Jahrzehntelang ist kein umfassendes Werk mehr zum Heidelberger Schloss und seiner Baugeschichte erschienen, jetzt kann das Buch des Architekturhistorikers Julian Hanschke erworben werden – als seinen Preis allemal wertes Weihnachtsgeschenk vielleicht …
Vor fünf Jahren hat sich der Autor auf einen langen, in vielfacher Hinsicht steinigen Weg der Selbstausbeutung begeben; er musste – zumindest – geahnt haben, was da auf ihn zukommt, worauf er sich mit dieser Arbeit eingelassen haben würde. Am Ende dann aber kam ein nicht nur fulminantes, sondern ein auf- und anregend großartiges Buch heraus, das nicht zu Letzt der vielfältigen Betrachtungsweise wegen alles in den Schatten stellt, was je zum Heidelberger Schloss erschienen ist. Die Idee dazu ist aus einem Projekt am Institut für Kunst- und Baugeschichte der Fakultät für Architektur am Karlsruher Institut für Technologie entstanden. Die Realisierung wurde sowohl von der Stadt Heidelberg wie auch von den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg unterstützt. Eindrucksvoll und noch nie zu sehen: viele dreidimensionale Rekonstruktionen der Bauphasen vom mächtigen weltbekannten Heidelberger Schloss.
Es ist vollbracht
Gemeinsam mit Prof. Johann Josef Böker, dem Leiter des Fachgebiets Baugeschichte am Karlsruher Institut für Technologie präsentierte Michael Hörrmann von den Staatlichen Schlössern und Gärten das neue Werk zur Geschichte und Baugeschichte der einstigen Residenz der Kurfürsten der Pfalz: „Das Heidelberger Schloss zählt zu den prominentesten Schlossbauten Europas – vielen, die das Schloss vor allem als eindrucksvolle Ruine erleben, ist das gar nicht bewusst.“ Er begrüßte daher die neue Publikation ausdrücklich und wies daraufhin, dass das Buch auf viele Jahre hin ein Standardwerk zum Schloss Heidelberg sein werde – was wir nota bene gerne bestätigen.
Entstanden ist das jetzt vorliegende Buch mit völlig unbekannten, beeindruckenden Einblicken in die Innenarchitektur des Bibliotheksbaus, des Frauenzimmerbaus, des Gläsernen Saalbaues sowie der Hauptsäle des Ottheinrichsbaus – all dies Räume, die seit dem Pfälzischen Erbfolgekrieg am Ende des 17. Jahrhundert verloren sind.
Unbekannte Pläne in den Archiven entdeckt
Wahre Schätze förderte die Arbeit von Julian Hanschke in den Archiven und Bibliotheken zutage. Es gelang ihm tatsächlich, zum weltberühmten Schlossbau noch neues Material aufzuspüren! Um nur einige zu nennen: Im „Wetzlarer Skizzenbuch“, einer Plansammlung des 17. Jahrhunderts und bekannt seit über 100 Jahren, identifizierte er einen Plan für den Umbau des Dicken Turmes an der Nordwestecke des Schlosses und einige Detailstudien zur Fassadengestaltung des benachbarten Englischen Baus. Die meisten Zuweisungen gelangen ihm in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart mit weiteren Originalplänen zum Dicken Turm. Sensationell lässt sich eine weitere Stuttgarter Entdeckung nennen: In Bauzeichnungen des Heidelberger Schlossbaumeisters Lorenz Lechler, die der Steinmetz offenbar zur Illustration seines bislang nur als purer Text überlieferten Lehrbuches angefertigt hatte, fand er eine ideale Vorlage etwa für den spätgotischen Erker des Bibliotheksbaus im Heidelberger Schlosshof. In Wien stieß er in der Sammlung der Akademie der bildenden Künste, die im Besitz einer Anzahl bekannter pfälzischer Bauzeichnungen ist, auf zwei unbekannte Gewölberisse, Entwürfe zum Gewölbe im ersten Obergeschoss des Heidelberger Glockenturmes aus dem späten Mittelalter.
An diesem Bau arbeiteten Generationen
Es lässt sich leicht vorstellen, dass am und ums Schloss herum nicht nur eine Generation beschäftigt war. Die Geschichte der Erbauung des Heidelberger Schlosses zieht sich über mehrere Jahrhunderte hinweg. Autor Julian Hanschke hat denn auch die zeichnerische Rekonstruktion der wichtigsten Bauphasen des Schlosses und seiner Innenräume vor der Zerstörung im Pfälzischen Erbfolgekrieg in den Jahren 1689 und 1693 in den Mittelpunkt seiner Arbeit gestellt. Das Forschungsprojekt, begonnen 2010 am Institut für Baugeschichte in Karlsruhe, umfasste die bauarchäologische Untersuchung der einzelnen Schloss-Bauten und die Erstellung von detaillierten Rekonstruktionszeichnungen. Sie lassen jetzt im Buch die wichtigsten Etappen der Erbauung in großen Bildern anschaulich werden.
Natürlich brachte die Arbeit mit den Quellen neue Erkenntnisse – die vom Autor mit Texten und mit (zum Teil dreidimensionalen) Bildern belegt sind …
… wobei der Autor nicht nur den erhaltenen Baubestand der Schlossgebäude untersucht: Er wertete die zeitgenössischen Quellen in Texten und Bildern aus – und gewann daraus neue Erkenntnisse, etwa zur Entwicklung der Gebäude, die sich um den berühmten Schlosshof gruppieren. Natürlich, so Julian Hanschke, gebe es eine Fülle an oftmals sehr ergiebigen wissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit der Baugeschichte vom Heidelberger Schloss. Einige Aspekte seien – so der Autor – dennoch bislang in der Schlossforschung weitgehend unberücksichtigt geblieben.
In den Archiven bislang unbekannte Pläne gefunden
Wahre Schätze förderte die Arbeit von Julian Hanschke in den Archiven und Bibliotheken zutage. Es gelang ihm tatsächlich, zum weltberühmten Schlossbau noch neues Material aufzuspüren! Um nur einige zu nennen: Im „Wetzlarer Skizzenbuch“, einer Plansammlung des 17. Jahrhunderts und bekannt seit über 100 Jahren, identifizierte er einen Plan für den Umbau des Dicken Turmes an der Nordwestecke des Schlosses und einige Detailstudien zur Fassadengestaltung des benachbarten Englischen Baus. Die meisten Zuweisungen gelangen ihm in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart mit weiteren Originalplänen zum Dicken Turm. Sensationell lässt sich eine weitere Stuttgarter Entdeckung nennen: In Bauzeichnungen des Heidelberger Schlossbaumeisters Lorenz Lechler, die der Steinmetz offenbar
zur Illustration seines bislang nur als purer Text überlieferten Lehrbuches angefertigt hatte, fand er eine ideale Vorlage etwa für den spätgotischen Erker des Bibliotheksbaus im Heidelberger Schlosshof.
In Wien stieß er in der Sammlung der Akademie der bildenden Künste, die im Besitz einer Anzahl bekannter pfälzischer Bauzeichnungen ist, auf zwei unbekannte Gewölberisse, Entwürfe zum Gewölbe im ersten Obergeschoss des Heidelberger Glockenturmes aus dem späten Mittelalter.
Fast 500 Seiten geballtes Wissen über das Heidelberger Schloss
Mit 495 Seiten und 551 Abbildungen, darunter zahlreichen historischen Ansichten, Bauplänen, aktuellen Fotografien und vom Autor aufwendigen erstellten digitalen Rekonstruktionen, bietet das (ich habs gewogen: 2,7 kg schwere) Werk einen umfassenden Bildatlas zur Baugeschichte vom Heidelberger Schloss. Das reiche Bildmaterial ermöglicht es, den Werdegang der Anlage vom späten Mittelalter bis zur Zerstörung im 17. und 18. Jahrhundert in allen Einzelheiten nachzuvollziehen. Welche Bedeutung die wissenschaftliche Arbeit für die Staatlichen Schlösser und Gärten hat – das stellte Geschäftsführer Michael Hörrmann bereits bei der Buchpräsentation in den Vordergrund. „Eine zentrale Aufgabe der Staatlichen Schlösser und Gärten ist die Vermittlung: Wir bringen den Menschen die Monumente des Landes in ihrer Geschichte und Bedeutung nah.“
In der Tat erweitert das neue Buch von Julian Hanschke mit seinen vielen Erkenntnissen dafür das Fundament auf wissenschaftlich akribische, spektakuläre (und zudem schön anzusehende) Weise.
Bibliographische Daten zum Buch
Schloss Heidelberg. Architektur und Baugeschichte.
Julian Hanschke
Julian Hanschke; Institut für Baugeschichte am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
ISBN/EAN: 9783000509278
496 Seiten, 551 © Farbabbildungen (die hier im Beitrag verwendeten Bilder aus dem Buch sind copyright geschützt), 21,5 x 27 cm, Hardcover
Preis: 49,90 €
DER AUTOR
Julian Hanschke, Dr.-Ing, geb. 1979 in Freiburg im Breisgau, studierte Architektur an der Universität Karlsruhe (TH) und Denkmalpflege an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Seit 2006 ist er Akademischer Angestellter am Fachgebiet Baugeschichte des KIT. 2009/10 war er als Denkmalpfleger bei der Stadt Landau tätig. Von ihm liegen zahlreiche Publikationen zur Baugeschichte und Denkmalpflege vor.
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Historische Fotographie