren im Krieg. 2014 stürzten die Huthi-Rebellen die jemenitische Regierung und übernahmen die Kontrolle über die Hauptstadt Sanaa. 2015 begann die internationale Militärintervention, als Saudi-Arabien mit Luftangriffen gegen die Huthis vorging, später schlossen sich andere Staaten an.

Das Land hat inzwischen eine zersplitterte politische Landschaft und eine desolate Infrastruktur. Der Konflikt, der weithin als Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und dem Iran angesehen wird, hat nach Angaben der Vereinten Nationen zu einer der schlimmsten humanitären Krisen der Welt geführt.

Kinder stehen und sitzen vor einer notdürftigen Hütte aus Reisig, Stöckern und Lumpen im Sand
Neun Jahre Krieg im Jemen erdulden eine der schlimmsten humanitären Krisen, so die UNBild: Xinhua/picture alliance

„Die Huthis wollen die jemenitische Öffentlichkeit auf die palästinensische Befreiungssache einschwören“, so Matthew Hedges, Jemen- und Nahostexperte in London, im DW-Gespräch. Die Miliz versuche, „Unsicherheit und Instabilität zu schüren“ und damit ein „Signal an die gesamte Region“ zu senden: Wir grenzen uns ab von jenen arabischen Regierungen, die ihre Beziehungen zu Israel normalisiert haben oder dies anstreben – etwa die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain oder Saudi-Arabien.

Chaos in der Region soll Hamas nützen

Die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain normalisierten ihre Beziehungen zu Israel im Jahr 2020 im Rahmen des von den Vereinigten Staaten vermittelten Abraham-Abkommens. Auch Israel und Saudi-Arabien schienen auf einem ähnlichen Kurs zu sein, doch die Gespräche sind ins Stocken geraten – eine Folge des jüngsten Israel-Hamas-Kriegs.

„Die Huthis üben Druck auf andere Gruppierungen in der Region aus,

Dies tun sie, damit sie sich dem panislamischen Narrativ anschließen“, so Hedges. Das besage, dass Israels Angriffe allen Muslimen gelten, daher müssten alle Muslime Israel angreifen.

Diese Ansicht vertritt auch Farea Al-Muslimi, Experte für den Nahen Osten und Nordafrika bei Chatham House, einer in London ansässigen Denkfabrik. „Das Rote Meer ist die jüngste, aber eindeutig die wichtigste Frontlinie der Widerstandsachse im Nahen Osten“, sagte er vor Journalisten. Wahrscheinlich werde es in den nächsten Wochen weitere Angriffe der Miliz geben – auch auf nicht-israelische Schiffe. Al-Muslimi warnt: „Niemand sollte die Rücksichtslosigkeit der Huthis unterschätzen.“

 

Nov. 2023 | In Arbeit | Kommentieren
Gesunde Nahrungsmittel, Obst und Gemüse aus der Vogelperspektive fotografiert
Essen wir pro Woche 30 verschiedene Pflanzen die auch noch möglichst bunt sind,
machen wir schon sehr viel richtig für die Gesundheit …
 

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Nov. 2023 | In Arbeit | Kommentieren

„Blutauto“ – so nannten „Wissende“ eine Recherche, in der es um die Nachhaltigkeit von Auto-Rohstoffen ging. Das Wort entstand in Anlehnung an sogenannte Blutdiamanten. Bei deren Förderung sterben oft Menschen. Auch finanziert der Diamantenhandel nicht selten Gewalt und Kriege. Wir dachten uns: Solche Blutdiamanten will sich doch eigentlich niemand umhängen – aber warum reden so wenige über den Blutzoll, der mit der Autoproduktion verbunden ist? Freude am Fahren – im Blutauto?

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Nov. 2023 | In Arbeit | Kommentieren

„Als ich erstmals von höherer Kategorientheorie gehört habe, habe ich die Nase gerümpft und gedacht: ›Was ist das denn für eine Spinnerei‹“, erinnert sich der Informatiker Thorsten Altenkirch von der University of Nottingham. „Wie sich herausstellt, ist es genau das, was man braucht.“ Mit diesem Eindruck war er nicht allein: In ihren Anfängen fand die abstrakteste aller mathematischen Disziplinen, wie sie oft genannt wird, keinen großen Anklang. Häufig bezeichneten sie Fachleute – zum Teil auch humorvoll – als abstrakten Unsinn“. Dass das Gebiet äußerst nützlich sein kann, ist inzwischen aber unumstritten.

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Nov. 2023 | In Arbeit | Kommentieren

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