
Zwar hat – was Wunder – auch das Festivalbusiness Wacken mit steigenden Künstlergagen, Inflation und Extremwetterzu kämpfen – und manches Festivalbusiness hat das Geschäft aufgegeben und manches Open Air Geschäft gibt auf. Natürlich hat auch Wacken hat – auch – Wacken zu kämpfen, doch drei Erfolgsfaktoren könnten die Heavy Metler dann doch noch in die Zukunft führen.
Ohrenbetäubende Musik, zigtausend headbangende Fans und viel Matsch an den Schuhen: Das erlebt man gewöhnlich bei einem Besuch des größten Heavy-Metal-Festivals der Welt, dem Wacken Open Air (kurz WOA) in Schleswig-Holstein, das am Mittwoch wieder startet. Und wenn man mal mittendrin im Getümmel steckt, hat man hoffentlich erfolgreich verdrängt, wie teuer das Ticket war. 333 Euro.
Die Festivalpreise steigen rasant, denn die Branche hat zu kämpfen:
Künstler, Energie, Sicherheit, alles kostet mehr Geld, dazu kommt Extremwetter als Folge des Klimawandels. An den wirtschaftlichen Turbulenzen gehen manche zugrunde. So verkündeten zuletzt Veranstalter namhafter Festivals wie die des Melt in Sachsen-Anhalt oder die des HipHop Open in Stuttgart, dass die Events in Zukunft nicht mehr stattfinden können – und das, obwohl sie im Vorjahr noch 20.000 beziehungsweise 25.000 Besucher angelockt hatten.
Wacken spielt im Vergleich dazu
mit 85.000 verkauften Tickets in einer anderen Liga
Doch auch das Metalfest bekommt die Herausforderungen zu spüren. Wegen der extremen Regenfälle mussten die Organisatoren im vergangenen Jahr die Besucherzahl begrenzen. Gleichzeitig kommt Druck von einer zweiten Seite: Erst im Juni hat mit der US-Investmentgesellschaft KKR ein neuer Besitzer den für das WOA verantwortlichen Festivalveranstalter Superstruct Entertainment aus Großbritannien übernommen – ein Finanzinvestor, der klare Renditeerwartungen mitbringt. Eine schwierige Gemengelage, und doch gibt es Grund zur Annahme, dass sich Wacken erfolgreich in die Zukunft schlagen wird.
Festivalkosten stiegen seit Corona um 45 Prozent
Wie auch viele andere Großveranstaltungen hatte das WOA durch die Coronapandemie einen heftigen Rückschlag erlitten. 2020 und 2021 fiel das Festival komplett aus. 2022 ging es weiter und zigtausende Musikfans konnten im Sommer wieder in die kleine Gemeinde Wacken (knapp 2100 Einwohner) in Schleswig-Holstein reisen, um dort Bands wie Lordi, Slipknot oder Judas Priest zu lauschen. Allerdings nahm da die Kostenexplosion ihren Anfang. Die Inflationsrate in Deutschland lag 2022 bei 6,9 Prozent, 2023 folgte noch einmal ein Plus von 5,9 Prozent.
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Die Verantwortlichen des abgesagten HipHop Open nannten in einem Instagram-Post noch mehr Gründe für ihr Aus: „Das veränderte Kaufverhalten, konstant steigende Preise für Infrastruktur und Gagen, kleinere Sponsorentöpfe, wenig Förderung und viele andere Faktoren zwingen uns dazu, realistisch zu sein und unser Herzensprojekt final zu beenden.“
Der Geschäftsführer der FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH (unter anderem verantwortlich für das Hurricane- und das Southside-Festival) erklärte, dass die Kosten eines Festivals „im Vergleich zu vor der Pandemie um rund 45 Prozent gestiegen“ seien. Für Wacken liegen keine offiziellen Angaben vor und die Veranstalter wollten sich auf Anfrage dazu auch nicht äußern, doch die Entwicklung dürfte ähnlich sein.

Das bestätigt auch der Branchenexperte Jens Michow (73) im Gespräch mit dem manager magazin, der ehemalige Präsident des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft hat selbst lange Konzerte veranstaltet. „Überall steigen gerade die Kosten“, sagt er. „Doch bei den Produktions- und Durchführungskosten in der Konzertbranche ist es extrem.“
„Der Künstler bestimmt den wesentlich Teil der Kosten“
Ein Grund sind laut Michow die Künstlerhonorare. Früher hätten Musiker ihre Liveauftritte eher als Nebengeschäft angesehen, um Werbung für den Verkauf ihrer CDs zu machen. Ab Mitte der 90er-Jahre rückte das Livegeschäft in den Vordergrund. „Das hat sich komplett gedreht.“ Eine Folge: Die Artists investieren mehr Geld in ihre Konzerte und Festivalauftritte und fordern entsprechend höhere Gagen. „Veranstalter sind immer mehr zum Dienstleister geworden, der Künstler bestimmt den wesentlichen Teil der Kosten“, sagt der Branchenexperte.
In der Folge schnellen die Ticketpreise in die Höhe. Für eine Eintrittskarte für das WOA bezahlte man im Vor-Corona-Jahr 2019 220 Euro, in diesem Jahr kostet ein Ticket 333 Euro. Bei 85.000 verkauften Karten bedeutet das Ticketeinnahmen in Höhe von 28,3 Millionen Euro. Historische Anekdote: Als das Wacken-Festival im Jahr 1990 zum allerersten Mal seine Pforten öffnete, mussten die 800 angereisten Besucher gerade einmal 12 D-Mark Eintritt bezahl.
Mit den steigenden Kosten steigt auch das finanzielle Risiko für die Festivalveranstalter. Wacken kann sich hier allerdings über einen großen Vorteil gegenüber kleineren Festivals freuen: Es ist so populär, dass die Tickets jedes Jahr innerhalb weniger Stunden vergriffen sind. „Wenn eine Veranstaltung regelmäßig und fast unabhängig vom Programm ausverkauft ist, dann kann man natürlich weitaus sicherer kalkulieren“, sagt Experte und Rechtsanwalt Michow.
Einige unkalkulierbare Risiken bleiben aber,
zum Beispiel das Wetter.
o regnete es im vergangenen Jahr rund um den Start des Wacken-Festivals so stark, dass die Organisatoren einen Anreise- und Einlassstopp ausrufen mussten. Die Campingplätze und Veranstaltungsflächen waren nicht mehr sicher benutzbar. Statt den erwarteten 85.000 Besuchern durften nur 61.000 auf das Gelände. Die anderen Fans bekamen ihre Tickets zurückerstattet. Dadurch verloren die Veranstalter circa 7 Millionen Euro an Einnahmen.

Die KKR-Konkurrenz – wie Blackstone, CVC und EQT – soll ebenfalls Interesse an dem Festivalveranstalter aus Großbritannien gehabt haben. Superstruct wurde erst 2017 gegründet und wuchs seitdem rasant. Mittlerweile verfügt das Unternehmen über ein Portfolio von mehr als 80 Festivals, zu denen jährlich insgesamt sieben Millionen Besucher kommen. Dazu zählen auch das Parookaville im nordrhein-westfälischen Weeze (2024 knapp 80.000 Besucher) und das Sziget-Festival in Ungarn (400.000 Besucher erwartet). Zuletzt erwirtschaftete Superstruct einen operativen Gewinn (Ebitda) von mehr als 100 Millionen Pfund (knapp 120 Millionen Euro). KKR wollte sich auf Anfrage des manager magazins nicht dazu äußern, welche Pläne und Ziele es mit Superstruct verfolgt.