NPD verboten oder doch nicht? Zahlreiche Medien haben bei der Entscheidungsverkündung des Verfassungsgerichts nicht richtig zugehört …
Der heutige Dienstag, 17. Januar 2017, ist ein schwarzer Tag für die deutschen Medien im Allgemeinen und den Online-Journalismus im Besonderen. Zahlreiche Medien meldeten am Vormittag online, das Bundesverfassungsgericht habe die rechtsextreme Partei NPD verboten. Das war eine Falschmeldung. Wenige Minuten später trudelten die Korrekturen ein und stifteten Verwirrung. Grund war offenbar ein Missverständnis, weil der Verbotsantrag vom Präsidenten des Verfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, zu Beginn nochmals verlesen wurde.
Wer flüchtig zuhört oder mit der Verkündungspraxis des Bundesverfassungsgerichts keine Erfahrung hat, kann sich bei den ersten Äußerungen von Andreas Voßkuhle, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, vielleicht schon vertun.
Wörtlich sagte er:
„Ich eröffne die Sitzung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts zur Verkündung der Entscheidung in dem Verfahren über die Anträge:
1. Die Nationaldemokratische Partei Deutschland einschließlich ihrer Teilorganisation Junge Nationaldemokraten, Ring Nationaler Frauen und Kommunalpolitische Vereinigung ist verfassungswidrig.
2. Die Nationaldemokratische Partei Deutschland einschließlich ihrer Teilorganisation Junge Nationaldemokraten, Ring Nationaler Frauen und Kommunalpolitische Vereinigung wird aufgelöst.
3. Es ist verboten, Ersatzorganisationen für die Nationaldemokratische Partei Deutschland einschließlich ihrer Teilorganisation Junge Nationaldemokraten, Ring Nationaler Frauen und Kommunalpolitische Vereinigung zu schaffen oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzusetzen.
4. Das Vermögen der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands einschließlich ihrer Teilorganisation Junge Nationaldemokraten, Ring Nationaler Frauen und Kommunalpolitische Vereinigung wird zu Gunsten der Bundesrepublik Deutschland für gemeinnützige Zwecke eingezogen. Antragssteller ist der Bundesrat, Antragsgegnerin ist die Nationaldemokratische Partei Deutschlands.“
An diesem Punkt haben offenbar schon die Tastaturen anwesender Journalisten geglüht. Dass es sich bei der Verlesung um „die Anträge“ handelte, wurde dabei offenbar von vielen überhört. Und dass es üblich ist, zu Beginn einer Verkündung noch einmal Anträge im Wortlaut zu verlesen, scheint auch unbekannt. Das Erste, Phoenix, Spiegel Online, Zeit Online, der RTL-Chefkorrespondent, der MDR, die NZZ, Stern.de – sie alle verschickten falsche Eilmeldungen via Twitter und als Push-Nachricht auf Smartphones, das Bundesverfassungsgericht habe dem NPD-Verbotsantrag stattgegeben.
Wir wollen nicht wiederholen, was am Mittwoch ohnehin in allen Medien berichtet wird. Was aber wir schon vor zig Jahren zum NPD-Verbot geschrieben haben, das können Sie hier nachlesen: „Gebetsmühlenartig immer mal wieder: NPD.Verbot“ …
18.Jan.2017, 16:00
Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki bewertete die Ablehnung des Verbots als SPD-Niederlage, berichtet Focus-Online. „Vor allem für die bundesdeutsche Sozialdemokratie ist die heutige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes beschämend“, sagte der Politiker. „Wer – wie führende Sozialdemokraten – das politische Symbol zum überragenden Ziel aller seiner Überlegungen macht, wird am Ende einen politischen Scherbenhaufen hinterlassen“, so er weiter. Mit diesem Urteil offenbarte sich „fachlicher Dilettantismus allererster Güte“.
Mit diesen dummdreisten Sprüchen stellt sich Kubicki ins Abseits. Hätte er geschwiegen wäre er – nein, wahrlich, das war er vor seinem Geschwätz ja auch nicht – Philosoph geblieben? Hätte? Hätte Kubicki die kluge und überzeugende Urteilsbegründung gelesen, vielleicht hätte er dann die Klappe gehalten?
Ihnen Herr Gottschling, bei dieser Gelegenheit: Danke für die Rundschau!
Gregor Morgenthaler