In Genf beginnt heute eine mehrtägige UN-Konferenz gegen Rassismus. Nur wenige Stunden vor der Eröffnung durch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte auch Deutschland seine Teilnahme ab. Zuvor hatte sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier in einer Telefonkonferenz mit mehreren EU-Amtskollegen besprochen. Die Bundesregierung befürchtet ebenso wie andere westliche Staaten, dass die Veranstaltung von islamischen Ländern für propagandistische Attacken gegen (nicht nur) Israel missbraucht werde.
Es ist eine Konferenz der letzten Minute. Wer dran teilnimmt, war lange unklar. Und schon die Beratungen über den Entwurf eines Abschlussdokuments dauerten bis spät in den Freitagabend. Als die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Navanethem Pillay dann spät vor die Presse trat, wirkte sie ziemlich erleichtert. „Ich bin sehr sehr glücklich, Ihnen bekannt geben zu dürfen, dass dieser Entwurf einer Abschlusserklärung vom Vorbereitungskomitee beschlossen worden ist und an die Konferenz weitergeleitet wird zur Beratung und Annahme.“
Ob das freilich gegen Rassismus, Intoleranz und Fremdenhass viel nutzt, wird sich zeigen müssen:
Die Konferenz ist voraussichtlich ausgesprochen spärlich besucht. Wichtige Akteure fehlen. Allen voran die USA. Ihre Ausgangsforderungen im Vorfeld der Konferenz wurden nahezu alle erfüllt, dennoch bleiben sie zu Hause.
Daheim bleiben auch Teile der EU. Neben Deutschland, die Niederlande und Italien: Ihnen allen ist es zu heikel, an einer Konferenz teilzunehmen, deren Konzept von Libyen und Kuba kräftig mitbestimmt wurde und an deren ersten Tag Irans Staatschef Machmud Ahmadinedschad sprechen wird.
UN-Hochkomissarin Pillay ist aber zuversichtlich, glaubt fest daran, eine tragfähige Lösung erarbeitet zu haben. „Ich habe immer gesagt, es ist für die Millionen Opfer, die unter Rassismus, Fremdenhass und Intoleranz jeden Tag überall auf der Welt leiden, wichtig ist, dass die Staaten hier zu einer Einigung kommen. Und das haben sie getan.“
Der Praxistest steht freilich erst noch bevor. Schon am Nachmittag des ersten Tags, wenn Ahmadinedschad das Wort ergreift. Er ist für seine anti-israelischen Ausfälle bekannt. Ob ihn der Schweizer Bundespräsident Hans-Rudolf Merz am Sonntag beim Empfang auf eine sanfte Linie einstimmen konnte, wird zu hören sein. Immerhin vertritt die Schweiz die USA diplomatisch im Iran – insofern war das von Israel heftig kritisierte Treffen vom Sonntag in Genf sicher mit US-Präsident Barack Obama abgesprochen.
Es könnte geschehen, dass drinnen im Konferenzsaal Ahmadinedschad demonstrativ den Holocaust leugnet, während Nazi-Opfer wie Eli Wiesel oder Simone Veil sprechen, draußen, am Platz der Nationen in Genf, zum feierlichen Auftakt des israelischen Schoah-Gedenktags. Dann wären die schlimmsten Befürchtungen derer in Erfüllung gegangen, die der Konferenz ferngeblieben sind. Dies alles haben wir schon einmal erlebt.