17_schloss-heidelberg_detail_franz-richard-auf-seinem-riesenstativ_vor-1864_vb-bw_ssg-pressebildDer Sommer ist die hohe Zeit der Fotographie – und Schloss Heidelberg, das Monument, das jedes Jahr von über einer Million Menschen besucht wird, wird millionenfach zum Fotomotiv bei Urlaubern und Ausflüglern. Heute ist Knipsen, Fotos machen oder gar ambitioniert Fotografieren eine populäre Freizeitbeschäftigung. Erfunden wurde die Fotographie aber erst vor gut 150 Jahren – und auch damals schon war Schloss Heidelberg ein beliebtes Motiv. Die ersten Aufnahmen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden mit großem technischem Aufwand und hohem persönlichen Einsatz. Franz Richard, badischer Hofphotograf in jener Zeit, wurde berühmt durch ein Foto, das diese tollkühnen Männer mit ihren schwarzen Kisten bei der Arbeit zeigt – im Heidelberger Schloss. Der Fotograf starb im Jahr 1901, vor genau 115 Jahren.

 

Das Schloss als Motiv der frühen Archtikturphotographie

Heidelberg als touristisches Motiv – das ist ein kulturhistorisches Phänomen seit dem späten 18. Jahrhundert. Am berühmtesten sind sicher die Gemälde eines William Turner. Im 19. Jahrhundert übernahmen die Fotografen. Die Schlossruine wurde schon früh von dem neuen Medium entdeckt. Bereits die ersten Fotografen, die mit ihren unhandlichen Apparaten im Gelände unterwegs waren, wählten die eindrucksvolle Ruine als eines ihrer Motive. Kein Wunder also, dass das Schloss quasi mit der Erfindung der Fotografie auch zu einem der meistfotografierten Objekte wurde!

Ganzer Einsatz für das perfekte Foto

Spektakulär war dabei der Einsatz, den der Fotograf Franz Richard brachte, um ein perfektes Bild der Ruinen zu erreichen: Er ließ ein halsbrecherisches Gerüst errichten, eine fragile Konstruktion aus wenigen Holzstangen. Das Gerüst erreichte die Höhe der Palastfassaden im Heidelberger Schlosshof – fast 30 Meter! – aber ganz sicher bei Weitem nicht ihre Stabilität. Durch die Tollkühnheit seiner Aufnahmetechnik wurde Richard berühmt. Das Bild aus den Jahren um 1862, das das fragile Riesenstativ vor der Fassade des Ottheinrichsbaus zeigt, ist heute noch mehr als eindrucksvoll.

Ein Pionier der Architekturfotographie

17_schloss-heidelberg_detail_franz-richard_skulpturen-auf-dem-ottheinrichsbau-vor-1864_vb-bw_ssg-pressebildFranz Richard war ein Fotopionier: Generationen vor der Erfindung der Fotodrohne schuf er unter persönlichem Einsatz Aufnahmen, die heute zu den Inkunabeln der Architekturfotografie gehören. Er suchte die erhöhte Position mit seinen spektakulären Gerüsten, um von dort ohne perspektivische Verzerrung die kunstvollen Fassaden des Schlosses fotografieren zu können. Das Problem der stürzenden Linien kennen heutige Fotografen noch ganz genauso. In der Fotokunst gehört Franz Richard zu den frühen Meistern. Denn erst seit den 1850er-Jahren war die Fotografie mobil geworden: Das Arbeitsmaterial, handliche lichtempfindliche Platten, war ganz neu entwickelt – und mit dem Albuminpapier wurde es möglich, auch feinste Details abzubilden. Ab diesem Moment nahm die Fotografenkunst dann allerdings auch ihre rasante Entwicklung von einer Pionierkunst zum alltäglichen Handwerk.

Der Hofphotograf Franz Richard

Über die Biografie des Heidelbergers Franz Richard ist wenig bekannt. Seine spektakulären Aufnahmen von Schloss Heidelberg sind bis heute berühmt und werden immer wieder in Ausstellungen gezeigt. Er konnte einige Jahre lang den Titel eines badischen Hofphotografen führen. 1892 wurde Richard wegen Unterschlagung in Karlsruhe zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt. 1901 starb er in München – vor genau 115 Jahren. Grund genug, an den tollkühnen Fotopionier im Jahr 2016 zu erinnern!

 

Jul 2016 | Heidelberg, Allgemein, Zeitgeschehen | Kommentieren