Im August 1961 verstärkt die DDR ihre Propaganda auf allen Kanälen. Westberlin wird hermetisch abgeriegelt. Ein Akt der Verzweiflung, umetikettiert zum antifaschistischen Schutzwall. Der Rundfunk setzt auf Siegerposen und Lieder mit zweifelhaftem Humor.
„Go up to the Olympic stadion in Westberlin to the police show. You see more SS troopers there you have even seen in your life.“ Das Radio empfiehlt einen Besuch im Westberliner Olympiastadion. Da könne man SS-Leute sehen, die jetzt eine Polizei-Show zeigen.

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Aug. 2021 | Allgemein, Essay, In vino veritas, Junge Rundschau, Politik, Sapere aude, Senioren, Zeitgeschehen, Wo aber Gefahr ist, wächst / Das Rettende auch | Kommentieren

Die Klimakrise vollzieht sich erheblich schneller, als lange angenommen wurde, warnt die Uno in einem neuen Bericht. Was sagen diejenigen dazu, die für die aktuelle Klimapolitik verantwortlich sind?
Die Klimakrise schreitet voran. Die Erde heizt sich auf, die Luft, die Meere. Und das noch schneller, als viele vermutet – und befürchtet – haben. Der Intergovernmental Panel on Climate Change, der IPCC, hat an diesem Montag einen neuen Bericht veröffentlicht. Darin heißt es: „Wenn es nicht gelingt, die Emissionen von Treibhausgasen stark und schnell zu verringern, wird die weltweite Mitteltemperatur schon in den kommenden 20 Jahren einen Wert von mindestens 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Wert erreichen. (mehr …)

Aug. 2021 | Allgemein, Essay, Gesundheit, In vino veritas, Junge Rundschau, Politik, Sapere aude, Senioren, Zeitgeschehen, Wo aber Gefahr ist, wächst / Das Rettende auch | Kommentieren

Sergej Lebedew als Spurensucher. Der russische Schriftsteller, 1981 geboren, ist studierter Geologe, der in Mineralien und Erdschichten die Zeichen einer vergessenen Vergangenheit aufspürt. Auch in seinem literarischen Werk steigt er hinab in die nicht selten verborgene und weggesperrte Geschichte seiner Familie und seines Landes, um das aufzuspüren, was Leben formt und prägt, was mitunter kollektive Traumata, Paranoia und Psychosen hervorruft und was sich wie ein Gift in der Gesellschaft über Generationen verbreitet und so Unheil beschwört.
In seinem Debüt Der Himmel auf ihren Schultern (2010) beschäftigte sich Lebedew mit der Geschichte seines Großvaters, der einem Gulag als Kommandant vorgestanden hatte. Mit Menschen im August (2016) stieg er tief hinab in die Verstörungsgeschichte der sowjetisch-russischen Psyche. In Kronos’ Kinder (2018) folgte er den deutschen Wurzeln in seiner Familie und damit der deutsch-sowjetischen Geschichte.So betreibt er seine eigene Vergangenheitsbewältigung, was in einem Land, das vieles tut, um die eigenen Leichen im Keller unter Propagandaschutt zu erdrücken und die Geister mit Mitteln der Angst und der Gewalt zu bändigen, ein politischer Akt der Auflehnung ist. (mehr …)

Aug. 2021 | Allgemein, Buchempfehlungen, Feuilleton, Junge Rundschau | Kommentieren

Zu seinem in diesem Jahr 200. Geburtstag möchten wir Ihnen sein fulminantes Plädoyer für den „Genuss des Weins“ näherbringen, Charles Baudelaire, Gründervater der europäischen Moderne, verdankt diesen Titel seiner 1857 erschienenen Gedichtsammlung „Les Fleurs du Mal“ (Die Blumen des Bösen). Wobei das „Mal“ eher etwas wie „widerwärtig, abstoßend, schlecht, krank“ meint als ein viel zu moralisches „Böses“. Kurz nach dem Erscheinen der Sammlung hatte sich Baudelaire einem Prozess wegen „Beleidigung der öffentlichen Moral und der guten Sitten“ zu stellen. Sechs Gedichte aus dem Band wurden verboten – vor allem Verse, die die lesbische Liebe feierten.

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Aug. 2021 | Allgemein, Essay, Feuilleton, In vino veritas, Senioren | Kommentieren

Jede Bewegung braucht eine große und attraktive, aber simple Erzählung, der man sich anschließen kann. Das kann ein ideologischer Kern sein, eine emotionale Weltsicht oder eine historische Verkürzung. Die Funktion dieser Idee muss man sich auch als eine Art Filter oder Brille vorstellen, mit der alles Geschehen betrachtet und bewertet wird. Die Bewegung, zu der querdenkende „Querlinge“ geronnen sind, hat die Essenz ihrer Erzählung inzwischen gefunden: Wir sind die Opfer!
Es geht dabei nicht mehr nur um die klassische Opferpose, die viele radikale Bewegungen als Instrument verwenden. Sondern um einen umfassenden Kult des Opferseins. Mit allen dazugehörenden Kultelementen wie Märtyrern (»Er hat sich für uns geopfert!«), Dolchstoßlegenden (»Wir wurden von denen verraten, die uns beschützen sollten!«), Endzeit-Verschwörungen (»Die Pandemie ist nur der Anfang!«) und Erlösungsfantasien hinsichtlich des Opferdaseins (»Bald stürzen wir das Merkel-Regime und werden endlich frei und glücklich sein!«).

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Aug. 2021 | Allgemein, Essay, Gesundheit, In vino veritas, Junge Rundschau, Sapere aude, Senioren, Zeitgeschehen, Wo aber Gefahr ist, wächst / Das Rettende auch | 1 Kommentar

Dominik Graf langt für diese Verfilmung mit beiden Händen ins filmhistorische Archiv und nutzt das riesige Reservoir der Möglichkeiten für einen Avantgardefilm, der wenig mit avantgardistischem Pathos, aber mit der Sinnenfreude des Kinos viel zu tun hat: Das Problem mit der Avantgarde ist ja, dass sie immer so avantgardistisch ist, heißt es an einer Stelle in loser Kästner-Verfilmung „Fabian oder der Gang vor die Hunde“. Was sich in dieser lustvollen Szene – Sommer, Wasser, Leute drin – ausplaudert, ist vielleicht auch die Haltung dieses schönen Films: Was muss die Filmkunst oft so unsinnlich sein? Was müssen das Spiel und Experiment mit den Formen, der Griff ins filmhistorische Archiv oft so ernstelnd ausfallen?

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Aug. 2021 | Allgemein, Feuilleton, InfoTicker aktuell, Junge Rundschau, Film | Kommentieren

Unter dem knappen Vermerk «Bundesrepublik 1946» findet sich in Salcia Landmanns umfänglicher Sammlung jüdischer Witze folgender Eintrag: «Was ist der Unterscheid zwischen einem Saupreiss und einem Saujud? – Saupreiss darf man sagen.» Liest man das heute, hat man den zeitlichen Abstand vor Augen. Vor 75 Jahren konnte man, wenn man denn wollte, so etwas witzig finden, weitererzählen und einem Sammelwerk über die Geschichte des jüdischen Witzes einverleiben. Man musste nicht befürchten, als Juden- oder Preussenhasser blossgestellt, am Ende sogar vor Gericht geschleppt und bestraft zu werden. Heute ist man da längst nicht mehr so sicher. Ein falscher Witz kann böse Folgen haben, weshalb man ihn am besten unterlässt.

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Aug. 2021 | Allgemein, Essay, Feuilleton, Junge Rundschau, Senioren | Kommentieren

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Aug. 2021 | Allgemein | Kommentieren

An der Front, was die Romankunst der Gegenwart angeht: Howard Jacobson.Live a Little, das nun auf Deutsch bei Klett-Cotta unter dem etwas umständlichen, bräsig kalauernden Titel Rendezvous und andere Alterserscheinungen vorliegt, ist vielleicht Jacobsons bestes Buch. Es ist etwas Gewagtes, literarisch monströs heikel – eine komplett politisch unkorrekte „geriatric comedy of manners“, eine Senioren-Gesellschaftskomödie mit und über zwei Figuren, die höchstbetagt sind.

Alt, noch älter: Etwa achtundsiebzig

Oder gar 90: Beryl Dusinbery, über 90, die „Prinzessin“, gallig-scharfzüngig, impulsiv, sarkastisch, die in ihrer Wohnung in der Finch ley Road zu London von zwei Betreuerinnen, einer aus Afrika, einer aus Moldawien, gepflegt wird. Richtig hinfällig ist sie nicht, doch das Gedächtnis scheint sie nach und nach im Stich zu lassen. Gegenfigur ist Shimi Carmelli, Sohn einer Jüdin, die starb, als er Teenager war, und eines Vaters aus Malta, der ein Jahr nach dem Tod der durchscheinend fragilen Frau spurlos verschwand, stramm auf die 91 zugehend. (mehr …)

Aug. 2021 | Allgemein, Buchempfehlungen, Gesundheit | Kommentieren

Marsilius von Ingen – von Pfalzgraf Ruprecht I. zum ersten Rektor der Universität Heidelberg berufen

Marsilius von Inghen studierte und lehrte an der Universität in Paris, an der er zeitweise auch zum Rektor aufstieg. Als sich die mittelalterliche Kirche 1378 durch die Wahl von zwei Päpsten aufspaltete, stand er aufseiten des römischen Papstes, während Paris dem in Avignon residierenden Gegenpapst zuneigte. Wie viele andere Universitätsangehörige musste Marsilius daraufhin seine Lebensplanung ändern. Kurfürst Ruprecht I. gelang es, ihn als „anheber und regirer“ und somit als Gründungsrektor für die 1386 eröffnete Universität Heidelberg zu gewinnen.  Marsilius vollendete in Heidelberg sein in Paris begonnenes Theologiestudium und wurde 1396 – kurz vor seinem Tod am 20. August desselben Jahres – zum Doktor der Theologie promoviert. Er hinterließ der noch jungen Universität seine umfangreiche Büchersammlung und sorgte auch für die Gründung eines Universitätsarchivs.

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Aug. 2021 | Allgemein | Kommentieren

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