Der langjährige deutsche Generalkonsul Dr. Laurids Hölscher und seine Ehefrau Lee-Elisabeth Hölscher-Langner wurden am letzten Freitag im Rahmen einer Feierstunde im Großen Rathaussaal in Heidelberg im Beisein von Michael Roth, Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt vom und dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma für ihr herausragendes persönliches Engagement für Überlebende des Holocaust geehrt.
Prof. Dr. Eckart Würzner, Oberbürgermeister von Heidelberg lud das Ehepaar Hölscher ein, sich in das Goldene Buch der Stadt Heidelberg einzutragen.Lee-Elisabeth Hölscher-Langner und Dr. Laurids Hölscher engagierten sich seit ihrer Ankunft in Polen im Jahr 1991, als Dr. Hölscher Generalkonsul der BRD in Krakau wurde, für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, darunter auch viele Holocaustüberlebende der Sinti und Roma. Dafür wurden sie vom Zentralrat und dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma im Rahmen einer Feierstunde in Heidelberg geehrt und trugen sich in das Goldene Buch der Stadt ein.
Romani Rose, der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, betonte in seiner Festrede, wie wichtig die Begegnungen mit dem Ehepaar Hölscher für viele Überlebende des Holocaust war. Viele, die in den 1990er Jahren – über 50 Jahren nach den Geschehnissen von Auschwitz – an die Stätte ihres Leidens zurückgekehrt seien, erfuhren erstmals durch die Gespräche mit dem Ehepaar Hölscher, „was die Bundesrepublik Deutschland und die deutsche Gesellschaft ihnen über Jahrzehnte verwehrt hat: Nämlich die Aufarbeitung und Anerkennung des schrecklichen Unrechts, das ihnen angetan wurde.“
Rose führte weiter aus, „dass viele der Überlebenden große Angst vor der Begegnung mit diesem Ort hatten. Sie befürchteten, den Schmerz nicht zu verkraften, einen Schmerz, den sie seit ihrer Befreiung nie überwunden hatten. Viele hatten auch Schuldgefühle, weil sie überlebt hatten, während ihre nahen Angehörigen, ihre Eltern, Geschwister und Großeltern in Auschwitz ermordet wurden. […] Ihr, lieber Laurids und liebe Lee-Elisabeth, seid auf die Menschen zugegangen, ihr habt Ihnen zugehört und damit Eure Achtung vor ihrem Schicksal ausgedrückt.“
Michael Roth, Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, ging in seinem Grußwort vor allem auf die Verdienste von Lee-Elisabeth Hölscher-Langner und Dr. Laurids Hölscher in Bezug auf die Verbesserung des Verhältnisses von Polen und Deutschland ein. Er betonte, dass es gerade bei der deutsch-polnischen Aussöhnung auf zivilgesellschaftliches Engagement ankomme, um politisch ausgehandelte Partnerschaftsverträge mit Leben zu füllen. Das Ehepaar Hölscher habe hierdurch seinen Einsatz für die Überlebenden des Holocaust „unfassbar viele Brücken gebaut zwischen Polen und Deutschland.“ Denn die Beziehungen zwischen diesen beiden Ländern seien gerade vor dem Hintergrund der wechselhaften deutsch-polnischen Geschichte „kein reiner Automatismus. Sie sind ein ganz wertvoller Schatz, den wir Tag für Tag pflegen und beschützen müssen“, führte Roth weiter aus. Das Ehepaar Hölscher sei hierbei „ein leuchtendes Beispiel für uns“, das Mut mache, „dass Versöhnung und Freundschaft alle Anstrengung wert sind.“
Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner sagte in seiner Rede an das Ehepaar Hölscher gerichtet: „Dass Sie heute hier sind freut mich ganz persönlich, aber auch die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt ehrt es. Ihre Verbundenheit zu Heidelberg über Jahrzehnte hinweg ist ein großes Glück und auch eine Auszeichnung für unsere Stadt.“ Er betonte, dass gerade Heidelberg, als weltoffene Stadt, die sich gegen jede Form der Ausgrenzung stelle, die Leistung des Ehepaares Hölscher besonders würdigen würde. Weiter sagte er: „Ihre Arbeit hat für uns alle in Europa einen unermesslichen Wert. Die Begegnungen, die Sie seit vielen Jahren anbieten, leisten einen großen Beitrag zum Wunder der Versöhnung.“
Hier finden Sie die Festrede von Romani Rose im Wortlaut.
Zum Hintergrund:
Das Ehepaar Hölscher engagiert sich seit seiner Ankunft in Polen im Jahr 1991, als Dr. Laurids Hölscher Generalkonsul der BRD in Krakau wurde, für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, darunter auch viele Holocaustüberlebende der Sinti und Roma. Als Organisatorin eines Freiwilligendienstes in Krakau und Umgebung hat Frau Hölscher-Langner es sich zur Aufgabe gemacht, den oft in Isolation und Armut lebenden ehemaligen Häftlingen der Konzentrations- und Vernichtungslager bei der Bewältigung ihres Alltags zu helfen und ihnen in ihren letzten Lebensjahren oder Monaten beizustehen. Dabei wird sie von Jugendlichen aus ganz Europa unterstützt, die ihr vor allem die Dresdner „Initiative Christen für Europa“ (ICE) vermittelt.
Am 6. Oktober 2008 zeichnete der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland Frau Hölscher-Langner in Anerkennung ihrer Verdienste insbesondere für die polnischen Überlebenden des Holocaust mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse aus. In Polen wird das ehrenamtliche Engagement des Ehepaares Hölscher schon seit Jahren sehr positiv zu Kenntnis genommen. Beide sind seit 2016 „Ehrenbürger von Proszowice“ und wurden 2018 mit der Verdienstmedaille „Polonia Minor“ ausgezeichnet.
Seit vielen Jahren lädt das Ehepaar Hölscher überdies anlässlich des Internationalen Roma Gedenktages am 2. August Überlebende der Sinti und Roma aus Deutschland in ihr Haus in Krakau ein und ermöglicht dort eine Begegnung mit jungen Menschen aus aller Welt. Für die Überlebenden ist diese Einladung ein wichtiges Zeichen der Wertschätzung.
Die Familie von Dr. Laurids Hölscher ist der Stadt Heidelberg seit vielen Generationen eng verbunden.