Zum Abschluss des öffentlichen Symposiums „Dem Wahren, Guten, Schönen – Bildung auf der Bühne?
Welche neue Rolle spielt das Theater in der Wissensgesellschaft?“
Bildung ist Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Es ist festzustellen, dass Elternhäuser und Schulen derzeit der Notwendigkeit, ästhetische Bildung zu vermitteln, nicht mehr allein nachkommen können. Das führt für die Theater und Orchester zu einer Erweiterung ihrer Aufgaben. Theater sehen, erfahren und selber spielen hilft, die Welt als inszeniert zu verstehen und als komplexes Zeichensystem zu deuten. Theater ist Schule der Wahrnehmung und vermittelt ein Handwerkszeug zur Weltaneignung und Weltgestaltung. Wir erkennen daher die Kunstvermittlung als Schlüsselaufgabe an – und legen Wert auf die Feststellung, dass sie bereits seit Jahres von den Theatern wahrgenommen wird. Sie betrifft über Kinder und Jugendliche hinaus alle Bevölkerungsschichten und Altersgruppen. Es geht nicht nur um „ein Publikum von morgen“, sondern vor allem um das Publikum von heute – und darüber hinaus um aktive Teilhabe an Kunst. Voraussetzung ist eine klare Aufwertung der Theater- und Musikpädagogik: Sie bedarf der Wertschätzung in den Theatern und Orchestern und durch die Politik und die Öffentlichkeit. Wir betrachten Theaterpädagogik als Vermittlungskunst. Ihre Anerkennung als Kernaufgabe muss einhergehen mit der Schaffung von Stellen, finanzieller Ausstattung, räumlichen Gegebenheiten, tarifrechtlichen Voraussetzungen und Organisationsstrukturen. Die Theaterpädagogik darf nicht als Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit missverstanden werden. Für diese Vermittlungskunst ist eine gezielte Ausbildung erforderlich. Gleichzeitig darf die Vermittlungsarbeit nicht allein an die Theaterpädagogik delegiert werden. Vermittlung ist die gemeinschaftliche Aufgabe der gesamten Institution Theater, Ausgangspunkt bleibt die Unmittelbarkeit der Kunst.
Gleichzeitig müssen auch bei den Schulen und anderen Bildungsträgern entsprechende Vorraussetzungen und Strukturen geschaffen werden. Es ist unerlässlich, dort auf kompetente Partner zu treffen, gemeinsam zu handeln. Wir wollen die schulischen Abläufe nicht ergänzen – etwa als Lückenbüßer in der Ganztagsschule -, sondern bereichern und verändern. Die Schule selbst muss ästhetische Bildung als Unterrichtsprinzip verstehen und fördern. Es geht dabei nicht nur um Lehrpläne und Lehrinhalte, sondern um die Anerkennung und Aufwertung des „Darstellenden Spiels“ hin zu einem Fach „Darstellende Künste“. Darüber hinaus müssen ganz grundsätzlich die Unterrichtsformen überdacht werden: Wir meinen, dass neue Zeit- und Raumstrukturen und neue Formate für das Lernen geschaffen werden können. Modellprojekte stiften Hoffnung, ersetzen aber nicht Nachhaltigkeit und grundsätzliche Reformen.
Für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Schule und Theater ist eine Vernetzung auf allen Ebenen notwendig. Kultus- und Kunstministerien der Länder bzw. entsprechende Instanzen in den Städten und auf Bundesebene müssen in dieser zentralen Bildungsaufgabe untereinander und mit den Theatern und Orchestern wesentlich enger zusammenarbeiten. Wir empfehlen die Einrichtung eines ständigen gemeinsamen Gesprächsforums und die ressortübergreifende Bereitstellung von finanziellen Mitteln.
Das „Jahr der Geisteswissenschaften“ ist dafür ein guter Startpunkt.