Bundesjustizministerin Brigitte Zypries unterstützt die Kritik der 1.300 Verleger und Autoren
an der Vorgehensweise des US-Unternehmens Google im sogenannten „Heidelberger Appell“.
„Den Unmut der Verleger und Autoren über die Vorgehensweise von Google kann ich gut
nachvollziehen. Das Verhalten von Google, Bücher in großem Umfang ohne Einwilligung der
Rechtsinhaber zu digitalisieren und zu veröffentlichen und erst danach über Vergütungen zu
verhandeln, ist nicht akzeptabel. Es ist nun wichtig, dass die betroffenen deutschen Autoren
und Verleger mit einer Stimme sprechen. Es ist richtig, dass die VG Wort und der Börsenverein
des Deutschen Buchhandels gemeinsam im Interesse der Betroffenen handeln“, erklärte
die Bundesjustizministerin.
Im „Heidelberger Appell“ wirbt eine Vielzahl von Verlegern und Autoren für
die Publikationsfreiheit und den Schutz der Urheberrechte. Sie werfen Google Urheberrechtsverstöße
im großen Stil vor. Google hat ohne Einwilligung der Rechtsinhaber ca. sieben
Millionen Bücher aus amerikanischen Bibliotheken eingescannt, um sie zum Aufbau
einer Datenbank und für die Anzeige von kurzen Auszügen im Internet in den USA zu nutzen.
Hierunter befinden sich auch viele deutsche Bücher. Die amerikanischen Autoren- und
Verlegerverbände haben wegen der Verletzung von Urheberrechten gegen Google in den
USA geklagt. Bei dieser Klage handelt es sich um eine sogenannte „class action“. Die Entscheidung
bei einer „class action“ wirkt nicht nur für die Parteien des Rechtsstreits, sondern
für alle Mitglieder einer „class“, also etwa für die gesamte Autorengemeinschaft. Dieser
Rechtsstreit wurde durch einen Vergleich beigelegt, der allerdings noch abschließend gebilligt
werden muss. Der Vergleich erfasst auch deutsche Autoren und Verlage, soweit es um
urheberrechtlich geschützte Nutzungen ihrer Bücher in den USA geht.
Der sehr umfangreiche und komplizierte Vergleichstext sieht vor, dass Google in Zukunft
Werke in verschiedener Weise nutzen darf. Am weitesten gehen die sogenannten „display
uses“, die auch den Online-Verkauf von Büchern erlauben. Die Rechtsinhaber müssen diesen
Nutzungen nur zustimmen, wenn die Werke noch lieferbar sind. Bei vergriffenen Werken
haben sie lediglich die Möglichkeit, solche Nutzungen zu verbieten. Auf der anderen Seite ist
für alle Bücher, die bis zum 5. Mai 2009 digitalisiert werden oder bereits digitalisiert worden
sind, eine Vergütung in Höhe von 60 US-Dollar pro Buch vorgesehen. Wer aus diesem Vergleich
aussteigen oder hiergegen Einwände vorbringen will, muss dies bis zum 5. Mai 2009
über die Seite www.googlebooksettlement.com tun.
„Ich rufe alle Betroffenen auf, bis zum Ablauf der Frist am 5. Mai 2009 gut zu überlegen, ob
sie den Vergleich mittragen oder aussteigen wollen“, appellierte die Bundesjustizministerin
an Autoren und Verleger. „In Deutschland wäre ein solches Szenario nicht denkbar. Das
deutsche Recht kennt keine „class action“. Bei uns kann jeder Rechtsinhaber für sich entscheiden,
ob und wie er sich mit Google einigen will. Nach deutschem Urheberrecht dürfen
Bücher nur mit der Einwilligung der Rechtsinhaber digitalisiert und online gestellt werden.
Wird das Werk ohne ihre Zustimmung im Internet veröffentlicht, können sie nicht nur Schadensersatz
verlangen, sondern auch die Löschung und das Unterlassen weiterer rechtswidriger
Nutzungen in der Zukunft. Der Schutz der Urheber war mir schon immer ein wichtiges
Anliegen. Zuletzt haben wir mit dem Gesetz zur Durchsetzung von Rechten des geistigen
Eigentums, das am 1. September 2008 in Kraft getreten ist, den Kreativen in Deutschland
ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die Internetpiraterie an die Hand gegeben. Darüber
hinaus arbeiten wir derzeit auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene an Mechanismen,
mit denen wir Urheber vor den digitalen Missbrauchsmöglichkeiten schützen
können. Hierbei werden wir natürlich auch die Auswirkungen der im Heidelberger Appell angesprochenen
„Open-Access-Bewegung“ sorgfältig beobachten“ sagte Zypries weiter.