Die Neue Rundschau wird sich nach langem hadern mit dem Wirtschaftskrimi Rechtschreibreform den in den Schulen gebräuchlichen Schreibweisen weitgehend anpassen. Die Redaktion wird dabei nach Möglichkeit die wieder zugelassenen Schreibweisen der bewährten Rechtschreibung verwenden.
Dieser Schritt möge einer Einheitlichkeit der Rechtschreibung dienen. Er wurde möglich, weil Einwände der Reformgegner im reformierten Regelwerk berücksichtigt wurden.
Die Reform der Rechtschreibreform erlaubt in den meisten Fällen wieder die Verwendung bewährter Schreibweisen, wie sie vor der Reform gebräuchlich waren und außerhalb der Schulen immer noch gebräuchlich sind. In zahlreichen Fällen nennen die Wörterbücher mehrere zulässige Varianten, wobei die Redaktion des „Wahrig“ in der Regel die bewährten Schreibweisen empfiehlt, während die Duden-Redaktion entgegen den Empfehlungen des Rates für Rechtschreibung überwiegend der reformierten Schreibweise den Vorzug gibt. In Zweifelsfällen werden wir uns deshalb künftig vor allem an Wahrigs Wörterbuch „Die deutsche Rechtschreibung“ orientieren.
In Ausnahmefällen hat sich „die alte“ Rechtschreibung weiter bewährt
Aber auch dieses Nachschlagewerk hat leider nicht alle Unsinnigkeiten der Reform rückgängig gemacht. So sollen zum Beispiel „Greuel“ und „greulich“ künftig ausschließlich mit „äu“ geschrieben werden. Eine Unterscheidung zwischen einer ins Gräuliche spielenden Farbgebung und einer greulichen, also Abscheu erregenden Tat wäre damit nicht mehr möglich. Die Reformer verweisen zur Begründung ihrer Fehlentscheidung auf die sogenannten Volks-Etymologien. Ihrer Ansicht nach haben sich irrtümliche Herleitungen eingebürgert, so dass (!) nun falsche Schreibweisen zu folgen hätten – was wir auch künftig nicht mitmachen.
Derartige Begründungen nämlich – und ihre Auswirkungen auf die Rechtschreibung – sind so unsinnig, dass wir in einigen Ausnahmefällen beschlossen haben, dem reformierten Regelwerk nicht zu folgen. Die Tabelle gibt (als Beispiele für veler „Besonderheiten“ eine knappe Übersicht über jene Fälle, in denen die Redaktion auch künftig von der reformierten Schreibweise abweichen wird.
Wir beugen uns – trotzig
Seit dem 1. August dieses Jahres gilt die reformierte Rechtschreibung an den deutschen Schulen. Ein großer Teil der Reformbefürworter betrachtet die Reform damit als abgeschlossen. Die Mannheimer Dudenredaktion wirbt für die neueste Ausgabe ihres Nachschlagewerkes mit dem Versprechen, die Neuregelung sei endgültig, und auf dem neuen Wahrig prangt der Ausruf „Endlich Sicherheit!“ Die Beteiligten wissen, dass dies nicht die ganze Wahrheit ist, aber sie wissen genau, wie der größte Wunsch der Sprachgemeinschaft beschaffen ist: Jeder, der mit Fragen der Rechtschreibung zu tun hat, wünscht sich nach langen Jahren des Streits und der Verwirrung nichts sehnlicher als ein klares und einheitliches Regelwerk. Das Hin und Her muss (!) endlich ein Ende haben.
Dieser Wunsch geht über alle Gräben hinweg, er eint trotz allen Meinungsverschiedenheiten die Reformer wie die Anhänger der über Jahrzehnten bewährten Rechtschreibung. Erfüllen kann er sich jedoch nur, wenn alle Beteiligten die Einheitlichkeit der Rechtschreibung über die Einzelheiten stellen, die nach wie vor strittig sind.
Wo immer es möglich ist, werden wir auch in Zukunft die bewährten Schreibweisen anwenden. Damit ist gewährleistet, dass wir unser wichtigstes Handwerkszeug, die Sprache und die Rechtschreibung, weiterhin so nutzen und einsetzen können, wie unsere Arbeit es verlangt und wie unsere Leser es gewohnt sind.
Theorie, Praxis – und Zwang
Diese mit schwachsinnigem Ehrgeiz ohne Not betriebene Reform ignorierte vollständig, dass Sprache und Rechtschreibung sich organisch entwickeln und sich dabei nicht um die Vorgaben der Sprachwissenschaft kümmern. Dass es im Deutschen Schreibweisen gibt, deren Entstehung der Linguist nicht zu erklären vermag, ist ein Problem der Sprachwissenschaften und hätte es bleiben sollen. Es war ein Problem der Theorie. Durch die Reform wurde es jedoch zu einem Problem der Praxis: Plötzlich schien es jedermann zu betreffen.
Keine Reform, die in den letzten Jahrzehnten in diesem Land begonnen wurde, war so unnötig wie die Rechtschreibreform. Daher hat sie wie wenige andere Reformen die Gemüter erhitzt. Gibt es ein anderes Land der Welt, dessen Dichter und Schriftsteller darauf bestehen müssen, dass ihre Texte in den Schulbüchern einer anderen Rechtschreibung folgen als jener, die in den Schulen gelehrt wird? Die ursprüngliche Reform hat sich jedenfalls weder bei den Schriftstellern noch in der Bevölkerung durchsetzen können.
Der größte Ansehensverlust
Ihre Niederlagé haben die Kultusminister insgeheim bereits eingestanden und deshalb den Rat für Rechtschreibung ins Leben gerufen. Er sollte die gravierenden Mängel der Reform beheben und hat dies auch weitgehend getan, obgleich er überwiegend mit Reformbefürwortern besetzt wurde, die nun revidieren mussten, was sie zuvor beschlossen hatten. Die hier vorliegende Einsicht ist jedoch vor allem die Einsicht in die Grenzen dessen, was Politik verfügen kann: Die Sprache liegt außerhalb der Zuständigkeit der Politik. Daß die Kultusministerkonferenz dies nicht hinzunehmen bereit war, hat ihr den größten Ansehensverlust eingetragen.
Und noch immer ist die Einheitlichkeit unserer Rechtschreibung, die uns als Ergebnis der Reform der Reform versprochen wurde, nicht wiederhergestellt, denn die Wörterbücher verzeichnen zahlreiche Varianten. So erlaubt der Duden zum Beispiel die Schreibweise „heute Früh“ ebenso wie die bewährte Schreibung „heute früh“.
Verantwortung gegenüber den Schülern
Der anhaltende Widerstand der meisten deutschen Schriftsteller und ihrer Verlage, die Not von Schülern, Lehrern und Eltern, die Proteste in den Medien und nicht zuletzt die Empörung in weiten Teilen der Öffentlichkeit – all dies hat dazu geführt, dass die Rechtschreibreform mehrfach reformiert wurde. Dies wäre ohne die unnachgiebige Haltung der Öffentlichkeit nie geschehen, und wir wissen, dass viele unserer Leser (und wir als Leser anderer Medien ja schließlich auch) nach wie vor jeden Kompromiß in dieser Frage ablehnen. Im Privatleben ist eine solche rigorose Haltung aufrechtzuerhalten, denn privat kann auch weiterhin jedermann/In schreiben, wie er*in (hallo Jonas, wie genderst Du das?) es für richtig hält.
Wir aber haben uns in dieser Angelegenheit anders zu verhalten: Wir fühlen uns auch den Kindern gegenüber in der Verantwortung, die in der Schule die reformierten Regeln erlernen müssen. Ihnen und allen anderen sind wir es schuldig, dass wir für die Einheitlichkeit der Rechtschreibung alles in unserer Macht stehende tun. Deshalb haben wir beschlossen, den Weg des Kompromisses zu gehen. Unsinnigen Regeln werden wir auch in Zukunft nicht folgen: Schreibweisen wie Stängel statt Stengel, Tollpatsch statt Tolpatsch oder Tipp statt (der aus dem englischen stammende) Tip wird es bei uns auch in Zukunft nicht geben. Nach jahrelangem Streit ist die Reform mit großem Aufwand meist wieder bei dem angelangt, was zu verbieten ihre Verfechter vor langen Jahren einmal angetreten waren: bei den bewährten Schreibweisen. Das aber ist wahrlich kein Verdienst der Reformer.
Ja, wir haben gekämpft: Legastheniker in Ministerämtern verhunzen unsere Sprache. Deutsche Hanswurstiade als Wirtschaftskrimi …
Dass das schöne Wort Reform in Deutschland einen fauligen Geruch angenommen hat, liegt nicht zuletzt an der Skrupellosigkeit einer Mafia, die sich vor Jahren in irgendwelchen Hinterzimmern zusammengerottet hat, um mit der deutschen Sprache gründlich aufzuräumen.
Funktionäre, Didaktiker und Agenten des Duden-Monopols waren es, die sich anmaßten, über die Rechtschreibung als geheime Kommandosache zu verfügen. Ein Kreis von Legasthenikern, der es zu Ministerämtern gebracht hat, deckt, vermutlich aus Größenwahn und Eitelkeit, diese Leute und möchte uns vorschreiben, wie wir uns auszudrücken haben. Dieser Klüngel, die Ku-Mi-Ko, ist kein Verfassungsorgan. Sie hat uns nichts zu sagen.
Das demokratische Medium
Wer sich als Herrscher über die Sprache aufspielt, hat nicht begriffen, dass es sich um das einzige Medium handelt, in dem die Demokratie schon immer geherrscht hat. Selbsternannte Autoritäten kann es da nicht geben. Was eine Sprachgemeinschaft akzeptiert und was sie ablehnt, darüber entscheiden Millionen.
Ein einfacher Test dürfte als Beweis genügen: Welche Idiome haben es zu Weltsprachen gebracht? Das Lateinische mit seinen zahllosen Flexionen; das Arabische, das nur die Konsonanten schreibt und es dem Leser überläßt, die Vokale zu ergänzen; das Französische mit seiner abwegigen Orthographie und das Englische mit seinem blühenden Chaos; nicht aber Sprachen, die über eine vernünftige Rechtschreibung verfügen, wie das Italienische und das Finnische.
Eine dreiste Lüge
Es ist eine dreiste Lüge, wenn die Sprachplaner behaupten, es ginge ihnen ja nur um die armen Schüler, die von den alten, ach so schwierigen Schreibweisen überfordert wären. Woher kommt es dann, dass diese bedauernswerten Geschöpfe allüberall auf der Welt, und zwar besonders in Deutschland, fast alle fließend Englisch sprechen und mühelos jeden Hit buchstabieren, der in den Charts auftaucht?
Autoren, Linguisten, Gelehrte aller Fakultäten haben seit Jahren auf die Idiotie dieser verordneten Reform hingewiesen. Inhaltlich ist dazu nichts Neues mehr zu sagen. Politisch bemerkenswert ist jedoch die Unbelehrbarkeit der ministerialen Ignoranten und die Feigheit derer, die ihnen auf die servilste Art und Weise gehorchen.
Die Feigheit der Lehrer
Damit meine ich zum einen die Schullehrer. Sie sind allesamt praktisch unkündbar; selbst einen Narren oder einen Alkoholiker loszuwerden, verbietet das heilige Beamtenrecht. Gleichwohl halten sich sogar Pädagogen, die aus Erfahrung wissen, daß die Reform ihre Schüler schädigt, sklavisch an die unsinnigen Vorschriften von Amtsinhabern, die selber nicht imstande sind, einen vernünftigen deutschen Satz hervorzubringen.
Zweitens sind es Verleger und Redakteure, denen keine Bürokratie etwas vorschreiben kann, die sich, wider besseres Wissen, in vorauseilendem Gehorsam dieser deutschen Hanswurstiade gebeugt haben, statt sich an eine schlichte Maxime des Vorsitzenden Mao Tse-tung zu halten: „Es kommt darauf an, wer den längeren Atem hat.“
Es ist überflüssig, sich weiter über die Ignoranz und die Präpotenz der Ku-Mi-Ko zu ereifern; es genügt, ihre Anweisungen zu ignorieren. Dazu ist keine besondere Zivilcourage erforderlich. Ein kleiner Vermerk auf jedem Manuskript, auf jeder Schulaufgabe genügt: „Nicht nach Duden!“ Es gibt Schriftsteller und Redaktionen, die, mit wachsendem Erfolg, nach dieser Regel verfahren. Nota bene hat sich die Rundschau zu keiner Zeit an die sogenannte reformierte Schreibweise gehalten. Und, dieweil vor kurzem ein „Neuer Duden“ auf den Markt geworfen wurde, den jeder Lehrer zu kaufen gezwungen war, der aber spätestens demnächst überholt sein wird, muß (muss?) dies Theater zu alledem Wirtschaftskrimi genannt werden dürfen. Und nun also auch noch die Verhunzung der Sprache durch militant*innen aus dem Feminal-Bereich. Man kann gar nicht soviel gegessen haben, wie ma da kotzen möchte …
Jürgen Gottschling
19.Feb..2016, 08:15
Auf die Plätzin, fertig los: vor die Universität Leipzig (dorten heißen Professoren mittlerweile alle Professorin) und hört zu: Die wichtigste Erfolgin des Feminismus dort dürfte fürs Erste schon mal sein ist, dass Männinen jetzt endlich auch wieder: weinen dürfen.
Vor Jahren sind mir mal bei einer gewerkschaftsnahen Bildungseinrichtung „Stadtväterinnen“ untergekommen. Heute ist man weiter. Demnächst wird man nicht nur die Väter, sondern gleich die Eltern abschaffen und durch Mütter ersetzen. Die Diskussionen in letzter Zeit geben eindeutig die Richtung vor, die die umfassende Sorge- und Alimentationspflicht bei Mutter Staat sieht und gnädig dem nicht verheirateten Vaten ein Besuchsrecht billgt. Genderismus ist kein Witz, sondern eine totalitäre, menschenverachtende Ideologie, wie sie von den Grünen und vermutlich dem Teil der SPD vertreten wird, der noch nicht aus dieser Partei ausgetreten ist.
19.Feb..2016, 08:21
Albert Einstein glaubte an die Schönheit der Einfachheit, wollte eine Weltformel finden, aus der das Universum erklärt werden könnte. Man sagt ihm nach, dass ihm am liebsten nur eine Creme im Hause wäre, zum Schuhe und Zähne putzen gleichermaßen.
So nimmt es nicht Wunder, dass der Vorschlag zu Professorinnen usw. von einem Physiker in Leipzig kam. Ich stell mir vor, dass ihm eines Tages der Kragen geplatzt ist: „L.m.a.A. dann schreiben wir eben in Zukunft Professorinnen in unsere Papiere.“ So hat er den Gender-Professorinnen und Gleichstellungsbeauftragtinnen den Wind aus den Segeln genommen. Als Physiker und Mann der realen Welt kann er nun wieder in Ruhe seinen eigentliche Aufgaben nachgehen. Der Mann sei klug, könnte mann meinen, dass frau meine. Da dies aber ein Mann perse gar nicht sein kann? Was denn nun?
Steckt also da dann das eigentliche Dilemma?
MfG, Klaus von Manfeld
19.Feb..2016, 08:22
Ein Meilenstein auf dem langen und mühsamen Weg hin zur geschlechtergerechten Sprache! Werte Kolleginnen in den Medien: Bitte denken Sie erst einmal nach, bevor Sie die Liepziger Entscheidung Gender-Nonsens nennen und daran herumnörgeln mit Kalauern wie „meine liebe Frau Gesangsverein“. Die Uni Leipzig hat doch mit einem Federstrich und ein paar Nachsilben eine Frauenquote von hundert Prozent erreicht, das soll ihr erst einmal eine nachmachen. Zweifellos wird jetzt die Politik diesem Vorbild folgen, sie sucht ja händeringend auch auf diesem Gebiet nach guten Lösungen, man denke nur an „das Gott“. Doch warum auf halbem Wege, also beim Neutrum haltmachen, wo das ewig Weibliche doch, wie man spätestens jetzt sieht, für alles und jeden stehen kann? Dann müssten Politiker, die sich sprachlich korrekt verhalten wollen, bei der Eröffnung der Kleintierzüchter- und Kleintierzüchterinnenausstellung in ihrem Wahlkreis auch nicht mehr sagen: Liebe Hühner und Hühnerinnen! Hühnerinnen genügte.
Mechthild Gebhard
19.Feb..2016, 08:26
An der Uni Leipzig bricht eine schon sehr spezielle Form der Gender-Pest aus – und der Rest der Republik legt sich schon einmal vorsorglich zum Sterben danieder. Dabei liegt die Lösung doch auf der Hand. Alle die sich mit einem solchen Dünnsinn – so wie ich – nicht anfreunden können, lassen es einfach und bleiben bei der bewährten Bezeichnungen und Anreden. Und wem das nicht passt, der soll sich von mir aus an den ärztlichen Notdienst seines Vertrauens wenden.
Gregor Baltmann
19.Feb..2016, 08:26
Edwin Troeltsch
Zugegeben, mit welchen (nicht nur sprachlichen) Windungen und Mitteln manche dem ihnen nachstellenden Feminismus zu entkommen suchen, ist in höchstem Maße belustigend. Mehr aber nicht.
Edwin Troeltsch
19.Feb..2016, 08:27
Das Deutsche lebt nun einmal mit seinen Artikeln und Nachsilben, und wenn jemand Genus und Sexus nicht auseinanderhalten kann, ist er selbst … Nein: schuldig ist natürlich niemand. Wem ist eigentlich bei der sicher angebrachten Aufregung eingefallen, daß „Professor“ ein Titel ist? Ebenso wie „Doktor“. Und sind Titel im Deutschen sprachspezifisch? Nein! Wenn sie es sind, ist das allenfalls verunsichertes Deutsch.
Oder heißt es jetzt „Frau Doktorin“, wenn der Arzt weiblich ist? Verzeihung: eine Ärztin ist? Sind Berufe etwa auch etwas geschlechtsspezifisches? Das können eingefleischte Feministen ebensowenig hoffen wie entsprechende Feministinnen. Ist man sich also dessen bewußt, daß, Titel, Berufe etc. k e i n e geschlechtsspezifischen Begriffe sind, heißt es einfach: Frau Professor, Frau Doktor etc.
Berthold Hase
19.Feb..2016, 08:36
Es ist von jeher der Narr, welcher der Gesellschaft ihre Absurditäten und Verwerfungen vor die Augen hält und damit zur Aufklärung beiträgt.
Man muss den Leipziger Professoren dankbar sein, dass sie diese Rolle übernehmen. Sie demonstrieren am eigenen Beispiel, welche Folgen es haben kann, wenn man die akademische Liberalität zugunsten einer Ideologie aufgibt, deren Zweck in (denn das wird nie enden) einem permanenten gesellschaftlichen Gängel- und Kontrollhabitus selbsternannter Gerechtigkeitsvertreter mündet. Die Zersetzung der Sprache scheint dabei als Testfeld zu dienen, wie weit man die Gesellschaft vor sich hertreiben kann.
Für die Stadt der Montagsdemonstrationen freilich ist der vorauseilende Kotau ihrer Uni vor der lupenreinen Ideologie des Gendermainstreaming eine Schande.
Frederike L. Stein
19.Feb..2016, 08:40
Ja heilige Dreifaltigkeit! Das ist doch…
…sowieso die Lösung. Nur noch dreispurige Autobahnen – links Raser, Mitte Michel, rechts die Schleicher und auf dem Pannenstreifen der Steuerzahler, dem der Treibstoff ausgegangen ist, weil er für den ganzen Unfug blechen muss.
Bei Gott böte sich natürlich „Ach Gottchen!“ an. Das wär ziemlich neutral, wenn auch etwas diminutiv fürs Allmächtige, aber damit könnte sich auch noch der ärmste Bruder in Kutte, Soutane oder Rom anfreunden.
Und fürs dritte, öffentliche stille Oertchen könnte man ja zum simplen „Metro“ als Bezeichnung greifen. Das stünde für Metrosexuell und könnte somit auch für alles stehen, was so zwischen Männlein und Weiblein und Variationen vorkommen könnte und sogar noch für Nahverkehr, denn wessen Nase hat nächtens im U-Bahn-Tunnel nicht schon gedacht, ob er sich nicht doch vielleicht in eine öffentliche Toilette verirrt hätte?
Am Anfang war die Familienministerin, dann „das Gott“ und jetzt die Uni Leipzig – Unterschichts-Doku-Soap Format in akademischen Kreisen?
Thomas Kobler
19.Feb..2016, 08:41
Köstlich. Hier das dazu passende Lied, Lehrerin Lempel inklusive: Musikvideo „Use Your Mind“ von Oswin L. Lone, auf youtube. Verstoß melden
Margrete Hasel
19.Feb..2016, 08:43
Der Feminismus in Deutschland scheint ausgedient zu haben.
Warum? Nun, wenn man sich schon mit solchen Albernheiten wie in Leipzig beschäftigen muss, um als Feministin in Deutschland überhaupt noch etwas zu tun zu haben, scheint es hier ja keine ernsten Probleme und Nachteile mehr für Frauen zu geben. Auch viele andere Dinge legen diese Vermutung Nahe, wie z.B. ein Aufschrei bei Twitter nach einer völlig harmlosen Bemerkung eines zudem wohl noch leicht angetrunkenen Politikers.
Wenn ich so sehe, was in anderen Ländern los ist: Steinigungen im Iran, massenhaft Vergewaltigungen in Indien, Zwangsbeschneidungen in Afrika. Da wären für die Feministinnen noch wirkliche Probleme zu bekämpfen. Aber wahrscheinlich ist es bequemer, hier ein paar Forderungen zu stellen und alberne Aktionen durchzuführen, als in diesen Regionen aktiv zu werden. Dort wird man nämlich nicht von lauter Gutmenschen hofiert, sondern müsste noch tatsächlich kämpfen und Mut haben, da man Gefahr liefe, verfolgt und eingesperrt oder gar getötet zu werden.
Florian Viol
19.Feb..2016, 08:46
Dummheit ist bekanntlich eine Krankheit, unter der nicht der Patient, sondern die anderen leiden. Um so schlimmer, dass sich das Leipziger Uni-Kollegium und die studierenden Studierenden diesem denkbefreiten Uni-Präsidium anpassen sollen. Durch eine derart dumm-dreiste Entscheidung macht sich eine Hochschule über die Grenzen Deutschlands hinaus lächerlich. Da möchte man sagen: Keine Macht den Doofen. Auch nicht an Universitäten.
Manfred Marquart
19.Feb..2016, 08:52
Gendermainstreaming beruht auf den Forschungen des US-Amerikanischen Psychologen und Sexologen John Money.
Dieser kastrierte (!) einen Jungen, um somit zu beweisen das das Geschlecht nur anerzogen sei. http://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/detailansicht/aktuell/die-gender-blender-80410/
Auf diesem John Money beruht „Gendermainstreaming“.
Also auf der Kastration eines Jungen.
Alice Schwarzer würdigte diese Kastration:
Deutschlands Chef-Feministin Alice Schwarzer führte das Experiment in ihrem Buch „Der kleine Unterschied“ von 1975 als vorbildliches Beispiel für den „aufklärenden Auftrag der Forschung“ an:
„Die Gebärfähigkeit auch der einzige Unterschied ist, der zwischen Mann und Frau bleibt. Alles andere ist künstlich aufgesetzt.“ Das Experiment Money würdigt Schwarzer als eine der „wenigen Ausnahmen, die nicht manipulieren, sondern dem aufklärenden Auftrag der Forschung gerecht werden.“
Die Kastration nennt man übrigens in Wiki „Geschlechtsangleichende Operation“….
Anke Schwibbe
19.Feb..2016, 08:53
Ich hoffe, im Personenverkehr der Bahn sind Personeriche mitberücksichtigt. Befreite Geiseleriche sagen ja auch nicht „Ich war mal ’ne Geisel“. Uns fehlen noch Gästinnen und – allübergreifend – Menschinnen.
Frankreich hat ähnliche Sorgen: Harmlos (weil grammatisch richtig) ist noch die écrivaine, die bis vor einigen Jahren noch écrivain war. Ansonsten wird gern mal die Grammatik ausgehebelt und die Professeure ist da. Dabei hat ihr die repasseuse (Büglerin) doch vorgemacht, wie es geht. Schlimmer ist die Doctoresse, die von der Aktrice hätte lernen müssen, dass sie eine Doctrice ist. An Goscinny und Uderzo ist sowas wohl vorbeigerauscht.
Sibylle von Gellert
19.Feb..2016, 08:55
Sollte die Erde doch noch mal Besuch von einem anderen Planeten bekommen, sind nur die Grünen auf den Empfang bestens vorbereitet. Kepler 452b gilt als mögliche Heimat intelligenten Lebens. Das könnte männlich, weiblich oder vielgeschlechtlich sein. Egal: Die schriftliche Grußbotschaft steht. „Willkommen liebe Kepler* – Sternchen oben – innen. Sollten die Kepler*innen daraufhin die Erde pulverisieren, weil sie sich nicht angesprochen fühlen, haben sie die Grünen nicht verstanden. Oder doch und feuern deshalb.
Manuel Weiser
19.Feb..2016, 08:59
Danke, Herr Weiser,
denn der Gender-Stern ist in der Tat Ausdruck der geschlechtsneutralen Sprache und markiert das Ende einer Beschränkung auf Mann und Frau. Jahrelang haben die Grünen um eine geschlechtssensible Sprache gerungen und das große Binnen-I konsequent gesetzt. Bei BürgerInnen ebenso wie bei IS-KämpferInnen. Doch das große I konnte das gesamte Spektrum von Geschlechtern und Identitäten nicht erfassen. Es wurden ja nur Männer und Frauen angesprochen. Transsexuelle, transgender und intersexuelle Personen werden nicht mehr unsichtbar gemacht, lobt man sich selbst. Aber gelingt es den Grün*innen, ich gehe hier auf Nummer sicher, entspannt zu vermitteln, dass sich die Identität eines Menschen nicht immer mit Mann oder Frau beschreiben lässt?
Die Grünen meinen es so gut, dass das Ergebnis schlecht ausfällt. Ein politisch und genderüberkorrektes Sternchen an allen Ecken und Enden grüner Schriftsätze sieht nicht nur albern aus, sondern könnte auch den erweiterten Horizont bei geschlechtlicher Identität lächerlich erscheinen lassen. Und das Sternchen verleitet dazu, das Gendern weiter zu perfektionieren. Denn es fällt auf, dass bei einem der am häufigsten verwendeten Begriffe eine nachweisbare Ungleichheit zwischen männlich, weiblich und anderen Identitäten herrscht. Die Männer bekommen bei „Bürger*innen“ sechs Buchstaben – war ja klar-, die Frauen für das „innen“ nur fünf und andere Identitäten nur ein Schriftzeichen – und das ist nicht einmal im Alphabet. Mein Antrag für den nächsten Parteitag der Grünen: Es wird nur noch mit dem Sternchen gegendert. Alle Buchstaben drum herum konsequent weg. Für unsere möglichen Besucher von Kepler 452b heißt das dann: „Willkommen liebe *Sternchen!“ – und schon werden wir als freundliche Barbaren erkannt und nicht befeuert.
Christa Postel
19.Feb..2016, 10:05
Die übertriebene Sprachkorrektheit ist meines Erachtens generell mit den neuen technischen Möglichkeiten des Internets bzw. der Digitalität enorm verschärft worden. Sie scheint mir Ausdruck des neuen Urwunsches von BürokratInnen (und Algorithmen) zu sein, Korrektheit in die neue Kommunikations- und Sprachunübersichtlichkeit, die seit ca. zwei Jahrzehnten herrscht, einzuführen, bewirkt aber das Gegenteil: die Aufblähung und Verballhornung von Sprache.
Die feministische Sprachdebatte ist hierbei nur ein Teil des Gesamtvorgangs, den man am besten mit „neuer babylonischer Sprachverwirrung“ fasst.
In meinem Metier als freiberuflicher Berater bin ich ernsthaft gehalten, Sätze etwa der folgenden Art zu schreiben: Die Ausbilder- bzw. Ausbilderinnenqualifizierung, speziell auch die von Berufschulleiterinnen und Berufsschulleitern wie auch die von betrieblichen Instruktoren und Instruktorinnen, ist in einem System der dualen Ausbildung letztlich auch für Schüler und Schülerinnen von hoher Priorität.
Ich halte solche Sätze beim Verfassen eisern und genussvoll durch. Und bei den abschließenden, persönlichen Besprechungen meiner Texte sehe ich dann nicht selten in graue und ermüdete Gesichter – auch der anwesenden Frauen.
Wie man da letztlich heraus kommt, weiß ich, ehrlich gesagt, nicht, denn dass frau das Patriarchat auch sprachlich gerne in den Senkel stellen möchte, vermag ich halbwegs einzusehen. Irgendwie ist da aber etwas Zwanghaftes entstanden, was nun übel aufstößt und das Sprachleben sehr ungemütlich macht.
Und ich will auch kein Gegenteil zum Patriarchat. Ich bleibe z.B. Diplom-Volkswirt und werde nicht wunschgefällig zur Diplom-Volkswirtin mutieren, wie Ähnliches an diversen Universitäten bereits zu beobachten ist.
Vielleicht sollten wir die alten, in sich durchaus widersprüchlichen Werke von Wittgenstein zum Thema „Sprache“ mal wieder hervorkramen … und darüber grübeln und reden. Wir Philosophen …!?
Beste Grüße
Fritz Feder