student@home-Heidelberg-Bahnstadt-ImmotrendWohnsituation für Studenten zum Semesterstart in noch mehr Städten kritisch – In Heidelberg ist die Lage trotz hohem Wohnheim-Angebots sehr schwierig: Mieten und WG-Preise sind gestiegen
Zahl der Standorte mit angespannter Situation des studentischen Wohnungsmarktes steigt von 32 auf 39 / Schwierigste Suche von Unterkünften in München / Verschärfter Engpass gegenüber Vorjahr vor allem in Freiburg, Tübingen, Aachen, Gießen oder Marburg / 23 Kriterien von Mieten über Erstsemester-Zahlen bis zu Attraktivität im Ausland geprüft / Umfassende Detail-Auswertung für Heidelberg.

Für viele Studierende wird es zum Wintersemester 2015/16 noch schwieriger, eine passende Unterkunft zu finden. Die Zahl der Städte in Deutschland, in denen eine angespannte Situation auf dem studentischen Wohnungsmarkt festzustellen ist, stieg von 32 auf 39. Am schwierigsten ist die Suche nach der passenden Wohnung in München, vor Frankfurt am Main und Hamburg. Verschlechtert hat sich die Situation im Vergleich zum Vorjahr vor allem in renommierten Universitätsstädten wie Freiburg, Tübingen, Aachen, Gießen oder Marburg. Das sind die Kernergebnisse des neuen bundesweiten Ranking des Immobilienentwicklers GBI AG. Dessen Abteilung Research & Analyse hat alle 87 deutschen Hochschulstandorte mit mehr als 5000 Studenten detailliert untersucht. Jeweils 23 Faktoren von den Miet- und WG-Preisen über Leerstands-Quoten, die Entwicklung der Studierenden- und Erstsemester-Zahlen, die Altersstruktur der Bewohner bis hin zur Attraktivität der Stadt bei in- und ausländischen Studierenden wurden geprüft und gewichtet.

Wohnungsnot erschwert notwendige Flexibilität der Studenten

„Zwar ist in einigen Städten der dringend erforderliche Neubau von kleineren und damit preisgünstigeren Wohnungen, die auch Studierende nutzen können, bereits angelaufen. Dennoch reichen diese Fortschritte eindeutig nicht, den strukturellen Mangel zu beheben“, berichtet Dr. Stefan Brauckmann, Leiter der Abteilung Research & Analyse der GBI AG: „So ist nicht nur die Zahl der Standorte mit angespanntem studentischen Wohnungsmarkt von 32 auf 39 gestiegen, mittlerweile erkennen wir bei 19 dieser Städte akute Schwierigkeiten bei der ausreichenden Versorgung der Studierenden mit passendem Wohnraum.“ In den Vorjahren gehörten nur jeweils 13 Hochschulstandorte zu dieser Kategorie. Nach der aktuellen Studie ist nun beispielsweise in Aachen, Bonn und Düsseldorf zu Semesterbeginn ebenfalls ein deutlicher Mangel an Unterkünften, für die das meist knappe Budget der Studenten ausreicht, zu erwarten. Dr. Brauckmann: „Gerade weil im Bachelor- und Master-System von Studierenden eine immer größere Orts-Flexibilität verlangt wird, ist die Situation problematisch. Immer weniger Studierende können notfalls bei Eltern oder Verwandten unterkommen, da diese für die meisten zu weit entfernt wohnen.“ Betroffene sind daher insbesondere ausländische Studenten, die häufig nur zu überhöhten Preisen eine Bleibe finden.

Auch der durchschnittliche Anspannungsfaktor beim studentischen Wohnen erhöht sich dieses Jahr weiter, von 33,7 auf 34,5 Punkte. Maximal möglich sind 100 Punkte. München erreicht mit 80 Punkten den mit Abstand höchsten Wert, nach 79 im Vorjahr. „Es ist bemerkenswert, dass dort trotz der bereits hohen Punktzahl die Wohnungssuche noch schwieriger geworden ist“, betont Dr. Eike Winkler, zuständig für Markt- und Standortanalysen im Bereich des studentischen Wohnens in der Research-Abteilung der GBI AG. Auf den Plätzen hinter München gibt es im Jahr 2015 Veränderungen. Frankfurt überholte mit Hamburg den bisherigen Zweiten. Einen Platztausch gab es auch zwischen Stuttgart (nun Vierter) und Köln (jetzt Fünfter).

Verschlechtert hat sich die Wohnsituation im Vergleich zum Vorjahr vor allem in renommierten Universitätsstädten mittlerer Größe. In Freiburg stieg der Anspannungsfaktor von 58,5 auf 63,5 Punkte. So rückte die Stadt im Ranking schwieriger Märkte von Platz 9 auf 6 vor. Auch in Tübingen (58 statt 52 Punkte, Platz 12 auf 9), Aachen (53,5 statt 48 Punkte, Platz 16 auf 13) und Gießen (42,5 statt 36 Punkte, Platz 31 auf 25) verschärfte sich die Lage. „In solchen Mittel-städten macht sich der gegenwärtige Zustrom von Studierenden besonders bemerkbar“, so Dr. Brauckmann. Dort gibt es aufgrund der Städtestruktur kaum kurzfristig zu aktivierende Reserven an angemessenen Wohnungen. „Dennoch wird vielerorts zu wenig getan, dem entgegen zu wirken“, konstatiert Dr. Brauckmann: „So werden für Studierende benötigte kleinere Apartments nicht errichtet, da es aufgrund der Bauauflagen günstiger ist, große Wohnungen zu bauen. Hier ist ein Umdenken in Stadtverwaltungen nötig, der Kleinwohnungsbau sollte erleichtert werden.“

Die Top 20-Städte im Anspannungs-Ranking der GBI AG:

(theoretische Höchstpunktzahl 100 Punkte; kreisfreie Städte und Kreise als Bewertungszonen)

Stadt    Anspannungsfaktor
(Vorjahr 1.)    München    80 Punkte (Vorjahr 79)
(3.)    Frankfurt    71 Punkte (70,5)
(2.)    Hamburg    70 Punkte (73)
(5.)    Stuttgart    66 Punkte (63)
(4.)    Köln    64,5 Punkte (70)
(9.)    Freiburg    63,5 Punkte (58,5)
(6.)    Berlin    62,5 Punkte (62)
(7.)    Heidelberg    60,5 Punkte (60)
(12.)    Tübingen    58 Punkte (52)
(10.)    Darmstadt    57,5 Punkte (58)
(8.)    Konstanz    55 Punkte (58,5)
(13.)    Münster    54 Punkte (51,5)
(16.)    Aachen    53,5 Punkte (48)
(11.)    Karlsruhe    53 Punkte (54,5)
(19.)    Ulm    52,5 Punkte (46,5)
(15.)    Mainz    52 Punkte (49)
(14.)    Düsseldorf    51 Punkte (49)
(–.)    Ingolstadt    51 Punkte (keine Teilnahme, wg. zu geringer Studentenzahl)
(17.)    Bonn    50,5 Punkte (47,5)
(18.)    Erlangen    48,5 Punkte (46,5)

Die Studie belegt außerdem, wie stark die Wohnsituation von der Entwicklung der Studierendenzahlen abhängt. Während diese im Schnitt aller untersuchten Universitätsstädte um 1,2 Prozent sank, steigt sie bei den im Ranking vorne platzierten Städten an. Um 1,0 Prozent bei den Top 25-Städten, bei den Top 10 sogar um 4,5 Prozent. Am anderen Ende des Ranking ist eine entgegengesetzte Entwicklung zu beobachten. Dort gehen die Studierendenzahlen bei Städten mit weniger als 25 Punkten um 2,7 Prozent zurück. Ähnlich die Zahlen bei Erstsemestern: Während es in den Top 10 des Rankings einen Anstieg von 1,9 Prozent gab, sank die Zahl im Gesamtschnitt um 2,4 Prozent. Dr. Stefan Brauckmann: „Das zeigt, dass Studierende trotz angespannter Wohnsituation weiter in ohnehin begehrte Hochschulstädte ziehen. Die Schwierigkeit, dort eine angemessene Unterbringung zu finden, schreckt offensichtlich kaum ab.“ Der Zustrom von Flüchtlingen, die es nach einer möglichen Anerkennung des Asylantrags vor allem in größere Städte zieht, wird zu einer weiteren Verschärfung beitragen. Nur Städte, in denen zu einer massiven Ausweitung des Neubaus passender Wohnungen kommt, können dem entgegenwirken.

Studenten mit hoher Standort-Sensibilität

Eindeutig sind die Präferenzen nicht nur bezogen auf die Wahl des Hochschul-Standorts, sondern auch bei der Entscheidung für eine konkrete Wohnlage innerhalb der Stadt. „Studierende sind sehr standortsensibel und haben genaue Vorstellungen von ihrem Lebensumfeld“, berichtet Dr. Eike Winkler: Trotz ihres begrenzten Budgets ziehen sie deshalb nicht automatisch in günstige Stadt-Quartiere. Für eine entsprechende Lage mit gutem Angebot an Kneipen, Kultur und anderen zielgruppenspezifischen Angeboten sind sie bereit, bei Ausstattungsmerkmalen oder Größe der Wohnung spürbare Kompromisse einzugehen. Dr. Winkler: „Schon wenige hundert Meter Lage-Unterschied lassen die Studenten zu anderen Entscheidungen kommen.“ Das gleiche Vorgehen bei der Standortwahl ist auch bei Auszubildenden zu beobachten. Diese können ebenfalls in die von der GBI AG angebotenen „SMARTments student“-Projekte in Hamburg, Köln, Frankfurt, Mainz oder Darmstadt einziehen.

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Städtebewertung zum Wohnungsmarkt für Studierende in Heidelberg

Für besonders hohen Druck auf den Wohnungsmarkt für Studierende sorgen folgende Faktoren:

Bei der Miete:

Das Mietniveau ist mit 9,60€ pro Quadratmeter weiter angestiegen (2014: 9,50€/m²; Datengrundlage  Bestandswohnungen), und damit wird weiter Druck auf den Wohnungsmarkt für Studierende ausgeübt. Der Median über alle untersuchten Hochschulstädte liegt bei 7,00€/m² (2014: 6,80€/m²). (Datengrundlage: Immobilienscout 24 2015)

Zum Immobilienmarkt

Rechnerisch gibt es 2,1 Wohneinheiten je 18-29 Jährigem. Das sorgt für einen hohen Druck auf den Immobilienmarkt. (Datengrundlage: StaLa 2015, Tabelle 035-02-4)

Bei den Wanderungsbewegungen:

2013 sind 2.226 junge Leute (18- bis 29 Jährige) mehr in die Stadt gezogen als weggezogen (2012: 2.217; 2011: 3.434). Anteilig an der Gesamtbevölkerung waren das 1.5% (2012: 1,5%; 2011: 2,3%). (Datengrundlage: StaLa 2015, Tabelle 173-21-4, Tabelle 182-44-4)

Zum Anteil ausländischer Studierender:

Der Anteil ausländischer Studierender liegt mit 14,6% (WiSe 13/14) weiter auf überdurchschnittlichem Niveau (WiSe 12/13: 14,7%; WiSe 11/12: 14,5%) und damit sichtbar über dem Bundesdurchschnitt von 11,6%. (Datengrundlage: DeStatis 2015, Tabelle 21311-0002; ohne Verwaltungs-FH)

Die Bevölkerungs- und Haushaltsprognosen:

Die Bevölkerungsprognose bis 2025 sagt in Heidelberg einen Zuwachs von 3,7% voraus. (Datengrundlage: BBSR 2011)

Die Haushaltsprognose bis 2025 sagt in Heidelberg einen Zuwachs von 7,0% voraus. (Datengrundlage: BBSR 2011)

Zu der Universität:

Heidelberg ist Standort einer Exzellenz-Universität und erzeugt damit eine starke überregionale und nachhaltige Nachfrage von Studierenden. (Datengrundlage: DFG 2012)

Heidelberg ist Standort einer Uniklinik und erzeugt damit eine starke überregionale und nachhaltige Nachfrage von Studierenden. (Datengrundlage: HRK 2013)

Mittlerer Druck auf den Wohnungsmarkt wird durch folgende Faktoren ausgelöst:

Bei den WG-Kosten:

Die Kosten für ein WG-Zimmer sind gestiegen: 370,00€ (2014: 358,00€; 2013: 369,00€). Und die Nachfragenden sind auch bereit, diese Preise zu zahlen. Der Mittelwert über alle untersuchten Hochschulstädte liegt für die verlangten WG-Preise bei 304€ (Scoring 2014: 302€; Scoring 2013: 303€). (Datengrundlage: GBI AG WG-Datenbank 2015)

Zum Immobilienmarkt:

Das Verhältnis von Einraumwohnungen zum Wanderungssaldo im Jahr 2013 bei den 18-29 Jährigen beträgt 4,09 (Vorjahr: 2,91). (Datengrundlage: StaLa 2015, Tabelle 035-02-4, Tabelle 182-44-4)

Die Leerstandsquote ist mit 3,4% niedriger als der Bundesdurchschnitt (4,5%), aber nicht so niedrig, dass von diesem Faktor besonders hoher Druck ausgeht, sondern nur ein mittlerer Druck. (Datengrundlage: Zensus 2011)

Zu der Studierendenzahl (inklusive Ausländeranteil):

Die Zahl der Studierenden ist zwar im WiSe 13/14 auf 38.061 gestiegen (WiSe 12/13: 37.301; WiSe 11/12: 34.908). Doch reicht auch der gestiegene Wert noch nicht aus, um starken Druck auf den Wohnungsmarkt für Studierende auszuüben, es bleibt bei diesem Kriterium beim mittleren Druck. Durchschnittlich haben die 87 untersuchten Universitätsstädte 25.663 Studierende (arithmetisches Mittel). (Datengrundlage: DeStatis 2015, Tabelle 21311-0002; ohne Verwaltungs-FH)

Die Zahl der Erstsemester ist im WiSe 13/14 leicht gesunken, auf 5.798 (WiSe 12/13: 5.921; WiSe 11/12: 5.831). Dieser Wert reicht nicht aus, um starken Druck auf den Wohnungsmarkt für Studierende auszuüben. Der Mittelwert der Erstsemester-Zahlen betrachtet über alle 87 untersuchten Hochschulstädte liegt bei 4.222. (Datengrundlage: DeStatis 2015, Tabelle 21311-0011; ohne Verwaltungs-FH)

Bei den folgenden Kriterien geht von den Faktoren kein oder nur geringer Druck auf den Wohnungsmarkt für Studierende aus:

Immobilienmarkt:

In Wohnheimen sind 16,6% (WiSe 13/14) der Studierenden untergebracht und die Quote liegt damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 10,0%. (Datengrundlage: DSW 2014)

Sonstiges:

Von der Berufsschüler-Nachfrage geht kaum Druck auf den Markt für Kleinwohnungen aus. Die Zahl liegt bei 9.182 (2013). (Datengrundlage: StaLa 2015, Tabelle 200-71-4)

Sep. 2015 | Heidelberg, Allgemein, InfoTicker aktuell, Junge Rundschau | Kommentieren