Sie sind düster, bedrückend und lassen uns bisweilen aus dem Schlaf aufschrecken: Albträume. Jeder hat sie in seinem Leben schon einmal gehabt und manche leiden darunter permanent. Was Albträume eigentlich genau sind, woher sie kommen und wie vielschichtig dieses Phänomen nicht nur aus psychologischer, sondern auch aus kulturgeschichtlicher Perspektive ist, erklärt der Diplom-Psychologe Reinhard Pietrowsky.
![Reinhard Pietrwosky Was uns den Schlaf raubt Albträume in Psychologie, Kunst und Kultur. 2014 WBG. Etwa 208 S. mit 30 s/w-Abb., Reg., geb. mit SU, € 29,95 [D] ISBN 978-3-534-26458-2 Erscheint: August 2014](http://rundschau-hd.de/wp-content/uploads/2014/07/v3_1406191889-197x300.jpeg)
Reinhard Pietrwosky
Was uns den Schlaf raubt
Albträume in Psychologie, Kunst und Kultur.
2014 WBG. Etwa 208 S. mit 30 s/w-Abb., Reg.,
geb. mit SU, € 29,95 [D]
ISBN 978-3-534-26458-2
Erscheint: August 2014
Eine dunkle Tiefgarage, ein plötzlicher Schatten, Schritte, die immer schneller werden, ein aufblitzendes Messer und schließlich: ein Erwachen voller Panik. Verfolgungen, Angriffe oder Verletzungen zählen wohl zu den typischen Albtraumthemen. Auf den nächtlichen Schrecken folgen oft Verwirrung und offene Fragen nach den Ursachen und der Bedeutung des Traumes: Liegt der Schlüssel zu den »Nachtmaren« im Unterbewusstsein, oder sind sie vordergründig ein Problem der »Schlafhygiene« und damit unserer Lebensgewohnheiten? Warum gleichen sich bei völlig unterschiedlichen Träumern oftmals Albtraummotive so stark und das mitunter über Jahrhunderte und Kulturgrenzen hinweg? Und nicht zuletzt: Haben die angsteinflößenden Träume vielleicht sogar auch etwas Gutes?
Albträume: Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten und Nutzen
Träume und insbesondere Albträume haben die Psychologie intensiv beschäftigt. Es gibt zahlreiche Überlegungen zu ihrem Ursprung und ihrer Funktion: So wurde vermutet, dass Träume die versteckten Seiten der Persönlichkeit darstellen, sie „nur“ ein Zufallsprodukt des Gehirns sind, oder darin widerstreitende Gefühle zum Alltag kompensiert werden. Inzwischen unumstritten ist, dass Probleme und emotionale Belastungen von Tageserlebnissen während des Schlafes verarbeitet werden. Und auch Lebensgewohnheiten wie etwa Tabak- und Alkoholkonsum nehmen einen wesentlichen Einfluss auf den Schlaf. Kommt es zu intensiven Albträumen gibt es in der klinischen Diagnostik dank »Schlaftagebüchern« und präziser Fragenbögen schnelle Behandlungsmöglichkeiten, die von Medikamenten bis zu Entspannungsverfahren in Form von autogenem Training und progressiver Muskelanspannung reichen. Doch können Albträume auch durchaus gesund sein und sollten nicht unbedingt unterdrückt werden: Die Konfrontation mit den eigenen Ängsten kann, so Pietrowsky, etwa zu einer Sensibilisierung für unbewusste Probleme führen und neue Verhaltensrichtungen aufzeigen.
Träume im Zeichen von Göttern und Dämonen
Bereits in der griechischen Antike war man der Auffassung, dass Albträume ein Ausdruck des Seelenlebens sind. Als von den Göttern eingegeben, las man aus ihnen Prophezeiungen für die Zukunft. Albträume waren deshalb keineswegs etwas Schlechtes und ihre Deutung gewann als »göttliches Handwerk« an enormer Bedeutung. In Mesopotamien gab es ganze lexikonartige Traumbücher mit Verzeichnissen zu Motiven und Symbolik und in Ägypten wurde den Träumen der Pharaonen eine besonders hohe Vorhersagekraft zugerechnet. Ein anderer Erklärungsansatz für Albträume war hingegen die Besessenheit des Träumenden von bösen Geistern und Dämonen, die mit ihm im Schlaf Unzucht trieben. War es in der Antike noch der Hirtengott Pan, der in Bocksgestalt in die Schlafzimmer drang, waren es im europäischen Mittelalter Vampyre, Nachtmahre, der »Alp« oder gar der Teufel selbst, die den Träumenden für begangene Sünden straften. Auch im Islam war das Phänomen des Albtraums mehr als bekannt: Sich vor schlechten Träumen zu schützen, riet der Prophet Mohammed etwa dreimal zur linken Seite auszuspucken und legte damit den Ursprung für den heutigen »Toi, Toi, Toi«- Wunsch. Mit dem Verlust des Glaubens an die Macht von Göttern und Dämonen verlagerte sich der Schrecken des Albtraums schließlich von seiner Deutung und seinem Ursprung auf den Traum selbst. So werden Albträume tatsächlich erst seit gut etwa hundert Jahren mit dem Aufkommen der Psychologie als Wissenschaft als eine klinische Störung betrachtet und damit als ein psychologisches Problem des Individuums.
Über das Buch:
Reinhard Pietrowsky erläutert, was mit dem Albtraum als psychologischem Phänomen auf sich hat und beleuchtet aus kultur- und kunsthistorischer Perspektive, welch starke Bedeutungswandel der Albtraum über Jahrhunderte und in verschiedenen Kulturkreisen erfahren hat.
Reinhard Pietrwosky: Was uns den Schlaf raubt. Albträume in Psychologie, Kunst und Kultur. 2014 WBG. Etwa 208 S. mit 30 s/w-Abb., Reg., geb. mit SU, € 29,95 [D], ISBN 978-3-534-26458-2, Erscheint: August 2014
Über den Autor:
Reinhard Pietrowsky, geb. 1957, ist Professor für Klinische Psychologie an der Universität Düsseldorf sowie approbierter Psychologischer Psychotherapeut und Leiter der Psychotherapeutischen Hochschulambulanz der Universität Düsseldorf. Darüber hinaus ist er Initiator des Selbsthilfe-Trainings »albtraumcoach.de«.