Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat die Stadt Heidelberg gebeten, eine im Jahr 2013 mit Kirchen und Clubbetreibern getroffene Vereinbarung zum sogenannten „Tanzverbot“ nicht weiter anzuwenden. Hintergrund ist ein seit Jahren schwelender Konflikt um das baden-württembergische Feiertagsgesetz (FTG). Die Stadt Heidelberg sieht sich durch das Schreiben des Regierungspräsidiums allerdings darin bestätigt, weiterhin nach einem Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen zu suchen.
„Wie überholt das baden-württembergische Feiertagsgesetz ist, zeigt sich unter anderem daran, dass an Buß- und Bettag das Tanzen ganztägig verboten ist – obwohl dieser Tag bereits seit 1995 ein ganz normaler Arbeitstag ist“, erklärte Wolfgang Erichson, Bürgermeister für Bürgerdienste, Chancengleichheit und Integration. „Wir werden die Empfehlung des Regierungspräsidiums und die rechtlichen Möglichkeiten, die das Feiertagsgesetz einer Kommune lässt, nun überprüfen. Dann entscheiden wir, ob wir unsere Vereinbarung anpassen können.“
Das Regierungspräsidium bestätigte auch, dass das Innenministerium des Landes Baden-Württemberg derzeit Überlegungen zur Novellierung des FTG anstellt. „Ich freue mich, dass durch die Heidelberger Regelung eine landesweite Diskussion über die Sinnhaftigkeit des bundesweit strengsten Feiertagsgesetzes eingesetzt hat. Andere Bundesländer haben inzwischen ihre Gesetze verändert und insbesondere das Tanzverbot abgeschafft“, sagte Bürgermeister Erichson.
Im baden-württembergischen Feiertagsgesetz (§ 10) ist festgehalten, dass „öffentliche Tanzunterhaltungen an Allerheiligen, am Allgemeinen Buß- und Bettag, Volkstrauertag, Totengedenktag und am 24. Dezember von 3 Uhr bis 24 Uhr, am Gründonnerstag, Karfreitag, Karsamstag und am Ersten Weihnachtstag während des ganzen Tages verboten“ sind. Laut § 12 kann eine Kommune aber auch Ausnahmegenehmigungen erteilen – muss dafür aber die zuständigen kirchlichen Stellen hören. Die Stadt Heidelberg folgte dieser Vorgabe und brachte Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche sowie Heidelberger Clubbetreiber für einen Interessensausgleich an einen Tisch.
Die Stadt Heidelberg stützte sich bei diesem Vorgehen auch auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2009. Dabei war festgestellt worden, dass der einzelne Bürger sich an solchen Feiertagen von der beruflichen Tätigkeit erholen und tun können soll, was ihm als Ausgleich für den Alltag als wichtig erscheint. Dies könne für den einen Bürger auch das ausgelassene Tanzen in einer Disco sein, für andere stehe jedoch ein gesteigertes Ruhebedürfnis im Vordergrund. Zwischen diesen einzelnen Positionen sei gegebenenfalls ein Ausgleich vorzunehmen.
Genau diesen Ausgleich hat die Stadt gesucht. Im Jahr 2013 wurde nach Gesprächen zwischen Stadt Heidelberg, der evangelischen und der katholischen Kirche sowie den Clubbetreibern schließlich eine Vereinbarung getroffen, wie künftig mit dem Tanzverbot umgegangen werden soll. Alle Beteiligten verständigten sich darauf, an den besonders wichtigen kirchlichen Feiertagen (Karfreitag, Allerheiligen, Totensonntag und Heiligabend) auf Tanzveranstaltungen zu verzichten. An den anderen im Gesetz genannten Tagen (Buß- und Bettag, Volkstrauertag, Gründonnerstag, Karsamstag und am Ersten Weihnachtsfeiertag) sollte das Tanzen hingegen zu den üblichen Öffnungszeiten möglich sein.
Die Vereinbarung wurde erstmals 2014 praktiziert. Da ein Privatmann jedoch beim Regierungspräsidium Karlsruhe eine Fachaufsichtsbeschwerde einlegte, prüfte die Behörde die Heidelberger Vereinbarung. In einem Schreiben vom 4. Juli 2014 wurde die Stadt Heidelberg nun gebeten, zukünftig von dieser Vereinbarung keinen Gebrauch mehr zu machen. Zwar bestätigte das Regierungspräsidium, dass die Stadt Heidelberg nach § 12 Abs. 1 FTG Ausnahmen erteilen kann. Die Heidelberger Regelung sei aber rechtlich problematisch.