„Alle Systeme, die auf die natürliche Gutherzigkeit des Menschen gegründet sind, werden für alle Zeiten davon erschüttert sein.“ Das schrieb der französische Autor Francois Mauriac in den späten 1950er-Jahren. Gemeint war die Geschichte einer unermesslichen Desillusionierung durch unermessliche Gewalt; die Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Man findet Mauriacs Satz in einem Buch, das sich dieser Geschichte widmet – in einer Weise, die es so noch nicht gab. Der aus München stammende, in England lehrende Historiker Nikolaus Wachsmann erzählt in seinem immensen Werk „KL“, was in den deutschen Lagern geschah.
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag€ 39,99 [D]
€ 41,20 [A] | CHF 49,50*
(* empf. VK-Preis)
ISBN: 978-3-88680-827-4
Siedler-Verlag
Nikolaus Wachsmann trägt alles zusammen, was man über die deutschen Konzentrationslager bislang herausgefunden hatte – und fügt Unerforschtes hinzu. Eine Gesamtdarstellung der Geschichte der Lager, zusammenhängend erzählt von ihren Anfängen her, mit dem Blick und Bewusstsein dafür, dass sich „Geschichte“ erst im Nachhinein zeigt, als hätte sie so geschehen müssen.
Frage an Nikolaus Wachsmann, ob die erste Überraschung gleich zu Beginn Ihres Buches damit beginnt, dass Sie bsolut überzeugend schildern den improvisatorischen Charakter der frühen „KL“ schildern, wie sie im Sprachgebrauch damals ja hießen. Hatte Hitler denn also wirklich keinen fertigen Plan für die Vernichtung seiner Feinde in der Tasche?
Nikolaus Wachsmann: Nein, die Nationalsozialisten haben, als sie an die Macht kommen, gar keinen genauen Plan, was die Lager, was die Zerstörung ihrer Feinde angeht, und müssen das Konzentrationslager erst noch erfinden. Das ist ein längerer Prozess, der sich immer wieder wiederholt. Die Lager sind ein unglaublich dynamisches System. Ein Gefangener, der 1933 in Dachau gesessen wäre, hätte Dachau 1939 nicht wiedererkannt. Das Lager ist neu gebaut, es sieht anders aus, es sind andere Gefangene im Lager. Der gleiche Gefangene hätte Dachau 1945 auch nicht wiedererkannt. Die Bilder des Lagers Ende April 1945 mit Leichenbergen – das bildet eine Realität des Lagers ab, aber nicht die ganze. Deswegen geht das Buch erst einmal zurück in der Zeit und zeigt das Lager 1939 und dann das Lager 1933: Niemand von denen kann absehen, was aus dem Lagersystem werden würde.
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ISBN: 978-3-88680-827-4
Für seine Geschichte der Konzentrationslager hat Nikolaus Wachsmann eine enorme Menge an Quellen und Forschungsliteratur ausgewertet, Tagebücher und Briefe der Lagerinsassen, Prozessunterlagen, SS- und Polizeiakten, ein Teil davon erstmals hier verwendet. Auf diese Weise konnte er die Praktiken der Täter, die Einstellungen der Gesellschaft und die Welt der Opfer in einem großen epischen Rahmen zusammenführen, konnte das Leben und Sterben im Lager, die individuellen Schicksale schildern, aber auch die politischen, ökonomischen und militärischen Umstände, die Hintergründe der NS-Vernichtungspolitik. Beides, die Nahaufnahme wie die historische Entwicklung, vereint Wachsmann zu einer eindringlichen Erzählung – ein historisches Werk, das, wie Ian Kershaw schreibt »kaum jemals übertroffen werden wird«.
Nikolaus Wachsmann erhält den Wolfson History Price 2016