Das 1847 als Gefängnis gebaute „Haus“ würde dann zu einer Außenstelle des ZfP Calw. „Übergangsweise“, wie alle Beteiligten zu betonen nicht müde werden. Denn: In Calw und an anderen Standorten sei man bereits dabei, die Platzkapazitäten durch Neubauten zu erhöhen. Bis die fertig gestellt sind, könne es noch zwei bis drei Jahre dauern, sagt Michael Eichhorst. „In der Summe wäre es aber realistisch, dass wir in drei Jahren hier wieder raus sind.“
Von Seiten des Landes würde man der Stadt die befristete Nutzung des Faulen Pelz auch schriftlich niederlegen, bekräftigt Claudia Krüger, Sprecherin des Sozialministeriums: „Wir hoffen immer noch auf eine einvernehmliche Lösung.“
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Einvernehmlich? Demnächst soll es „einvernehmlich“ losgehen!
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„Im Spätsommer“ sollen die ersten Patienten die knapp zehn Quadratmeter großen „Zimmer“ beziehen, wie Wagner die ehemaligen Gefängniszellen nennt. Ein Nachteinschluss der Patienten werde noch diskutiert, grundsätzlich sollen die „Zimmer aber offen sein“. Im Speiseraum unter dem Dach sollen Mahlzeiten gemeinsam eingenommen werden. Eine eigene Küche mit Personal wird es nicht geben. 80 bis 85 Menschen werden dann im Faulen Pelz arbeiten, prognostiziert Eichhorst: Ärzte, Psychologen, Pfleger, Therapeuten, Technik- und Servicepersonal.
„Ertüchtigung“ des Faulen Pelz soll 11,5 Millionen Euro kosten
Bis dahin muss der Faule Pelz aber noch auf Vordermann gebracht werden. Architekt Jeggle listet auf, welche Arbeiten vor Inbetriebnahme noch anstehen: Sicherungs- und Kommunikationstechnik müssen modernisiert, Anlagenteile ausgetauscht, die Haustechnik ertüchtigt, Wände gestrichen, Parkettböden in den Zimmern teilweise erneuert, abgeschliffen oder zumindest gesäubert werden. In Sachen Heizung ist das Gebäude zwar an das Fernwärmenetz der Stadt angeschlossen, allerdings müssen an der Heizungsverteilung Pumpen ersetzt und die Steuerung ertüchtigt werden.
Maßregelvollzug
Einrichtungen des Maßregelvollzugs sind Fachkliniken mit hohen Sicherheitsvorkehrungen, in denen psychisch kranke oder gestörte sowie suchtmittelabhängige Menschen behandelt werden.
Ziel der Behandlung im Maßregelvollzug ist es, die Untergebrachten in die Gesellschaft einzugliedern und auf ein straffreies Leben vorzubereiten. Die Unterbringung erfolgt für psychisch kranke Rechtsbrecher nach § 63 StGB und für suchtkranke Straftäter nach § 64 StGB. Die einstweilige Unterbringung von straffällig gewordenen Personen erfolgt nach § 126a StPO.
Maßregelvollzug in Baden-Württemberg
Maßregelvollzug ist Ländersache und wird in Baden-Württemberg weitgehend dezentralisiert vollzogen. Entsprechende Einrichtungen gibt es an acht Standorten der sieben Zentren für Psychiatrie, nämlich in den ZfP Calw, Emmendingen, Reichenau, Weinsberg, Wiesloch sowie im ZfP Südwürttemberg in den Kliniken in Bad Schussenried, Weissenau und Zwiefalten.
Die Einrichtungen des Maßregelvollzugs sind in Baden-Württemberg regionalisiert. Es gibt zum Beispiel keine zentrale Einrichtung für Frauen, Jugendliche oder intelligenzgeminderte Menschen, allerdings mehrere Kliniken mit Schwerpunktbildungen. Die Spezialisierung an nur einem Ort hätte eine heimatferne Unterbringung zur Folge, was die Wiedereingliederung in das bisherige Umfeld erschweren würde. Weitere Vorteile der Regionalisierung: Die Zusammenarbeit mit nachsorgenden Einrichtungen ist enger, ebenso der Kontakt zu Gerichten, Staatsanwaltschaften und der Bewährungshilfe.
Vom Grundsatz der Regionalisierung wird nur in einem Punkt abgewichen: Besonders gefährliche oder entweichungsgefährdete Patienten aus ganz Baden-Württemberg werden in einem besonders gesicherten Bereich des Zentrums für Psychiatrie in Wiesloch untergebracht.
Im Jahr 2018 wurden in Baden-Württemberg 1.045 Plätze zur Unterbringung nach den §§ 63 und 64 StGB vorgehalten. Im September 2021 waren im Bundesland 1.300 Personen im Maßregelvollzug untergebracht. Die Einweisung erfolgt gemäß dem Vollstreckungsplan, der den Landgerichtsbezirken die Einrichtungen des Maßregelvollzugs zuordnet. (Quelle: forensik-transparent.de)
Aus den Türen des Ex-Gefängnis wurden die Schlösser ausgebaut, auch sie müssen ersetzt werden. In den „Zimmern“⇒ werden Armaturen, Waschbecken und WCs ausgetauscht, an gleicher Stelle aber wieder eingebaut. In jedes „Zimmer“ kommt dann – immerhin – ein Bett und ein Schrank. Zudem wird ein Radio und ein „Schwesternnotruf“ installiert. Fernsehen ist nur im Gemeinschaftsraum möglich. Das gehört zum Therapiekonzept, weiß der Architekt.
Wieso das Land ohne Bauantrag handelt
Unter den Ertüchtigungsmaßnahmen am Faulen Pelz seien „keine genehmigungspflichtigen Arbeiten“, erklärt Architekt Jeggle. Deshalb braucht es aus Landessicht auch keine Baugenehmigung. „Wir hoffen, dass sich unsere Rechtsauffassung hier durchsetzt“, sagt Ministerialrätin Reebmann.
Nota bene: Die Investitionskosten für die Instandsetzung des Faulen Pelz beziffert das Sozialministerium übrigens auf rund 11,5 Millionen Euro.