Fährt die deutsche Fregatte „Baden-Württemberg“ durch die Taiwan-Straße, passiert sie internationales Gewässer. Peking sieht das anders, da es die Meerenge als chinesisches Hoheitsgebiet ansieht. Ein Lehrstück über deutsch-chinesische Beziehungen.

Die deutsche Fregatte „Baden-Württemberg“ fährt sei Mai um die Welt. Sie wird von dem deutschen Versorgungsschiff „Frankfurt am Main“ begleitet.

Ziel der deutschen Bundesmarine ist es mit der Reise den Wert der „Freiheit der Seewege“ zu demonstrieren.

Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Indopazifik, wo sich zuletzt die Spannungen zwischen China und seinen Nachbarn häuften.

Die beiden Marine-Schiffe befanden sich während ihrer Pazifik-Mission zuletzt in Südkorea, wo sie an der Überwachung von UN-Sanktionen gegen Nordkorea beteiligt waren. Der nächste angepeilte Hafen ist in der philippinischen Hauptstadt Manila. Dabei geht die Route eigentlich durch die knapp 200 Kilometer breite Taiwan-Straße. Die Führung der deutschen Fregatte kommentierte die genauen Routenpläne aus Gründen der „operativen Sicherheit“ aber nicht.

„Wir nehmen uns hier lediglich die Freiheit der internationalen Gewässer wahr. Es gibt also keinen Grund, irgendetwas über die Route zu sagen, die wir befahren“, sagte Axel Schulz, Flottillenadmiral der deutschen Marine.

Wie reagiert Peking?

Die kommunistische Führung in Peking hat sich kritisch zur Durchfahrt der „Baden-Württemberg durch die Taiwan-Straße geäußert. China lehne Provokationen und Drohungen betreffender Staaten gegen die Souveränität und Sicherheit Chinas unter dem Deckmantel der Schifffahrtsfreiheit ab.
Taiwan sei ein untrennbarer Teil Chinas und die Gewässer in der Taiwanstraße seien chinesische Gewässer, erklärt das chinesische Außenministerium. Peking respektiere das Recht auf Schifffahrt, das alle Länder in den betreffenden Gewässern in Übereinstimmung mit dem chinesischen Recht und dem Völkerrecht. China sieht Taiwan als abtrünnige Provinz und will den seit Jahrzehnten unabhängig regierten Inselstaat mit seinem Festland vereinen.

Warum sollte die Fregatte „Baden-Württemberg“
durch die Taiwan-Straße fahren?

Kernargument der meisten Außen- und Sicherheitspolitiker ist es, dass man Chinas Machtansprüchen im Indopazifik Einhalt gebieten müsse. China versuche das internationale Recht umzuschreiben, sei es in der Taiwanstraße oder im südchinesischen Meer, sagt Christoph Heusgen, der Vorsitzende der Münchener Sicherheitskonferenz und frühere Diplomat: „Auch schon bei der Einverleibung von Hong Kong hat China internationales Recht gebrochen“. Daher rät auch er der Bundesregierung die Drohgebärden aus Peking zu ignorieren und die Fregatte durch die Straße fahren zu lassen. Deutschland müsse dagegenhalten und sollte sich nicht dem Recht des Stärkeren ergeben. Ansonsten würde das Schule machen und auch an anderer Stelle folgen.

Was spricht dagegen, dass die Fregatte „Baden-Württemberg“ durch die Taiwan-Straße fährt?
SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner nennt als einen Hauptgrund, warum ein deutsches Kriegsschiff nicht durch die Taiwan-Straße fahren sollte, den Ukrainekrieg. „Die Chinesen sind vielleicht die einzigen, die in Moskau wirklich Einfluss haben“, so Stegner. Zwar sei er für die freie Befahrbarkeit internationaler Gewässer, aber er fragt auch, ob man ja gerade jetzt drauf bestehen müsse. Die Bundesregierung sollte die chinesische Führung nicht verärgern, da sie Deutschland noch im Konflikt mit Russland helfen könnte.

Was bedeutet das für die deutsch-chinesischen Beziehungen?

Soll die Bundesregierung auf internationales Recht pochen oder lieber darauf verzichten, China zu verärgern? Diese Frage reiht sich in eine lange Liste von Ereignissen ein, die deutlich machen, wie herausfordernd die Beziehung zu China ist.
Es droht immer noch ein Handelskrieg, da China die Wertschöpfungsketten in der Produktion von Elektroautos massiv staatlich subventioniert und somit den Weltmarkt mit preiswerten Fahrzeugen flutet. Die finale Entscheidung, ob die Europäische Union chinesische E-Autos mit Strafzöllen belegen will, steht noch aus.
Erst vor kurzem ließ die Generalbundesanwaltschaft mehrere Personen verhaften, die für China in Deutschland spioniert haben sollen – unter ihnen ist ein ehemals enger Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah.

Kommt es häufiger zu Durchfahrten von Militärschiffen durch die Taiwan-Straße?

Auch Kriegsschiffe anderer Staaten, wie der USA, hatten die Meerenge in der Vergangenheit unter dem Protest Pekings passiert. Bereits 2022 fuhr die deutsche Bundeswehr mit der Fregatte Bayern durch den Indopazifik. Damals nahm die Bundesregierung ausdrücklich Rücksicht auf die Machtansprüche der kommunistischen Führung in Peking. Das Schiff machte einen Bogen um Taiwan. Sollte die Fregatte „Baden-Württemberg“ die Taiwan-Straße durchfahren, wäre es das erste Mal seit 2002, dass ein deutsches Marineschiff diese Route wählt.

Sep 2024 | Allgemein, In vino veritas, Sapere aude | Kommentieren