Die designierte Staatsministerin im Kanzleramt für Digitales, Dorothee Bär (CSU), beklagt in der BILD-Zeitung [1] einen „Datenschutz wie im 18. Jahrhundert“, fordert eine „smarte Datenkultur vor allem für Unternehmen“ und kritisiert die geplante ePrivacy-Verordnung der Europäischen Union. [2]

Wer – mal eben nur zum Beispiel – nicht weiß, dass das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1983 die Geburtsstunde des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung ist, erweist sich als völlig ahnungslos und unfähig zur politischen Begleitung der Digitalen Revolution.

Ohne Vertrauen und Kontrolle über die eigenen Daten kann eine Informationsgesellschaft nicht funktionieren.

 

Bär sagt den EU-Plänen, die personenbezogene Speicherung und Analyse des Surfverhaltens nur noch mit Einwilligung des Nutzers zuzulassen, den Kampf an. Ist es nicht aber so, dass eine neue Staatsministerin im Kanzleramt für Digitales, statt die ePrivacy-Verordnung zu verwässern und US-Spionagekonzernen nacheifern zu wollen, sich Dorothee Bär besser dafür einsetzen sollte, dass die Privatsphäre der Nutzer von Google, Facebook und Co. besser geschützt wird. (Wir) Internetnutzer wollen selbst entscheiden, ob stattdessen – wir nennen das so – Surfverhalten ausgeschnüffelt und analysiert werden darf. Das muss auch eine CSU-Dame respektieren! Zwangs-Einwilligungserklärungen ohne Wahlrecht gehören verboten, statt das Opt-In-Prinzip ganz aufzugeben.

Wir fordern von der „Neuen“ sie möge sich nicht wie De Maizière zur Copy&Paste-Lobbyistin der Werbewirtschaft in Brüssel machen zu wollen, sondern sich auf die Seite der Nutzer und Verbraucher zu stellen und sich stattdessen auf die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung und die Einführung des Rechtsanspruchs auf einen schnellen Internetzugang zu konzentrieren!

Das Fraunhofer-Institut für sichere Informationstechnologie SIT warnt seit Jahren, durch Tracking entstünden „echte Bedrohungen und Risiken für Werte von Einzelnen und der ganzen Gesellschaft“.[3] Es fordert eine freie Entscheidung der Verbraucher über die Verfolgung des Surfverhaltens, wogegen die deutsche Wirtschaft Sturm läuft. Die vom Europaparlament verabschiedete Fassung der ePrivacy-Verordnung wird aktuell mit  Vertretern der europäischen Regierungen weiterverhandelt. Eine finale Fassung wird nicht vor Herbst 2018 erwartet.

Quellen:

[1] Interview mit Dorothee Bär, www.bild.de/politik/inland/dorothee-baer/im-interview-55009410.bild.html

[2] E-Privacy: EU-Parlamentsausschuss setzt datenschutzfreundlichen Kurs, www.heise.de/newsticker/meldung/E-Privacy-EU-Parlamentsausschuss-setzt-datenschutzfreundlichen-Kurs-3865503.html

[3] Web-Tracking-Report des SIT, www.sit.fraunhofer.de/fileadmin/dokumente/studien_und_technical_reports/Web_Tracking_Report_2014.pdf

März 2018 | Allgemein, Junge Rundschau, Politik, Zeitgeschehen | Kommentieren