
Hans Kresnik in der GraGa 9 beim Rundschau-Gespräch über seine Biographie, über verkorkste Politik und über die anstehende Uraufführung in Heidelberg. Foto: Gottschling
Hans Kresniks erste eigene Choreographien, die auf Gedichten schizophrener Autoren aus der niederösterreichischen Landesnervenheilanstalt Guggung beruht:
-„O sela pei“ und im folgenden Jahr „Paradies?“ –
lassen den Bremer Intendanten Kurt Hübner auf Kresnik aufmerksam werden, er engagierte ihn als Ballettmeister ans damals spannendste Theater der Republik. Es ist die Zeit des „Bremer Stils“, geprägt von den jungen Regisseuren Zadek, Stein, Grüber, Fassbinder, dem Bühnenbildner Minks – für Hans Kresnik eine enorme Herausforderung. Zehn Jahre bleibt er in Bremen und entwickelt seinen sehr eigenen Stil, den er als „Choreographisches Theater“ bezeichnet. Jedes seiner Stücke ist eine Provokation, schon die Titel lassen das erkennen.
Von der Apo und der Begegnung mit Ernst Bloch geprägt, getreu seinem Motto „Ballett kann kämpfen“, polemisiert er gegen das Wettrüsten („Kriegsanleitung für jedermann“) und den Vietnamkrieg („PIGasUS“), schändet lustvoll das klassische Repertoire („Schwanensee AG“), attackiert den Konsumterror („Traktate“), beklagt die Unmenschlichkeit („Romeo und Julia“) und Gewalttätigkeit von Liebesbeziehungen („Magnet“), verhöhnt die katholische Kirche („Jesus GmbH“).
Die Fachkritik – freute er sich im Gespräch – heult auf, das Publikum ist begeistert. „Zehn Jahre lang“, meinte er nicht ohne Stolz, „war ich das negative Ballettereignis.“
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