Das Theaterspielen an Waldorfschulen hat eine lange Tradition und einen hohen Stellenwert. So wird einmal gegen Ende der 8. Klasse und dann wieder zum Ende der Schulzeit ein Theaterstück gemeinsam erarbeitet. Jeder Schüler übernimmt dabei mindestens eine Rolle. Auch die Requisiten, das Bühnenbild, die Kostüme, Beleuchtung, Musik, Maske, Plakate, Werbung und das Programmheft werden von den Schülern in Eigenregie organisiert. Die diesjährige 11.Klasse der Freien Waldorfschule Heidelberg wird Carl Zuckmayers „Der Gesang im Feuerofen“ am 19. & 20. Juni, jeweils um 19.30 Uhr zur Aufführung bringen. Das Kriegsdrama „Der Gesang im Feuerofen“ beruht auf einer historisch belegten Situation.
Thema des Drams sind Schuld und Rache am Beispiel des Widerstandskampfs der französischen Résistance gegen die deutsche Besatzungsmacht während des Zweiten Weltkriegs. Die Schuldfrage bei einem Massaker der Gestapo an jungen Widerstandskämpfern wird nicht eindeutig beantwortet, obgleich Zuckmayers Sympathie der Widerstandsbewegung gehört.
Im Winter 1943 wurden französische Widerstandskämpfer in dem Gebirgsdorf Haut Chaumond von einem Mitglied ihrer Gruppe (im Stück Creveaux) an die belagernden Deutschen verraten. Die Nazis umzingeln daraufhin das Schloss, in dem die Dorfbewohner am Weihnachtsabend einen Ball feiern wollen und legen einen vernichtenden Brand. Auf der Bühne beginnt das Drama wie ein Mysterienspiel, mit Anspielungen auf das Alte Testament. Die Personen des Stückes selbst sind dagegen real.
Zuckmayer setzt sich hier mit dem furchtbaren Geschehen auf metaphysischer Ebene auseinander und fügt naturmystische Figuren ein: Vater Wind, Mutter Frost, Bruder Nebel. Die Frage von Schuld und Unschuld wird hier ins allgemein Ethische gehoben.
Schauplatz des Stücks, das mit einer Gerichtsverhandlung im Himmel beginnt, mit der Hauptfigur Creveaux als Angeklagtem und seinen Opfern als Anklägern und Zeugen, ist der kleine Ort Haut Chaumond am Fuße der savoyischen Alpen in der Zeit von Dezember 1943 bis Kriegsende. Creveaux ist ein Außenseiter und unbeliebt. Um sich für die ständigen Demütigungen zu rächen, spielt er dem Gestapo-Offizier Sprenger, Pläne der französischen Widerstandsbewegung in die Hände. Die Aktion Feuerofen wird ausgelöst. Das Schloß wird in Brand gesetzt. Da die Ausgänge des Schlosses besetzt sind, verbrennen die einen, die andern fallen den Kugeln der Deutschen zum Opfer. Kurz vor der Kapitulation versuchen Sprenger und seine Helfer sich zur deutschen Truppe durchzuschlagen und lassen den verachteten Creveaux zurück. Er flieht zu seiner Mutter, die ihn der französischen Gendarmerie ausliefert. Die Theaterarbeit der Waldorfschule beginnt traditionell bereits mit der Auswahl des
Stückes. Die Proben finden stets neben dem regulären Unterricht statt. Auch weil sich die Klasse diesmal einen so anspruchsvollen Stoff herausgesucht hat, der Durchhaltevermögen und Belastbarkeit voraussetzt, dürfen wir auf die Aufführung sehr gespannt sein.
Aufführungen:
19. & 20. Juni 2015
jeweils 19:30 Uhr