Ein im Kontext der “New Atheists” interessanter und auch ein wenig putziger Artikel findet sich in der Dezemberausgabe des Discover-Magazins. Der berichtet von den “Gott-Experimenten”, wissenschaftlichen Versuchen verschiedener amerikanischer und britischer Neurobiologen, die Existenz Gottes, die Nicht-Existenz Gottes oder die neurophysiologische Basis religiöser Empfindungen zu beweisen bzw. zu erforschen. Ausgangspunkt ist die Überlegung, daß in den unterschiedlichsten Kulturen zu unterschiedlichsten Zeiten relativ gleichartige Ideen “übernatürlicher lenkender Wesen” entstanden. Evolutionär müsse sich also in den Gehirnen von Menschen irgendetwas entwickelt haben, was solchen Vorstellungen günstig ist. Gleichzeitig, so die Beobachtung, haben alle diese “übermenschlichen” Wesen in den Vorstellungen der Menschen recht menschenähnliche Züge. Die Hypothese der Evolutionsbiologen ist: Wer unerklärliche Geschehnisse menschenähnlichen Eingriffen zuschrieb, hatte einen Evolutionsvorteil.
Die Idee lautet etwa so: Wenn ein Neandertaler hörte, wie ein Baum umfällt, und sich dachte, da steckt ein anderer Neandertaler dahinter, witterte also Gefahr, selbst wenn nur der Wind schuld war. Der Neandertaler, der bei einem Knacksen dachte, ach es ist nur der Wind, der hatte Pech, wenn es doch nicht der Wind, sondern ein Feind war. Wer also an bewußte Lenkungen glaubte, der war eher auf der sicheren Seite (Damit könnte man auch den Glauben an Verschwörungstheorien evolutionstheoretisch deuten). Ob manche Menschen neuronal für solche Dinge empfänglicher sind als andere, wurde tatsächlich wissenschaftlich zu ergründen versucht, indem etwa an der Universität von Pennsylvania Gehirnscans von 20 spirituell musikalischen Leuten, darunter buddhistischen Mönchen und christlicher Nonnen durchgeführt wurden. Herausgestellt hat sich unter anderen, daß die neuronalen Aktivitäten bei spirituellen Erlebnissen ziemlich ähnlich den Gehirnströmen sind, die sich bei Orgasmen messen lassen. Der nächste, logische Schritt war der Versuch eines Neurowissenschaftlers in Ontario, der versuchen wollte, ob man religiöse Erlebnisse durch Stimulierung der fraglichen Gehirnpartien technisch auslösen könnte. So richtig gelungen ist das nicht, auch wenn die Probanden das unbestimmte Gefühl hatten, sie würden von einer höheren Autorität beobachtet – was ja zweifelsfrei der Fall war, standen sie ja unter Beobachtung der Forscher.
Ein anderer Forscher wollte gar ein “Gott-Gen” entdeckt haben, das für die Produktion bestimmter Neorotransmitter verantwortlich ist und spirituelle Erlebnisse auslösen sollte. Der nächste tippte eher auf das “Spiritualitäts-Molekül” DMT, eine Substanz mit ähnlicher Wirkung wie LSD, die aber im menschlichen Körper selbst produziert wird. Versuche mit Zwillingen, die bei verschiedenen Zieheltern aufwuchsen, wiederum ergaben erstaunliche Übereinstimmungen im Bet-Verhalten, was eine gewisse genetische Präsupusition dafür nahelegte, ob jemand eher die Präsenz Gottes zu spüren vermag oder eher weniger.
Das Lustigste an all dem ist, daß diese Versuche nicht nur von atheistischen Neurobiologen durchgeführt werden, wie etwa von jenem, der den Gottglauben mit der Hypothese erklärt, daß eine Gehirnhälfte die andere nicht als Teil des selben Organs erkennt, sondern als einen anderen imaginiert (ie. Gott), der also Religiösität als Folge cerebraler Fehlschaltungen deutet – sondern auch von christlichen Forschern, die ernsthaft meinen, sie täten ihrem Glauben einen Gefallen, wenn sie ”Religion” und “Wissenschaft” zu versöhnen suchen. gott