Unterhaltung können die Unterhalter besser – wozu sollten Politiker also noch Wahlkampf machen, wenn sie ganz auf Entertainment und Entpolitisierung setzen? Das ist der ernste Kern hinter der vielleicht doch nicht hundertprozentig ernst gemeinten Aktionskunst namens „Die PARTEI“, genauer gesagt die „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“ (PARTEI). Das daraus ein ganz konsequentes Polithappening wird, hatte der Bundeswahlleiter kürzlich mit seiner Nichtzulassung der PARTEI für die bevorstehende Bundestagswahl verhindert. Dabei hatte sie bereits an der Bundestagswahl 2005 teilgenommen. Seinerzeit liess sie Wahlwerbespots auf Ebay versteigern.
„Die PARTEI“, der Film von Andreas Coerper und Martin Sonneborn, dem ehemaligen Chefredakteur des Satiremagazins „Titanic“, mischt (Pseudo-)Dokumentation mit Realsatire: Die Parteigründung 2004, ihre Forderungen nach „Wiederaufbau von 5 Metern Mauer am 9. November mit Hilfe der IG BAU“ und „Wiederabriss der Frauenkirche“, ihr Spott über „Das Merkel“, die ehemalige Sekretärin für Propaganda und Agitation der FDJ, die nach Ansicht der Partei den Masterplan verfolgt, „Westdeutschland in die Planwirtschaft zu überführen“. Zwischen Archivaufnahmen sieht man Interviews mit Zeitzeugen, Medienberichte, fiktive Werbespots und Szenen wie die Begegnung mit Helge Schneider bei C&A. Das Prinzip ist klar: Der kontrollierte Tabubruch – hinter dem Wahrheiten sichtbar werden. Die Satire ist hier – leider? – nahe dran an der Wirklichkeit. Das ganze funktioniert als politdeutsches „Borat“ und ist witziger als das Original.
„Die PARTEI“ und auf seine Art auch HP Kerkelings „Horst Schlemmer – Isch kandidiere!“ sind die Antwort auf eine bundesdeutsche Politiklandschaft, in der Politik und ihre Berichterstattung ohne Spaßfaktor gar nicht mehr denkbar sind, in der Politik sich derart entpolitisiert hat, dass die Wähler zum Publikum mutierten, freilich zu einem gelangweilten. Auch die Kandidaten sind gerade in diesem Jahr überaus langweilig. Die Folge: Der Zynismus der routinisierten Wiseguys unter den wählenden Bürgern, die selbst längst von kritischen Wählern zu Polit-Konsumenten geworden sind, und die von lulligen Medien entsprechend bedient werden, die ihre Aufgabe längst nicht mehr als Kritik und Analyse verstehen, sondern als Politik-Präsentatoren und Verkäufer, als Marketingangestellte. Mit „Die PARTEI“ und ihrer Verwischung von Realität und Ernst kann sich aber auch der dümmere Politkonsument noch gleichzeitig über den Film erhaben fühlen – die Entpolitisierung des öffentlichen Geschäfts wird das nicht aufhalten.
Martin Sonneborn (PARTEI) und Ernst Hinsgen (CDU)