Der geplanten EU-Urheberrechtsreform wegen schlägt jetzt auch der Landtag Schleswig-Holsteins Alarm: Er „sieht die Meinungsfreiheit mit Artikel 13 in Gefahr“. Auch die mitregierende CDU zeigt sich „schwer besorgt über die möglichen Folgen der in Brüssel und Straßburg derzeit vorangetriebenen europäischen Copyright-Reform“. Dies mag überraschen, immerhin treiben die Christdemokraten in der konservativen Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) die Reform massiv voran und zuletzt wollten sie angesichts zunehmender Proteste sogar die finale Abstimmung im Plenum des EU-Parlaments vorziehen.
Keine Alternative zu Upload-Filtern
Auf Initiative von CDU, Grünen und FDP hin hat der schleswig-holsteinische Landtag am Mittwoch mit fast einstimmig einen Antrag beschlossen, in dem die Abgeordneten die Mitte Februar zwischen den EU-Gremien gefundene Übereinkunft zur Urheberrechtsreform bedauern. Im Zentrum ihrer Kritik steht Artikel 13 des Richtlinienentwurfs, dessen Anforderungen laut dem Papier „Dienste nur durch Einrichtung von Upload-Filtern erfüllen könnten“.
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Der Landtag bekennt sich zwar prinzipiell „zu einem effektiven Urheberrechtsschutz“, lehnt eine Kontrolle nutzergenerierter Inhalte durch Algorithmen aber strikt ab. Die gefürchteten Filter könnten den Volksvertretern zufolge „das Risiko einer automatisierten Zensur im Internet beinhalten und eine unverhältnismäßige Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit zur Folge haben“. Eine solche Infrastruktur einzurichten, sei gerade angesichts der „geplanten Abschottung des Internets in Ländern wie China und Russland“ das falsche Zeichen.
Ferner befürchten die Abgeordneten „einen erheblichen negativen Einfluss“ auf die digitale Kultur in Europa und Schleswig-Holstein, auf Unternehmen, Startups sowie „digitale Innovationen einschließlich der Bereitstellung digitaler Inhalte und Verfahren bei Behörden“. Das EU-Parlament sollte seine Entscheidung daher gut abwägen.
Für den Antrag stimmten neben den Angehörigen der Jamaika-Koalition auch die Oppositionsfraktionen von SPD, AfD und SSW. Allein Doris von Sayn-Wittgenstein (AfD) überzeugte die Initiative nicht. Konstantin von Notz, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, zeigte sich erfreut, „dass sich Jamaika in Schleswig-Holstein einmal mehr digitalpolitisch durchaus progressiv aufstellt und damit hoffentlich auch die internen Diskussion bei der Union im Vorfeld der so wichtigen Abstimmung im Europäischen Parlament noch beeinflussen kann“.