Schon die Jüngsten scheinen sich – klammheimlich – äußerst wichtige Botschaften zu vermitteln

Für einen Austausch sind – was Wunder – Partner notwendig

Stellen wir uns zur Veranschaulichung eine Situation vor, in der eine Bekanntgabe vor einer großen Menschenmenge gemacht wird. Es wird eine Menge an Informationen übermittelt, aber die Kommunikation verläuft meist nur in eine Richtung, es gibt also keinen Austausch zwischen Rednern und Publikum. „Es ist unmöglich, ein Gespräch gleichzeitig mit 20 Personen zu führen, also sprechen wir normalerweise mit jeweils einem Partner“, erklärt Vlad Demartsev. ‚Kontakt Rufe‘ sind ein solcher Austausch zwischen einzelnen Kommunikationspartnern, während ‚kurze Töne‘ eher einer Bekanntgabe gleichen, die sich an die ganze Gruppe richtet.

Vlad Demartsev und Ariana Strandburg-Peshkin, Gruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie und der Universität Konstanz, haben zusammen mit Mitarbeiter*innen der Universität Zürich Erdmännchen in mehreren Gruppen im Kalahari Research Centre in Südafrika mit Chip-Halsbändern ausgestattet. Die Halsbänder zeichneten kontinuierlich Audiodaten und die GPS-Positionen im Sekundentakt auf. Mithilfe dieser Daten erhielten die Forschenden eine synchronisierte Aufzeichnung und konnten exakt nachvollziehen, welches Tier wann und wo welchen Laut produzierte.

Austausch oder Bekanntgabe?

Anschließend erstellten die Verhaltensökologen eine Audio-Zeitleiste für die gesamte Gruppe und analysierten die Daten. „Wir sahen, dass bei einem ‚nahen Ruf‘ die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass innerhalb von weniger als einer halben Sekunde ein benachbartes Erdmännchen antwortet. Bei einem ‚kurzen Ton‘ gibt es dieses Muster jedoch nicht. Alle rufen fast zur gleichen Zeit und es gibt keine Struktur“, sagt Vlad Demartsev. „Letztlich sind Rufe keine isolierten Einzelereignisse, sondern ein kontinuierlicher Fluss von Kommunikation zwischen den Gruppenmitgliedern. Wenn wir uns also die zeitliche Struktur der Interaktionen ansehen, können wir besser verstehen, wie Rufe genutzt werden und welche Funktion sie haben“, fügt Ari Strandburg-Peshkin hinzu.
Für Erdmännchen ist es wichtig, in der Gruppe zu bleiben, und sie haben mehrere Techniken entwickelt, um nicht getrennt zu werden. „Wenn Erdmännchen allein sind, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie von anderen Gruppen angegriffen oder belästigt werden. Im Allgemeinen bemühen sich Erdmännchen daher sehr, zusammen zu bleiben“, erläutert Vlad Demartsev.

Faktenübersicht

Vlad Demartsev ist Verhaltensökologe am Exzellenzcluster Kollektives Verhalten und beschäftigt sich mit der vokalen Kommunikation von Säugetieren im sozialen Umfeld. Seine Forschung konzentriert sich auf das Zusammenspiel zwischen Aspekten der sozialen Umgebung, Kommunikationstaktiken und Signalstrukturen.
Ariana Strandburg-Peshkin ist Leiterin einer Forschungsgruppe, die sowohl der Abteilung Ökologie von Tiergesellschaften des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie als auch am Fachbereich Biologie der Universität Konstanz zugeordnet ist. Ihre Gruppe untersucht die Mechanismen und Folgen von Kommunikation und kollektivem Verhalten bei sozialen Tieren.
Der Exzellenzcluster Kollektives Verhalten der Universität Konstanz ist ein weltweit führendes Spitzenforschungszentrum für die Erforschung von Schwarmverhalten. Interdisziplinär werden drängende Fragen über Arten- und Organisationsebenen hinweg angegangen, von neuronalen Mechanismen über individuelle Wahrnehmung und Präferenzen bis hin zu kollektivem Verhalten in Gruppen oder ganzen Gesellschaften.

 

Mai 2024 | Allgemein | Kommentieren