Dass Gehorsam eine Tugend und Ungehorsam ein Laster sei, darauf haben über Jahrhunderte hinweg Kaiser, Könige, Päpste und Prister sowieso,  Feudalherren, Industrielle, Landvögte,  Polizisten, Lehrer und dergleichen sowie Eltern bestanden. Wir halten dem entgegen …

… dass die Menschheitsgeschichte neben „im Anfang war das Wort“ mit einem Akt des Ungehorsams begann. Und wir halten es nicht für unwahrscheinlich, dass die Menschheitsgeschichte mit einem Akt des Ungehorsams auch ihr Ende finden wird.

Dieser Anfang der Weltgeschichte jedenfalls hat den Menschen nicht verdorben, sondern frei gemacht. Im griechischen Mythos stahl Prometheus den Göttern das Feuer und legte damit die Grundlage für die Entwicklung des Menschen. Ohne dies „Verbrechen“ des Prometheus würde es keine Geschichte der Menschheit geben.

Prometheus

Ebenso wie Adam und Eva wird auch Prometheus für seinen Ungehorsam bestraft. Er bereut nicht, bittet nicht um Vergebung sondern er sagt: „Ich möchte lieber an diesen Felsen gekettet sein, als der gehorsame Diener der Götter zu sein.“
Durch Akte des Ungehorsams hat sich der Mensch weiterentwickelt. Nicht wollen wir sagen, ein jeder Ungehorsam sei eine Tugend und jeder Gehorsam ein Laster. Immer nämlich, wenn die Prinzipien, denen wir entweder gehorchen oder nicht, miteinander unvereinbar sind, wäre – ist – ein Akt des Gehorsams dem einen Prinzip gegenüber notwendigerweise auch ein Akt des Ungehorsams seinem Widerpart gegenüber. Und umgekehrt.“
Natürlich wurde und wird Gehorsam mit Macht erzwungen. Dies jenen ins Stammbuch geschrieben, die mit ihrer Macht so hantieren.

Diese Methode hat jedoch jede Menge Nachteile insofern, als sie die ständige Gefahr mit sich bringt, dass die vielen – „wir werden“ (Ton Steine Scherben)  „immer mehr“ – eines Tages Mittel und Wege finden könnten, die wenigen in ihre Gewalt zu bekommen.
Weil dem so ist, und die Mächtigen im Land und in Stuttagrt und in Berlin das auch wissen, versucht man (und Frau), dies in einen mehr oder weniger als eher sublim einherkommenden Gehorsam zu verwandeln – der aber lediglich auf Angst beruht –, und dies so in einen Gehorsam zu verwandeln, der von Herzen zu kommen scheint! Der Mensch muss demnach also gehorchen wollen, er muss das Bedürfnis dazu verspüren, statt Angst vor dem Ungehorsam, vor allem aber Angst vor den Folgen zu haben. Wenn das wirklich geschieht, dann kann die Macht verkünden, dass Ungehorsam Sünde und Gehorsam Tugend sei. Erich Fromm beschreibt das in seinem Essay „Über den Ungehorsam“ (lesen Sie mehr: DVA 1982), wo genau ebendies hinführt: Einmal verkündet, können die Vielen den Gehorsam akzeptieren, weil er etwas Gutes ist, und den Ungehorsam verabscheuen, weil er etwas Schlechtes sei – statt sich selbst zu verabscheuen, weil sie Feiglinge sind. Fromm wieder einmal gelesen (und „frei nach“ vereinnahmt) zu haben, lässt uns nachdenken auch über Heidelbergensien, lässt uns (aber gern doch) zum Ungehorsam gegenüber der „Obrigkeit“ aufrufen!

Und lässt uns den Stacheln löcken gegen die Macht und die Dämlichkeit – und die Herrlichkeit, in Ewigkeit …
Und ermuntert  uns mit dem Verhältnis zwischen Journalisten und Politikern zu beschäftigen. Nachhaltig zwar, aber ganz allgemein. Versteht sich doch …                            got

Nov 2011 | Allgemein, Feuilleton, Junge Rundschau | Kommentieren