Eine Million Euro – so hoch war die Spende, die der Unternehmer Wolfgang Marguerre und seine Familie im September 2015 der Stadt Heidelberg für ihre Flüchtlingsarbeit zur Verfügung gestellt haben. In einem persönlichen Gespräch hat Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner dem Mäzen nun vorgestellt, für welche Maßnahmen das Geld verwendet wird. Leitziel ist die schnelle Integration der Menschen in die Gesellschaft.
Im Anschluss an das Gespräch erklärte Wolfgang Marguerre: „Mein Gedanke war: Die Stadt weiß am besten, wo man das Geld gut einsetzen kann. Es zeigt sich jetzt, dass der Gedanke richtig war. Alle Projekte, die mir der Oberbürgermeister vorgestellt hat, sind absolut sinnvoll. Genau diesen Effekt wollte ich anstoßen.“ Über seine Motivation für die Spende sagte der Mäzen: „Mich hat die Begeisterung der Menschen beeindruckt, die sich in dieser Situation mit einbringen. Die Freude am Helfen. Ich kann nicht so gut als Helfer vor Ort mit anpacken. Deshalb habe ich eben auf andere Art geholfen.“
„Wir sind der Familie Marguerre für ihre großzügige und außergewöhnliche Spende enorm dankbar“, erklärte Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner. „Hunderten Menschen wird dank dieses Geldes der Start in der neuen Heimat erleichtert.“
Für die drängendste Frage in der kommunalen Flüchtlingsarbeit – wo die Menschen wohnen können – hat die Stadt Heidelberg in den vergangenen Wochen schon ein Konzept erarbeitet und vom Gemeinderat bestätigen lassen. Demnach sollen in allen Stadtteilen vorübergehend Unterkünfte in einer Größenordnung von meist 100 Personen geschaffen werden. An diesem Punkt setzt dann die Integrationsarbeit ein – und es greift ein Maßnahmenpaket, das mit Hilfe der Marguerre-Spende finanziert werden kann.
„Aus unserer Sicht sind für die Integration drei zentrale Punkte entscheidend: Spracherwerb, Schul- und Berufsausbildung und die Möglichkeit zur sozialen Teilhabe“, erläutert Oberbürgermeister Würzner. Für diese Themenfelder haben mehrere städtische Fachämter unter der Koordination von Dr. Joachim Gerner, Bürgermeister für Familie, Soziales und Kultur, ein Maßnahmenpaket geschnürt, das unter anderem folgende Projekte enthält:
Themenfeld Spracherwerb
Deutschkurszentrum der Volkshochschule: Geplant ist die Anmietung von Unterrichtsräumen in innerstädtischer Lage. Flüchtlinge können dort Sprachkurse, Einstiegsprüfungen oder Alphabetisierungskurse belegen.
Sprachförderung in Vorbereitungsklassen: In Kooperation mit der PH Heidelberg sollen Lehrkräfte für zehn Vorbereitungsklassen an Heidelberger Grundschulen geschult werden. Die Klassen sollen zudem mit geeigneten Lernmaterialien ausgestattet werden.
Neuanschaffung Lernmaterialien: In den städtischen Flüchtlingsunterkünften und in der Stadtbücherei gibt es heute schon eine enorme Nachfrage an Lernmaterialien für Deutsch als Fremdsprache – insbesondere mit der Bezugssprache Arabisch. Der Bestand muss dringend ausgebaut werden – mit Medienkisten, Bildwörterbüchern, Bildkarten, Lesebüchern oder Sprach-Software.
Themenfeld Ausbildung
Lern- und Wohnzentrum für junge Flüchtlinge: Die Stadt prüft aktuell noch die Machbarkeit, ein Haus für junge Flüchtlinge anzumieten. Diese könnten dann dort wohnen und in ihren Ausbildungsverhältnissen begleitend unterstützt werden – zum Beispiel durch speziellen Förderunterricht oder Hilfe bei den Prüfungsvorbereitungen.
Co-Finanzierung des Projekts „Integration durch Ausbildung“: Jugendliche sollen im Rahmen dieses Projekts vom Verein für berufliche Integration und Qualifizierung (vbi) auf eine Berufsausbildung vorbereitet, in Ausbildungsverhältnisse vermittelt und dort auch begleitend betreut werden.
Anerkennung von Bildungsabschlüssen: Kostenübernahme für die Übersetzung von Diplomen oder Zeugnissen und Finanzierung von Anschlussprüfungen (zum Beispiel für Führerscheine).
Themenfeld Soziale Teilhabe
Schulung Ehrenamtlicher: Der persönliche Kontakt zu einem Begleiter für Behördengänge oder Arztbesuche erleichtert vielen Flüchtlingen den Einstieg in den deutschen Alltag. Die Stadt will daher auch weiterhin interessierte Bürgerinnen und Bürger schulen, derartige Aufgaben zu übernehmen.
Mobilität für unbegleitete Minderjährige: Die Stadt hat bereits einen Kleinbus angeschafft, um für die Gruppe der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge eine Transportoption zu haben. Ein zweiter Bus soll folgen.
Mit den bisher angedachten oder auch schon durchgeführten Maßnahmen wären die Mittel aus der Marguerre-Spende weitgehend verplant. „Wir werden das Geld sicher nicht benutzen, um sich kurzfristig auftuende Finanzlöcher zu schließen. Vielmehr ist Heidelberg in der glücklichen Lage, seine Willkommenskultur zielgerichtet, bedarfsgerecht und effizient weiterentwickeln zu können. Wir bereiten uns auf neue Herausforderungen vor und schaffen jetzt die dazu nötigen Strukturen“, ergänzt Bürgermeister Gerner.
OB Dr. Eckart Würzner (links) bedankt sich bei Wolfgang Marguerre für die Millionenspende.
Foto: Tobias Dittmer