Eher selten werden wir derzeit mit guten Nachrichten versorgt – mithin sollten wir uns in diesen Zeiten möglichst lange (wie an solch einem Bild) an ihnen erfreuen können. Am vergangenen Wochenende schafften Delegierte aus über 190 Nationen in New York ein Wunder: Sie einigten sich auf den Text für ein Abkommen zum Schutz der Hohen See. Also jener 60 Prozent der Ozeane, die nicht unter der Hoheitsgewalt von Insel- und Küstenstaaten stehen und bislang ein rechtsfreier Raum sind. Es ist binnen weniger Monate der dritte Erfolg beim globalen Umweltschutz – und das in einer Ära neuer heißer und kalter Kriege, in der viele den Multilateralismus schon für gescheitert hielten.

Nicht zwar solte etwa damit die Rettung des Planeten ausgemacht sein – bei der UN-Klimakonferenz im vergangenen November im ägyptischen Scharm al-Scheich konnten sich die Regierungen keineswegs auf ausreichende Reduktionen von CO₂-Emissionen einigen, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Aber immerhin schufen sie trotz des Widerstands reicher Staaten endlich einen „loss and damage-Fonds“, aus dem arme Menschen im Globalen Süden für die erlittenen Verluste und Schäden durch den Klimawandel entschädigt werden sollen.
Wenige Wochen später beschlossen die Staaten der Weltgemeinschaft im kanadischen Montreal in einem Rahmenabkommen zur Bewahrung der Artenvielfalt, bis zum Ende des Jahrzehnts 30 Prozent der globalen Land- und Wasseroberfläche unter Schutz zu stellen. Und nun also New York.
Der Vertrag über den Schutz der Hochsee ist bis auf Weiteres ein Versprechen. In Kraft tritt er erst, wenn ihn mindestens 60 Staaten ratifiziert haben. Das muss schnell gehen, um die Überfischung, Vermüllung und Vergiftung der Weltmeere zu bremsen. Die Ozeane sind die Lebensversicherung der Menschheit. Ihre Fischbestände ernähren Milliarden, sie produzieren die Hälfte des Sauerstoffs zum Atmen, binden gigantische Mengen an CO₂. Aber ihre Ökosysteme werden immer fragiler. Fischereiflotten, vor allem chinesische, ziehen eine Schneise der Verwüstung durch die Meere. Plastikmüll findet man heute sogar auf dem Grund des Marianengrabens in 11.000 Meter Tiefe. Und mehrere Unternehmen und Regierungen hoffen jetzt auf Rohstoffe aus dem Tiefseebergbau.

Im New Yorker Abkommen sind erstaunlich weitreichende Regelungen vorgesehen – von der Festlegung von Schutzgebieten bis zu Prüfungen der Umweltverträglichkeit von Forschungsvorhaben und Plänen zum Rohstoffabbau. Dabei konnte sich die große Mehrheit der Delegationen gegen China und Russland durchsetzen, die einstimmige Beschlüsse für die Ausweisung von Schutzgebieten gefordert hatten. Das wäre einem Vetorecht gleichgekommen. Nach dem neuen Abkommen sollen auch Entscheidungen mit Dreiviertelmehrheit möglich sein. Wie ein Schutzstatus konkret definiert ist, wo genau geschützte Gebiete liegen und welche Ausnahmen zum Beispiel für Tiefseebergbau möglich sein sollen – all das muss in den nächsten Monaten in neu zu schaffenden Gremien verhandelt werden.

März 2023 | Allgemein, Gesundheit, In vino veritas, Junge Rundschau, Politik, Sapere aude | Kommentieren