Daß es möglich ist, ohne Gott „gut“ zu sein, ein anständiges Leben zu führen und ethische Maßstäbe zu entwicklen, beweisen jeden Tag viele Millionen Menschen. Allerdings bemühen sich die Religionslobbyisten seit je, die Vorstellung, ein fester Glaube sei geradezu Voraussetzung dafür, gut zu sein, im öffentlichen Bewußtsein zu verankern. Und dies nicht ohne Erfolg: so ist in den meisten Schulbüchern für den Ethik-Unterricht, den in erster Linie Konfessionslose besuchen, wenig von Humanismus, aber viel von christlichen Werten die Rede.
Christian Lührs hat nun ein Buch verfaßt, das sich genau an diese Zielgruppe richtet: an größere Kinder und Jugendliche, die nach Orientierungspunkten suchen und mit den Angeboten der Religionen wenig anfangen können.

In über 40 kurzen Kapiteln werden zentrale ethische Fragen erörtert und Probleme besprochen, die jungen Menschen bei der Suche nach Identität begegnen; es geht um Emotionen, die eigenen Rechte und die Rechte der anderen, den eigenen Willen und das eigene Handeln, den Sinn des Lebens – alles aus einer diesseitigen Perspektive und mit grundlegender Skepsis gegenüber religiösen Heilsangeboten.
Lührs hat das Buch für seinen Sohn geschrieben (weil er lange vergeblich nach einem solchen Buch gesucht hat) und so wählt er die Form der direkten Ansprache. Das macht die Texte gut lesbar und stellt eine gewisse vertrauliche Atmosphäre her, die einer Diskussion der „letzten Fragen“ sicherlich zugute kommt. Allerdings hätte das Buch in manchen Kapiteln auch „offener“ argumentieren können; so entsteht hin und wieder doch der Eindruck, es gehe hier weniger um ein (zu prüfendes) Angebot denn um den Rat des Vaters (der dem Sohn in diesem Alter gegenüber immer noch eine Rolle einnimmt, der ein „fürsorglicher“ Anteil innewohnt).
Ob das Buch die Fragen der ungläubigen Jugendlichen zu ihrer Zufriedenheit beantwortet, wird sich in der Praxis zeigen; hier muß sich Gut sein ohne Gott bewähren. Und diese Chance sollten Eltern dem Buch geben.

Kein Ratgeber, kein Lehrbuch, keine Bibel – was dann?
„Ein ethischer und weltanschaulicher Standpunkt!“
Was bedeutet das?
„Das bedeutet eine rationale, materialistische Philosophie, die auf einige Glaubenssätze nicht verzichten kann und will.“
Warum?
„Wir können nicht alles wissen. Existiert die Welt wirklich? Das glauben wir eben.“
Was ist dann anders als in der Bibel?
„Ich glaube nicht an Gott. Ich glaube nicht an ein Leben nach dem Tod. Ich glaube an die Selbstverantwortung des Einzelnen.“
Und was wissen wir?
„Nichts. Aber wir haben gute Modelle. Unser Verstand, die Natur- und Geisteswissenschaften sind hervorragende Werkzeuge, um mit der Welt vernünftig umzugehen. Dazu brauchen wir zum Glück keine religiösen Mythen mehr.“
Wer glaubt das sonst noch?
„Ich glaube, fast alle. Vielleicht Herr Ratzinger nicht. Aber sonst wüsste ich kaum jemanden, der dem nicht zustimmen würde.“
Warum ein Buch für Kinder?
„Weil es für sie wichtig ist, wenn sie sich irgendwann fragen, was das alles soll.“

August von Goethe Literaturverlag, 2007
85 Seiten, kartoniert, Euro 7,90
Best.Nr. 704 159

Mrz 2013 | Allgemein, InfoTicker aktuell | Kommentieren