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Jede Bewegung braucht eine große und attraktive, aber simple Erzählung, der man sich anschließen kann. Das kann ein ideologischer Kern sein, eine emotionale Weltsicht oder eine historische Verkürzung. Die Funktion dieser Idee muss man sich auch als eine Art Filter oder Brille vorstellen, mit der alles Geschehen betrachtet und bewertet wird. Die Bewegung, zu der querdenkende „Querlinge“ geronnen sind, hat die Essenz ihrer Erzählung inzwischen gefunden: Wir sind die Opfer!
Es geht dabei nicht mehr nur um die klassische Opferpose, die viele radikale Bewegungen als Instrument verwenden. Sondern um einen umfassenden Kult des Opferseins. Mit allen dazugehörenden Kultelementen wie Märtyrern (»Er hat sich für uns geopfert!«), Dolchstoßlegenden (»Wir wurden von denen verraten, die uns beschützen sollten!«), Endzeit-Verschwörungen (»Die Pandemie ist nur der Anfang!«) und Erlösungsfantasien hinsichtlich des Opferdaseins (»Bald stürzen wir das Merkel-Regime und werden endlich frei und glücklich sein!«).
An der Front, was die Romankunst der Gegenwart angeht: Howard Jacobson.Live a Little, das nun auf Deutsch bei Klett-Cotta unter dem etwas umständlichen, bräsig kalauernden Titel Rendezvous und andere Alterserscheinungen vorliegt, ist vielleicht Jacobsons bestes Buch. Es ist etwas Gewagtes, literarisch monströs heikel – eine komplett politisch unkorrekte „geriatric comedy of manners“, eine Senioren-Gesellschaftskomödie mit und über zwei Figuren, die höchstbetagt sind.
Alt, noch älter: Etwa achtundsiebzig
Oder gar 90: Beryl Dusinbery, über 90, die „Prinzessin“, gallig-scharfzüngig, impulsiv, sarkastisch, die in ihrer Wohnung in der Finch ley Road zu London von zwei Betreuerinnen, einer aus Afrika, einer aus Moldawien, gepflegt wird. Richtig hinfällig ist sie nicht, doch das Gedächtnis scheint sie nach und nach im Stich zu lassen. Gegenfigur ist Shimi Carmelli, Sohn einer Jüdin, die starb, als er Teenager war, und eines Vaters aus Malta, der ein Jahr nach dem Tod der durchscheinend fragilen Frau spurlos verschwand, stramm auf die 91 zugehend. (mehr …)
← Unter anderen von ihnen werden Journalisten bedroht und verunglimpft, Medien zensiert oder sie lassen sogar ein Flugzeug entführen, um Kritiker mundtot zu machen: Reporter ohne Grenzen hat gerade eine neue Liste mit den weltweit größten Feinden der Pressefreiheit“ veröffentlicht. Sie umfasst 37 Staats- und Regierungsoberhäupter, die in besonders drastischer Weise die rücksichtslose Unterdrückung der Pressefreiheit verkörpern.
Mit Viktor Orbán steht zum ersten Mal ein EU-Ministerpräsident auf der Liste, der seit seiner Rückkehr an die Macht im Jahr 2010 Pluralismus und Unabhängigkeit der Medien in Ungarn angreift.
Ältere und Menschen mit einem geschwächten Immunsystem sollten auch wegen der Delta-Variante bald eine Auffrischungsimpfung bekommen, raten WissenschaftlerEin halbes Jahr nach dem bundesweiten Beginn der Corona-Impfkampagne am 27. Dezember geht es meist noch um die erste und zweite Spritze. Die Wissenschaft denkt schon weiter. Hochbetagte und Menschen mit einem geschwächten Immunsystem brauchen nach Meinung vieler Experten bereits in diesem Herbst eine dritte Impfdosis. Für jüngere und gesunde Menschen seien Auffrischungsimpfungen dagegen noch kein Thema. (mehr …)
Gehen, das ist – mittlerweile – eine olympische Disziplin, eine extrem hässliche, bei der es um die größtmögliche Schrittgeschwindigkeit geht, bis zu 14 km/h. Wenn man normal geht, schafft man etwa 4 km/h. Bei beiden Fortbewegungsarten bewegt man sich schrittweise in aufrechter Haltung auf den Füßen fort, wobei ein Fuß immer den Boden berühren muss. Das gilt für Zweibeiner, bei Vierbeinern müssen es drei Füße sein. Das Laufen ist demzufolge kein (schnelles) Gehen mehr, wohl aber das Marschieren und das Promenieren. Der Nazioffiziersliterat Ernst Jünger schrieb: „Der Bürger promeniert, der Arbeiter marschiert. (mehr …)
Sport, wohin man blickt in den Feuilletons. Die „Taz“ beschäftigt sich mit dem Gehen, das als olympische Disziplin zwar gewöhnungsbedürftig aussieht. Aber Geher schonen das Klima und animieren – anders als Fußballer – nicht zu Superspreading-Events. Sprechen wir also mal fächerübergreifeend über Sport. Und über England. Die kürzeste Version wäre Winston Churchills „No sports“. Aber wir nähern uns ganz langsam, indem wir über das Gehen sprechen, welchselbes wir in der TAZ „als antikapitalistische Fortbewegung entdecken:Anders nämlich als Fußballer locken Geher nicht Zehntausende von Fans zum Superspreading.
Das nämlich entdeckt Helmut Höge in der TAZ „als antikapitalistische Fortbewegung“.
„Das Gehen“, so lesen wir da, „ist eine olympische Disziplin, eine extrem hässliche, bei der es um die größtmögliche Schrittgeschwindigkeit geht“. Dabei „bewegt man sich schrittweise in aufrechter Haltung auf den Füßen fort, wobei ein Fuß immer den Boden berühren muss. Das gilt für Zweibeiner, bei Vierbeinern müssen es drei Füße sein.“
„Ministry of Silly Walks“
Was das mit England zu tun hat? Gleich im ersten Absatz erinnert Höge an einen legendären „Monty-Python-Sketch über eine Reihe neuer Gehideen des `Ministry of Silly Walks´“.
Womit dieser Zusammenhang geklärt wäre. Was aber macht Gehen antikapitalistisch? Reicht es, dass die TAZ ihm huldigt? Nein, für eine solche These bedarf es schon eines Kronzeugen aus den gegnerischen Reihen. In diesem Fall ist das der Generaldirektor der internationalen Euro Exim Bank. Für den, referiert Höge, „sind Leute, die zu Fuß gehen, sogar schlimmer als Radfahrer, sie mieten sich nicht einmal ein E-Bike“.
Und Höge zitiert: „Ein Radfahrer ist bereits eine Katastrophe für die Wirtschaft des Landes: Er kauft keine Autos und leiht sich kein Geld, um zu kaufen. Er zahlt nicht für Versicherungen. Er kauft keinen Treibstoff… Er benutzt keine bezahlten Parkplätze. Er verursacht keine schweren Unfälle. Er benötigt keine mehrspurigen Autobahnen. Er wird nicht fett.“ Und: „Gesunde Menschen sind weder gebraucht noch nützlich für die Wirtschaft. Sie kaufen keine Medizin. Sie gehen nicht in Krankenhäuser oder (zu) Ärzte(n).“
Über den aufrechten Gang
Das leuchtet natürlich unmittelbar ein. Und könnte eine Erklärung für Höges Fazit sein, das lautet: „Man sagt, der aufrechte Gang wird zuletzt gelernt. Aber er wird auch zuerst wieder gebeugt: an der Schulbank, am Büroschreibtisch oder bei schwerer körperlicher Arbeit.“
Ein Beruf, bei dem man viel zu Fuß unterwegs ist, aber sofort beschimpft wird, wenn dies im Modus des Gehens geschieht, ist Fußballer. Auch dieser Sport ist politischer, als man denkt. Es sei, lehrt uns Frank Lübberding in der FAZ, „der Fußball ein zutiefst demokratischer Sport. Wer die Abseitsregel verstanden hat, kann mitreden“.
Michael Ballack liegt daneben
In einem weiteren Leben finden sich nicht wenige von denen, die die Abseitsregel verstanden haben oder wahlweise einmal selbst Fußball gespielt haben, in einem Job wieder, in dem man gar nicht mehr gehen muss, nur noch reden: Fernsehkommentator.
Lübberdings Thema ist „Michael Ballack als Experte bei Magenta TV“, beziehungsweise dessen Kompetenz, „wenn er den Ausgang eines Spiels tippen soll. Am Sonntag setzte er … in den Achtelfinals auf die Niederlande und Portugal. Es gewannen die Tschechen und die Belgier.“
Und so sollte, meint der Print-Kommentator, „Michael Ballack vielleicht besser auf eine Niederlage der Deutschen tippen. Das könnte man dann als gutes Omen für den Spielausgang werten.“
Womit wir final bei England und dem Sport angelangt wären – und bei dem Skandal des Jahres. Den kommentiert Michael Hanfeld in derselben FAZ: das Wembley-Tor für Team Covid-19, dem die UEFA mit atemberaubender Kaltschnäuzigkeit den Steilpass liefert.
Verantwortungslose Uefa
„Etwa die Hälfte der kürzlich Covid-Infizierten in Großbritannien war geimpft“, schreibt Hanfeld. Und wie reagiert man in London?
„Ein Superspreader-Event steht an, bei dem alle zuschauen dürfen, wenn … im Wembley-Stadion die deutsche auf die englische Nationalmannschaft trifft, … sind 45000 auf den Rängen, und für die Halbfinals und das Finale hat der europäische Fußballverband Uefa befohlen, 60000 Fans in die Arena zu pferchen.“ Hanfeld meint völlig zu Recht, „was die Uefa da treibt“ sei „verantwortungslos und gefährlich, man darf sagen, verbrecherisch.“
Und: „Während für den Herbst mögliche Schulschließungen zur Debatte stehen, lässt der Uefa-Chef … 2500 Fußballbonzen ins Wembley-Stadion einfliegen und fordert die britische Regierung auf, dass die VIPs auf Quarantäne-Vorschriften pfeifen dürfen. Die Missachtung des Gesundheitsschutzes hat ein geradezu perverses Ausmaß erreicht“, konstatiert Hanfeld in dankenswerter Deutlichkeit.
Er prophezeit: „Wenn ganz Europa im Schatten von Delta, Epsilon oder Omega liegt, werden wir den Refrain des zur EM 1996 aufgelegten Gassenhauers ‚Three Lions‘ nicht nur auf den Fußball beziehen“. Der lautet: „It’s coming home“.
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