Islamistische Diktatur – allüberall ? Und vorauseilende Feigheit

Der sogenannte „Dialog mit dem Islam“ hat sich längst zu einer – mehr oder weniger sanften – Diktatur entwickelt, die die deutsche Bevölkerung zwingt, ihre eigenen Rechtsgrundlagen durch die Brille islamischer Forderungen zu sehen.

Starke westliche Kompromißbereitschaft trifft auf ebenso starke Kompromißschwäche: Außer Muslimen nahmen am „Islam-Gipfel“, der gerade in Berlin stattfand, fast nur ausgewählte Islamreferenten jener Institutionen teil, die Quasi-Missionare müssen genannt werden dürfen, weil sie ihre Loyalität den islamischen Interessen unterstellen.

Insodern nämlich tun sie das, als Muslime seit Jahren den Islam als „Frieden“ predigen, dessen Gewaltformen nicht unter „Generalverdacht“ gestellt, „also nicht hinterfragt werden“ sollen. Das hat zur Aushöhlung des Rechtsstaats beigetragen, in den Ballungszentren haben wir de facto rechtsfreie Räume – natürlich hinsichtlich des deutschen Rechts, nicht des islamischen. Ob Karikaturen- oder Papststreit – die Regierungen in Europa weichen vor den radikalen Reaktionen zurück. Deutschlands Politiker wissen genau, dass bestimmte Organisationen leicht mehrere zehntausend Randalierer auf die Straße schicken können.
Wenngleich die Massenproteste gegen den Papst im arabischen Raum kleiner sind, als die geschickt montierten Bilder in den Medien sie präsentieren.

Nicht nur „Schläfer“ als Gefahrenpotetial

Dennoch müssen solche Proteste ernst genommen werden – schließlich haben sie eine aggressive Presse und die Mehrheit der Regierungen im islamischen Raum hinter sich, ganz zu schweigen von der „Moschee-Strategie“ in Europa. Amerikanische Rechercheure haben unlängst auf mindestens 5000 Schläfer in den USA hingewiesen und Europa vor der Illusion gewarnt, davon verschont zu sein. In Deutschland haben wir, wie ein Politiker jüngst sagte, „das Schläferproblem überhaupt nicht auf dem Schirm“. Wir verschweigen, daß die zukünftigen Islamkämpfer nicht nur zuwandern, sondern von Kindesbeinen an in den sogenannten „Kulturzentren“ der Moscheen gegen die deutsche Rechtsordnung indoktriniert werden.
Dass die Entwicklung so spät erkannt wird, wurde von einem Meinungsdruck verhindert, der eine historisch korrekte Analyse, eine realistische Auseinandersetzung mit dem Islam verhindert. Hier wirkt eine ungute Mischung aus traditioneller Orientophilie und neuen Blütenträumen des alten deutschen Links- und Rechtsradikalismus nach. Zudem glaubt man, durch die Verbindung von Islam und Anti-Amerikanismus eine eigene Position gegen die USA aufbauen zu können – eine groteske Verkennung der Realität.

Des Papstes Benedikt Vorlesung

Anfangs gingen die meisten Kommentatoren davon aus, dass der Papst mißverstanden worden sei. Er habe schließlich nicht als Papst, sondern als Gelehrter argumentiert.
Aber es ist doch so, dass Benedikt nun mal der dem Bestand der Kirche verpflichtete Papst ist? Der von Benedikt zitierte Kaiser Manuel war in Sorge um Volk und Reich, er versuchte, sich mit den Osmanen zu arrangieren. Der Klerus zeigte also damals schon vorauseilenden Gehorsam, indem er Kritik an den islamischen Herrschern als „Kampf gegen Gott“ verbot. Heute bahnt sich Ähnliches an. Das westliche Verhalten wird an die islamische Drohstrategie angepaßt. Den Eliten Europas ist die Tendenz offenbar recht. In Brüssel spricht man vom Islam als „Teil des westlichen Wertesystems“.

Zwas wurde das Islam-Zitat des Papstes aus einem in der Tat schwierigen Kontext, in dem es um das Verhältnis Vernunft – Glaube ging, herausgerissen – dennoch haben die islamischen Proteste nicht nur mit mangelnder Differenzierungsfähigkeit zu tun. Der Papst hat an den neuralgischen Punkt des Islam gerührt, indem er nämlich sagt, dass die Gewalt nicht zu „Gottes Wesen“, also auch nicht zu Allah, gehöre; womit er in dessen Machtmonopol einzugreifen scheint. Ebenso ist die Vorbildwirkung Muhammads tangiert, der die Ausbreitung des Islam durch die gewaltsame Eroberung Arabiens in Gang setzte.
Als Antwort auf diese Feststellung ist oft zu hören, es habe Gewalt schließlich auch die christliche Geschichte geprägt.

Kreuzzüge werden noch immer mißbraucht

Die Kirche soll (und kann) die von ihr in Jahrhunderten ausgehende Gewalt nicht leugnen. Hingegen mißbraucht das Faktum der Kreuzzüge der proislamische Meinungsdruck dazu, das Faktum islamischer Gewalt zu leugnen. Man braucht nur an die Wurzeln der Religionen und die Verläufe der anschließenden Geschichte zu gehen, um weniger die viel beschworene Gemeinsamkeit als den großen Unterschied in der Vernunft zu sehen. Der Papst betont, dass eine Gottesidee, die sich mit Gewalt ausdrückt, in dem Sinne „unvernünftig“ ist, als sie nicht mit dem Menschen verbunden ist und von ihm nicht nachvollzogen werden könne. Im Abendland geht die Vernunft dem Glauben voran – als Resultat des christlichen Ereignisses -, im Islam ist sie Ergebnis des Glaubens, der eine Aufklärung verhindert hat.

Die Zeichen für eine realistischere Sicht mehren sich. Die Briten etwa haben sich einen Sinn dafür bewahrt, wo der Liberalismus Grenzen hat. Auch in den oberen Etagen von Banken und Wirtschaftsunternehmen beginnt zu dämmern, dass ein ungezügeltes Profitprinzip die eigene Basis in Frage stellt. Wichtig sind Strategien, die langfristig die mafiose Tendenz des islamischen Radikalismus unterlaufen. Man muß abwarten, wie sich die Ansätze des Golf-Islam in Richtung Zivilgesellschaft und die Ansätze der EU zur Abkühlung der Islam-Euphorie entwickeln. Fest steht: Europa wird sich nicht mehr lange einem fundamentalen Kassensturz entziehen können: der überfälligen Prüfung seiner gesamten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedingungen.

Groteske Ouvertüre

Aus Furcht vor islamistischen Anfeindungen oder gar Terroranschlägen setzte die Berliner Oper das religionskritische Mozart-Werk Idomeneo ab – einen Tag, bevor der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zur ersten „Islamkonferenz“ bat. Selten hat es (wenn auch unfreiwillig) eine derart groteske Ouvertüre zu einer politischen Veranstaltung gegeben.
Bleiben wir zunächst in der Oper. Was hat Intendantin Kirsten Harms zu diesem Schritt bewogen? Setzt man Ursache und Wirkung in Relation, kann man nur zum Schluß kommen: Osama Bin Laden muß der Berliner Oper sein persönliches Erscheinen angedroht haben, sollten die Berliner weiterhin die Mozart-Oper spielen und den abgeschlagenen Kopf des Propheten Mohammed zeigen. Mitnichten. Es war ganz anders und harmloser: Das Opernhaus stützt sich auf eine „allgemeine Gefahrenanalyse“, eine konkrete Bedrohung gibt es – nicht.

Kunst muß provozieren dürfen

Daher kann man diese Aktion nicht einfach als besonders originellen Beitrag zum Mozartjahr verbuchen, sondern als äußerst bedenklichen Dammbruch. Noch nie hat es in der deutschen Kunst und Kultur einen derart vorauseilenden Gehorsam gegeben. Im Gegenteil: Viele Aktionen – man denke an die umstrittene RAF-Ausstellung – haben orkanartigem Gegenwind getrotzt. Kunst darf, ja sie muß provozieren dürfen. Da dies zunehmend infrage gestellt wird, wenn der Islam ins Spiel kommt, zeigt auch eine Entscheidung der ARD. Ursprünglich hat sie für den heutigen Mittwoch den Film „Wut“ ins Hauptabendprogramm gesetzt. Doch nach Protesten gegen den Streifen, in dem ein brutaler türkischer Drogenhändler eine deutsche Akademikerfamilie traktiert, wurde „Wut“ hurtig auf übermorgen in das Spätabendprogramm verlegt.
Es hat sich auch hierzulande etwas verändert seit den weltweiten Ausschreitungen wegen der Mohammed-Karikaturen. Die Gedanken sind nicht mehr so frei wie früher. Hilflos reagiert die Deutsche Oper auf eine vermeintlich extreme Bedrohung mit einem genauso radikalen Schritt: Weg mit der ganzen Oper, fort mit den abgeschlagenen Köpfen! Angst essen Seele auf, hieß das vorzeiten bei Rainer Werner Fassbinder. Angst essen Mittelweg auf, könnte man heute meinen. Denn eine Möglichkeit wäre auch gewesen, Idomeneo auf dem Spielplan zu belassen und sich der Problematik sowie möglicher Proteste zunächst einmal in Diskussionen zu stellen.
Genau hier ist die „Islamkonferenz“, das politische Experiment von Innenminister Schäuble (CDU) gefragt. Es ist schon richtig, dass er das deutsche Grundgesetz zur Grundlage des Dialogs macht. Integration heißt ja nicht, auch jene Muslime gewähren zu lassen, die in einer Parallel- oft genug in einer Gegenwelt leben, in der Ehrenmorde mehr zählen als unsere Gesetze. Doch dieser Dialog wird gerade nach der Idomeneo-Absetzung nur dann erfolgreich sein, wenn die Bundesregierung deutlich macht, dass sie auch das Wohl der Muslime im Auge hat – und die „Islamkonferenz“ nicht vorrangig als Mittel zur Terrorabwehr sieht.

Karl Kraus
Okt. 2006 | Allgemein, Essay, In vino veritas, Kirche & Bodenpersonal, Sapere aude | Kommentieren