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Heute, am Donnerstag (08.10.2015) hat die Schwedische Akademie gesprochen: Der Nobelpreis für Literatur 2015 geht an die weißrussische Autorin Swetlana Alexijewitsch: „for her polyphonic writings, a monument to suffering and courage in our time“. Damit wurde erstmals eine Journalistin mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.
Die vollständige Begründung der Akademie finden Sie hier.
Laut Guardian hat Alexijewitsch der Anruf der Akademie beim Bügeln erwischt. Er habe „komplizierte“ Gefühle bei ihr ausgelöst: „Speaking by phone to the Swedish broadcaster SVT, Svetlana Alexievich said that the award left her with a ‚complicated‘ feeling. ‚It immediately evokes such great names as [Ivan] Bunin, [Boris] Pasternak,‘ she said, referring to Russian writers who have won the prize. ‚On the one hand, it’s such a fantastic feeling, but it’s also a bit disturbing.'“
Swetlana Alexijewitsch
Swetlana Alexijewitsch, geboren 1948 im westukrainischen Stanislaw (heute Iwano-Frankowsk) als Tochter einer Ukrainerin und eines weißrussischen Soldaten, wuchs in Weißrussland auf und arbeitete nach dem Studium der Journalistik in Minsk als Reporterin. Über die Interviews, die sie dabei führte, fand sie zu einer eigenen literarischen Gattung, dem dokumentarischen „Roman in Stimmen“. In der Sowjetunion und in Weißrussland durften ihre Bücher allerdings kaum veröffentlicht werden. Ab Mitte der Neunziger wurde sie beobachtet und abgehört, öffentliche Auftritte waren ihr untersagt. 2000 ging sie ins Exil, erst nach Paris, dann nach Berlin.
Alexijewitschs Werke wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. 2013 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und 2015 mit dem Nobelpreis für Literatur.
Swetlana Alexijewitsch: Die letzten Zeugen. Kinder im Zweiten Weltkrieg. Übersetzung
Hanser Berlin, Berlin 2014, ISBN 9783446246478, Gebunden, 304 Seiten, 22,90 EUR
Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt. Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sprechen Männer und Frauen, die beim Einmarsch der Deutschen in Weißrussland noch Kinder waren, zum ersten Mal darüber, woran sie sich erinnern. Ihre erschütternden Berichte vom Krieg machen „Die letzten Zeugen“ zu einem der eindringlichsten Antikriegsbücher überhaupt. Oft sind diese Erinnerungen nur Bruchstücke, und doch haben diese Kinder Dinge gesehen und erlitten, die niemand, am allerwenigsten ein Kind, sehen und erleiden dürfte. Alexijewitsch erweist sich einmal mehr als begnadete Zuhörerin und große Chronistin, die es versteht, den Erfahrungen von Menschen in Extremsituationen, im Ausnahmezustand einen einzigartigen Resonanzraum zu verschaffen.
Swetlana Alexijewitsch: Secondhand-Zeit. Leben auf den Trümmern des Sozialismus
Hanser Berlin, Berlin 2013, ISBN 9783446241503, Gebunden, 576 Seiten, 27,90 EUR
Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt. Der Kalte Krieg ist seit über zwanzig Jahren vorbei, doch das postsowjetische Russland sucht noch immer nach einer neuen Identität. Während man im Westen nach wie vor von der Gorbatschow-Zeit schwärmt, will man sie in Russland am liebsten vergessen. Inzwischen gilt Stalin dort vielen, auch unter den Jüngeren, wieder als großer Staatsmann, wie überhaupt die sozialistische Vergangenheit immer öfter nostalgisch verklärt wird. Für Swetlana Alexijewitsch leben die Russen gleichsam in einer Zeit des „secondhand“, der gebrauchten Ideen und Worte. Wie ein vielstimmiger Chor erzählen die Menschen in ihrem neuen Buch von der radikalen gesellschaftlichen Umwälzung in den zurückliegenden Jahren.
Swetlana Alexijewitsch: Tschernobyl. Eine Chronik der Zukunft
Berliner Taschenbuch Verlag (BTV), Berlin 2006, ISBN 9783833303579, Paperback, 298 Seiten, 9,90 EUR
Aus dem Russischen von Ingeborg Kolinko. Die Tschernobyl-Katastrophe ereignete sich vor 20 Jahren. Noch heute sind die Folgen weltweit zu spüren. Das preisgekrönte Buch von Swetlana Alexijewitsch in einer Neuausgabe.
Das Erlebnis der Tschernobyl-Katastrophe ist, so Swetlana Alexijewitsch, etwas, „wofür wir noch kein System von Vorstellungen, noch keine Analogien oder Erfahrungen haben, … wofür nicht mal unser ganzes inneres Instrumentarium ausreicht“. Das hat sich auch heute – 20 Jahre danach – noch nicht geändert. Die Autorin hat über mehrere Jahre mit Menschen gesprochen, für die die Katastrophe zum zentralen Ereignis ihres Lebens wurde. So sind eindringliche psychologische Porträts entstanden, literarisch bearbeitete Monologe, die von Menschen berichten, die sich ihre Zukunft in einer Welt der Toten aufbauen mussten.
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