Nach längerer Zeit im Koma kommt ein Mann zur Rekonvaleszenz in eine Wohnung nach Ostende. An einen Rollstuhl gefesselt sitzt er dort im sechsten Stock inzweiter Reihe vor dem Meer und beobachtet durch das Fenster den Strand und das
Treiben umherirrender Möwen, ganz dem Lauf seiner Gedanken, Erinnerungen und Beobachtungen ausgeliefert. Er versucht,
sich zu erinnern: War es ein Unfall – oder sogar ein Attentat? Gab es da nicht eine Explosion auf dem Weg zu einer Verabredung in einem Brüsseler Café? Vor seinem Fenster wird eine Baustelle eingerichtet:
Nach und nach wächst eine dunkle Betonmauer, die erst seine Aussicht auf das Meer von Ostende verdeckt, dann sein Zimmer verdunkelt. Er ist gezwungen, das Verschwinden der Landschaft zu erleben.
Jean-Philippe Toussaint ist ein ebenso ernster wie humorvoller, ein ironischer und tiefgründiger Schriftsteller, weltweit anerkannt und übersetzt.
Mit seinem neuesten sehr ergreifenden Text zeigt er das anhal tende Erstaunen seines Protagonisten über das, was ihm widerfahren ist, was ihm unversehens angetan wurde in einem schierunglaublichen Übergriff auf sein Leben.
Jean-Philippe Toussaint, geboren 1957, ist Schriftsteller, Drehbuchautor, Regisseur und Fotograf. Der ehemalige Juniorenweltmeister im Scrabble lebt in Brüssel und auf Korsika.
Sein Gesamtwerk erscheint auf Deutsch in der Frankfurter Verlagsanstalt, zumeist in der Übersetzung des Verlegers Joachim Unseld. Zuletzt erschienen seine Romane Der USB- Stick (FVA 2020) und Die Gefühle (FVA 2021).
Der Monolog
Das Verschwinden der Landschaft wurde im November 2021 in der Inszenierung von Aurélien Bory mit dem Schauspieler Denis Podalydès im Théâtre des Bouffes du Nord erstaufgeführt und ist seither auf Tournee durch Frankreich.
Aus dem Französischen von Joachim Unseld.