Der Schriftsteller Salman Rushdie ist in den USA auf einer Bühne angegriffen worden. Laut Polizei wurde er verwundet und in ein Krankenhaus geflogen. Rushdie „Die satanischen Verse“ hatte vor 30 Jahren Todesdrohungen zur Folge.
Der Autor Salman Rushdie ist auf einer Bühne im US-Bundesstaat New York angegriffen worden. Das bestätigte die Polizei. Demnach erlitt der 75-Jährige eine Stichwunde am Hals. Der Tatverdächtige wurde festgenommen.
Der Mann sei in einer Veranstaltungshalle im Ort Chautauqua auf die Bühne gerannt und habe Rushdie und einen Interviewer attackiert, teilte die Polizei mit. Reporter berichteten davon, er habe zehn bis 15-mal auf Rushdie eingeschlagen oder eingestochen. Der Schriftsteller wurde mit einem Hubschrauber in ein nahe gelegenes Krankenhaus gebracht. Der Polizei zufolge wurde er mindestens einmal in den Hals und den Bauch gestochen.
Rushdie ist seinem Manager zufolge an ein Beatmungsgerät angeschlossen. „Die Nachrichten sind nicht gut“, schrieb Andrew Wylie nach Angaben der „New York Times“. Der 75-Jährige könne nicht sprechen und werde wahrscheinlich ein Auge verlieren. Nervenstränge in seinem Arm seien durchtrennt und seine Leber beschädigt worden.
Polizeisprecher: Angreifer ein 24-jähriger Amerikaner
Bei dem Angreifer handelte es sich um einen 24-jährigen Amerikaner aus New Jersey. Das sagte Polizeisprecher James O’Callaghan bei einer Pressekonferenz. Das Motiv für die Tat sei momentan noch unklar.
Er hatte ersten Erkenntnissen zufolge wohl keine Komplizen. „An diesem Punkt gehen wir davon aus, dass er allein war, aber wir versuchen sicherzustellen, dass dies der Fall war“, so O’Callaghan. Am Tatort sei ein Rucksack sichergestellt worden. Auch ersuche man eine Reihe von Durchsuchungsbefehlen.
Gouverneurin: Polizist rettete Rushdies Leben
Nach Aussagen der New Yorker Gouverneurin Kathy Hochul rettete das Eingreifen eines Polizisten dem Schriftsteller das Leben. „Es war ein staatlicher Polizist, der aufstand und sein Leben rettete, ihn beschützte“, sagte sie. Rushdie sei am Leben und bekomme in einem örtlichen Krankenhaus die Hilfe, die er benötige, so die Gouverneurin.
Fatwa wegen „Die satanischen Verse“
Rushdies Buch „Die satanischen Verse“ ist im Iran seit 1988 verboten. Das Werk gilt vielen Muslimen als blasphemisch. 1989 erließ der inzwischen verstorbene Oberste Geistliche im Iran, Ajatollah Ruhollah Khomeini, eine Fatwa. Sie rief zur Tötung Rushdies und all derer auf, die an der Verbreitung des Buches beteiligt waren. In dem Land wurden mehr als drei Millionen Dollar Belohnung für die Tötung des Autors ausgesetzt.
Ein japanischer Übersetzer wurde später tatsächlich getötet. Rushdie musste untertauchen und erhielt Polizeischutz. Die Lage entspannte sich aber in den späten 1990er-Jahren, nachdem die Regierung des Iran 1998 erklärte, Rushdies Ermordung nicht zu unterstützen.
Weiter Drohungen und Boykotte
Drohungen und Boykotte gegen literarische Veranstaltungen, an denen Rushdie teilnahm, gab es jedoch weiter. Dass Rushdie 2007 von Königin Elisabeth II. zum Ritter geschlagen wurde, löste im Iran und in Pakistan Proteste aus.
Nach Angaben seines Verlags aus dem vergangenen Jahr hat die Fatwa des Ajatollahs für den Schriftsteller aber keine Bedeutung mehr. Rushdie sei nicht mehr eingeschränkt in seiner Bewegungsfreiheit und brauche auch keine Bodyguards mehr.
Geboren wurde der Autor im Jahr der indischen Unabhängigkeit 1947 in der Metropole Mumbai (damals Bombay). Er studierte später Geschichte am King’s College in Cambridge. Seinen Durchbruch als Autor hatte er mit dem Buch „Mitternachtskinder“, das 1981 mit dem renommierten Booker Prize ausgezeichnet wurde.
„Ein Angriff auf die Rede- und Gedankenfreiheit“
Die Tat löste weltweit Entsetzen aus. Der US-Senator und Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, schrieb auf Twitter, die Tat sei ein „Angriff auf die Rede- und Gedankenfreiheit, die zwei Grundwerte unseres Landes und der Chautauqua Institution“ seien. Auch der scheidende britische Premierminister Boris Johnson zeigte sich „entsetzt“, dass Rushdie attackiert wurde, während er „ein Recht ausgeübt hat, dass wir niemals aufhören sollten zu verteidigen“.
UN-Generalsekretär António Guterres reagierte ebenfalls mit Entsetzen auf den Angriff. „In keinem Fall ist Gewalt eine Antwort auf Worte, die von anderen in Ausübung ihrer Meinungs- und Ausdrucksfreiheit gesprochen oder geschrieben wurden“, teilte Sprecher Stephane Dujarric mit. Guterres wünsche Rushdie baldige Genesung.
Auch mehrere international bekannte Autoren äußerten sich schockiert. Vom US-amerikanischen Autorenverband PEN America heißt es in einer ersten Stellungnahme, man sei „entsetzt über die Nachricht von einem brutalen, vorsätzlichen Angriff“ auf Rushdie. „Uns fällt kein vergleichbarer Fall eines öffentlichen gewaltsamen Angriffs auf einen Schriftsteller auf amerikanischem Boden ein.“ Der Autor ist Mitglied des Verbandes