Forscher vom Max-Planck-Institut vermuten winziges schwarzes Loch im Inneren der Sonne. Die Idee ist erstmals 1971 von Stephen Hawking geäußert worden, gewinnt aber durch neue Forschung wieder an Schwung. Danach könnte unsere Sonne kurz nach dem Urknall ein schwarzes Loch in sich aufgenommen haben.
Es scheint sich um eine nicht von der Hand zu weisende Hypothese zu handeln.

Schwarze Löcher könnten sich im Inneren von Sternen „verstecken“. Was zunächst unwahrscheinlich klingt, könnte indes helfen, seltsame Gravitationseffekte im Universum zu erklären, die der dunklen Materie zugeschrieben werden.

Entsteht dunkle Materie im Inneren von Sternen,
die schwarze Löcher beherbergen?

Ein Forschungsteam um Earl Bellinger vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching bei München ist nun so weit gegangen, das Verschlingen von schwarzen Löchern als mögliche Erklärung für die dunkle Materie als solche zu untersuchen. Dabei haben Bellinger und Kolleg:innen berechnet, welche Auswirkungen sogenannte primordiale schwarze Löcher unterschiedlicher Masse auf die Entwicklung ihres Wirtssterns haben könnten.
Dabei geht Bellingers Team davon aus, dass es sich für unsere Sonne um ein schwarzes Loch handeln müsste, das etwa der Größe des Planeten Merkur entsprechen könnte. Kleinere Löcher würden kaum messbare Auswirkungen haben und größere würden die Sonne zu schnell von innen auffressen.

Ein schwarzes Loch in Merkurgröße hingegen würde die Sonne wachsen lassen, indem es ein starkes Licht erzeugt, das seine äußeren Schichten verdrängt. Das würde dazu führen, dass die Temperatur im Laufe von Millionen von Jahren unter die für die Kernfusion erforderliche Temperatur sinke und so den Stern stabil halte, so Bellinger.

Schwarze Löcher bringen Sterne zum Pulsieren

Dieser Abkühlungseffekt würde den Stern in einen Zustand versetzen, der am ehesten mit einem Topf mit kochendem Wasser zu vergleichen sei, so das Max-Planck-Team. Letztlich würde sich die Sonne in eine seltene Art von ungewöhnlich kühlem Stern verwandeln – einen sogenannten roten Nachzügler.

Wenn nun aber ein roter Nachzüglerstern ein schwarzes Loch im Zentrum hielte, würde ihn das auf einzigartige Weise pulsieren lassen. Um die Theorie zu verifizieren, will Bellinger nun in den etwa 500 roten Nachzüglersternen, die derzeit bekannt sind, nach dieser Signatur suchen.
Zwar kann für die Sonne das charakteristische Pulsieren nicht nachgewiesen werden. Das sei indes erklärbar, so Bellinger. Immerhin könnte das schwarze Loch in der Sonne klein genug sein, um eine schwer zu entdeckende Signatur zu erzeugen.

Dennoch würde das Objekt die Entwicklung der Sonne beeinflussen. Es könnte etwa die Temperatur der Sonne effektiv absenken und die Erde davor bewahren, von der Sonne verschlungen zu werden.
Der Menschheit und anderen Lebewesen auf der Erde würde das indes nicht helfen, denn unser Planet würde immer noch heiß genug werden, um die Ozeane auszukochen und alles Leben zu vernichten.

Interessante Theorie – mit einem Haken

Allerdings könnte die Entdeckung weiterer Sterne mit primordialen schwarzen Löchern dazu beitragen, die dunkle Materie zu erklären, von der die Forschung annimmt, dass sie die ansonsten unerklärlichen Gravitationseffekte verursacht, die wir im Universum sehen. Ein Beispiel sind etwa Galaxien, die schneller rotieren, als man aufgrund des Einflusses der sichtbaren Materie allein erwarten dürfte. Wenn sich allerdings schwarze Löcher in Sternen verstecken würden, könnte ihre zusätzliche Masse diesen Effekt erklären.

Paulo Montero-Camacho von der Tsinghua-Universität in China gibt zu bedenken, dass die neue Studie einen gravierenden Haken hat. So müsste die Annahme, dass Sterne primordiale schwarze Löcher überhaupt aufnehmen können, erst noch bewiesen werden. Das hält Montero-Camacho laut New Scientist für fragwürdig: „Es ist schwierig für einen Stern, primordiale schwarze Löcher einzufangen, da sie so winzig sind und sich so schnell bewegen.“

 

Jan. 2024 | Allgemein, Feuilleton | Kommentieren