Heute wurde der Jahresbericht 2021 der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter veröffentlicht und übergeben. Der Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz Benjamin Strasser hat den Bericht entgegengenommen. Die Übergabe fand statt in der Vertretung des Freistaates Bayern beim Bund.
Der Bericht gibt Auskunft über die Arbeit der Nationalen Stelle im Jahr 2021.
Der Parlamentarische Staatssekretär Strasser erklärt:
„Unser Rechtsstaat muss sich daran messen lassen, wie er mit Personen im Freiheitsentzug umgeht: Ihre Rechte müssen geachtet werden, ihre menschenwürdige Unterbringung muss gewährleistet sein. Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter wacht darüber, dass der Staat diese elementaren Gebote einhält. Sie nimmt damit eine überaus verantwortungsvolle Aufgabe wahr. Ihren ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bin ich sehr dankbar für ihre Tätigkeit. Unter den schwierigen Bedingungen der Pandemie haben sie auch im vergangenen Jahr großen Einsatz gezeigt.
Der Jahresbericht 2021 beweist erneut, wie wichtig die Arbeit der Zentralstelle ist. Die Erkenntnisse aus zahlreichen Besuchen in Kliniken, Justizvollzugsanstalten und anderen Einrichtungen sind in den Bericht eingeflossen. Auf Grundlage dessen formuliert der Bericht Empfehlungen für Verbesserungen der Situation von Personen im Freiheitsentzug. Alle zuständigen staatlichen Stellen sind gehalten, sich damit auseinanderzusetzen. Auch das Bundesministerium der Justiz wird dies tun; und es wird die Nationale Stelle auch künftig nach Kräften beraten und unterstützen. Das gilt insbesondere auch für die anstehenden Fragen im Zusammenhang mit der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Verbesserung der finanziellen und personellen Ausstattung.“
Die Nationale Stelle hat im Jahr 2021 insgesamt 30 Besuchstermine durchgeführt. Dazu zählten etwa Besuche in psychiatrischen Kliniken und Einrichtungen des Maßregelvollzuges, Justizvollzugsanstalten, Alten- und Pflegeheimen, Einrichtungen der Bundes- und Landespolizei, Zollfahndungsämter sowie Beobachtungen von Abschiebungsmaßnahmen. Schwerpunktthemen im Jahr 2021 waren die Bereiche Maßregelvollzug/forensische Psychiatrie und Abschiebungen. Beide Schwerpunkte sollen auch im Jahr 2022 gesetzt werden.
Anzeichen für die Anwendung von Folter oder die Misshandlung von Personen im Freiheitsentzug wurden nicht gefunden. Der Bericht enthält allerdings Aussagen zu anderen, auch schwerwiegenden Mängeln. Kritisiert werden Überbelegungen in besuchten Maßregelvollzugseinrichtungen. Darüber hinaus wird hervorgehoben, dass mehrere Bundesländer ihre landesgesetzlichen Regelungen zu Fixierungen im Maßregelvollzug auch 2021 noch nicht in Einklang mit den Anforderungen aus dem Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 24. Juli 2018 gebracht hatten. Im Rahmen des Schwerpunktbereiches Abschiebungen lag der Untersuchungsfokus auf der Achtung des Kindeswohls und dem Umgang mit vulnerablen Personen. Der Bericht kritisiert den Umstand, dass nach dem Befund der Nationalen Stelle seit Beginn der Corona-Pandemie die Abholungen von Abzuschiebenden zur Nachtzeit stark zugenommen haben; dies gilt auch für Abholungen von betroffenen Familien mit Kindern. In den besuchten Justizvollzugsanstalten wurde die Unterbringungssituation kritisch bewertet. Nach Darlegung der Nationalen Stelle stellt darüber hinaus die psychiatrische Versorgung der Gefangenen ein Problem dar.
Im Jahresbericht werden auch wieder einige positive Praxisbeispiele herausgestellt, um diese bekannt zu machen und eine bundesweite Anwendung in den entsprechenden Einrichtungen anzuregen.
Der Jahresbericht ist auf der Internetseite der Nationalen Stelle abrufbar:
(https://www.nationale-stelle.de/publikationen.html).
Hintergrund:
Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter ist eingerichtet worden infolge der Ratifikation des Fakultativprotokolls zur VN-Antifolterkonvention. Dieses Protokoll verpflichtet alle Mitgliedstaaten dazu, eine solche nationale Stelle einzurichten, die das Recht hat, alle Einrichtungen aufzusuchen, in denen Menschen in Gewahrsam gehalten werden.
Die Nationale Stelle ist zweigliedrig aufgebaut. Die Bundesstelle ist für die Gewahrsamseinrichtungen des Bundes zuständig (bei Bundeswehr, Bundespolizei und Zoll) sowie für die Begleitung von Abschiebungen, die Länderkommission ist befasst mit den Gewahrsamseinrichtungen in der Zuständigkeit der Länder (Justizvollzug, Länderpolizei, Gerichte mit Vorführzellen, Abschiebungshafteinrichtungen, geschlossene Einrichtungen in psychiatrischen Kliniken, Alten- und Pflegeheime, Heime für Menschen mit Behinderung sowie der Kinder- und Jugendhilfe).