Der Mannheimer Morgen titelte“ Streit um Außenbewirtschaftung endet in einer Provinzposse“ und weiter: „Kuriose Versammlung des Stadtparlaments“. Dem ist kaum etwas hinzuzufügen. Bei alledem ging es um einen (durchaus vernünftigen und sachlichen) Antrag der CDU-Fraktion, die Sperrzeit für die Außenbestuhlung in der Stadt zu verkürzen – auf gut Deutsch, die Bürgersteige nicht bereits um 23.00 Uhr hochzuklappen, sondern erst um ein Uhr in der Nacht. Aufgabe der Räte- und tinnen hätte gewesen sein dürfen und müssen, zu erläutern, daß dies keineswegs gegen das berechtigte Ruhebedürfnis der Bewohner geht, sondern daß eben gerade auf der Straße stehende Tische und Stühle mit sich „normal“ unterhaltenden Gästen gröhlende Randalierer und andere Krachmacher eher abschreckt, stehen zu bleiben. Etwas – das sei eingeräumt – plakativ dargestellt, was aber immerhin als Ergebnis aller „Runden Tische“ zu hören war. Diese Einrichtung setzt sich aus Anwohnern, Gastwirten, der Sprechern der Polizei und Mitgliedern der Stadtverwaltung zusammen. Natürlich wäre es auch Sache der „Presse“ gewesen, das im Vorfeld unter die Leute zu bringen, die Altstädter nämlich sind durchaus Lernbereit und nicht so kleinkariert, wie die meisten rätlichen Wortmelder es waren und meinten, Bürgern (und Wählern) honigwiderwärtige Verdrehungen ums Maul  schmieren zu dürfen. Im Folgenden hören Sie das um Vernunft werbende Statement, welches der OB am Ende der Debatte und kurz vor der Abstimmung als Pladoyer für die Vernunft zu Gehör brachte:

>[audio:wuerzner_ende.mp3] Der OB spricht genau 4.00 Minuten, danach liegt es an Ihnen, ob Sie das Geplänkel zu den Abstimmungsmodi anhören wollen; oder nicht …

Davor, daß etwas, das anderswo machbar ist „in Heidelberg auch machbar sein könnte“, davor behütet uns das Gremium Gemeinderat – und wie so oft, muß uns auch nach einigen dieser peinlichen Auftritte wieder einmal einfallen dürfen, daß schon Ernst Bloch gemeint und geschrieben hat: „Heidelberg ist ein Mekka des Geschwätzes“. Ob Bloch je eine Gemeinderatssitzung abgesessen hat, oder er seine Erkenntnis anderswo gewonnen hat, ist nicht überliefert, uns jedenfalls nicht bekannt. Wenn Ihnen aber danach sein sollte, die Debatte zur Sperrzeitverkürzung sich in Gänze anzutun – das Herumgezeter am Ende wegen des Abstimmungsdebakels erspare ich Ihnen – es sei denn, Sie wollen weiterhören. Können, das können Sie (oben, nach dem Statement des OB – technischer Probleme wegen konnten wir das nicht mehr rausschneiden). Mir erspare ich für diesmal, die einzelnen Redebeiträge getrennt einzustellen. Hier lediglich die Reihenfolge (und die Zeit als jeweilige Ein- und Ausstiegsmöglichkeit) der Volksvertreter zur gefälligen Bedienung- inmitten findet sich ein Pastoralpopulismus (ab 45:30*) vom Feinsten:

1. Dr. Jan Gradel, CDU – bis 6:10 – 2. Dr. Karin Werner-Jensen, SPD. Ihr verdanken wir das: („obs stürmt oder schneit“) „sich Vermehren in der Attstadt“ – bis 12:00. 3. Direkte Erwiderung OB Würzner – bis 13:30. 4. Peter Holschuh GAL – bis 20:40. 5. Derek Cofie-Nunoo, gen. hd – bis 23:50). 6. Klaus Pflüger, FWV bis 26:00. 7. Dr. Greven-Ascshoff GAL bis 31:00. 8. Dr. Arnulf Weiler-Lorntz, BL bis 34:10). 9. Roger Schladitz, SPD bis46:40). 10. Memet Kilic, GAL bis 39:50. 11. Wolfgang Lachenauer, HD’er bis 45:30). 12. (* hoher Unterhaltungswert) Heinz Reutlinger, CDU – bis 52:20). 13. Dr. Annette Trabold, FDP -bis 54:50). 14. Christian Weiss, GAL – bis 58:10). 15. Karl Ehmer, SPD – bis 1:00:20:. 16. Werner Brants, SPD bis 1:07.

>[audio:gemeinderat_sperrzeit.mp3]

Dieser Kompromiß – der endlich zustande gekommen ist, ohne über den Antrag der CDU überhaupt abgestimmt zu haben – wird von den Altstadtwirten (wir halten jede Wette) nicht angenommen werden. Das nämlich eigentlich sinnvolle am CDU-Antrag, einer „sozialen Kontrolle“ wegen, Tische und Stühle bis 1 Uhr draußen stehen zu lassen, nimmt den Wirten, wenns draußen brummt, ja Stehplätze in gehöriger Menge weg. Ich zitiere einen Wirt: „Wir sind doch nicht blöd – Lärmgutachten für fünfzehnhundert Euro. Um 23 Uhr machen wir Platz. Und stellen Stühle und Tische – dem Gemeinderat sei Dank – zusammen. wie gehabt.

Jürgen Gottschling

Juli 2007 | Allgemein | 3 Kommentare