Schwarmintelligenz: Von den Fischen lernen

Ein Fischschwarm organisiert sich mit nur wenigen Regeln. Greift etwa ein Feind an, ändern die Fische im Kollektiv die Richtung, um zu fliehen. Ohne Chaos, ohne Zusammenstöße. Forscher untersuchen, ob sich das Schwarmverhalten der Fische auch auf Menschen übertragen lässt.

 

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Feb. 2020 | €uropa | Kommentieren

Zum 250. Geburtstag Friedrich Hölderlins: Rüdiger Safranskis Biographie über den großen unbekannten Dichter

Dies ist die Geschichte eines Einzelgängers, der keinen Halt im Leben fand, obwohl er hingebungsvoll liebte und geliebt wurde: Friedrich Hölderlin. Als Dichter, Übersetzer, Philosoph, Hauslehrer und Revolutionär lebte er in zerreißenden Spannungen, unter denen er schließlich zusammenbrach. Erst das 20. Jahrhundert entdeckte seine tatsächliche Bedeutung, manche verklärten ihn sogar zu einem Mythos. Doch immer noch ist Friedrich Hölderlin der große Unbekannte unter den Klassikern der deutschen Literatur. Der 250. Geburtstag im März 2020 ist eine gute Gelegenheit, sich ihm und seinem Geheimnis zu nähern. Rüdiger Safranskis Biografie gelingt das auf bewundernswerte Weise.

  • Produktdetails
  • Verlag: Hanser
  • Artikelnr. des Verlages: 505/26408
  • 2. Aufl.
  • Seitenzahl: 335
  • Erscheinungstermin: 21. Oktober 2019
  • Deutsch
  • Abmessung: 218mm x 152mm x 35mm
  • Gewicht: 518g
  • ISBN-13: 9783446264083
  • ISBN-10: 3446264086
  • Artikelnr.: 55963840

Rezensionen
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.10.2019Göttliches Feuer
Poesie ist nicht an die Wirklichkeit gefesselt,
sie schafft neue Wirklichkeiten: Rüdiger Safranskis Dichterbiografie
„Hölderlin: Komm! ins Offene, Freund!“
VON HEDWIG RICHTER
Und verstehe die Freiheit / Aufzubrechen“ – darum geht es in dieser Biografie. Friedrich Hölderlin auf dem Weg von Tübingen nach Stuttgart, von Heidelberg nach Frankfurt und über die Schwäbische Alb in die Schweiz. Am Neckar entlang nach Nürtingen. Und von dort nach Jena, dem Sehnsuchtsort, wo Hölderlin aber auch nicht zu bleiben vermag.
Rüdiger Safranski schreibt eine konventionelle Biografie, die 1770 mit der Geburt in Lauffen am Neckar beginnt, bis zu Hölderlins Tod 1843 im Tübinger Turm, einige Kilometer den Fluss hinauf. Das Werk schließt mit einem letzten Kapitel über die Rezeption des Dichters. Und doch ist dieses Buch so ungewöhnlich schön und „trunken“, voll des „göttlichen Feuers“, das Friedrich Hölderlin nicht loskommen lässt von der Sehnsucht nach der neuen Freiheit. „Göttliches Feuer auch treibet, bei Tag und bei Nacht, / Aufzubrechen, So komm! daß wir das Offene schauen“, heißt es in einer Elegie. „Was also ist das für ein Feuer, das in Leben und Poesie Hölderlins brennt? Das ist die Frage, der dieses Buch nachgeht“, schreibt Safranski einleitend.
Der Autor bietet keine originellen Thesen und keine schlichten Antworten. Safranski erzählt mit großer Meisterschaft und entfaltet die merkwürdig schöne und ungeheure …mehr
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.01.2020Nachricht der Nacht
Rüdiger Safranskis Hölderlin-BiographieDiese Hölderlin-Biographie besitzt alle Qualitäten, für die Rüdiger Safranski steht: Von den Anfängen in der Klosterschule über die geistigen und politischen Aufschwünge im Tübinger Stift, von den Versuchen, eine Position im literarischen Leben um 1800 zu finden, bis hin zur resignierten Einsicht „Sie können mich nicht brauchen“, von der psychischen Erkrankung bis zur Wiederentdeckung im zwanzigsten Jahrhundert wird lebendig und anschaulich von Hölderlin erzählt. Dabei umgeht Safranski keine Herausforderung, er erfasst die philosophischen Positionen, mit denen Hölderlin sich auseinandersetzte, und wenn er auf einer Seite mal eben Kants Grundideen präzise und klar erläutert, dann staunt man darüber – Safranski aber ist schon bei Fichte, den er ebenso zielsicher vorstellt.Natürlich ist das eine Biographie, aber auch eine Erzählung, in der man mit Hölderlin mitgeht, ganz buchstäblich, denn dieser war viel zu Fuß unterwegs, bis hin zur letzten grauenhaften Wanderung nach Bordeaux, wo er wieder einmal eine der Hauslehrerstellen antreten sollte, mit denen er Geld verdienen musste, und von der er äußerlich und psychisch zerrüttet zurückkehrte. Safranski lässt die Mutter auftreten, der Hölderlin zeitlebens Rechenschaft schuldete, die verheiratete Geliebte Susette Gontard, aus deren Haus er vertrieben wurde, den bewunderten und ihn fördernden Schiller (dem Safranski auch eine Biographie …mehr
„Safranski umgeht keine Herausforderung, er erfasst die philosophischen Positionen, mit denen Hölderlin sich auseinandersetzte, und wenn er auf einer Seite mal eben Kants Grundideen präzise und klar erläutert, dann staunt man darüber. … Wer Hölderlin kennenlernen und verstehen will, sollte Safranski lesen.“ Dirk von Petersdorff, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.01.20 „Mit viel Empathie, Kenntnissen lokaler und geistesgeschichtlicher Zusammenhänge gibt er einen Hölderlin für unsere Zeit.“ Tilman Krause, Die literarische Welt, 07.12.19 „Safranski liefert die Eloge mit großer Werkkenntnis und historischer und ideengeschichtlicher Einbettung … Ein Wohlfühlbuch.“ Roman Bucheli, Neue Zürcher Zeitung, 29.11.19 „Er verwebt minutiöse Recherche, politische und literarische Kontexte zu einem gut lesbaren Ganzen.“ Erich Klein, Falter, 11.10.19 „Safranski erzählt mit großer Meisterschaft und entfaltet die merkwürdig schöne und ungeheure Welt des Aufbruchs in die Moderne.“ Hedwig Richter, Süddeutsche Zeitung, 19.10.19 „Bemerkenswert ist, dass der behandelte Gegenstand den Autor diesmal veranlasst, das Genre der Biografie, das gern zu historisierender Beschaulichkeit neigt, in seiner innersten Anlage aufzusprengen, ja fast schon aufzugeben, um Streitschrift, Memorandum und Wegweiser ins Aktuelle zu werden (…) Safranskis neuem Buch sind viele, viele Leser zu wünschen!“ Eberhard Geisler, Frankfurter Rundschau, 20.10.19
Jan. 2020 | €uropa | Kommentieren

 

 

Raffael (1483 – 1520) gehört neben Leonardo und Michelangelo zu den drei wichtigsten Namen der italienischen Renaissance, ja der Kunstgeschichte überhaupt. Warum aber wurde Raffaels Kunst zum Ideal und zur ästhetischen Norm, mit der sich Generationen von Künstlern auseinandersetzten? Weshalb ist Raffael heute noch interessant? In seiner großen neuen Gesamtdarstellung geht Ulrich Pfisterer diesen Fragen kenntnisreich nach und wirft dabei einen frischen Blick auf das „Phänomen Raffael“.

Bereits den Zeitgenossen galt Raffael als „Gott der Malerei“, als Meister der klassischen Schönheit, als Genie im Umgang mit Farben und Formen, Licht und Schatten – in allen Medien und Techniken, die er erprobte. Ulrich Pfisterer rekonstruiert überzeugend die Zusammenhänge zwischen dem tatsächlichen Leben des Künstlers, seiner wirkungsvollen Selbstinszenierung und den verklärenden Vorstellungen von Zeitgenossen und Nachwelt. Dabei nimmt er Raffaels vielfältiges Werk umfassend in den Blick: von den berühmten Madonnenbildern über die großartigen Fresken im Vatikan bis hin zu seinem Wirken als Architekt, Dichter, Antiquar und Theoretiker. Als Leiter einer großen Werkstatt bewies das Multitalent viel unternehmerisches Geschick und nutzte als einer der ersten die Druckgraphik zur Verbreitung seiner Bildideen und zur Etablierung seines europaweiten Ruhms.    weniger

Pfisterer, Ulrich

Raffael

Glaube, Liebe, Ruhm

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Bibliografie

978-3-406-74136-4

Erschienen am 05. Dezember 2019

384 S., mit 235 farbigen Abbildungen

Hardcover

Schlagwörter

Hardcover 58,00 €

INHALT

DER DRITTE MANN:
RAFFAEL SIEHT LEONARDO UND MICHELANGELO

WIE MAN EINE KÜNSTLERKARRIERE BEGINNT
Anfänge: Frühe Altarbilder
Das Eine und die Vielen:
Madonnenbilder als Herausforderung
Kunststücke für den Hof von Urbino
Durchbruch in Florenz mit einem Auftrag für Perugia: Die Pala Baglioni
Ein Selbstbildnis für Rom?

WIE MAN ZUM ‹GÖTTLICHEN KÜNSTLER› AUFSTEIGT
Im Vatikan I: Die beiden Stanzen für Julius II.
Lustvolles Sehen: Die Villa Farnesina
Visionäres Sehen: Himmel und Heilige
Freundschaft, Macht, Ewigkeit: Raffaels Porträts in Rom
Im Vatikan II: Die Aufträge für Leo X. und Kardinal Bibbiena
Die Melancholie universaler Begabung:
Dichter, Antiquar, Architekt
Zeitenwende: Die Teppiche der Sixtinischen Kapelle

WIE MAN SICH EWIGEN KÜNSTLERRUHM SICHERT
‹Papiermonumente›:
Druckgraphik als Medium der Verbreitung
Freunde, Verehrer, Sammler
Im Vatikan III: Die Sala di Costantino und die Werkstatt
Liebling der Muse – Eros der Inspiration: Die Fornarina
Die letzte Konkurrenz: Transfiguration und Tod

LA GRANDE BELLEZZA:
RAFFAELS KULT

ANHANG
Anmerkungen
Literatur
Dank
Bildnachweis
Personenregister

 

 

 

 

Rafalel – Leseprobe

https://beckassets.blob.core.windows.net/productattachment/readingsample/14567485/27785279_leseprobe_raffael.pdf

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Jan. 2020 | €uropa | Kommentieren
Frühjahr 2020

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Jan. 2020 | €uropa | Kommentieren
Gesetzespaket gegen Hasskriminalität:Regierung will Ermittlern Zugriff auf Online-Passwörter ermöglichen

 

 

 

 

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Dez. 2019 | €uropa | Kommentieren
ACT - Wasser - Im Visier der Finanzhaie

Der Hitzesommer 2019 hat die Klimakatastrophe zum Top-Thema gemacht. Ihr erstes Opfer: das Wasser. Überall versiegen die Quellen – gleichzeitig explodiert die weltweite Nachfrage nach der wahlweise „weißes“ oder „blaues Gold“ genannten lebensnotwendigen Ressource.

Doch was für die Menschheit ein Drama ist, ist für Finanzinvestoren ein Riesengeschäft. Denn mit dem knappem Gut lässt sich gutes Geld verdienen. Wie? Den Sektor privatisieren, Preise erhöhen und neue Märkte schaffen. Ist die natürliche Ressource Wasser also nur ein Produkt wie jedes andere?

Der Krieg um das Wasser hat bereits begonnen. Wer wird am Ende siegen: der Planet, die Menschen oder die Märkte?
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Wie funktionieren diese Märkte? Wer sind ihre Nutznießer? Wer die Leidtragenden? Eine Dokumentation von Investigativjournalist Jérôme Fritel deckt auf, wie das Lebenselixier Wasser zur Ware wird.

▶️ Zur Doku
HIS - 1979 - Urknall der Gegenwart
Ein Jahr macht Geschichte
1979 ist ein Schlüsselmoment der Geschichte: Im Iran bricht die islamische Revolution aus, der Papst besucht Polen, Margaret Thatcher verkündet den neoliberalen Masterplan und die Gründung der Grünen läutet eine ökologische Wende ein. Das Jahr markiert den Beginn einer neuen Epoche: der Gegenwart. Ohne Kausalitäten einfach zu behaupten, verbindet die Doku in Einzeldarstellungen die wichtigsten politischen Ereignisse des Jahres zu einem umfassenden Narrativ. Ein Blick zurück, um die Gegenwart besser zu verstehen.
➡️ Doku online anschauen
CPO - Wer 4 sind - 30 Jahre Fanta 4
30 Jahre Fanta 4
Eine ganze Generation deutscher Mittelstands-Kids ist mit den Fanta 4 großgeworden und weiß: „immer locker bleiben“ lohnt sich. Wie sonst hätte sich die wohl dienstälteste deutsche Rap-Band drei Jahrzehnte halten können? Ohne Cool-Klischees bedienen zu müssen, setzten die Rapper seit „Jetzt geht’s ab“ den Gangster-Attitüden der Hip-Hop-Welt das Sprachrepertoire der bürgerlichen Normalos entgegen. Und sie sind damit immer noch „zu geil für diese Welt“. Hommage an eine Band, die uns immer „Troy“ bleiben wird.
➡️ Live am 13.12. um 21h45
MeinARTE
CPO - Diana Ross - eine Diva erobert die Welt
Kultur und Pop
Diana Ross – Eine Diva erobert die Welt
Mit den Supremes wurde sie berühmt, ihre Solokarriere führte sie in den 1970ern in den Olymp: Diana Ross. Wie schaffte es die Sängerin, R’n’B, Pop und Disco zu erobern – und auch außerhalb der Musik Maßstäbe zu setzen?
➡️ Online sehen
ARS - Puccinis "Tosca" in der Scala
ARTE Concert
Puccinis „Tosca“ in der Mailänder Scala
Festliche Saisoneröffnung aus dem berühmtesten Opernhaus der Welt: Anna Netrebko glänzt in der Rolle der Operndiva Floria Tosca, die wie geschaffen zu sein scheint für die russische Sopranistin.
➡️ Online sehen
SCI - Schlaganfall - Jede Minute zählt
Wissenschaft
Schlaganfall – Jede Minute zählt
Weltweit erleiden jedes Jahr über 15 Mio. Menschen einen Schlaganfall. Fast die Hälfte der Opfer kämpft mit Folgeschäden. Was tun? Die Doku stellt Therapieansätze vor und zeigt, dass das Thema auch junge Menschen betrifft.
➡️ Online sehen
Gewinnspiele & DVDs
MyARTE GEW - Ikonen. Was wir Menschen anbeten
Gewinnspiel
Ikonen: Was wir Menschen anbeten
Kunsthalle Bremen
Vom religiösen Kultbild bis zu Warhol: Mit 60 Stars in 60 Räumen ergründet die Schau, wie sich im Begriff Ikone auch heute noch kultische Verehrung und die Idee des Übersinnlichen verbinden. ARTE verlost Karten.
Teilnehmen
EDITION - J. Mayer H. – Architektur als Abenteuer
ARTE Edition
J. Mayer H.: Architektur als Abenteuer
DVD
Jürgen Mayer H. ist ein Brückenbauer zwischen Moderne und Postmoderne und immer auf der Suche nach den Grenzen der Architektur. Zu seinen brillantesten Bauten zählt „Metropol Parasol“ in Sevilla, dessen Entstehung im Mittelpunkt des Films steht.
Zur Boutique
MyARTE GEW - Der montierte Mensch
Gewinnspiel
Der montierte Mensch
Museum Folkwang Essen
Mensch und Maschine, wie habt ihr’s miteinander? Wie sich Künstler*Innen in den letzten 150 Jahren mit dieser Frage auseinandersetzen, zeigt die Ausstellung „Der montierte Mensch“ im Museum Folkwang Essen. ARTE verlost Karten.
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Dez. 2019 | €uropa | Kommentieren

 

Vor genau 55 Jahren wurde die rechtsradikale NPD gegründet, die erste GroKo gab ihr Auftrieb, unter Adolf von Thaddens Führung schaffte sie es beinah in den Bundestag. Dann erlebte die Partei ein Debakel.

Von Benedikt Herber

Sven Simon/ ullstein bild

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Dez. 2019 | €uropa | Kommentieren

Crispr verstehen, bevor es zu spät ist

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Nov. 2019 | €uropa | Kommentieren

Klaus Theweleit über „Männerphantasien“ – Die Angst vor der Körperauflösung

Klaus Theweleit im Gespräch mit Liane von Billerbeck

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Nov. 2019 | €uropa | Kommentieren

Wann immer Kirche sich von der Gegenwart entfernte, pflegte sie das in Richtung Vergangenheit zu tun. Da schließlich weiß sie sich zu Hause. Den Versuch, sich nach vorn zu entfernen, gehen nur wenige Theologen. Dem, dass „tno“ diesen Weg oft (bis hin zum Mitglied des Kirchengemeinderates an Heiliggeist Heidelberg) gegangen ist – und mit ihm Menschen jeden Glaubens – wurde immer mit heftigstem Ach -du-lieber-Gott-Wehgeschrei begegnet.
Wir hingegen begegnen alledem mittlerweile mit Abstand auf diese Weise:

Es ist fünf vor zwölf

Wittgenstein war im Zusammenhang mit alledem ja bereits im Spiel. Von ihm aus führt ein gerader Weg zum französischen Philosophen der Postmoderne Jean-Francois Lyotard, der in seinen Satzregelsystemen Sätze mit Ordnungsformen ineinander verkettet. Eine bestimmte Art von Frage erfordert eine bestimmte Art von Antwort: „Wie spät ist es?“ – „Es ist fünf vor zwölf Uhr.“ Hingegen sind die Verhältnisse nicht immer so einfach, dass eine Verkettung von Sätzen keine Wahl zulasse:
Eine Frau sagt zu ihrem Mann: „Der Mülleimer ist voll“. Wenn nun der Mann erwidert, „Ich geh´ ja schon“, so ist das keine aus Regeln her leitbare Reaktion, es ließe sich auch eine völlig andere Fortsetzung des „Diskurses“ vorstellen. Völlig unerwartete Verkettungen können melo-komisch-dramatische Folgen haben. „Ein Offizier schreit Avanti und stürzt aus dem Schützengraben; seine Soldaten schreien ergriffen Bravo , ohne sich zu rühren.

Auszug aus einem Protokoll

der Heiliggeist-Gemeindeversammlung mit Oberkirchenrat Schäfer, Prälat Bechtel und Dekan Schmoll vom 6. Dezember 1986 (in der es so turbulent und mindestens ebenso verlogen zuging, wie bei einigen Tierschutzvereinsversammlungen der Vergangenheit): Es sei zu Auseinandersetzungen in der Heiliggeistgemeinde gekommen wegen „des unkollegialen und undemokratischen, der Grundordnung der badischen Landeskirche zuwiderlaufenden Umgangsstils von Pfr. Alpermann mit den Ältestenkreisen und Gemeindegliedern“. Es habe Unwahrhaftigkeiten, eigenmächtiges Handeln statt rechtzeitiger Information und erhebliche Mängel bei Pfr. Alpermann in der Wahrnehmung der Bedürfnisse der Heiliggeistgemeinden gegeben, er habe von vornherein neue Ideen und Initiativen abgeblockt, sowie eine Mitarbeit beim gemeinsamen Aufbau der Gemeinde verweigert. Und so weiter.

Und, aber heute?

Heiliggeistpfarrer Werner Horst Keller war von Dekan Johannes Kühlewein gebeten worden, sein Amt, wie andernorts üblich – wegen seiner ohnehin bald anstehenden Pensionierung und im Hinblick auf die auf Pfarrstellen wartenden jungen Pfarrer – zur Verfügung zu stellen, wogegen der sich jedoch vehement wehrte. Würden die damals Pfarrer Alpermann zu Unrecht unterstellten Versäumnisse – man frage nur mal in der Gemeinde – heute Werner Horst Keller angelastet, hätten die Karlsruher Oberkirchenräte mehrere gute Gründe, ihn vorzeitig in den Ruhestand zu schicken. Dazu fehlt der Gemeinde jedoch entweder eine streitbare Lobby, oder aber haben diejenigen Stimmen recht, die da klagen, diese Gemeinde sei bereits so weit heruntergewirtschaftet, daß diejenigen, die es angeht, die Kirchgänger nämlich, schon alleine zahlenmäßig gar nicht mehr ins Gewicht fallen würden.

O komm, du Geist der Wahrheit

Peter Schumann, Kantor zu Heiliggeist, ist (war, soll es demnächst heißen) immer mal wieder dafür gut, etwas bewegende frische Luft in abgestandenen Mief zu unterquirlen; als er beispielsweise ein Konzert mit neuer Musik veranstaltete und den Zuhörern die Möglichkeit geben wollte, eines der vier Werke nochmals zu hören, hatte er Abstimmungszettel vorbereitet: „Welches Werk darfs denn noch mal sein? Und während der Auszählung sollte das wunderschöne, 1544 entstandene Lied der Geistlich Böhmischen Brüder vom Publikum mitgesungen werden, das aber, seit den Aufräumarbeiten, als die vor 10 Jahren gegen Unwahrheit und Grabenkriege ankämpfenden dies zu ihrem Lied gemacht haben, nach dem Willen des derzeit noch amtierenden Pfarrers W.H.K. aber nicht mehr gesungen werden durfte:
O komm, du Geist der Wahrheit, und kehre bei uns ein, verbreite Licht und Klarheit, verbanne Trug und Schein. Gieß aus dein heilig Feuer, rühr Herz und Lippen an, daß jeglicher getreuer den Herrn bekennen kann“.
Kaum war nun dies Vorhaben in der Zeitung angekündigt, hatte Kantor Schumann Dekan Kühlewein auf seinem Anrufbeantworter – er habe wütende Anrufe ob dieses Vorhabens „auch von (!) musikalischen Gemeindegliedern“ bekommen. Das muß man zweimal lesen: Er untersage, dies Lied singen zu lassen. Uns fällt da erst mal Jesaja 59,14. ein: „Und das Recht ist zurückgewichen, und die Gerechtigkeit hat sich entfernt; denn die Wahrheit ist auf der Gasse zu Fall gekommen, und die Aufrichtigkeit findet keinen Eingang“ Es ist nämlich durchaus nicht (mal wieder einen Blick in die Grundordnung der Badischen Landeskirche werfen!) Sache des Dekans, einem Kantor etwas zu untersagen, wenn es sich um eine kirchen-musikalische Veranstaltung handelt. Ob es nun aber der Dekan tat, weil „O komm du Geist der Wahrheit“ an Zeiten der Auseinandersetzungen um Pfarrer Alpermann erinnert, oder weil dies Lied derzeit wieder in Heiliggeist anmahnen würde, daß ebendieser Geist längst wieder auf der Strecke geblieben ist?

Weshalb auch immer – Kirchenältester Gott(schling) las die inkriminierten Verse, derweil konnten die Kirchgänger von ihrem Platz aus über hinter die Kulissen des Altars, hinter Rempeleien, Rangeleien und Ränke hinter der Kanzel meditieren. Und sich über Jesus Gedanken machen. Der war frei, unabhängig und flexibel – und hat und hätte mit Kirche nimmermehr mehr zu tun gahabt, als nichts! Wäre Kirche auch frei, unabhängig und flexibel – und wahrlich, sie ist es nicht – sie würde einen Jesus auf dem Banner tragen, den sie sich freilich in dieser Kirche niemals zu predigen trauten, redeten so doch Amtsträger gegen ihre Pfründe. Hat dieser Jesus nicht alles auf den Kopf gestellt? Hat er nicht die Frommen der Unmenschlichkeit überführt, hat er nicht den Tempelbetrieb und den Opferlärm als Geschäftemacherei entlarvt? Hat er nicht bei samaritanischen Atheisten eine neue Gläubigkeit entdeckt? Und hat er nicht Dirnen und Zöllnern mehr Sensibilität nachgesagt für das Reich Gottes, als den Schriftgelehrten und Hohenpriestern? Und wie er das hat! Und er hat Polizeivorschriften und bürgerliche Übereinkünfte nicht nur in Frage gestellt, sondern durchbrochen! Tempelgesetze hat er links überholt und angemessener Lächerlichkeit preisgegeben! Was, sei Dekan Dr. Johannes Kühlewein gefragt, tät er Jesus heute zu verbieten versuchen.

Und Peter Schumann?

Das dem Pfarrer noch gegebene Jahr sollte man Peter Schumann auch noch an Heiliggeist lassen! Warum? Nicht, weil er dann ein Jahr länger an „seiner“ Orgel spielen könnte, sondern um zu gewährleisten, daß ein sich auf die Ausschreibung meldender junger Kantor nicht nach Kriterien ausgesucht wird, die von diesem – auch dafür – in höchstem Maße inkompetenten Gemeindepfarrer stammen (den ich – der Wahrheit die Ehre – unerquicklicherweise auch noch selber ausgesucht und zusammen mit den „NEUEN“ Ältesten installiert habe. Ein neuer Pfarrer könnte dann einen Kantor mitaussuchen, mit dem er kann und will. Nun aber soll auch Kirchenmusik in den Keller der Belanglosigkeit versenkt werden. Als Indiz dafür mag gelten, daß zwei Tage, bevor Pfarrer Dr. Harald Pfeiffer zum Vertrauenspfarrer für den Kirchenbezirk hätte gewählt werden sollen, ein Gremium der Kirchenleitung bereits klammheimlich eine Vorauswahl unter den Bewerbern auf die Heiliggeist-Orgelbank gemauschelt hat. Worauf Pfeiffer sich – wie wahrscheinlich gewollt – zurückgezogen hat. Wir erinnern uns an die von Pfarrer Hans Kratzert an Dekan Kühlewein vorgetragenen Gründe für seinen Rücktritt vom Amt des Vertrauenspfarrers. Und verstehen…

Gesucht: Einen sich einem Denkverbot beugenden Kantor

In der Tat sprechen die Aktivitäten hinter den Heiliggeist-Kulissen dafür, daß nach Schumann ein fundamentalistisch-evangelikaler Kirchenmusiker gesucht wird, der nicht unbotmäßig (das heißt überhaupt) denkt. Und tut, was der eben gerade so fundamentalistisch gestrickte Gemeindepfarrer und sein weitgehend auch so funktionierender Ältestenkreis von ihm verlangen.

Als habe es nie eine Grundordnung gegeben. Diese Kirchengemeinde schert sich weder um Grundsätze noch um ein Programm. Hingegen hat sie sich ein Grundsatzprogramm gegeben, damit müssen wir leben. Das reimt sich zwar. Aber müssen wir das wirklich? Damit leben? Müßten wir nicht! Im § 44 der Grundordnung der Evangelischen Landeskirche Baden werden deutliche Zeichen gesetzt – würden sie denn vernommen. Und wenn, befolgt: „Die verschiedenen Ämter in der Kirche begründen keine Herrschaft der einen über die anderen, sondern haben teil an dem der ganzen Gemeinde anvertrauten Dienst“.

Freilich war, wenns denn zum Schwur kam, die Grundordnung der Evangelischen Landeskirche Baden für Amtsträger und Gremien in der Evangelischen Landeskirche Baden noch nie mehr, als ein Feigenblatt, hinter dem sie Ränke, Intrigen und (immerhin anwortete Dekan Kühlewein, wie denn nach seiner Vorstellung als Lüge erkannte Lüge innerhalb der Kirche benannt zu werden habe, zornig über meine Frage: „Lüge natürlich“ – alsdann:) Lügen zu verstecken in der Lage waren. Diese Kirchenleitung macht überdeutlich, wie sehr Heinrich Böll 1979 schon recht hatte, als er schrieb: „Eine organisierte Gottlosigkeit braucht man nicht. Man kann den Kirchen ihr Tun und Treiben lassen: Sie höhlen sich von selbst aus, sie leeren sich, während aber ihre gewaltigen Apparate unangetastet erhalten bleiben“. Wohl wahr! Merke: Am gefährlichsten ist die Unverfrorenheit, ist jene Dummheit, die nicht Ausdruck von Unbildung, sondern von Ausbildung ist.

Einmischung nicht erwünscht! Aber

Hier könnten sich – so es die in dieser unserer Stadt gibt – wirkliche, ehrliche Konservative präsentieren, könnten sich auf den zentralen Konflikt konzentrieren – die Öffnung der Heiliggeistkirche für auch weltliche Fragen.
Tatsächlich dient diese Kirche nicht einmal mehr einer intakten Gemeinde zu sonntäglichem Gottesdienst. Querelen und langweiligste Predigten lassen Gläubige Altstädter immer häufiger die Peters- oder Providenzkirche besuchen; oder die Glotze für das Wort zum Sonntag einschalten. Längst dient dies Haus allenfalls (abgesehen von Schumanns Konzerten, das scheint mir einer der Neidknackpunkte zwischen der einen und der anderen, zwischen der Kanzel des Wortes und der Kanzel der Musik zu sein – allenfalls noch individuellem Katastrophenschutz: ob Geburt und dann der Taufe, mit 14 Jahren dann der Konfirmation (die meisten kids laufen an Heiliggeist, wiewohl anfangs willens, davon), hin zur Eheschließung und dann dem Tod – der auch nicht in der Kirche, sondern gleich direkt am Grab bepredigt wird. Die nicht alltägliche Umgebung jedenfalls hilft existenzielle Ereignisse zu fassen, mit ihnen fertig zu werden. Doch das manchmal hilfreiche Rückzugsangebot fördert Bunkermentalität, wenn die Außenwelt ausgeblendet und als das behandelt wird, was nach geltender Ansicht der Kirchenleute im Keller oder sonstwie jenseits der gotischen Kirchenmauern zu bleiben hat.
Zu solcher Bunkermenatalität gehört auch die Abwehr aller Fragen. In den Mauern die heile Welt, außerhalb der Kirche der Rest der Welt. Kein Anschluß unter dieser Nummer.
Helden der Wirklichkeit
auch in der Kirche?
Auf die Frage des Proustschen Fragebogens im F.A.Z.-Magazin nach den Helden in der Wirklichkeit wäre die Antwort fällig: Ein Lastwagenfahrer, der einen korrupten Polizisten anzuzeigen wagt. Er hat von der Ordnungsmacht Böses und vom Arbeitgeber nichts Gutes zu erwarten. Grade so geht es – ach Frau Isenmann und ach, Herr Dekan und ach, all ihr anderen Zündler oder nicht ordentlich Löschenden – geht es jetzt Peter Schumann und all seinen (von seinen Feinden als die „falschen“ apostrophierten) Freunden. Einer von denen, jener ständig mahnend-nörgelnde, den Ihr aus gutem Grund zum Idioten nicht erklären könnt, wird Euch, ich weiß wohl, erträglich, indem ihr ihn zum Zyniker ernennt. Seis drum. Auch damit kann fürderhin leben: Jürgen Gottschling

Das Amt:
Die Kraft mit der Herrlichkeit?
In Ewigkeit?

Amt, das war ursprünglich einmal die nachträgliche Bestätigung einer vorhandenen Begabung (Charisma). Das hat sich, in der Kirche zumal, längst geändert. Hier ist ein System von Über- und Unter-Ordnung im Amtsgefüge entstanden, das jedem seinen eigenen Spielraum garantiert.
Die Entstehung einer Amts-Hierarchie in der frühen Kirche ward langsam: Zwar gab es einen als Nachfolger des Petrus mit besonderen Vollmachten ausgestatteten Bischof bereits im Jahr 140; doch erst 300 Jahre später wird aus diesem Amt der mächtige Papst. Im Lauf von Jahrhunderten hat sich die mittelalterliche Hierarchie entwickelt.
Martin Luther – heute wäre er wegen Volksverhetzung im Knast – hat nun immerhin versucht, den starren Amts-Mechanismus aufzulösen, indem er das „allgemeine Priestertum aller Gläubigen“ wieder in den Vordergrund stellte. Das bedeutet: jeder kann die geistlichen Amtshandlungen wahrnehmen und Seelsorge üben – jedoch gleichsam nur „privat“. Im öffentlichen Bereich sollte der „rechtmäßige“ Amtsträger auch weiterhin Vorrang behalten – „um den ordentlichen Ablauf der kirchlichen Amtshandlungen zu garantieren“. Da liegt es natürlich in der Natur der Sache, daß nach einiger Zeit dann eben doch wieder der Amts-Mechanismus über die allgemeinen Christen-Rechte gesiegt hat.

Amt „direkt von den Aposteln“

In Folge entstanden neben der ursprünglichen Amtshierarchie flugs neue Hierarchien. Zur Qualitätsbestimmung berufen sich die alten Kirchen auf die in ihnen geltende apostolische Sukzession – also darauf, daß ihre Ämter durch Handauflegen direkt von den Aposteln abgeleitet werden können. Die übrigen – über solche Kontakte nicht verfügenden – Kirchen qualifizieren ihre Ämter nun durch die Ordination, die gleichsam den Betreffenden lebenslänglich autorisiert, Rechte und Pflichten eines Amtes wahrzunehmen. Damit stehen – nach Luthers Lehre jedenfalls – Amt und Gemeinde in einer Wechselwirkung, die besagt, es jedenfalls sollte: das Amt gibt und die Gemeinde empfängt, die Gemeinde trägt den Amtsinhaber und dieser dient (!) ihr. Soweit die Theorie. In der Praxis regieren das Pfarrerdienstrecht, die Behörde und der Bischof.
Solange die Gesellschaft auch draußen vor der Tür patriarchalische Strukturen ertrug, kam es keinem der Schäfchen in den Sinn, unter der Kanzel aufzumucken. Je mehr aber die Schafe sich draußen demokratischere Rechte erkämpften, desto auffälliger und belastender wurde den Schäfchen das autoritäre Amt in der Kirche.
Bald sollte es in seiner historischen Gestalt nicht mehr funktionieren, wurden nun auch in der Kirche demokratische Krumen verteilt, wurde etwa so demokratisiert, daß die Gemeinde ihren Pfarrer unter Pfarrern wählen durfte – ein Vorgang, der nicht einmal mählich zu einer wirklichen Mitbestimmung geführt hat. Kann man aber demokratisieren, was in der Grundstruktur monarchisch angelegt ist?
Demokratische Monarchie?
Immer noch verläuft eine unüberschreitbare Grenze zwischen oben und unten. Oben wird befohlen, angeboten, kontrolliert. Unten wird gehorcht, ausgeführt, empfangen. Eine Wechselwirkung ist nicht vorgesehen. Dies wird zwar seit Luther immer mal wieder zu durchbrechen versucht – wir tun das immer mal wieder auch. Am Herrschaftssystem durch Ämter hingegen ändert auch eine Sprache nichts, die regieren als „dienen“ und steuern als „helfen“ bezeichnet.
Klagten wir heute über unmündige Gemeinden, so wäre das ungerecht; durch Jahrhunderte nämlich war Gemeinde lediglich Ziel-Ort kirchlichen Handelns, nicht aber Gesprächs-Partner. In Heiliggeist und anderswo wurde und wird versucht, diesen Zustand zu ändern. Dazu aber wären Einübungen nötig, zu der nicht nur ein echter Frei-Raum für die Gemeindeglieder gehörte, sondern auch eine grundsätzliche Gestaltungs-Freiheit, gegebenenfalls auch gegen vorhandene Ordnungen, und erst recht, wenn sich ein Gemeindepfarrer – wie an Heiliggeist oft und gern – über beispielsweise die Grundordnung der Landeskirche Baden unverdrossen hinwegsetzt.
Laienvorstellungen nicht durchsetzbar
Nur wer wirksame Rechte hat, wird auch bereit sein, sich zu engagieren. Heute dagegen ist unser Gemeindeleben charakterisiert durch die Vormacht einiger und durch die Hilflosigkeit und das Desinteresse der übrigen. Die Maschinerie ist derart kompliziert, daß sich Laienvorstellungen kaum (allenfalls von nicht machtbesessenen Pfarrern geduldet, gibt es einige wenige solche Gemeinden doch auch in Heidelberg) durchsetzen lassen. Es ist alles vorbestimmt, vorproduziert, vorgeplant, vorarrangiert. Und dann ist da noch das theologische Defizit der Laien; von Amts wegen läßt sich alles nicht Genehme als „theologisch unerlaubt“ abqualifizieren. Das Amt ist wie eh und je unangreifbar geblieben.
Traum von Kirche? Der Kirche Alptraum!
Wer Kirchenbilder betrachtet, die den auch schriftlich überlieferten Zustand vor 300 – 400 Jahren festgehalten haben, mag sich darüber wundern, was da alles in einem Kirchenraum möglich war. Ein langgestreckter Raum hatte an einer Seite einen Altar. Dort wird gerade eine Messe zelebriert. Gleichzeitig konnte eine an eine Säule gelehnte Mutter ihrem Kind die Brust geben, konnten sich Paare umarmen und es konnten Menschen im Gespräch beieinander stehen. Was täte wohl unser Dekan Johannes Kühlewein, wenn es in einer Kirche, was täte Werner Horst Keller, wenn ihm das in „seiner“ (Heiliggeist)-Kirche „passierte“?

Wirkliches Leben ausgeschlossen
Zuzeiten war Kirche Lebens-Raum für alle und alles. Das änderte sich, als neue Lebensräume angeboten wurden. Nun wird Kirche zu dem, was sie seitdem geblieben ist: zu einem Ort für nur noch das geistliche Angebot. Als sich das tägliche Leben aus den Mauern der Kirchen zurückzog, hörte die Kirche auch auf, sich um dieses tägliche Leben zu kümmern. Das ging hier in Heidelberg so weit, daß nicht einmal Fenster (die Schreiterschen Entwürfe für Heiliggeist) in der Kirche vorzukommen hatten, die sich mit wirklichem Leben beschäftigen, mit Physik, Literatur, Musik, Computern, Medien, Ökonomie, Chemie, Biologie, Medizin und Verkehr. Das aber hatte nach Meinung der Straße in den kirchlichen Gremien außen vor zu bleiben.
Stattdessen beschäftigen sich die Hella Santarossaschen Fenster mit den vom Gemeindepfarrer vorgegebenen und nicht nachvollziehbaren Dingen hinter den Dingen: Gottes Geist allüberall und so weiter. So einfach aber jedenfalls kommt allenthalben fühl- und spürbar der nicht über die.
Wer mittelalterliche Predigten mit heutigen vergleicht, spürt schnell den Unterschied: Seel-Sorge hat sich von der Leib-Sorge getrennt. Der Verlust all dessen. was den Alltag ausmacht, hat die Kirche „vergeistigt“ und das Amt verabsolutiert, doch gleichzeitig reduziert auf einen nur ganz kleinen Bereich des menschlichen Lebens. Die fortgehende Aushöhlung der regulären Gemeinde-Veranstaltungen läßt vermuten, daß die Unzufriedenheit mit dem kirchlichen Angebot anhält. Der Mensch unserer Tage „braucht“ nicht, was Kirche anbietet. Schon gar nicht „braucht“ er Amtsträger, die – gleichsam als Gottes Stellvertreter – Wahrheiten verkündigen, die „nutzlos“ scheinen. Er sucht vielmehr eine Heimat, wo er gut aufgehoben ist. In den alten Kirchen muß das möglich gewesen sein, muß es charismatische Prediger gegeben haben, sonst hätten sie keinen Zulauf gehabt. Die Urchristenheit hat ihre Ämter aus der Praxis entstehen lassen. Ob aus der Praxis heute neue Formen neuer Ämter entstehen können?
Zu guter Letzt
Zugegeben, es gehört schon zum guten Ton unter intelligenteren Christen, an der „Amtskirche der Gegenwart“ kein gutes Haar zu lassen und sie an der Kirche, wie Jesus sie wollte und in seiner Person vorlebte, zu messen. Großzügig aber wird dabei darüber hinweggesehen, daß Jesus weder eine Kirche noch ein Amtspriestertum, noch und schon gar nicht ein Papsttum gestiftet oder begründet hat. Der allseits in christlichen Kreisen zu hörende Ruf „Zurück zur Praxis Jesu“ und die nicht minder vernehmbare Forderung eines „Rückgriffs auf ursprüngliches Christentum“ beinhalten fundamentalistische Leerformeln, die von vornherein die Illusion vorgaukeln, die Praxis Jesu und das ursprüngliche Christentum seien etwas entrückt und unantastbare Ideale gewesen. Die Amtskirche wird übrigens diesen „Fundamentalisten des vollkommenen Anfangs“ trotz aller von diesen geäußerten Kritik an ihr heimlich dankbar sein. Denn für viele denkende Christen ist der Glaube an das ursprünglich vollkommene Christentum das einzige Mittel, die einzige Möglichkeit, noch in der Kirche zu bleiben und wider alle Hoffnung auf eine innerkirchliche Reform dennoch darauf zu warten. Eine emotionale Identifizierung ihrer Mitglieder ist der Amtskirche in diesem Prozeß so wichtig denn auch wieder nicht, sie hat in ihren Reihen sogar ausdrückliche Atheisten, die aber auf ihre Loyalität der Kirche gegenüber Wert legen. Das bringt auch heute noch gesellschaftliche Vorteile. Und, zu guter Letzt, hat das falsche Bewußtsein das Verdienst, vom richtigen entlarvt werden zu dürfen.
 So gesehen trägt es – trägt alleweil auch Jürgen Gottschling – bei zur fortschreitenden Erleuchtung der immer finsterer werdenden Welt. Amen.

Okt. 2019 | €uropa | Kommentieren

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