Cortez hat ihn bereits bei den Azteken gefunden, die Meder wurden von Ben Akiba gerühmt, weil sie nur auf die Hand küssten. Dem Vollmond Küsse zuzuwerfen mit einer Hand, das war im Land des Götzen Baal der Brauch, darüber wissen wir über Hiob, der sich vor Jehova verteidigt, solches nie getan zu haben. Noch die alten Römer ehrten unzugängliche Götterstatuen per Handkuss. Solchermaßen heidnisch verfilzt sind die Wurzeln der Redewendung: Das nehm ich doch mit Handkuss.
In Wien lässt es sich heute noch alleweil hören, dies vom Hofzeremoniell heruntergekommene: Küss die Hand, gnä´ Frau. Auf der Straße so dahingesagt, hatte der Handkuss einen weiten Weg zurückzulegen aus dem galanten Zeitalter. Aber auch dort nur anzukommen, hatte der Handkuss eine Menge Unbill zu ertragen: Vor vierhundert Jahren beobachtete Montaigne in der Schweiz – wo sich distinguierte Damen auch heute noch Handkuss und Kusshand durchaus mit Erfolg vom Leibe halten – ebendies in Variation: „Man grüßt die Frauen, indem man seine eigene Hand küsst und sie ihnen anbietet.“
Auf welchem Umweg dieser Brauch auch immer in hierzulande angekommen sein mag – er ist wilden Ursprungs.
Allenfalls in gesellschaftlichen Reservaten wird der Handkuss noch zelebriert (gestern abend zum Beispiel in Heidelberg im „Weinloch“ bei der Buchvorstellung „Menschen – Augen – Blicke), zollbreit hingehaucht über dem Handrücken, wobei aus nicht ersichtlichem Grund der Handkuss ein Dach verlangt. Unter freiem Himmel ihn loswerden zu wollen, ist seit uralten Zeiten ungehörig.
Vor der Handreichung spuckten sie die Massai auf den Handteller, wohingegen die bespuckte Hand auf einigen Südseeinseln dem zu ehrenden Gegenüber in´s Gesicht gerieben wurde. Besonders faforitisierten Gästen im Gebiet des weißen Nils wurden vom Stammeshäuptling mit einem Spuck in die Hand oder in´s Gesicht geehrt. Völkerkundler vermuten, dass die Sitte der Fidji-Insulaner, die Gasthand an die Nase zu halten und ausgiebig zu beriechen, letztendlich bewiesen, dass jedwedes Küssen seinen Ursprung im Schnuppern und Belecken des Tierreiches habe. Ethnologen hingegen nähren den Verdacht, der Handkuss sei ein emporgerutschter Fußkuss, der sich nun als liberale Spielart bodenfälliger Demut zu halber Höhe emporschwingen dürfe. Wobei sie nicht vergessen zu erwähnen, dass es jedoch heute (mal schauen, was der Neue daraus macht) noch den Pantoffelkuss am päpstlichen Hofe gibt, während dort der Handkuss dem Kreuz auf dem Handschuh des Papstes gilt.
Draußen in der Welt von Vollbärtigkeit aber leidet der Handkuss das Schicksal von allem Altbackenen. Da half auch der ermunternde Schlagerrefrain aus den zwanziger Jahren nicht weiter: „Ich küsse ihre Hand Madame.“ Ach ja, dies noch auf den Weg:
Ceterum censeo …“ alsdann: Ceterum censeo …“ alsdann: „Im Übrigen bin ich der Meinung, dass“ – Sie wissen schon – aber nicht, dass Karthago zerstört werden müsse, sondern dass Sie mir bei der nächsten Gemeinderatswahl im Mai 2014 (das können Sie egal auf welcher Liste tun) drei Stimmen bei den Freien Wählern anvertrauen. Sie werden schon hören und sehen, was Sie davon haben. Die Anderen auch. Versprochen!