Wer nach Cannabiskonsum am Steuer erwischt wird, dem droht nicht mehr automatisch der Führerscheinentzug. Nach einem neuen Urteil (Stand: 11. April 2019) soll künftig ein Gutachten über die Fahrerlaubnis entscheiden. Eine einmalige Autofahrt unter Cannabiseinfluss führt mithin nicht mehr automatisch zum Führerscheinentzug. Mit seinem Urteil gab das Bundesverwaltungs – gericht in Leipzig seine bisherige, gegenteilige Rechtsprechung auf.

Künftig also sollen die Fahrerlaubnisbehörden gegebenenfalls mit einem Gutachten klären, ob Cannabiskonsumenten ihre Fahrtauglichkeit richtig einschätzen können. Gleichzeitig aber hält das Bundesverwaltungsgericht an dem bisherigen strengen Grenzwert fest.

Fahruntauglichkeit: niedriger THC-Wert bleibt Grenze

Üblicherweise wird der Führerschein eingezogen, wenn sich Autofahrer nach dem Konsum von Alkohol, Cannabis oder anderen Drogen fahruntauglich ans Steuer setzen. Nach bisheriger Rechtsprechung war dies bei Cannabis generell schon dann der Fall, wenn Autofahrer einmalig mit einem Nanogramm Tetrahydrocannabinol (THC) je Milliliter Blutserum erwischt wurden.

Eine mit Experten verschiedener Fachgesellschaften besetzte Grenzwertkommission hatte 2015 einen Grenzwert von 3,0 Nanogramm THC vorgeschlagen. Unter anderem begründete die Kommission dies damit, dass der bisherige Grenzwert auch noch nach mehrtägiger Cannabisabstinenz erreicht werden kann. Das Bundesverwaltungsgericht hielt nun dennoch an dem bisherigen Grenzwert fest, lockerte die Konsequenzen eines Verstoßes aber auf.

Cannabiskonsumenten in die MPU

„Allein der erstmalige Verstoß gegen die gebotene Trennung von Konsum und Fahren rechtfertigt in der Regel nicht die Annahme, dass sich der Betroffene als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat“, heißt es in dem neuen Urteil. Auch ein einmaliger Verstoß begründe aber Bedenken gegen die Fahreignung. Dem müsse die Fahrerlaubnisbehörde nachgehen, in der Regel werde hierfür wohl eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) erforderlich sein.

In Teilen der USA ist Cannabis-Konsum bereits erlaubt.
Schafft eine Legalisierung, was die Prohibition vor 100 Jahren nicht erreichte:
Den Alkoholkonsum der Amerikaner zu senken?

Willkommen im „Land of Opportunities“: „Unser amerikanisches System, nennen wir es Amerikanismus oder Kapitalismus, oder wie auch immer, dieses System gibt jedem von uns eine große Gelegenheit, wenn wir sie nur mit beiden Händen greifen und das Beste daraus machen.“ Dieses Zitat stammt nicht von US-Präsident Donald Trump oder Jeff Bezos, es wird Al Capone zugeschrieben.

Man muss die Gelegenheiten nur erkennen: Heute vor 100 Jahren wurde in den USA die Prohibition als 18. Zusatz zur Verfassung ratifiziert. Ein Jahr später trat das Verbot von Herstellung, Transport und Konsum von Alkohol in Kraft. Capone packte die Gelegenheit, die sich ihm mit der Prohibition bot, am Schopfe und machte mit beispielloser Brutalität ein Vermögen, indem er Alkohol schmuggelte und die ungebrochene Nachfrage nach dem verbotenen feuchten Rausch bediente: Er verkaufe nur Bier und Whiskey an ehrbare Bürger, gab Capone zum Besten.

Es war ein Kampf für Moral und Gesundheit, den die Befürworter der Prohibition, vor allem religiös motivierte Puritaner, führten. Sie wollten die USA trockenlegen, weil sie Alkohol als einen wichtigen Grund für den moralischen Verfall der Nation erkannt hatten. Die zerstörerische Wirkung auf die Gesellschaft sollte gestoppt werden. Allerdings war der Erfolg bescheiden. Genutzt hat es kaum etwas, denn gesoffen wurde vorher, währenddessen und natürlich auch nachher.

Im Dezember 1933 hob man die Prohibition in den USA auf. Den Politikern war aufgefallen, dass man die Gewinne, die sich durch den Alkoholverkauf erzielen lassen, besser selbst mittels Steuern abschöpfen sollte, anstatt sie der Mafia zu überlassen.
Wer trinkt, trägt seitdem wieder zur Sanierung des Staatshaushalts bei.

Breit sein in Kalifornien & Kanada

Cannabis-Raucherin: „Kiffen vs. Alkohol“

Der „War on Drugs“ ist bis heute ein Thema, das die Nation beschäftigt, aber in den vergangenen Monaten ist in Nordamerika einiges in Bewegung geraten. Im Oktober des vergangenen Jahres gab Kanada den Cannabis-Konsum vollständig frei. In den USA kann man sich bereits in Kalifornien mit Stoff eindecken, auch in einer Reihe von US-Bundesstaaten ist der Konsum vollständig legal. Vermutlich werden weitere folgen, Fachleute schätzen, dass bis 2020 insgesamt 18 Bundesstaaten den Freizeitkonsum freigeben werden.tMarktforscher sehen ein beachtliches Potenzial: Bis 2022 dürften die weltweiten Ausgaben für legales Marihuana nach Einschätzung von BDS Analytics und Arcview auf 32 Milliarden Dollar steigen. 2017 waren es noch 9,5 Milliarden. Für die Unternehmen, die sich in diesem Bereich tummeln, sind das gute Nachrichten. Auch für die einschlägigen Konsumenten dürfte die Legalisierung eine Quelle ungetrübter Freude sein. Schließlich sind sie jetzt nicht mehr gezwungen, sich an finsteren Straßenecken bei klandestinen Gestalten mit gewisser Nähe zur organisierten Kriminalität einzudecken – immer in Gefahr, selbst verhaftet zu werden.

Wer raucht, trinkt weniger  

Für die Alkoholkonzerne hatte die „Cannabis-Prohibition“ Vorteile, denn ein Konkurrenzprodukt in Sachen Rausch war schwer verfügbar und vor allem gesellschaftlich geächtet. Deshalb stellt die Cannabis-Legalisierung die Alkoholindustrie 100 Jahre nach der Prohibition vor neue Herausforderungen.

Denn eine aktuelle Studie will herausgefunden haben, dass es im Zuge der Cannabis-Legalisierung unter den Alkoholkonsumenten zu einer Verlagerung kommen könnte: weg vom Alkohol, hin zu Cannabis-Produkten. Das Analyse-Unternehmen New Frontier Data hat sich auf das Thema spezialisiert. Schafft die Legalisierung das, was die Alkohol-Prohibition nicht leisten konnte? Senkt sie den Alkoholkonsum der Bevölkerung?

Die Analysten haben 3.000 Cannabis-Konsumenten befragt. Zwei Drittel hätten geantwortet, wenn sie die Wahl hätten, würden sie Cannabis gegenüber Alkohol bevorzugen. 45 Prozent sagten, sie würden künftig wahrscheinlich häufiger Alkohol durch Cannabis ersetzen. Die Autoren der Studie lesen aus ihren Daten, dass es sich dabei um einen dauerhaften Trend handeln könnte. Ob das so ist, bleibt abzuwarten. Aber auch wenn massives Kiffen gewiss nicht empfehlenswert ist – das wäre angesichts der immer wieder dokumentierten gesundheitlichen Gefahren und gesellschaftlichen Kosten des Alkoholkonsums kein unangenehmer Nebeneffekt.

Was nehmen ehrbare Bürger, um zu fliegen? 

Derzeit bemühen sich viele Alkoholhersteller um Kooperationen mit der Cannabis-Industrie. Wenn der Gegner eventuell nicht zu besiegen ist, ist eine Umarmung die vernünftige Alternative. Natürlich wollen Brauereien und Spirituosenhersteller sich ein neues und möglicherweise attraktives Geschäftsfeld auch einfach nicht entgehen lassen.

So plant etwa Constellation Brands, der Hersteller von Corona-Bier, die Einführung von Cannabis als neuer Geschmacksrichtung bei seinen alkoholischen Getränken. Und der Cannabis-Produzent Tilray aus Kanada soll nach dem 100 Millionen Dollar schweren Einstieg des Budweiser-Herstellers Anheuser-Busch Inbev Ende Dezember künftig Forschung über Getränke mit berauschenden Hanf-Substanzen betreiben. Bald dürfte sich die Auswahl an legalen Genuss- und Rauschmitteln für ehrbare Bürger deutlich erhöhen.

Apr. 2019 | Allgemein, Gesundheit, In vino veritas, InfoTicker aktuell, Junge Rundschau, Politik, Zeitgeschehen | Kommentieren