Sie sind leidenschaftliche Plädoyers für die Umwelt, für geschurigelte, gedemütigte, gequälte, verfolgte, um Stolz und Arbeit gebrachte Menschen. Und ebenso sehr aber auch gegen die Verursacher all dessen.
Realität – für Klaus Staeck ist sie Metapher für die Beschreibung der Wirklichkeit, für ihn hat sie denselben Stellenwert wie die Metaphern Idealismus, Gerechtigkeit oder Demokratie; einzig und allein aber wichtig ist ihm bei seiner Arbeit der Einfluss auf den realen Denkprozeß des Betrachters.

Klaus Staeck weiß, wie und was gesprochen wird, wie man  ihm zuhört und aus dieser Kenntnis hat er eine verblüffende und eine zugleich verblüffend einfache Dialektik entwickelt: Er enthüllt die Verhüllenden, dass sie in ihrer Blöße sprachlos werden müssen, er läßt Lügen sich selbst überführen, nimmt Sprachregelungen wörtlich, um ihre verborgenen Absichten zu entlarven,
Dabei wird der Wortminimalist Staeck nicht müde, auf diesen Zustand hinzuweisen, er scheut sich nicht, Richtung zu weisen, beharrlich klopft er Befindlichkeiten und Zustände ab, sie von der Tünche der Lüge und der falschen Pose zu befreien. Die Welt, in der wir leben, sie schmerzt ihn, fordert ihn aber auch immer wieder aufs Neue heraus, Klarheit zu finden im Gegensatz zu jenen metaphorisierenden Adepten, die Scheuklappen für Fernrohre halten.
Die Vögel verirren sich im Dunstgrau des Himmels, das Wild nimmt keine Fährten mehr auf, die Pflanzen erschauern vor dem Pesthauch der Industrie, die uns den Luxus als Henkersmahlzeit vorsetzt. Kriege werden aus verletzter Eitelkeit vom Zaun gebrochen, Menschen sterben, weil sie ein Vorurteil zeichnet, Menschen verhungern, weil sie keinen Plus-Posten in der Bilanz ausmachen. Welche Perversion gehört dazu, diesen Klaus Staeck als unbequem abzutun, denjenigen mit Klagen zu überhäufen, der diesen Wahnsinn unmißverständlich anprangert?

Die alles verdauende Öffentlichkeit hat oft und zu schlechter Letzt immer ohne Erfolg versucht, diesen nun unmerklich in die Jahre gekommenen Mahner zum (wie wir das kennen) Hofnarren zu machen, ihn der allgemeinen Lächerlichkeit preiszugeben. Klaus Staeck begegnet alledem mit aufklärerischem Elan, der sich gegen jede Routine und gegen jede Pose sträubt. Dabei eröffnet er mit jeder Postkarte, mit jedem Plakat, mit jedem neuen Slogan einen aufklärerischen Dialog. Und misstraut dabei sogar dem Applaus seiner Freunde und Bewunderer, die ihn nur allzu gern auf dem sokratischen Sockel sehen. Er, er hingegen hat gelernt, dass Bewunderung die Nachdenklichkeit lähmt.

Ihm bleibt Recht Recht, Unrecht Unrecht und Hass Hass, Friede ist Friede, ein Mahner ist ihm ein Mahner, kein Nestbeschmutzer. Als ein solcher zu gelten muss  einer nur Dinge und Zustände beim richtigen Namen nennen.
Offensiv zu sein, sagt er, werde hierzulande von vielen schon als nicht zulässig empfunden. „Ich bin jemand“, so Klaus Staeck weiter, „der behauptet, dass  Kritik das Salz in der Demokratiesuppe ist, und dass sich Demokratien von Diktaturen im Wesentlichen dadurch unterscheiden, dass man frei seine Meinung sagen kann“.
Und das tut Klaus Staeck; er mischt sich ein. Und nach all den von ihm „Genommenen Kurven“ wird er wohl auch künftig den Finger auf die Wunde derer legen, die da beschwichtigen, vertuschen, verdrehen und beschönigen, er wird auch künftig dafür sorgen, dass aus Verbrechen keine Notwehr gemauschelt werden kann, dass aus Schuld die besondere Form des Vergessens nicht gemacht werde: nämlich vergessen zu haben, was man vergessen hat und dass aus Unrecht hernach kein Sachzwang gestrickt werden kann.
Für ihn sind „Künstler nicht dazu da, die Gesellschaft zu illustrieren oder ihr Kränze zu flechten“, Kunst war und ist für ihn immer Risiko, „denn mit der Toleranz der Gesellschaft, ist es nicht so weit her“.
Staeck, der Querkopf, für den „Demokratie ein ständiger Auftrag“ ist, mischt sich heftig ein, seine Angriffe sind knapp, deutlich und verletzend. Und wo sie ohne Begründung sind, liefern Angegriffene diese mit ihrer Verteidigung nach.
Zensurenverteilende Zuschauerdemokratie ist seine Sache nicht, er hat eine scharfe Zunge und gilt deshalb Einigen in diesem unserem Lande als dubioser Charakter. Was Wunder. got

Was, zu guter Letzt, darf Kunst? Klaus Staeck im ZEIT-Interview

Feb 2017 | Heidelberg, Allgemein, Feuilleton, Junge Rundschau, Zeitgeschehen | Kommentieren