„Frankreich am Rand des Abgrunds“ – so der aktuelle Titel von Charlie Hebdo. Morgen wird in Frankreich gewählt. Laurent Joffrin, Chefredakteur von Libération, sagt es gleich zu Beginn seines Artikels für die taz: „Es ist der merkwürdigste Wahlkampf in der Geschichte der Fünften Republik. Kommentatoren scharren mit den Füßen, Umfragen spielen verrückt, Prognosen haben ihren Aussagewert verloren. Favoriten fallen in Ungnade, alte Parteien geraten ins Schwanken, die führende politische Klasse gerät in Panik, und die Franzosen sehen ihren Wahlschein wenige Tage vor dem Wahlgang an wie Hamlet den polierten Schädel in seiner Hand. Vernünftig sein oder nicht – das ist hier und jetzt die Frage. Diese unglaubliche Reihe überraschender Wendungen ist kein Zufall. Sie markiert das Ende einer Epoche.“
Jean Quatremer, ebenfalls von Libération, konstatiert, dass nur einer der vier aussichtsreichen Präsidentschaftskandidaten, Emmanuel Macron, ein vernünftiges Verhältnis zu Europa hat: „Man hat in Brüssel und anderen europäischen Hauptstädten ignoriert, dass Frankreich, obwohl Gründungsmitglied, ein echtes Problem mit seiner Beziehung zur Europäischen Union hat, genau wie Großbritannien. Es scheint, als schafften es die zentralisierten Länder – allesamt ausgestattet mit einer unermüdlich drängelnden Exekutive – nicht, ihren Platz in einem föderalen Ensemble zu finden, in dem starke Gegenkräfte wirken.“
Außerdem: In Le Monde plädiert Martin Walser mit Verve für Emmanuel Macron: Es scheint ihm unvorstellbar, dass „dieser Macron einer Le Pen unterliegen könnte. Macron hat eine Biographie, die wir Deutschen nur mit Bewunderung und Neid erleben können.“ Die NZZ übersetzt das Le Monde-Interview mit Peter Sloterdijk ebenfalls über die anstehenden Wahlen bei unseren Nachbarn.
23.Apr.2017, 05:09
Nach der Schicksalswahl für Europa in Frankreich kommt am Donnerstag, 4. Mai um 19.00 Uhr Daniel Vernet zu einem Vortrag in die Friedrich-Ebert-Gedenkstätte.
Nach dem ersten Wahlgang am 23. April wird Frankreich am 7. Mai darüber entscheiden, wer in den nächsten fünf Jahren regieren wird. Lange Zeit galt Marine Le Pen als Favoritin, was unter den europäischen Partnern Schreckensvisionen auslöste. Für den Fall ihres Wahlsiegs kündigte die Front-National-Politikerin den Austritt aus der EU und die Rückkehr zum Franc an. Verhindern kann dies vermutlich der erklärte Europäer Emmanuel Macron. Der Chef der von ihm gegründeten Bewegung En Marche! verbucht auf beiden Seiten des politischen Spektrums wachsende Beliebtheit und gilt als aussichtsreichster Kandidat in der Stichwahl.
Daniel Vernet kennt wie kaum ein anderer die Höhen und Tiefen des „Couple franco-allemand“. Er berichtete für die Tageszeitung Le Monde aus Bonn, London und Moskau und leitete fünf Jahre als Chefredakteur diese wichtige französische Tageszeitung.
Eine Veranstaltung des Deutsch-Französischen Kulturkreis Heidelberg (dfk) und der Europa-Union Heidelberg und Rhein-Neckar.
Weitere Informationen zur überparteilichen Europa-Union finden Sie unter http://www.eubw.eu