In den Augen aufklärerischer Tradition ist Religion allenfalls Privatsache geworden. Heute dürfte ein Zustand erreicht sein, wie er seit der Aufklärung gefordert worden war: die Freiheit der Religion“ – aber neben dem privaten Sektor positiver Religionsbetätigung gebe es auch eine diffuse öffentliche Basisreligiosität; „… die Nachfolgerin nämlich der früheren Staatsreligion und des vormals autoritativ formulierten öffentlichen Wertekonsenses. Sie ist typisch für die westlichen demokratischen Staaten mit christlicher Tradition, sie ist diffus, nicht eindeutig formuliert, nicht institutionalisiert, aber sie beansprucht Allgemeingültigkeit und tritt gelegentlich sehr kämpferisch auf: wenn es zum Beispiel darum geht, als eine allgemeine Religion ohne Kirche den »öffentlichen Frieden« zu verteidigen – oder, das sei für heute unsere Thema, wenn es darum geht, ein wie auch immer erworbenes Grundstück (hinter Providenz in Heidelberg), meist auf irgendeine Weise geerbtes Eigentum, auf keinen Fall der Allgemeinheit zukommen lassen zu wollen (im Bild: Detail aus dem Triptychon „Der Garten Eden“ aus der Sicht von Hieronymus Bosch). Am Ende dieser eher – noch – allgemein gehaltenen Philippika, werden wir einer Veranstaltung wegen, die am Donnerstag, dem 8. November um 19.00 Uhr im (Heidelberger) Cafe Schafheutle stattfinden wird, deutlicher.

Um genau zu erfahren, worum es eigentlich geht (und es geht freilich erst mal noch einige Sätze lang auch und ganz allgemein um „Kirche heute“). Nicht aber „um Glauben heute“:

Diese Kirche also, die, die ich meine, die lebt durch die gesellschaftliche Kommunikation über einen allgemeinen Wertekonsens (Staat, Familie, Freiheit, Ordnung, Marktwirtschaft, christlich –  was immer das genau meint – menschliche Grundwerte, allgemeinen Gottesglauben uund so weiter), der auf komplexere Weise zustande kommt – im öffentlichen Diskurs von Politik, Medien, Kirchen, gesellschaftlichen Interessengruppen und gesundem Volksempfinden.

Die »civil religion« und ihre Bekenntnisse:

Zum Beispiel das Bekenntnis zur FdGO, das jedem Bürger abverlangt wird, sie hat ihre Prediger die oft genug jeder Kanzel Ehre machte, sie hat ihre Schutztruppen (Polizei und Rechtssystem), und sie hat auch eine (bei der „anderen Religion“) Heilige Inquisition.
Der tendenziöse Versuch, den Normalbürger zum bedingungslosen Befürworter unseres Staates zu machen, indem man ihm seine »Feinde« scharf gegenüberstellt (als Verfassungsfeinde, Terroristen oder Atheisten) und diese unnachsichtig zu verfolgen beginnt, verfährt nach dem gleichen sozialpsychologischen Muster wie die ehemalige Trennung von Christ und Antichrist.
Die staatlich-kirchliche Herrschaft wurde in der Christentumsgeschichte gerne stabilisiert durch die Ausgrenzung des Bösen, das dann als bedrohlicher Feind der Verfolgung anheim fiel: der Islam zur Zeit der Kreuzzüge (heute gerade mal wieder), die Hexen im Mittelalter, die (klammheimlich) Juden, die Türken vor Wien. – und heute und immer noch die nicht heterosexuellen Minderheiten (nicht nur) in der katholischen Kirche …

Zivilreligion als ein – religionstheoretisch betrachtet – religiöses Nichts.

Der Begriff „Zivilreligion“ geht auf Rousseau zurück, der sich eigentlich mit der ganzen Aufklärung dahingehend einig war, dass „auch ein auf Vernunft gegründetes Staatswesen den Büttel ‚Gott‘ nicht würde entbehren“ können.
Zur Aufrechterhaltung der Sittlichkeit sollten dem Bürger vom Staate der Glauben an einen allmächtigen Gott, an ein Leben nach dem Tode, an Vergeltung von Gut und Böse, an die Heiligkeit des Gesellschaftsvertrages und der Gesetze sowie die Ablehnung religiöser Intoleranz (zumindest lippenmäßig) abverlangt werden.

Und, dass, wenn ein Karlsruher Oberkirchenrat etwas verlautbart –
jetzt kommen wir zu unserem heutigen Thema:

Dass also in Heidelberg  –

dass also hier am 10. November Heidelbergs Stadtkirchenrat eines „Unabdingbar nötigen Neubaus  des „Kirchenmusikalischen Instituts“ wegen – weil das derzeit genutzte Kirchenmusikalische Institut  (ceterum censeo … – dass der „Providenzgarten muß erhalten werden dürfen) – „marode ist“  und der Enge wegen dorten in der Weststadt (bei 41 Studierenden im nächsten Semester) aus  allen Nähten platze, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beschließen wird: das KI muß im Providenzgarten gebaut werden.

Muß? Müssen muß Oberkirchenrat Matthias Kreplin aus Karlsruhe
wohl eher noch einige Gespräche führen! –

und begründen, weshalb ein Neubau im Garten hinter Providenz gebaut werden müsse, beziehungsweise – so Pressesprecherin Karin Wilke: „Die Hochschule ist derzeit noch in der Hildastraße in der Weststadt untergebracht, doch das Gebäude ist aufgrund seines hohen Sanierungsbedarfs „nicht mehr zu halten“.

Und das providenziale Gemeindehaus, das dem Providenz-Kirchengemeinderat als Schmankerl und als Neubau gegeben werden soll, sei ja eh „baufällig“. Wir habens angeschaut, es ist allenfalls sanierungsbedürftig – aber den Garten vierstöckig zu überbauen, das musste ja sowohl der Gemeinde, wie auch der Öffentlichkeit irgendwie schmackhaft gemacht werden …

Weshalb uns das so aufregt und weshalb wir meinen, dass Jesus, den diese Amtsträger alle auf ihren Fahnen tragen, sie mit der Peitsche aus der Kirche vertreiben würde, ist die Verlogenheit, mit der diese Amtskirchler auch in dieser Angelegenheit mal wieder ihr Amt nutzen, um zu vertuschen, zu lügen, zu verlangen und hinzubiegen:

Lassen wir für diesmal erst einmal (nachdem Oberkirchenrat und Pressesprecherin von „marodem und aus allen Nähten platzendem KI  gesprochen haben – bei im nächsten Semester 41 (!) Studenten) den bis vor kurzem noch Rektor des KI, Kirchen-Musik-Direktor Prof.  Bernd Stegmann auf einem Rundgang durch das KI zu Wort kommen und hören und sehen Sie, weshalb das „KI“ alles andere ist, als das vorgeschobene (ich bleibe dabei, gelogene) „marode“ und „baufällige“ KI in der Weststadt.

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Nachdem – das sollen Sie wissen – gestern, am 8. November ´18 – im Heidelberger Cafe Schaftheutle – (dazu eingeladen hatten der Ruheständler und ehemalige Vorsitzende des Aufsichtsrates der SRH Prof. Klaus Hekking (CDU) und der Stadtrat Dr. Weiler Lorenz (Bunte Linke) – ein „Bürgerdialog Providenzgarten“ stattgefunden hat, auf welchem ich unter anderem auf einen (siehe Link oben) Rundgang durch das KI mit dem ehemaligen Direktor des KI Prof. Stegmann hinwies, auf welchem er in Bild und Wort erläuterte, wie großartig und eigens für das KI gebautem Gebäude alles eingerichtet sei, war auf diesem Link Funkstille.
Weitere Recherchen ergaben, das nicht nur dieser „Rundgang“, sondern die gesamte „Homepage“ des Kirchenmusikalischen Instituts  – „das habt zum Zeichen“ – aus dem Netz genommen worden ist; versuchen Sie es mal …

Womit die dafür verantwortlichen Damen und Herren „Amtskirchler“ allerdings nicht gerechnet haben ist, dass ich genau damit gerechnet habe und diesen Rundgang zuvor bereits mit youtube verlinkt habe. Dies nun dort auch rauszunehmen, dürfte für diese Amtschristen nicht so leicht zu knacken sein.
Falls Sie noch nicht reingeschaut haben sollten, tun Sie es zeitnah, ich weiß nicht, wie lange dieser Link oben auf youtube noch funktioniert (jedoch habe ich diesen Lobgesang aufs KI jetzt auf meinem Rechner und werde ihn dann in der Rundschau auch weiterhin zur Verfügung halten).
Auf ein dann vom Oberkirchenrat oder wem auch immer in Gang gesetzte Gerichtsverfahren, das mir das untersagen soll, bin ich gespannt.
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Alsdann: Unterzeichnender ist Glied der ev. Landeskirche und der Heiliggeist- mithin auch der Providenzkirchengemeinde, er war vor 20 Jahren Kirchengemeinderat in Heiligeist und von diesem auch in die Synode gewählt worden – und kündigt hier und jetzt schon mal an, eine Gemeindeversammlung in dieser Angelegenheit zu fordern. Ich denke, die Gemeinde hat ein Anrecht, die Wahrheit zu erfahren darüber, weshalb so getan worden ist, als sei das KI „baufällig, marode und deshalb und weil es der Enge wegen sowieso nicht mehr zu halten“ sei.
Die nach der Grundordnung der evangelischen Landeskirche Baden  für eine Gemeindeversammlung nötigen 20 Unterschriften von Gemeindegliedern werde ich ab jetzt sammeln!

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Providenzgarten (Einladung für Donnerstag, 8. November 2018
und eine Liste für Unterschriften zum Ausschneiden)

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Wenn Sie als Gemeindeglied auch der Meinung sind, dass dem Oberkirchenrat Gelegenheit gegeben werden müsse, seine Aussagen unter Umständen zu revidieren (mithin die Bitte um eine Gemeindeversammlung mit Ihrer Unterschrift zu fordern) und den Gemeindegliedern reinen Wein einzuschenken und wenigstens diesen über die wahren Absichten „der Kirche“ mit dem Providenzgarten die Wahrheit zu sagen, dann bleibe ich dabei – und ich hatte unerfreulicher Weise vor etwa 20 Jahren Grund als Kirchenältester an Heiliggeist (pro Schreiters Fensterentwürfe und pro Pfarrer Alpermann, das schon einmal über den Umgang mit der Wahrheit von Oberkirchenräten sagen und schreiben zu müssen:

Da wurde gelogen, dass sich in Karlsruhe die Kreuzbalken hätten biegen müssen,
wären sie es nicht schon lange so gewohnt! – Da hat sich nichts geändert …

Hier geht es längst – und das ist, was so zornig macht – längst nicht mehr nur um unvermeidlich von bestimmtem Interesse geleitete „Wahrheiten“, sondern um  ausgeklügelte Scheinwarheiten.
Und nicht Alle – und das ist ja bei alledem auch gewollt – durchschauen, was da geschieht. Aber, die meisten spüren, wie wenig ernst sie genommen werden. Viele Leser zum Beispiel der RNZ (in der dankenswerter Weise einiges veröffentlicht wurde, was sonst nicht „unter die Leute“ gekommen wäre), kennen solche semantischen Spiele von „Kirche“ nicht – und trauen es ihr (eigentlich) auch nicht zu!
Aber sie alle, und aber wir auch spüren, dass es hier nicht um Wirklichkeit geht, sondern um ein Bild von Wirklichkeit, das erzeugt wird vor allem um der „Tatsachen“ willen, die (warum eigentlich) geschaffen werden sollen und für die „die“ möchten, dass man sie für Wahrheiten hält und sich dann auch für eben diese einsetzt!
Wer nämlich würde denn schon gegen einen Neubau des Kirchenmusikalischen Instituts sein wollen, wenn das derzeitige so „marode und baufällig“ wäre, wie man uns (sic) glauben machen will.


Nach alledem – „was bisher geschah“ – werden dann aber „wir“ mißtrauisch. Werden Sie das bitte auch …
Die tumblingigen Schäfchen nämlich, also wir, vermuten spätestens jetzt Täuschung; zur Lüge nun aber gehört die Täuschungsabsicht,  wir wissen also zwar – vielleicht – dass zur Lüge eine Täuschungsabsicht gehört, die ja nun aber – was Wunder – nicht zur Kirche, sondern zur „Conditio humana“ – also ganz einfach zur Bedingung des Menschseins beiträgt, beitragen sollte jedenfalls.

 

An der Grenze zur Teilwahrheit beginnt nun aber einmal die Lüge, und, wer nicht dauernd auf die Grenze zwischen Teilwahrheit und Lüge achtet, findet sich alsbald dort wieder, wo er, sie es dann als Gegner ausgemacht und gebrandmarkt werden.

Alsdann, kommen Sie am Donnerstag um 19.00 Uhr ins Schafheutle!

Ich werde 20 für die Forderung nach einer Gemeindeversammlung erforderlichen Unterschriften auf der Veranstaltung am Donnerstag im Cafe Schafheutle – und falls noch nötig, am Sonntag nach dem Gottesdienst – sammeln.

Pardon, ich mich verleiten lassen, im Zorn geschrieben zu haben. Entschuldigung!
Dies sei aber dann am Ende nochmal in aller Ruhe angefügt:

Ich wollte – zu guter Letzt – der Kirche nicht die Zuständigkeit für die Wahrheit absprechen! Hingegen fordere ich sie nachgerade von ihr ein und dispensiere sie auch nicht nach Sprüchen, die ich in letzter Zeit von vielen Menschen, die auch noch nicht aus ihr ausgetreten sind, gehört habe: „Aber das war doch in der Kirche schon immer so“ – ich dispensiere sie mithin nicht von ihrer Pflicht zur Wahrhaftigkeit! Wer aber sich im Raum der Kirche in welcher Funktion auch immerr bewegt, als hätte er – oder sie – die Wahrheit in der Tasche, macht sich suspekt.
Und wer um taktischer Vorteile willen Überzeugungen verkündet, die er nicht hat, oder Behauptungen aufstellt, an die er selbst nicht glaubt, verstößt gegen die Pflicht zur Wahrhaftigkeit (ja, das meine ich immer noch), die gerade in der Kirche nicht weniger zu gelten hat, als anderswo.

Wer seine Wirklichkeit begründet mit einem Teilbild der Wirklichkeit, das sich dafür anbietet – der ist zwar nicht undbedingt gleich unwahrhaftig. Aber, er muß wissen, was er tut.
Wer nämlich für die ganze Wahrheit nicht zuständig ist, darf auch nicht so tun,  als wäre er es.

Jürgen Gottschling

Nov. 2018 | Heidelberg, Allgemein, In vino veritas, InfoTicker aktuell, Junge Rundschau, Kirche & Bodenpersonal, Politik, Senioren, Zeitgeschehen | Kommentieren