Vor geraumer Zeit stellten Physiker fest: Das Universum hatte einen Anfang. Eine der größten geistigen Entdeckungen des 20. Jahrhunderts, wie es Stephen Hawking beschrieb, stellte die Wissenschaft auf den Kopf und warf viele neue Fragen auf. Vor allem aber diese: Was war davor? Albert Einstein war einer der bedeutendsten Physiker der Geschichte. Doch auch er konnte sich irren.
So nämlich war Einstein lange Zeit der Ansicht, dass das Universum keinen zeitlichen und räumlichen Anfang hatte. Andere Physiker bewiesen das Gegenteil – womit die Urknall-Theorie geboren war. Womit dann aber wieder eine andere Frage aufkam: Was war vor dem Anfang des Universums?
Wie ist die Urknall-Theorie entstanden?
Um diese Frage zu beantworten, ist es wichtig, die Theorie dahinter zu verstehen. Sowohl Albert Einstein als auch Alexander Alexandrowitsch Friedmann wendeten die einsteinsche Gleichung der Relativitätstheorie auf das Universum an. „Dabei kam bereits heraus, dass das Universum nicht allgemein statisch ist, sondern sich entweder ausdehnt oder auch kontrahieren kann“, sagt Astrophysiker Fabian Schmidt, der am Max-Planck-Institut unter anderem zu den Anfängen des Universums forscht.
Einsteins Ergebnisse widersprachen seiner eigenen Überzeugung, weswegen er seiner Relativitätstheorie eine „kosmologische Konstante“ hinzufügte. Sie erlaubte ein Szenario, in dem das Universum statisch ist.
In den 1920er Jahren stellten Astronomen, darunter Edwin Hubble, durch Beobachtungen allerdings fest, dass sich „die Galaxien um uns herum, tendenziell immer von uns weg zu bewegen scheinen“, sagt Schmidt. Ein weiteres Argument für ein expandierendes Universums, das auch Einstein schließlich überzeugte. Hubbles Entdeckung war „eine der großen geistigen Revolutionen des 20. Jahrhunderts“, wie auch der britische Astrophysiker Stephen Hawking in einem seiner Bücher anmerkte. Das Expandieren lässt sich mit einem Luftballon veranschaulichen. Malt man Punkte darauf und bläst diesen auf, „entfernt sich jeder Punkt immer weiter von jedem anderen“, sagt Fabian Schmidt.
Das „Babybild“ des Universums: Die Aufnahme der WMAP-Raumsonde zeigt Temperaturschwankungen der kosmischen Hintergrundstrahlung.
Daraus schlossen Physiker wie George Gamov, dass vor der Ausdehnung die gesamte Materie damals eng gebündelt gewesen sein muss – folglich wäre das der Ursprungspunkt. Außerdem nahm Gamov an, dass sich auch heute noch Strahlungen aus dieser Zeit messen lassen müssten. Er hatte Recht: 1965 entdeckten die Physiker Arno Penzias und Robert Wilson die sogenannte kosmische Hintergrundstrahlung, eine Strahlung im Mikrowellenbereich.
Diese Mikrowellen sind von der gleichen Art wie wir es von der Mikrowelle aus der Küche kennen – nur sind die im All deutlich schwächer und kälter. Die kosmische Hintergrundstrahlung entstand etwa 380.000 Jahre nach dem Urknall, als Dichte und Temperatur sanken und sich fortan Atome bilden konnten. Sie gilt als der solidester Beweis der Urknall-Theorie.
Der Ursprungspunkt ist heute bekannt. Vor etwa 13,8 Milliarden Jahren ist das Universum entstanden. Da zu diesem Zeitpunkt die Materie stark komprimiert war, muss es extrem klein und heiß gewesen sein. Diese komprimierte Energie dehnte sich dann schlagartig mit unvorstellbarer Geschwindigkeit aus. Eine Explosion – wie es der Name vermuten lässt – war es allerdings nicht. Schon eine Sekunde danach war es etwa zehn Billionen Grad heiß und hatte etwa einen Durchmesser von der Erde bis zum Mond. Die Materie zu diesem Zeitpunkt hätte allerdings eher noch in eine Kaffeetasse gepasst. Ab da bildeten sich dann auch die ersten Elementarteilchen. Seitdem wird das Universum immer größer, kälter und weniger dicht.
Wodurch wurde der Urknall ausgelöst?
Hierbei trifft die Theorie des Großen auf die Theorie des Kleinen: die Relativitätstheorie und die Quantentheorie. Letzteres befasst sich mit Atomen und Elementarteilchen. Bislang gelten diese unter Physikern aber als unvereinbar, wodurch beide bei der Beschreibung des Urknalls versagen. „Das ist vielleicht das größte offene Problem der Physik“, erklärt Fabian Schmidt.
Welche Theorien gibt es?
Eine Idee ist die der Multiversen. So gibt es exotische Materie, die extrem hohe Energien besitzt. Durch sie entstehen diese zufälligen Quantenfluktuationen. Daraus können an einigen Stellen Blasen entstehen. Stimmen die Bedingungen, kann dann eine sogenannte Inflationsepoche starten und das Universum dehnt sich innerhalb dieser Blase aus.
„Das wiederum heißt alles, was außerhalb dieser Blase ist, wird völlig irrelevant für uns. Denn wir leben und beobachten nur einen winzigen Ausschnitt aus dieser Blase.“ Unser beobachtbares Universum könnte demnach nur ein kleiner Teil eines größeren sein. Woher letzteres kommt, bliebe damit allerdings auch weiterhin noch offen.
Nun geht eine weitere Theorie davon aus, dass es schlicht einen Zustand ohne Zeit als Koordinate gegeben hat. Erst durch das Expandieren des Universums begann auch die Zeit zu existieren, erklärt Fabian Schmidt. Das bedeutet nun aber auch: Das Universum entstand aus dem Nichts. Dieser Ansicht war beispielsweise Stephen Hawking. Raum und Zeit „sind nur innerhalb des Universums definiert, daher wäre es sinnlos, von einer Zeit zu sprechen, die vor dem Universum begann“, schreibt Hawking. „Das wäre genauso absurd wie die Frage nach einem Punkt südlich des Südpols.“