afghan (1)Die rechtliche Grundlage für den Umgang mit dem besonders schutzbedürftigen Personenkreis minderjähriger Flüchtlinge bildet das Kindes- und Jugendwohl. Prof. Dr. Manfred Wienand von der Fakultät für Sozial- und Rechtswissenschaften der SRH Hochschule Heidelberg kritisiert in diesem Zusammenhang vor allem die bisher unzureichende Unterstützung der kommunalen Aufgabenträger durch Bund und Länder. Nach aktuellen Umfragen bei den Jugendämtern halten sich, so Wienand, bis Ende des Jahres 55.000 unbegleitete minderjährige Kinder in Deutschland auf. Hinzu komme eine hohe Dunkelziffer bisher nicht erfasster Kinder nach ihrer Flucht.

Die Jugendämter jedoch kommen bereits jetzt schon an ihre Grenzen. Da alle unbegleiteten Minderjährigen einen gesetzlichen Vertreter benötigen, der in ihrem Namen aufenthalts- und sozialrechtliche Anträge stellen kann, besteht die Gefahr, dass die Jugendämter den gesetzlich vorgegebenen Betreuungsschlüssel nicht mehr einhalten können. Wünschenswert ist, dass die Kommunen vermehrt ehrenamtliche Vormünder gewinnen, fordert Wienand am Themenabend „Unbegleitetes Flüchtlingskind – quo vadis?“ in der Reihe „Bibliotheksgespräche“ des „Netzwerks zukunftsfähige Bildung und der Gesellschaft der Freunde der SRH Hochschule Heidelberg e.V.“. Aber auch dies würde eine Aufstockung des festangestellten Personals in den Jugendämtern erfordern, da die Arbeit der Ehrenamtlichen angeleitet, koordiniert und überwacht werden müsse.

Prof.-Dr.-Constanze-Janda-k-SRH-Hochschule-HeidelbergDr. Constanze Janda, ebenfalls Professorin an der Fakultät für Sozial- und Rechtswissenschaften der SRH Hochschule Heidelberg, plädiert zudem dafür, dass der Gesetzgeber ein Urteil des Bundessozialgerichts schnellstmöglich umsetze und unbegleiteten Minderjährigen den Zugang zum Kindergeld eröffne: Das Bundeskindergeldgesetz (BKGG) knüpft die Leistungsberechtigung daran, dass das Kind Vollwaise oder aber der Aufenthalt der Eltern unbekannt ist und dass das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik hat. Darüber hinaus müssen die Leistungsberechtigten einen Aufenthaltstitel haben, sich seit drei Jahren in Deutschland aufhalten und einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Dieses Kriterium aber ist für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nicht erfüllbar, sie können – und dürfen – nicht arbeiten, womit sie von vornherein vom Kindergeld ausgeschlossen wären. Das Bundessozialgericht hat daher geurteilt, dass die Erwerbstätigkeit nicht als Anspruchsvoraussetzung verlangt werden darf. Dies müsse der Gesetzgeber nun schnell umsetzen, forderte Janda.

Dez. 2015 | Heidelberg, Allgemein, Junge Rundschau | Kommentieren